Gefallene Giganten

Technik-Riesen aus vergangenen Zeiten

29.12.2018 von Josh Fruhlinger
Es gibt Giganten der Technikgeschichte, die irgendwann den Anschluss verloren haben. Und entweder längst untergangen sind oder nur noch ein Schattendasein führen. Wir stellen einige dieser gescheiterten IT-Riesen vor.
Diese Unternehmen konnten sich nicht an der Spitze ihres Marktes behaupten.
Foto: Africa Studio - shutterstock.com

Die Technik-Geschichte ist voll mit Unternehmen und Produkten, die in ihrer Branche einst unangefochten waren, dann aber durch zu starke und clevere Konkurrenz oder einen veränderten Konsumenten-Geschmack schließlich gescheitert sind. Wir stellen einige solcher gescheiterten IT-Giganten vor.

Wang

In den 1970er Jahren automatisierte Wang den Schreibvorgang durch die Massenherstellung von eigenständigen Textverarbeitungsrechnern, welche den Text auf ein Band lagerten und es somit erlaubten Seiteninhalte zu ändern, ohne diese aufwändig neu zu drucken. In den 1980er Jahren war Wangs auf Textverarbeitung fokusiertes Office Informationssystem in 80 Prozent der größten Unternehmen vertreten.

Allerdings war der Gründer An Wang so auf seine Rivalität mit IBM fixiert, dass er sich weigerte, sich mit den aufkommenden IBM-kompatiblen PCs zu beschäftigen. Das Ergebnis: Innerhalb weniger Jahre hatten diese universeller einsetzbaren Geräte Wangs "Textverarbeiter" von dem Markt, den diese vorher dominierten, vertrieben. Das Unternehmen ging 1992 Bankrott.

Netscape

Für die erste Generation der Internetnutzer außerhalb der akademischen Welt in der Mitte der 1990er Jahre war der Netscape Navigator das Internet (vereinfacht gesagt). Im Jahr 1996 nutzten 70 bis 80 Prozent der User den Netscape-Browser. Aber diese Überlegenheit ließ rasant nach, Microsofts Internet-Explorer überholte Netscape schnell. 1998 verlor der Navigator die Führung an den Internet-Explorer. 2002 fiel der Marktanteil des einstigen Marktführers in den einstelligen Bereich.

IBM als PC-Hersteller

1981 startete IBM in den noch jungen Mikrocomputer-Markt mit dem PC und hatte dort mehr Erfolg als selbst die firmeneigenen Manager erwartet hatten. 1983 nahme IBM ein Viertel des Marktes ein und schlug damit Apple vollkommen. Aber das Ende des Geräts war sein Design: Um es schnell auf den Markt zu bringen, hat IBM es fast ausschließlich aus handelsüblichen Teilen gefertigt.

Der einzige firmeneigene Aspekt, das BIOS, wurde von Konkurrenten entwickelt, die dann schnell damit begannen eigene PC-Klone zu verkaufen. Schließlich verlor IBM den PC-Markt völlig. Das Unternehmen IBM gibt es heute zwar noch, aber eben nicht mehr als führenden PC-Hersteller.

WordPerfect

Als MS-DOS die PCs beherrschte war WordPerfect von WordPerfect Corporation das dominierende Textverarbeitungsprogramm. Es war in den 1980er Jahre seinen Gegenspielern um Längen voraus war und schaffte es Benutzerfreundlichkeit und Leistung in ein Text-basiertes Umfeld zu packen. Aber WordPerfect schaffte es nicht sich den wechselnden Anforderungen anzupassen. Es dauerte Jahre, um eine ordentliche Windows-Version von WordPerfect herauszubringen und als es so weit war, waren viele seiner beliebten Tastaturkürzel von Windows-Standards überschrieben worden.

Einige vermuten, dass Windows versteckte APIs nutzte, um seinem eigenen bald vorherrschenden Word einen unfairen Vorteil zu gewähren. Heute wird WordPerfect nur noch in Nischenmärkten, wie zum Beispiel in Anwaltskanzleien genutzt, während Word den Markt beherrscht. Und nur noch durch LibreOffice beziehungsweise OpenOffice Konkurrenz bekommt.

Sun Microsystems

Zum Jahr 2000 erzielte Sun Microsystems Rekordgewinne und sein Börsenkurs war auf einem Höchststand. All die verschiedenen Produkte, die Sun über die Jahre herausgebracht hat wurden zu Kundenlieblingen: Jeder wollte Java-Inhalte, SPARC-Server und Solaris nutzen. Was niemand bemerkte: Alle diese Dinge wurden mit Geld aus der Finanzblase gekauft und als diese Blase kurz nach der Jahrtausendwende platzte, erkannten die Leute bald, dass sie x86 Linux-Server für einen Bruchteil der Kosten nutzen konnten. Und Java, in das Sun so viel Geld investiert hatte, war als kostenloser Download verfügbar. Oracle kaufte die marode Firma 2009 auf.

RIM

Am Tag nachdem Steve Jobs das erste iPhone enthüllte, waren sich die überrumpelten RIM-Ingenieure sicher, dass Jobs bei der Bescheibung des iPhones bluffte, weil kein Mobiltelefon all das mit einer sinnvollen Batterielaufzeit leisten könnte. Doch die RIM-Leute täuschten sich. Durch die Fortschritte bei der Akkutechnik und den 3G-Netzwerken wurden Smartphones immer besser und RIMs Vorherrschaft verschwand noch bevor RIM sein veraltetes Betriebssystem aktualisieren konnte.

Myspace

Myspace entstand Anfang der 2000er Jahre und zog rasch an dem Pionier Friendster vorbei. Doch dann ging alles schief, gab Mitgründer Chris DeWolfe zu. Die ColdFusion-Codebasis, die es zunächst einmal einfach machte die Seite ins Netz zu bringen, erschwerte es aber, Myspace schnell zu erweitern und zu verbessern. Zudem stand Myspace plötzlich unter dem Druck Profit machen zu müssen und sich mit Werbung überladen zu müssen.

Atari

Der Atari 2600 war mit seinen Spielen wie Space Invaders in den 1980er Jahren ein Riesenhit. Das hielt allerdings nicht lange an. Ataris beste Programmierer verließen das Unternehmen wegen zu schlechter Bezahlung. Konkurrierende Konsolenhersteller holten auf und zogen schließlich an Atari vorbei.

Sony

Sony entwickelte den Walkman und verdiente damit ein Vermögen. Doch Sony verpasste die Chance auch den Nachfolger des Walkman zu entwickeln. Das gelang stattdessen Apple mit dem iPod. Sony ist natürlich nicht untergangen, aber eben längst nicht mehr so mächtig wie zu Walkman-Zeiten. Und muss sich zudem in letzter Zeit mit massiven Hackerangriffen herumschlagen. (PC-Welt)