Neue Cloud-Data-Center

Oracle dehnt Automatisierungsansatz von der Datenbank auf die Cloud aus

16.02.2018 von Martin Bayer
Nachdem Oracle bereits eine autonome Datenbank angekündigt hat, soll nun auch das Cloud-Portfolio den Stempel „autonom“ bekommen. Anwender sollen durch eine weitgehend automatisierte Verwaltung der Cloud entlastet werden.

Oracle will sein Angebot rund um Infrastructure as a Service (IaaS) und Platform as a Service (PaaS) mit zusätzlichen Funktionen und Services aufwerten und damit für potenzielle Nutzer interessanter ­machen. Für den Datenbankspezialisten, der verspätet in das Cloud-Zeitalter gestartet war, geht es darum, Boden gutzumachen. Im Cloud-­Geschäft geben andere Anbieter den Ton an: Amazon Web Services (AWS), Microsoft und Google.

Oracles Cloud soll autonomer werden.
Foto: Stephen Lawson / IDGNS

Das soll sich nun ändern. Unter dem Schlagwort "Autonomous Cloud" hat der US-Konzern eine Reihe von Funktionen und Services angekündigt, die den Betrieb, das Absichern sowie die Reparatur von Cloud-Infrastrukturen automatisieren und damit für die Nutzer vereinfachen sollen. Basis dieser Features bilden künstliche Intelligenz und Machine Learning. Für einen einfacheren Cloud-Betrieb sollen beispielsweise das automatische Einspielen von Upgrades und Patches sorgen. Außerdem soll sich das Auf- und Abskalieren von Rechen- und Storage-Kapazitäten weitgehend automatisieren lassen. Das selbständige Installieren von Security-Updates soll die Sicherheit der Cloud verbessern. Außerdem würden sämtliche dort abgelegten Daten automatisch verschlüsselt. Mit Hilfe von Machine Learning ließen sich darüber hinaus die Aktivitäten in der Cloud überwachen und analysieren. So könne beispielsweise auffälliges, von bestimmten Mustern abweichendes User-Verhalten schnell erkannt und blockiert werden.

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Darüber hinaus will Oracle zusätzliche Funk­tionen anbieten, mit deren Hilfe Anwender ihre Produktivität verbessern könnten. Beispielsweise soll im Rahmen der Anwendungsentwicklung in der Cloud der generierte Code laufend auf Sicherheitslücken geprüft werden. Der Anbieter will seinen Cloud-Kunden darüber hinaus vorgefertigte Module offerieren, die sich per Klick in Anwendungen integrieren ließen – beispielsweise verschiedene Bots. Auch sollen vorkonfigurierte Funktionsbausteine dafür sorgen, dass sich verschiedene Cloud- und On-Premise-Systeme entlang bestimmter Prozessketten automatisch verbinden und integrieren lassen.

Digitaler Assistent soll Datenflüsse lenken

Gleiches gilt für Datenflüsse innerhalb und zwischen den verschiedenen Systemen und Datenquellen. Dafür will Oracle einen „Digital Assistant“ anbieten, der wie ein Dirigent diese Verbindung orchestrieren soll. Mit Hilfe dieses Assistenten sollen sich auch sprach­basierte Geräte wie Amazon Echo, Apple Siri, Google Home und Microsoft Cortana integrieren lassen. Neuronale Netze mit den entsprechenden Algorithmen sollen diese Sprachinforma­tionen verarbeiten und die daraus resultierenden Informationen in die Business-Systeme einspeisen können.

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Garantierte Cloud-Leistungen Oracle will Anwender außerdem mit Service- Level-Agreements (SLA) und Garantien für sein Cloud-Angebot gewinnen. So soll Kunden beispielsweise ein bestimmtes Performance-Niveau garantiert werden. Sollte die Cloud-Leistung unter den vertraglich zugesicherten Level fallen, erhielten die Betroffenen Gutschriften. Oracle will diese SLAs Stück für Stück über seine gesamte Cloud-Platform mit allen dort verfügbaren Angeboten und Diensten ausrollen. „Kein Cloud-Provider der Welt kann mit den Garantien von Oracle mithalten“, pries Thomas Kurian, President of Product Development bei Oracle, die neuen Regeln. Die Wettbewerber legten sich nicht fest und schlössen zahllose Details im Kleingedruckten aus.

