Der Markt für Server

Verantwortung für die Umwelt

24.09.2008 von Jan-Bernd Meyer
Der Markt für Server wird mehr und mehr durch eine brutale Verdrängung gekennzeichnet - und durch Green IT.
Mit Mainframes wie diesem z10-System verdient IBM viel Geld. Deshalb liegt Big Blue bei Marktanteilen nach Umsatz immer vorn. Bei den Stückzahlen sieht es im Serversegement anders aus.
Foto: IBM

Der Markt für Server 2007 war für die Hersteller in Deutschland recht gut gelaufen. Das gilt, obwohl Gartner-Analyst Errol Rasit von 2006 auf 2007 für den Server-Markt insgesamt ein Umsatzminus von 3,2 Prozent konstatiert. Insgesamt bedeutet den Gesamtmarkt der x86-, Windows-, Unix- und Linux-Maschinen sowie der mehr oder weniger proprietären Rechnerlinien wie etwa der Mainframes.

Das gilt aber vor allem für ein Unternehmen: Hewlett-Packard (HP). Klaus Rumsauer, der bei HP das Server-Geschäft verantwortet, sagte, 2007 sei ein gutes Wachstumsjahr gewesen: "Da dachten wir, jetzt geht der Knoten auf. Vielleicht erleben wir so etwas wie einen Fußball-WM-Effekt." 2007 seien die Kunden noch investitionsfreudig gewesen.

Server-Markt 2007 nach Umsatz (alle Rechnerkategorien)

Hersteller

Marktanteil (in Prozent)

1. IBM

28,0

2. Hewlett-Packard

26,6

3. Fujitsu-Siemens

20,2

4. Sun Microsystems

14,0

5. Dell

4,9

6. SGI

1,4

7. Acer

0,4

8. Maxdata

0,3

9. Transtec

0,3

10. Apple Computer

0,1

Der Umsatz im deutschen Server-Markt betrug 2007 rund 3,8 Milliarden Dollar

Quelle: Gartner

Das konnte man vor allem im Segment der x86-Server verfolgen. Diese stellen nach Stückzahlen das mit Abstand größte Segment des gesamten Server-Marktes dar. Laut den Marktforschern von IDC verzeichnete Deutschland in dieser Produktkategorie von 2006 auf 2007 ein Stückzahlenwachstum von immerhin zwölf Prozent. Das ändert sich 2008 drastisch: Die Hersteller werden ihre x86-Server-Verkäufe heuer im Vergleich zum Vorjahr nur noch um drei Prozent steigern können, sagt IDC.

Die Umsätze werden dieses Jahr sogar sinken. In Dollar gerechnet um immerhin drei Prozent. Dramatisch wird die Rechnung, wenn auf Euro-Basis kalkuliert wird: Da werden die Umsätze mit x86-Servern von 2007 auf 2008 sogar um elf Prozent nachgeben. Leidtragende sind Firmen, die in Euro bilanzieren. Das bedeutet, dass Fujitsu-Siemens Computers (FSC) 2008 durch die Währungsbewegungen erheblich gebeutelt wird. Das bayerisch-japanische Unternehmen muss hier mit einem Nachteil kämpfen, mit dem kein anderer Hersteller konfrontiert ist.

Für das kommende Jahr sieht IDC ein Stückzahlenwachstum bei x86-Servern von nur noch zwei Prozent voraus. Die Umsätze werden laut den Marktforschern ebenfalls um zwei Prozent fallen - sowohl auf Dollar- wie auf Euro-Basis.

Über Investitionen entscheidet nicht mehr die Fachabteilung

Einen Effekt scheinen alle Hersteller zu beobachten: Es wird mittlerweile gespart auf Teufel komm raus. Rumsauers Erfahrung: Seit 2007 kann man feststellen, dass "der Einkauf in Unternehmen mittlerweile eine wesentlich höhere Entscheidungsmacht über Investitionen hat". Früher, so der HP-Manager, hatten die Fachabteilungen noch den "last Call". "Das hat sich deutlich geändert".

