Apple im Unternehmen

Nicht jeder ist Axel Springer

25.07.2008 von Jan-Bernd Meyer
Apple erlebt seit einigen Quartalen einen Boom - auch bei Computersystemen. Für Unternehmen sind die Prestigerechner jedoch nicht immer geeignet.

Als der Axel Springer Verlag durch seinen Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner publikumswirksam auf YouTube bekannt gab, alle seine Tausende von Arbeitsplätzen würden auf Apple-Rechner umgestellt, da erregte dies weniger Aufmerksamkeit, als solch einer Meldung gebühren würde.

Denn bis dato war Apple Nische. Wer Mac-Rechner benutzte, gehörte zur Kaste der Künstler, der anders Tickenden, der IT-Avantgarde - auf alle Fälle aber nicht zum Durchschnitt. Solche Exklusivität hatte ihren Preis. Die Produkte von Apple standem im Ruf, teuer zu sein. Dafür machten sie sich nicht gemein mit den Anwendern der Abermillionen Allerwelts-PCs der Wintel-Gemeinschaft. Macs waren schick, Apple-Software galt als anwenderfreundlich, weil intuitiv zu verstehen. Apples Produkte repräsentierten keinen weltweit verbreiteten Standard - sie waren eben nicht Windows-Durchschnitt.

Jetzt das. Das europaweit größte Zeitungshaus setzt flächendeckend Apple ein. In seiner Ansprache vermittelte Springer-Chef Döpfner genau die Begeisterung über Produkte von Apple, die Mac-Aficionados einem in jedem Gespräch als Glaubensbekenntnis verkaufen. Für Apple habe man sich entschieden, weil die Rechner Innovation und Kreativität förderten. Zudem seien sie einfacher zu bedienen. Apple-Rechner seien, so der Vorstandsvorsitzende, auf den Benutzer ausgerichtet: "Hier wird nicht der Computer als Selbstzweck in den Vordergrund gestellt, sondern der Nutzer."

Schließlich sei die Migration auch aus wirtschaftlichen Gründen richtig. "Durch die Preise", aber auch wegen der niedrigeren Wartungskosten sei die Umstellung kostengünstiger "als die bisherige Handhabung".

Döpfner strich schließlich noch als Argument heraus, was allen Apple-Produkten als absolutes Will-haben-Kaufkriterium anhaftet: ihr schickes Äußeres. Apple stelle die schönsten Rechner her, sagte Döpfner. Das sei zwar subjektiv, aber jeder Arbeitsplatz sehe besser aus, wenn ein Apple-Gerät darauf stehe.

Interessant war auch die Aussage des Springer-Chefs, es seien nicht technologische Gründe, die zu der Entscheidung für die Umstellung auf Apple-Clients geführt hätten. Vielmehr gab er der Hoffnung Ausdruck, dass der technische den kulturellen Wandel und die Modernisierung des Unternehmens beschleunigen werde.

1a-Werbung für Apple von Axel Springer

Wohl noch nie hat der oberste Chef eines Unternehmens die Produkte eines Computerbauers dermaßen über den grünen Klee gelobt. Dabei ist Axel Springer beileibe nicht das einzige Unternehmen, das flächendeckend Apple-Produkte einsetzt. Auch der Suchmaschinenanbieter Google vertraut überwiegend auf Macs.

Was Menschen wollen…

Eine Online-Befragung der COMPUTERWOCHE ergab ein klares Ergebnis, das den Axel Springer Verlag in seiner Entscheidung bestätigt: Gefragt, ob sie auch lieber am Mac arbeiten würden, antworteten von 498 Personen 49 Prozent mit Ja. Weitere 16 Prozent gaben an, sie würden schon am Mac arbeiten. 32 Prozent ziehen einen Wintel-PC vor. Mit anderen Worten: Zwei Drittel würden einer Entscheidung à la Springer positiv begegnen.