Oracle baut Cloud-Infrastruktur aus

Neben dem Ausbau der Cloud-Services will Oracle auch seine Cloud-Infrastruktur erweitern und zwölf neue Rechenzentren in ­Asien, Europa und Nordamerika eröffnen. Die Expansionspläne um­fassen Standorte in Asien (China, Indien, Japan, Saudi-Arabien, ­Singapur und Südkorea), Europa (Amsterdam, Schweiz) sowie Nordamerika – zwei Standorte in Kanada sowie zwei in den USA.

Die Geschichte von Oracle
Eine Zeitreise durch die Oracle-Geschichte
Oracle ist das Werk von Ellison, und es passt zu dem ehrgeizigen und charismatischen Gründer, dass er sein Hobby, das Segeln, professionalisiert. Mit Erfolg: Das Team gewann 2013 den America´s Cup.
Oktober 2015: Erster Oracle-Sparc kommt heraus
Auf der Kundenkonferenz OpenWorld stellt Larry Ellison mit dem M7 die erste Sparc-CPU vor, die komplett unter der Ägide Oracles geplant und gebaut wurde. Mit speziell für den Prozessor entwickelten und tief in der Hardware verankerten Security-Funktionen will der Hersteller die Sicherheit von Anwendungen und Daten verbessern - vor allem in Cloud-Umgebungen.
Februar 2015: Neuer Deutschlandchef
Frank Obermeier wird neuer Country Leader von Oracle in Deutschland. Obermeier kommt von Hewlett-Packard und löst Jürgen Kunz ab, der künftig als Senior Vice President Northern Europe die Geschäfte von Oracle in Nordeuropa verantwortet.
September 2014: Ellisons Paukenschlag
Nach 37 Jahren an der Spitze von Oracle gab Larry Ellison überraschend seinen Rücktritt als Konzernchef bekannt. Gründe nannte der 70-jährige nicht, Ellison will aber weiterhin als CTO für das Unternehmen wirken. Die bisherigen Stellvertreter Mark Hurd und Safra Catz sollen als Doppelspitze das Ruder übernehmen. Zugleich kündigte Oracle Aktienrückkäufe über 13 Milliarden Dollar an.
2011: Investition ins Cloud Computing
Hat Larry Ellison seine Spürnase für Erfolgstechnologien verloren? Ende 2011 hatte Oracle zwar den Cloud-CRM-Anbieter RightNow Technologies für 1,5 Milliarden Dollar gekauft, doch im Vergleich zu agileren Wettbewerbern wie Salesforce hängt das Unternehmen aus Redwood Shores hinterher. <br/><br/>Die „Computerwoche“ schreibt: „Nachdem Gründer und CEO Lawrence "Larry" Ellison noch vor wenigen Jahren über die IT-Wolke gelästert hatte und das Ganze als schnell vorübergehenden Hype abgetan hatte, muss er heute sehen, dass er nicht den Anschluss verliert“. Konkurrent SAP hatte sich 2011 für 3,4 Milliarden Dollar den Cloud-HR-Anbieter Successfactors einverleibt. Oracle legte mit der Übernahme von Successfactors-Wettbewerber Taleo an für 1,9 Milliarden Dollar nach.
2010: Mark Hurd wechselt von HP zu Oracle
Nur einen Monat nach seinem unrühmlichen Ausscheiden als CEO bei Hewlett-Packard (HP) kommt Mark Hurd zu Oracle. Ellison hatte zuvor Hurds Rauswurf heftig kritisiert "Das war die dümmste Personalentscheidung, seitdem die Idioten im Apple- Verwaltungsrat vor vielen Jahren Steve Jobs gefeuert haben." <br/><br/>In der Folge gab es einen erbitterten Streit zwischen den beiden Unternehmen, wobei es nur vordergründig um den Wechsel von Hurd ging: Oracle hatte die Unterstützung von Intels Itanium-Chips durch die eigene Software beendet und damit den Verkauf von HP-Server mit diesen Chips geschadet.
2009: Oracle kauft Sun Microsystems
Sun heißt jetzt Oracle. Der Datenbankspezialist hatte den Hardwarehersteller für 7,4 Milliarden Dollar eingekauft. Dabei ging es Ellison jedoch weniger um die etwas aus der Mode gekommene Hardware, sondern um die Software: Java und MySQL gehören jetzt Oracle.
2008: Übernahme von Bea Systems
