Wartung für SaaS

Rimini Street expandiert in die Cloud

17.11.2017 von Karin Quack
Durch Fusion mit einer Investment-Gesellschaft hat Rimini Street den Sprung an die Nasdaq geschafft. Mit dem zusätzlichen Kapital von 50 Millionen Dollar will der auf SAP- und Oracle-Wartung spezialisierte Third-Party-Dienstleister sein Portfolio diversifizieren - unter anderem in Richtung Cloud.

Nein, seine Haltung zu S/4 HANA sei unverändert, beteuert Sebastian Grady, President des 2005 gegründeten Unternehmens Rimini Street, das in diesem Jahr aller Voraussicht nach deutlich mehr als 200 Millionen Dollar umsetzen wird. Die Cloud-Version der SAP-Software sei alles andere als fertig, viele Unternehmen müssten deshalb auf Jahre hinaus das Vorgängersystem ECC 6.0 parallel nutzen; zudem werde S/4 HANA häufig zweckentfremdet, also on premise eingeführt, sagt Grady. Auch wenn viele Anwender die Softwarelizenz kostenlos erhielten - die Folgekosten seien immens: "Das ist geradezu verrückt."

Wohin der Markt sich auch bewegt, wir wollen den Support dazu liefern, sagt Sebastian Grady, President von Rimini Street.
Foto: Rimini Street

Diese Einschätzung habe aber nichts damit zu tun, dass Rimini Street mit Cloud-Software kein Geld verdienen könne, stellt Grady klar. Vielmehr plane das Unternehmen, künftig auch Services für Software anzubieten, die von vorn herein "as a Service" konzipiert wurde, zum Beispiel für die Vertriebs- und Kundenbeziehungs-Werkzeuge von Salesforce.com oder die Human-Ressources-Software von Workday.

Konfiguration, Integration, Schnittstellen

"Wohin der Markt sich auch bewegt, wir wollen den Support dazu liefern," konstatiert der Rimini-Street-President. Sicher nicht mehr in diesem, aber wohl im Verlauf des kommenden Jahres möchte das Unternehmen die notwendigen Mitarbeiter und die passende Infrastruktur haben, um Services für Cloud-Software bereitstellen zu können. "Das werden dann andere Dienstleistungen sein", erläutert Grady, "zum Beispiel Konfiguration, Integration, Management von Schnittstellen etc. Und vermutlich werden wir auch unser Preismodell abwandeln."

DSAG-Umfrage: SAP-Anwender investieren mehr Geld
Budgets für IT-Investitionen
Um fast fünf Prozent sollen die IT-Budgets der SAP-Anwender in diesem Jahr wachsen.
Investitionen in neue Geschäftsmodelle
Ein gutes Drittel der befragten SAP-Anwender schätzt Investitionen in neue Geschäftsmodelle als wichtig beziehungsweise sehr wichtig ein.
Business Suite bleibt gesetzt
Vier von fünf SAP-Anwendern stecken weiter Geld in die Business Suite. Für ein Drittel ist diese klassische Lösung sogar der Hauptinvestitionsbereich.
S/4HANA-Umstieg ungewiss
Ein Drittel der Befragten DSAG-Mitglieder hat noch keine Entscheidung darüber gefällt, ob ihr Unternehmen auf die neue Anwendungsgeneration von SAP umsteigen soll.
SAP-Cloud bleibt Nebensache
Für die SAP-Anwender stellen die Cloud-Lösungen aus Walldorf meist nur flankierende und ergänzende Elemente dar. Die Investitionen hier bleiben überschaubar.

Derzeit bietet Rimini Street seine Support- und Wartungsdienste immer für die Hälfte dessen an, was der Kunde zuletzt an den jeweiligen Softwareanbieter zahlen musste. Ein leicht zu evaluierendes Angebot, das allerdings in den USA noch immer weit häufiger angenommen wird als in Europa und speziell in Deutschland. Konkrete Nutzerzahlen für den alten Kontinent will der Dienstleister immer noch nicht nennen. Und auf die Frage nach deutschen Referenzanwendern nennt Grady derzeit nur Toyota.

Doch dank des starken US-Heimmarkts wächst Rimini Street kontinuierlich. Die gerade veröffentlichten Zahlen für das dritte Viertel des laufenden Jahres weisen einen Quartalsumsatz von 53,6 Millionen Dollar sowie knapp 1500 aktive Kunden aus. Beide Werte liegen um etwa ein Drittel über den Vergleichszahlen des vergangenen Jahres. Der operative Gewinn betrug rund 7,4 Millionen Dollar, während im dritten Quartal des vergangenen Jahres noch ein Verlust von 4,5 Millionen Euro zu Buche stand.