Juniper Networks startete Anfang des Jahres 2008 einen Versuch und stattete rund zehn Prozent seiner 6100 Mitarbeiter mit Apple-Rechnern anstelle der gewohnten Wintel-PCs aus. Juniper-CIO Michele Goins geht davon aus, dass sich künftig jeder vierte Angestellte im Unternehmen für einen Apple entscheiden wird.

Auch IBM und Cisco prüfen Einsatz von Macs

IBM und Cisco testen ebenfalls, inwieweit sie Apple-Rechner an den Arbeitsplätzen einsetzen sollen. Zumindest im Fall von Big Blue kommt dies fast einer Gotteslästerung gleich, hatte doch der blaue Riese den Siegeszug der Wintel-PCs überhaupt erst begründet und jahrzehntelang als Tischrechner und Mobilsystem der Wahl propagiert.

Das Marktforschungsunternehmen Yankee Group hatte im Mai dieses Jahres über 700 Senior IT-Administratoren und IT-Verantwortliche befragt. Resultat: 2008 nutzten fast 80 Prozent dieser Unternehmen in irgendeiner Form bereits Apple-Rechner in ihren Büros. Zwei Jahre zuvor hatte dieser Wert erst bei 48 Prozent gelegen. Außerdem, so die Untersuchungsleiterin Laura Didio, beschränkte sich die Zahl der Apple-Rechner laut der früheren Befragung auf zwei oder drei Maschinen. Nur zwei Jahre später waren bereits Dutzende, in manchen Fällen gar mehrere tausend Mac-Rechner im Einsatz.

Und es sind nicht nur die großen Konzerne, die sich für den Mac interessieren, auch ganz kleine Firmen fragen sich, ob sie nicht statt Wintel-Durchschnitt Apple-Avantgarde sein wollen. So wechselte etwa das mittelständische Softwarehaus Innovation Gate aus Ratingen mit zehn Mitarbeitern im vergangenen Jahr auf Mac-Rechner. Es entwickelt Web-Content-Management-Systeme und SaaS-Lösungen.

Gute Geschäfte mit ERP auf Rechnern von Apple

Andere deutsche Software- und Dienstleistungsunternehmen versprechen sich vom Boom mit Apple lohnende Geschäfte: Die Demand Software Solutions GmbH entwickelt ERP-Standardsoftware, die das iPhone als Frontend unterstützt. Mit dieser betriebswirtschaftlichen Browserbasierenden Software können beispielsweise Außendienstmitarbeiter Kundendaten abfragen, Angebote und Aufträge entgegennehmen oder Abfragen auf Lagerbestände erledigen. Die ERP-Lösung kann über den Web-Browser bedient sowie an spezifische User-Anforderungen angepasst werden. Sie basiert auf einem Open-Source-Framework und stützt sich auf die MySQL-Datenbank.

Unternehmen sind für Apple kein Heimspiel

Also hält Apple jetzt im großen Stil Einzug in Unternehmen? Natürlich nicht. Die real existierende Welt der Arbeitsplatzrechner und Notebooks in Unternehmen ist von Windows-PCs geprägt. In einer Untersuchung, die Forrester-Research-Analyst Benjamin Gray im November 2007 veröffentlichte, belegt der Marktforscher, dass Apple in Konzernen so gut wie nicht existent ist. Die Frage, von welchem Hersteller sie in den vergangenen zwölf Monaten Desktops gekauft haben, beantworteten 565 PC-Entscheidungsträger in US-Firmen und europäischen Konzernen ganz eindeutig: Bei möglichen Mehrfachnennungen hatten sich 54 Prozent für Dell, 27 Prozent für Hewlett-Packard und 15 Prozent für Lenovo als Hardwarelieferant entschieden. Apple kauften gerade mal zwei Prozent - genauso viele wollten Systeme von Fujitsu-Siemens. Acer, Sony und Toshiba blieben mit Ein-Prozent-Nennungen noch weiter unter ferner liefen. Ein fast identisches Ergebnis lieferte die gleiche Frage nach Mobilrechnern. An diesem Kaufverhalten wird sich, so eine weitere Aussage der IT-Verantwortlichen, auch in Zukunft wenig ändern.