X886-Server wie diese Poweredge-Maschine von Dell dominieren in punkto Stückzahlen ganz eindeutig den Servermarkt.
Foto: Dell

Dieser Trend lässt sich im Server-Markt gut an der Aufnahme neuer Technologien beschreiben. Gartner-Analyst Rasit sagt, Deutschland sei ein Land, in dem die Einführung neuer Techniken "eher konservativ angegangen" wird. Frankreich, Spanien und Italien seien da vergleichbar. Ganz anders in den skandinavischen Ländern. Das liege, so Rasit, allerdings auch an der technischen Ausrichtung vieler nordischer Unternehmen.

Rumsauer kann diese Beobachtung bestätigen: "Früher war Deutschland durchaus ein Land der early adopters." Hier wurden also neue Techniken sehr früh in Unternehmen nutzbar gemacht. Das war anders, als die Themen Blade-Server und Virtualisierung in der IT-Welt zu kursieren begannen. Rumsauer führt das auf die Sparwelle im Einkauf deutscher Firmen zurück.

In Deutschland wurde viel diskutiert über neue Technologien und Trends, aber im Vergleich zu anderen Ländern 2006 und auch noch 2007 wenig realisiert. Nach Gartner-Analyst Rasit betrug der Anteil von Blade-Rechnern am gesamten x86-Server-Verkauf in Deutschland im Jahr 2006 acht Prozent. Ein Jahr darauf stieg diese Zahl immerhin auf 11,5 Prozent. In anderen Ländern war demgegenüber jeder fünfte verkaufte Server ein Blade-System.

Die großen Themen bei Servern: Virtualisierung, Zentralisierung und Blades

Mittlerweile aber haben die Themen Blades, Virtualisierung und Zentralisierung, die alle in ihren Funktionsweisen miteinander zusammenhängen, Deutschland erreicht. Rumsauer bestätigt: "Heute haben wir im Server-Markt bei Blades Zuwachsraten im zwei- und dreistelligen Bereich. Steigerungen zwischen 50 und 100 Prozent sind keine Seltenheit." Blades "haben sich zu einer ausgereiften Technologie entwickelt", konstatiert denn auch Thomas Meyer, Analyst bei IDC.

Blades sind zudem wichtig für Virtualisierungsstrategien. Gartner-Analyst Rasit sagt: "Virtualisierung wird zunehmend auf Blades realisiert." HP-Server-Chef Rumsauer attestiert eine "wahnsinnig große" Nachfrage nach Virtualisieruns- und Zentralisierungsoptionen.

Virtualisierung, prognostiziert Gartner-Analyst Andrew Butler, sei ein "immens herausfordernder, spannender Trend, dessen Konzept bei Servern massiv Spuren hinterlassen" wird. Auch für Techconsult-Analyst Denis Mrksa ist Virtualisierung ein "brandheißes Thema".

Großer Beliebtheit erfreuen sich zunehmend Blade-Server wie dieses Modell von Hewlett-Packard.

Je größer zudem ein Unternehmen sei, desto dringender werde die Forderung nach Zentralisierung, fährt Mrksa fort. Mit Zentralisierungsvorhaben in deutschen IT-Zentren kehrt sich dabei ein Trend um, der in den 90er Jahren des vergangenen Jahrzehnts zu beobachten war. Mrksa: "Die IT-Welt wollte nach den großen Zeiten der Mainframes erst einmal alles dezentralisieren und beispielsweise von Terminal-Services auf Fat Clients wechseln." Heute würden IT-Verantwortliche wieder den entgegengesetzten Weg einschlagen. Im Zuge von Zentralisierungsbestrebungen kommt dabei der Virtualisierung große Bedeutung zu - oder umgekehrt, wie HP-Mann Rumsauer sagt. Andreas Vogl, Manager bei Siemens IT Solutions and Services (SIS), sieht den Trend zur Zentralisierung ebenfalls in engem Zusammenhang mit den Entwicklungen in der Virtualisierung und Automatisierung. "Zentralisierte Server können flexibel, transparent und kosteneffizient betrieben werden. Nur so lassen sich alle Vorteile der Virtualisierung und Automatisierung überhaupt erst optimal nutzen."