Externes Datenbank-Patching im Angebot

Die Ertragszahlen für 2016 und 2017 sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, denn sie enthalten Rückstellungen und Abschreibungen, die mit einer stattgegebenen Schadensersatzklage der Oracle Corp. zusammenhängen. Um die gerichtlich festgelegte Entschädigung aufzubringen, musste Rimini Street einen Kredit in Höhe von 125 Millionen Dollar aufnehmen. Schliesslich wollte das Unternehmen noch handlungsfähig bleiben.

Die Geschichte von Oracle
Eine Zeitreise durch die Oracle-Geschichte
Oracle ist das Werk von Ellison, und es passt zu dem ehrgeizigen und charismatischen Gründer, dass er sein Hobby, das Segeln, professionalisiert. Mit Erfolg: Das Team gewann 2013 den America´s Cup.
Oktober 2015: Erster Oracle-Sparc kommt heraus
Auf der Kundenkonferenz OpenWorld stellt Larry Ellison mit dem M7 die erste Sparc-CPU vor, die komplett unter der Ägide Oracles geplant und gebaut wurde. Mit speziell für den Prozessor entwickelten und tief in der Hardware verankerten Security-Funktionen will der Hersteller die Sicherheit von Anwendungen und Daten verbessern - vor allem in Cloud-Umgebungen.
Februar 2015: Neuer Deutschlandchef
Frank Obermeier wird neuer Country Leader von Oracle in Deutschland. Obermeier kommt von Hewlett-Packard und löst Jürgen Kunz ab, der künftig als Senior Vice President Northern Europe die Geschäfte von Oracle in Nordeuropa verantwortet.
September 2014: Ellisons Paukenschlag
Nach 37 Jahren an der Spitze von Oracle gab Larry Ellison überraschend seinen Rücktritt als Konzernchef bekannt. Gründe nannte der 70-jährige nicht, Ellison will aber weiterhin als CTO für das Unternehmen wirken. Die bisherigen Stellvertreter Mark Hurd und Safra Catz sollen als Doppelspitze das Ruder übernehmen. Zugleich kündigte Oracle Aktienrückkäufe über 13 Milliarden Dollar an.
2011: Investition ins Cloud Computing
Hat Larry Ellison seine Spürnase für Erfolgstechnologien verloren? Ende 2011 hatte Oracle zwar den Cloud-CRM-Anbieter RightNow Technologies für 1,5 Milliarden Dollar gekauft, doch im Vergleich zu agileren Wettbewerbern wie Salesforce hängt das Unternehmen aus Redwood Shores hinterher. <br/><br/>Die „Computerwoche“ schreibt: „Nachdem Gründer und CEO Lawrence "Larry" Ellison noch vor wenigen Jahren über die IT-Wolke gelästert hatte und das Ganze als schnell vorübergehenden Hype abgetan hatte, muss er heute sehen, dass er nicht den Anschluss verliert“. Konkurrent SAP hatte sich 2011 für 3,4 Milliarden Dollar den Cloud-HR-Anbieter Successfactors einverleibt. Oracle legte mit der Übernahme von Successfactors-Wettbewerber Taleo an für 1,9 Milliarden Dollar nach.
2010: Mark Hurd wechselt von HP zu Oracle
Nur einen Monat nach seinem unrühmlichen Ausscheiden als CEO bei Hewlett-Packard (HP) kommt Mark Hurd zu Oracle. Ellison hatte zuvor Hurds Rauswurf heftig kritisiert "Das war die dümmste Personalentscheidung, seitdem die Idioten im Apple- Verwaltungsrat vor vielen Jahren Steve Jobs gefeuert haben." <br/><br/>In der Folge gab es einen erbitterten Streit zwischen den beiden Unternehmen, wobei es nur vordergründig um den Wechsel von Hurd ging: Oracle hatte die Unterstützung von Intels Itanium-Chips durch die eigene Software beendet und damit den Verkauf von HP-Server mit diesen Chips geschadet.
2009: Oracle kauft Sun Microsystems
Sun heißt jetzt Oracle. Der Datenbankspezialist hatte den Hardwarehersteller für 7,4 Milliarden Dollar eingekauft. Dabei ging es Ellison jedoch weniger um die etwas aus der Mode gekommene Hardware, sondern um die Software: Java und MySQL gehören jetzt Oracle.
2008: Übernahme von Bea Systems
Das Siebel On Demand CRM Release 15 kommt auf den Markt und Oracle kauft weiter ein, größter Brocken ist BEA Systems, ein Anbieter für Sercive-oriented Architecture, für 8,5 Milliarden Dollar. (Im Bild: Bea-CEO Alfred Chuang)
2007: Konsolidierung im BI-Markt
Der Markt für Business Intelligence ist auf Konsolidierungskurs, die großen Player werden geschluckt. Oracle macht im März den Anfang und kauft Hyperion für 3,3 Milliarden Dollar. Im Oktober schlägt SAP bei BusinessObjects zu und IBM im November bei Cognos. Der Kampf mit Rivale SAP spitzt sich zu: Oracle reicht in den USA eine Klage gegen wegen Urheberrechtsverletzung ein. Der Vorwurf: SAP habe Diebstahl geistigen Eigentums in großem Stil begangen und unerlaubt von einer Kundenbetreuungs-Web-Site „Tausende Softwareprodukte“ sowie anderes vertrauliches Material heruntergeladen. Erst in 2010 ist klar: SAP muss Oracle 1,3 Milliarden Dollar Schadensersatz zahlen.
2005: Siebel, die nächste Großakquisition
Kundenbeziehungs-Management wird immer wichtiger und Oracle schnappt sich den CRM-Marktführer Siebel Systems. Für rund 5,85 Milliarden Dollar wechseln Anfang 2006 die 5.500 Siebel-Mitarbeiter zu Oracle.
2004: Übernahme von Peoplesoft
Oracle übernimmt nach 18-monatigem erbitterten Widerstand Peoplesoft für 10,3 Milliarden Dollar und wird damit zum zweitgrößten Business-Software-Anbieter nach SAP. Erst 2003 hatte Peoplesoft den ERP-Hersteller J.D. Edwards für 1,7 Milliarden Dollar übernommen.