Thomas Mendel, wie Gray Analyst bei Forrester Research, kommt in einer weiteren Untersuchung zu dem Ergebnis, Macs könnten als kommerzielle Arbeitsplatzrechner vernachlässigt werden. Mendel schreibt in seinem Report, zwar habe Apple 2007 im Unternehmensumfeld ein großes Jahr erlebt und seinen Anteil an Rechnern in Unternehmen auf 4,2 Prozent verdreifacht. Trotzdem beschränke sich die Verbreitung von Apple-Systemen auf Enthusiasten und kleine Arbeitsgruppen. Standardisierung sei das Credo von IT-Abteilungen, Macs würden hier einfach zu viele Probleme schaffen.

Mac Mini und Powerbooks stark in privaten Haushalten

Auch Gartner-Analyst Ranjit Atwal betont, dass der Deal, den Axel Springer jetzt mit Apple geschlossen hat, nicht auf alle Unternehmen projiziert werden kann. Solch eine Komplettumstellung auf Macs lasse sich nur in Konzernen bewerkstelligen, die keine ausufernde und komplexe Anwendungslandschaft mit Hunderten, wenn nicht Tausenden von Anwendungen nutzen. In einem derartigen Unternehmen wäre eine Umstellung von Wintel-PCs auf Apple-Maschinen kaum anzuraten.

Die Zahlen für den PC-Markt, die Gartner für das zweite Quartal 2008 gerade erst veröffentlicht hat, scheinen - zumindest was die USA angeht - diesen Aussagen zu widersprechen. Dort nämlich ist die Zahl der verkauften Apple-Rechner um 38,1 Prozent gestiegen. Kein anderer Anbieter konnte solch ein Wachstum melden. Mittlerweile steht die Jobs-Company in der neuen Welt bezogen auf die Marktanteile mit 8,5 Prozent bereits auf Rang drei - allerdings weit hinter Marktführer Dell (31,9 Prozent) und Hewlett-Packard (25,3 Prozent). Doch die Zahlen könnten missverständlich sein: Verantwortlich für die großen Zuwächse ist laut Gartner der Heim-PC-Markt, "der weiterhin die stärkste treibende Kraft für Apple ist". Daneben verdankt Apple dem Ausbildungsmarkt das sehr gute Ergebnis in den USA.

Mit anderen Worten: Noch ist Apple als PC-Alternative im kommerziellen Umfeld eine vernachlässigbare Größe. Das hat seine Gründe in der Strategie des Apple-Chefs Steve Jobs. Dieser hat das Unternehmen ganz eindeutig auf den Markt der Konsumenten ausgerichtet. Bekannt sind seine Aussagen, dass es für Apple wie für jedes Unternehmen schwer ist, auf beiden Hochzeiten - Consumer- und Unternehmensmarkt - zu tanzen. Indirekt geben ihm die Erfahrungen der PC-Schwergewichte Dell, HP, Lenovo etc. Recht. Dell ist nach wie vor im Consumer-Umfeld nur unauffällig vertreten, Lenovo steht erst am Beginn einer Karriere im Privatkundensegment, und HP hat sich über Jahre im knallharten Geschäft der Massenmärkte à la Saturn Hansa, Media Markt etc. immer wieder eine blutige Nase geholt. Erst seit gut einem Jahr beginnt das Unternehmen, sich hier fest zu etablieren - seit neuestem interessanterweise auch mit einer "Apple"-Strategie und dem Fokus auf schicke Maschinen wie dem "HP Touchsmart". Hier kopiert HP sogar Softwareideen zur Benutzeroberfläche, wie sie Apple mit seinen iPhones realisierte hat.

iPhones: Die trojanischen Pferde der Neuzeit

iPhones sind dabei nach den iPod-MP3-Abspielern die nächsten Kultgeräte von Apple. Und sie sind es wahrscheinlich mehr noch, als es die iPods waren. Als die zweite Generation der iPhones, dieses Mal mit UMTS-Unterstützung, im Juli 2008 auf den Markt kam, dauerte es gerade einmal drei Tage nach der Markteinführung am 11. Juli, um eine Million dieser Prestige-Handys zu verkaufen. Das neue Smartphone hatte "ein überwältigendes Startwochenende", sagt Steve Jobs. Beim ersten iPhone hatte es noch 74 Tage gedauert, um eine Million Geräte an den Mann und die Frau zu bringen.