Green IT ist ein Ausschreibungsfaktor

Ebenfalls seit einem Jahr müssen sich Server-Hersteller mit einem weiteren Hype-Thema der Branche auseinandersetzen: Green IT. Seit 2007 formulieren Unternehmen in ihren Ausschreibungen Forderungen zur ökologischen Bewertung von Servern. Die IBM schreibt, dass 2007 für fast jeden vierten IBM-Kunden (24 Prozent) "umweltfreundliches Handeln ein maßgebendes Kriterium für die Lieferantenwahl" gewesen sei. Immer mehr Unternehmenslenker nähmen die Umweltverantwortlichkeit als "strategisches Thema in ihre Agenda" auf. Insbesondere der Mittelstand suche, so eine internationale Studie von Big Blue, zunehmend nach Wegen zu niedrigeren Energiekosten. Denn hier sei der höchste Kostenanstieg in den vergangenen zwei Jahren zu verzeichnen gewesen.

Wie wichtig dieser Aspekt ist, zeigen wenige Zahlen: Der Energiebedarf der Rechenzentren in Deutschland stieg von 5,4 Terawatt/Stunde im Jahr 2001 auf 8,7 Terawatt/Stunde im Jahr 2006 - das entspricht der Jahresproduktion von drei mittelgroßen Kohlekraftwerken. Es ist mehr als das 1,5-fache der Jahresstromproduktion des AKW Brunsbüttel. 2010, so Berechnungen, wird sich der Energieverbrauch in deutschen Datenzentren gegenüber 2001 auf 11,1 Terawatt/Stunden mehr als verdoppelt haben.

Der Markt nach Segmenten

Im x86-Server-Markt ist HP seit Jahren die Nummer eins. Diese Position konnte das Unternehmen 2007 ausbauen. IBM und Dell steigerten den Stückzahlenmarktanteil ebenfalls leicht. FSC konnte keine Zugewinne bei der Zahl der verkauften x86-Server verzeichnen.

Nach den Beobachtungen von Gartner konzentrierte sich IBM zumindest seit dem zweiten Halbjahr 2007 zunehmend auf das Segment der Highend-Systeme im x86-Server-Markt. Hier zählt in erster Linie der Umsatz und weniger die Stückzahlen.

Server-Markt 2007 nach Stückzahlen (alle Rechnerkategorien)

Hersteller

Marktanteil (in Prozent)

1. Hewlett-Packard

36,7

2. Fujitsu-Siemens

18,1

3. IBM

13,1

4. Dell

12,6

5. Sun Microsystems

4,8

6. Maxdata

2,5

7. Acer

2,0

8. Transtec

0,7

9. Apple Computer

0,3

10. SGI

0,2

Im vergangenen Jahr verkauften Hersteller in Deutschland 437 708 Server.

Quelle: Gartner

Auch bei den Blade-Servern hat sich HP 2007 klar als Spitzenreiter herauskristallisiert. Laut Gartner konnte das Unternehmen in diesem Produktsegment erheblich zulegen. 2006 mit einem Marktanteil von 32 Prozent noch hinter IBM (35 Prozent) die Nummer zwei bei verkauften Systemen, katapultierte sich Hewlett-Packard 2007 mit einem Marktanteil von 47 Prozent ganz deutlich an die erste Stelle. HP profitiert hier von seiner starken Position bei x86-Servern. Sagt Gartner-Analyst Rasit: "HP hatte im x86-Segment schon immer viel mehr Marktanteile als IBM. Und diese Kunden sind es nun auch, die Blades kaufen."