Das Siebel On Demand CRM Release 15 kommt auf den Markt und Oracle kauft weiter ein, größter Brocken ist BEA Systems, ein Anbieter für Sercive-oriented Architecture, für 8,5 Milliarden Dollar. (Im Bild: Bea-CEO Alfred Chuang)
2007: Konsolidierung im BI-Markt
Der Markt für Business Intelligence ist auf Konsolidierungskurs, die großen Player werden geschluckt. Oracle macht im März den Anfang und kauft Hyperion für 3,3 Milliarden Dollar. Im Oktober schlägt SAP bei BusinessObjects zu und IBM im November bei Cognos. Der Kampf mit Rivale SAP spitzt sich zu: Oracle reicht in den USA eine Klage gegen wegen Urheberrechtsverletzung ein. Der Vorwurf: SAP habe Diebstahl geistigen Eigentums in großem Stil begangen und unerlaubt von einer Kundenbetreuungs-Web-Site „Tausende Softwareprodukte“ sowie anderes vertrauliches Material heruntergeladen. Erst in 2010 ist klar: SAP muss Oracle 1,3 Milliarden Dollar Schadensersatz zahlen.
2005: Siebel, die nächste Großakquisition
Kundenbeziehungs-Management wird immer wichtiger und Oracle schnappt sich den CRM-Marktführer Siebel Systems. Für rund 5,85 Milliarden Dollar wechseln Anfang 2006 die 5.500 Siebel-Mitarbeiter zu Oracle.
2004: Übernahme von Peoplesoft
Oracle übernimmt nach 18-monatigem erbitterten Widerstand Peoplesoft für 10,3 Milliarden Dollar und wird damit zum zweitgrößten Business-Software-Anbieter nach SAP. Erst 2003 hatte Peoplesoft den ERP-Hersteller J.D. Edwards für 1,7 Milliarden Dollar übernommen.
2000: Oracle entdeckt Linux
Die Open-Source-Bewegung nimmt Fahrt auf: “Im Jahr 2000 haben wir ein Linux-Engineering-Team gebildet. Dessen Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, dass Linux ein Betriebssystem wird, das sich für unsere Kunden im Rechenzentrum eignet”, erinnert sich Ed Screven, Chief Corporate Architect bei Oracle.
1998: Oracle Applications 11i
1998: Schon ein Jahr später geht der Hersteller in puncto Internet aufs Ganze: Oracle Applications 11i soll den Wandel von Client-Server- hin zu Internet-Computing einleiten, kurz darauf bekommt auch die Datenbank ein “i” für „Internet“ angehängt. “Wenn sich herausstellt, dass die Zukunft des Computings nicht im Internet liegt, sind wir erledigt. Aber wenn es die Zukunft ist, liegen wir goldrichtig“, sagte Ellison über die forsche Internet-Strategie von Oracle.
1997: Java kommt
1997 stellt Larry Ellison die neue Version Oracle8 der Datenbank vor, die mit dem Network-Computer (NC) arbeitet und die Daten an Thin-Clients liefert. Mit dem Application Server 4.0 stellt Oracle eine Lösung vor, die das Management von Business-Software zentralisiert und damit effizienter machen soll. Vor allem aber schlägt die Stunde der Programmiersprache Java. Der Hersteller kündigt mit Oracle Applications Release 10.7 NCA die weltweit erste Enterprise-Applications-Suite an, die auf offenen Standards basiert.
1995: Business Intelligence
1995 investiert der Datenbankriese in Business Intelligence und kauft die OLAP-Produktlinie (Express Server) von Information Resources Inc. für 100 Millionen Dollar. Außerdem beginnt das kalifornische Unternehmen nicht nur, seine Produkte über das Internet zu verteilen, sondern verkündet als einer der ersten Anbieter eine Internet-Strategie. Mit parallel queries lassen sich jetzt deutlich komplexere Datenbankabfragen gestalten.
1990: CFO Henley kommt an Bord