Wer ein iPhone privat nutzt, etwa im BMW, möchte das Smartphone - und andere Apple-Gerätschaft - vielleicht auch gern in seinem Job einsetzen.

Dieser Kultstatus unter Anwendern hat Folgen: Wer privat mit Apple-Systemen umgeht, möchte die Handys, Desktops und Notebooks natürlich auch liebend gern in der Firma nutzen. Insofern bezeichnet Unternehmenssprecher Georg Albrecht von Apple Deutschland die Smartphones des Mac-Unternehmens und den MP3-Player iPod als "trojanische Pferde", mit denen Apple auch in Unternehmen einzuziehen trachte.

Ob das aber - siehe die Aussagen von Steve Jobs - tatsächlich eine offizielle Firmenstrategie ist, darf bezweifelt werden. Interessanterweise gab es etwa zu dem spektakulären Axel-Springer-Deal von Seiten Apples keine offiziellen Aussagen. Auf Anfrage hierzu sagte Albrecht lediglich: "Die Kommunikation zum Einsatz unserer Rechner überlassen wir ganz Axel Springer selbst." So viel Zurückhaltung bei solch einem spektakulären Vertrag ist sehr selten in der IT-Branche. Und sie lässt sich eigentlich nur so erklären, dass der vermehrte Einzug von Apple-Rechnern in Unternehmen vom obersten Management um Jobs mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesehen wird. Denn der Trend zum Apple in Firmen widerspricht der Strategie von Steve Jobs, sich auf das Privatkundengeschäft zu kaprizieren.Mit dem iPhone scheint Apple jedoch durchaus Konzerne ansprechen zu wollen.

Die Unternehmensberatung Berlecon ist bezüglich der Tauglichkeit des iPhone 3G für kommerziellen Einsatz allerdings eher skeptisch. Die Marktbeobachter schreiben: "Der Marketing-Profi Apple suggeriert den Kunden, dass das neue iPhone für den Einsatz im Geschäftsumfeld gewappnet ist. Wer jedoch täglich mit dem iPhone seinen Geschäftsalltag bestreitet, wird wesentliche Funktionen vermissen." (Siehe Kasten "Berlecon zum iPhone in Unternehmen").

Kaum kommerzielle Anwendungen auf Apple-Rechnern

Bei der Wilken GmbH aus Ulm würde man, sagt Marketing-Leiter Wolfgang Grandjean, nur zu gerne Apple-Rechner einsetzen. Er selbst nutze sie privat, und er ist einer der wenigen Mitarbeiter des Software- und Dienstleistungshauses, dessen Dienst-Notebook das schicke Apple-Logo ziert. Aber die meisten kommerziellen Anwendungen laufen eben nicht auf Apple, bedauert Grandjean. Für Wilken sind die Rechner somit ein No-Go. Zudem gebe es noch immer Probleme, wenn ein Unternehmen Apple-Rechner in bestehende Wintel-PC-Netzinfrastrukturen einbinden wolle - eine Aussage, die Apple-Sprecher Albrecht entschieden zurückweist.

Indirekt gibt Thomas Tribius, CIO des Axel Springer Verlags, denen Recht, die das Thema Unterstützung kommerzieller Anwendungen durch Apple-Systeme als große Hürde für Macs in Unternehmen sehen. Tribius sagt, das Medienhaus betreibe schon seit Jahren eine Harmonisierung seiner Applikationslandschaft auf wenige Anwendungen. Deshalb allein schon tut sich das Medienhaus auch wesentlich leichter, eine flächendeckende Migration insbesondere auch auf das Mac OS X und Apple-Software so konsequent zu realisieren.