Ganz anders sind die Gesetzmäßigkeiten im Großrechnerbereich. Hier existieren im Wesentlichen nur noch zwei Konkurrenten: IBM und FSC. Für beide ist dieses vorgeblich aus der Zeit gefallene Produktgeschäft nach wie vor sehr einträglich. Andreas Zilch von der Experton Group formuliert auf FSC gemünzt, das traditionelle Mainframe-Geschäft trage immer noch einen erheblichen Anteil zum Umsatz bei. Vor allem aber sei der Gewinn, den FSC mit seinen Großrechnern samt Software, also im gesamten BS2000-Geschäft, erwirtschaftet, doppelt so hoch wie der Gesamtgewinn des Unternehmens. Dies galt zumindest für das Geschäftsjahr 2007. Und es ist auch ein Indiz für die mit Problemen kämpfenden anderen Produktsparten von FSC.

IBM hingegen hatte 2007 laut Gartner-Analyst Rasit im Mainframe-Bereich mit dem Wechsel der System-z-Großrechner auf die neue System-10-Plattform zu ringen, die 2007 vorgestellt wurde. Auch für Big Blue ist das Großrechnergeschäft - Hardware und Software -nach wie vor von überragender Bedeutung. Wegen der möglichen riesigen Umsätze liegt IBM in Deutschland gemessen am Umsatz bei Servern seit Jahren auf Platz eins (siehe Tabelle zum Umsatz von Gartner). Allerdings fasst Gartner in seiner Marktanteilsberechnung sämtliche Produktkategorien im Server-Umfeld zusammen - also Wintel-, Unix- und Linux-Server genauso wie Großrechner. Genau hieran wird aber deutlich, wie wichtig der mit den Mainframes realisierte Umsatz (und Gewinn) für IBM wie für FSC ist. Geht es nämlich nach Stückzahlen (siehe Tabelle), landet Big Blue weit hinter HP auf Platz drei. Seit die System-10-Modelle am Markt eingeführt sind, hat sich das Mainframe-Geschäftssegment für die IBM wieder besser entwickelt.

Reseller: Auch eine Domäne von HP

Gartner-Analyst Rasit betont, dass Dell seit 2007 die Strategie, Computer mehr oder weniger ausschließlich über den Direktvertrieb zu verkaufen, aufgegeben hat und mittlerweile auch über Partner, also beispielsweise über Systemhäuser, seine Rechner an den Mann zu bringen versucht. Diese Strategie scheint allerdings zumindest in Deutschland noch nicht so recht aufzugehen.

HP nimmt auch im Geschäft mit den deutschen Wiederverkäufern eine absolut dominierende Position ein. Je nach deren Größe verkaufen deutsche Reseller bis zu weit über 70 Prozent Server von Hewlett-Packard. Nicht einmal annähernd so gut vertreten bei Resellern ist IBM. Big Blues Stückzahlen liegen nur bei den großen Resellern im zweistelligen Prozentbereich. FSC hingegen kann zumindest bei kleinen Partnern punkten. Hier stammt fast jeder dritte über den indirekten Kanal verkaufte Server von FSC.

Ganz anders Dell: Die Amerikaner machen bei deutschen Wiederverkäufern fast keinen Stich. Bei den kleinen und mittelgroßen Resellern ist das Unternehmen praktisch nicht sichtbar. Lediglich von den großen Wiederverkäufern werden Dells Server etwas häufiger verkauft. Dells Anteil hier liegt aber auch nur im mittleren einstelligen Bereich. Anscheinend können es sich nur große Reseller überhaupt erlauben, gegenüber etablierten Anbietern wie HP, FSC und IBM selbstbewusst aufzutreten und die Produkte auch anderer Hersteller ins Angebot zu übernehmen.

Diese Tatsache ist insofern von Bedeutung, als der Mittelstand grundsätzlich über den Kanalvertrieb einkauft. Rumsauer: "Das ist in Deutschland Gesetz." Gleichzeitig haben mittelständische Unternehmen den Herstellern in den vergangenen Jahren ein stabiles Geschäft beschert. Fazit eines Herstellers: "Wer im Channel-Geschäft gut ist, der hat in Deutschland eine gute Marktdurchdringung." Da könnten manche Dellen aus dem Enterprise-Corporate-Geschäft ausgeglichen werden. Eben dieses stand 2006 und 2007 unter enormem Druck.