Nachdem sich bisher der Umsatz jedes Jahr verdoppelt hatte, geriet das Unternehmen 1990 das erste Mal in schwereres Fahrwasser. Oracle baute sein Management-Team um und ernannte Jeff Henley zum CFO. Henley brachte das Unternehmen wieder auf Spur und blieb bis 2004 CFO, danach wurde er Vorstandsvorsitzender. 1991 stellt Oracle eine Datenbank vor, die auf MPP (massively parallel processing) basiert und mit der sich deutlich schneller und billiger in Datenbeständen suchen lässt als mit dem Mainframe. 1993 kam Oracles Cooperative Development Environment (CDE) auf den Markt.
1989: Oracle zieht um
Neuer Firmensitz wird Redwood Shores. Ab jetzt unterstützt die Datenbank auch OLTP, Online Transaction Processing. Anders als zuvor bei der Batch-Verarbeitung ist die Echtzeit-Transaktionsverarbeitung Grundlage der modernen Geschäftsanwendungen, bei denen die Verarbeitung von Transaktionen direkt erfolgt. Zu sehen sind Bilder aus der Bauphase des Headquarters.
1987: Entwicklung von Applikationen
1987 beginnt Oracle, eigene Enterprise-Applikationen zu entwickeln, die auf der Datenbank basieren. In der Folge setzt der Datenbankhersteller jedoch auf Übernahmen im Bereich der Business-Software und konzentriert sich auf deren Adaption für die eigenen DBMS-Produkte. (Im Bild "Oracle Financials").
1986: Der Börsengang
Am 15. März 1986 ging Oracle an die Börse. 450 Leute arbeiten für den Datenbank-Hersteller. Auf dem Bild feiern unter anderem Ellison (Mitte) und Charles Phillips (damaliger Co-President, rechts) das 20-jährige Listing von Oracle an der Nasdaq.
1983: Die erste Datenbank
1982 benannte sich RSI nach seinem Produkt: Oracle. Ein Jahr später kam das neu in C programmierte Oracle V3 für Mainframes, Minicomputer und PCs auf den Markt. „Damals kamen die Datenbanken vom Hardware-Anbieter. Oracle bot als eines der ersten Unternehmen ein Datenbankmanagementsystem an, das auf unterschiedlichen Hardware-Plattformen und Betriebssystemen laufen konnte“, sagt Ken Jacobs, Vice President Product Strategy bei Oracle über die Anfänge. Als erstes DBMS unterstützt die Version 5.1 von 1986 verteilte Abfragen und läuft in Client-Server-Umgebungen.
1977: Das erste Büro
Das allererste Büro hatte viel Ähnlichkeit mit Bill Gates Garage. 1979 benannte sich das Unternehmen kurz in Relational Software Inc. (RSI) um, Firmensitz wurde Menlo Park, Kalifornien. Zu den ersten Projekten gehörte eine Oracle-Datenbank für die Wright-Patterson Air Force Base. “Wenn du innovativ bist, musst du darauf vorbereitet sein, dass alle dir sagen, du spinnst”, sollte Larry Ellison später sagen.
1977: Die Gründung
Im August 1977 gründen Larry Ellison, Bob Miner und Ed Oates Software Development Laboratories (SDL). Ellison hatte sich zuvor durch eine theoretische Arbeit von Edgar F. Codd über relationale Datenbanken daran gemacht, ein zu IBMs System R Database kompatibles System zu schaffen. SDL schuf die allererste Version des Datenbanksystems Oracle. Auftraggeber: der Geheimdienst CIA. 1978 feiern die Gründer ihren ersten Firmengeburtstag. Von links nach rechts: Ed Oates, Bruce Scott, Bob Miner und Larry Ellison.

"Mit unseren erweiterten, modernen Rechenzentren sind wir bestens ausgestattet, um die bislang intelligentesten Technologien der Welt zu liefern", erklärt Mark Hurd, CEO Oracle, und kündigt im gleichen Atemzug an: "Durch die neu­en Investitionen werden auch ­unsere Margen weiter wachsen – und dank der weltweiten Expan­sion unserer Rechenzentren können wir Kunden dabei helfen, IT-Kosten zu reduzieren, Risiken zu minimieren und damit wettbewerbsfähiger zu werden als je zuvor." Die Oracle-Verantwortlichen sprechen von steigenden Kundenzahlen. Zum Kundenkreis gehörten so­wohl kleine und mittelständische Betriebe als auch Unternehmen aus den „Global 2000“. Eine konkrete Kundenzahl bleibt der Konzern allerdings schuldig.