2000: Oracle entdeckt Linux
Die Open-Source-Bewegung nimmt Fahrt auf: “Im Jahr 2000 haben wir ein Linux-Engineering-Team gebildet. Dessen Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, dass Linux ein Betriebssystem wird, das sich für unsere Kunden im Rechenzentrum eignet”, erinnert sich Ed Screven, Chief Corporate Architect bei Oracle.
1998: Oracle Applications 11i
1998: Schon ein Jahr später geht der Hersteller in puncto Internet aufs Ganze: Oracle Applications 11i soll den Wandel von Client-Server- hin zu Internet-Computing einleiten, kurz darauf bekommt auch die Datenbank ein “i” für „Internet“ angehängt. “Wenn sich herausstellt, dass die Zukunft des Computings nicht im Internet liegt, sind wir erledigt. Aber wenn es die Zukunft ist, liegen wir goldrichtig“, sagte Ellison über die forsche Internet-Strategie von Oracle.
1997: Java kommt
1997 stellt Larry Ellison die neue Version Oracle8 der Datenbank vor, die mit dem Network-Computer (NC) arbeitet und die Daten an Thin-Clients liefert. Mit dem Application Server 4.0 stellt Oracle eine Lösung vor, die das Management von Business-Software zentralisiert und damit effizienter machen soll. Vor allem aber schlägt die Stunde der Programmiersprache Java. Der Hersteller kündigt mit Oracle Applications Release 10.7 NCA die weltweit erste Enterprise-Applications-Suite an, die auf offenen Standards basiert.
1995: Business Intelligence
1995 investiert der Datenbankriese in Business Intelligence und kauft die OLAP-Produktlinie (Express Server) von Information Resources Inc. für 100 Millionen Dollar. Außerdem beginnt das kalifornische Unternehmen nicht nur, seine Produkte über das Internet zu verteilen, sondern verkündet als einer der ersten Anbieter eine Internet-Strategie. Mit parallel queries lassen sich jetzt deutlich komplexere Datenbankabfragen gestalten.
1990: CFO Henley kommt an Bord
Nachdem sich bisher der Umsatz jedes Jahr verdoppelt hatte, geriet das Unternehmen 1990 das erste Mal in schwereres Fahrwasser. Oracle baute sein Management-Team um und ernannte Jeff Henley zum CFO. Henley brachte das Unternehmen wieder auf Spur und blieb bis 2004 CFO, danach wurde er Vorstandsvorsitzender. 1991 stellt Oracle eine Datenbank vor, die auf MPP (massively parallel processing) basiert und mit der sich deutlich schneller und billiger in Datenbeständen suchen lässt als mit dem Mainframe. 1993 kam Oracles Cooperative Development Environment (CDE) auf den Markt.
1989: Oracle zieht um
Neuer Firmensitz wird Redwood Shores. Ab jetzt unterstützt die Datenbank auch OLTP, Online Transaction Processing. Anders als zuvor bei der Batch-Verarbeitung ist die Echtzeit-Transaktionsverarbeitung Grundlage der modernen Geschäftsanwendungen, bei denen die Verarbeitung von Transaktionen direkt erfolgt. Zu sehen sind Bilder aus der Bauphase des Headquarters.
1987: Entwicklung von Applikationen
1987 beginnt Oracle, eigene Enterprise-Applikationen zu entwickeln, die auf der Datenbank basieren. In der Folge setzt der Datenbankhersteller jedoch auf Übernahmen im Bereich der Business-Software und konzentriert sich auf deren Adaption für die eigenen DBMS-Produkte. (Im Bild "Oracle Financials").
1986: Der Börsengang
Am 15. März 1986 ging Oracle an die Börse. 450 Leute arbeiten für den Datenbank-Hersteller. Auf dem Bild feiern unter anderem Ellison (Mitte) und Charles Phillips (damaliger Co-President, rechts) das 20-jährige Listing von Oracle an der Nasdaq.
1983: Die erste Datenbank
1982 benannte sich RSI nach seinem Produkt: Oracle. Ein Jahr später kam das neu in C programmierte Oracle V3 für Mainframes, Minicomputer und PCs auf den Markt. „Damals kamen die Datenbanken vom Hardware-Anbieter. Oracle bot als eines der ersten Unternehmen ein Datenbankmanagementsystem an, das auf unterschiedlichen Hardware-Plattformen und Betriebssystemen laufen konnte“, sagt Ken Jacobs, Vice President Product Strategy bei Oracle über die Anfänge. Als erstes DBMS unterstützt die Version 5.1 von 1986 verteilte Abfragen und läuft in Client-Server-Umgebungen.
1977: Das erste Büro
Das allererste Büro hatte viel Ähnlichkeit mit Bill Gates Garage. 1979 benannte sich das Unternehmen kurz in Relational Software Inc. (RSI) um, Firmensitz wurde Menlo Park, Kalifornien. Zu den ersten Projekten gehörte eine Oracle-Datenbank für die Wright-Patterson Air Force Base. “Wenn du innovativ bist, musst du darauf vorbereitet sein, dass alle dir sagen, du spinnst”, sollte Larry Ellison später sagen.
1977: Die Gründung
Im August 1977 gründen Larry Ellison, Bob Miner und Ed Oates Software Development Laboratories (SDL). Ellison hatte sich zuvor durch eine theoretische Arbeit von Edgar F. Codd über relationale Datenbanken daran gemacht, ein zu IBMs System R Database kompatibles System zu schaffen. SDL schuf die allererste Version des Datenbanksystems Oracle. Auftraggeber: der Geheimdienst CIA. 1978 feiern die Gründer ihren ersten Firmengeburtstag. Von links nach rechts: Ed Oates, Bruce Scott, Bob Miner und Larry Ellison.

Tatsächlich launchte Rimini Street im laufenden Jahr zwei neue Angebote. Zum einen hat das Unternehmen sein Wartungsangebot auf sechs neue Datenbanksysteme ausgedehnt: IBM DB2, Microsoft SQL Server sowie die ehemaligen Sybase-Produkte ASE, IQ, SQL Anywhere und Advantage Server, die heute von SAP vermarktet werden.

Zudem offeriert Rimini Street seit Juni 2017 das virtuelle Patching für Datenbanken, die auf Software von Oracle, SAP, IBM und Microsoft laufen. Das Dienstleistungsprodukt trägt die Bezeichnung "Rimini Street Advanced Database Security" und wird mit Technik von McAfee umgesetzt.

Börsengang als SPAC

Für die weitere Diversifizierung benötigt Rimini Street indes frisches Kapital. Wegen des Gerichtsverfahrens mit Oracle wurde der bereits früher geplante Börsengang seinerzeit zurückgestellt. Jetzt wagt das Unternehmen einen neuen Anlauf. Vor etwa einem Monat fusionierte der Support-Spezialist mit der GP Investments Acquisition Corp. und wird seither als RMNI an der Nasdaq gehandelt.

Diese kompliziert anmutende Art des Börsengangs ist laut Grady gar nicht so ungewöhnlich; 90 solcher Special Purpose Acquisition Companies - kurz SPACs - seien an der Nasdaq verzeichnet. Offenbar lässt sich durch die Fusion mit einem existierenden Privatunternehmen das Risiko des Initial Public Offering (IPO) reduzieren. Der bisherige Hauptaktionär von Rimini Street, Adams Street Partner, erhöhte jedenfalls seinen Anteil weiter.