Steigbügelhalter Microsoft

Fast nicht zu glauben: Sollte Microsoft mit seinem Windows Vista Apple Türen in die Unternehmen geöffnet haben?

Ironischerweise könnte es übrigens ein ehemaliger Intimfeind von Apple sein, der der Jobs-Company in Konzernen vielleicht doch die Türen öffnet: Microsoft. Über dessen aktuelle Windows-Version "Vista" urteilt das US-amerikanische Wirtschaftsmagazin "Business Week", Vista könne sich als "einer der größten Fehltritte in der Technikgeschichte" herausstellen. Nicht nur würden dem Microsoft-Betriebssystem überzeugende neue Features abgehen.

Die Vista-Software zwinge Unternehmen auch, teurere PCs zu kaufen und heftig in die Mitarbeiterfortbildung zu investieren. Schließlich kämpfe das Betriebssystem mit ärgerlichen Softwarepannen. Das Magazin zitiert David Yoffie, Harvard-Business-School-Professor und Intel-Board-Mitglied, mit der Aussage, Microsoft habe mit Vista Apple zu einem Durchbruch verholfen.

Meilenstein für Apple?

Ob der Deal mit dem Axel Springer Verlag Apple den Weg in die Firmen ebnet, kann allerdings bezweifelt werden. So urteilt der Techconsult-Analyst Denis Mrksa einerseits: "In der Tat ist dieser Deal ein Meilenstein für Apple." Die Axel Springer AG gebe sich mit dieser Entscheidung "aus Image-Gründen einen modernen Anstrich". Vordergründig streiche Unternehmenschef Döpfner den Wandel der Unternehmenskultur heraus, der dadurch beschleunigt werden solle, dass nun eine kreativere, innovativere und schönere Arbeitsumgebung entstehen werde. Gleichzeitig wolle Springer einen in die Jahre gekommenen Arbeitsplatz in eine "moderne", man könne auch sagen "trendy" Arbeitsumgebung verwandeln, kommentiert Mrksa. Das zeige sich etwa daran, "dass das bisher noch so gut wie gar nicht im Business etablierte iPhone" ebenso Einzug im Springer Verlag halten soll wie die ganze PC- und Laptop-Palette von Apple.

Mac OS X und Windows Vista oder XP auf Macs

Der Techconsult-Analyst wendet aber ein: "Allein technologisch ist dieser Komplettumstieg kaum zu erklären." Es sei zwar richtig, dass Apple-Rechner als weniger anfällig für Viren und anderen Schadcode sei. Doch genau das Thema IT-Sicherheit hätten die Entscheider im Großverlag gar nicht in den Vordergrund gerückt.

Techconsult-Analyst Denis Mrksa glaubt, dass der Komplettumstieg auf Apple von Axel Springer allein technologisch kaum zu erklären ist.

Dass nicht so sehr technische Aspekte den Wechsel auf Apple beförderten, belegt Mrksa an einem Beispiel: Springer werde wie verlautbart je nach eingesetzter Applikation und Bereichsanforderung auf den Apple-Computern als Betriebssysteme sowohl Mac OS X als auch eines der üblichen Windows-Betriebssysteme XP oder Vista einsetzen. "Dies spricht dagegen, dass die reifer werdenden Desktop-Virtualisierungslösungen Treiber für den Umstieg waren."

Hierzu hatte allerdings der Axel-Springer-CIO Tribius schon gesagt, dass der Konzern nicht "nur" die komplette Hardware umstellen wird, sondern auch rund 70 Prozent aller Anwendungen nativ unter dem Max OS X laufen lassen. Springer will also sehr wohl einen echten Übergang von Hard- und Software in die Apple-Welt.

Yankee-Group-Analystin Didio kommt in ihrer Umfrage auch zu anderen Erkenntnissen als der Techconsult-Analyst. Die Frage, wieso Unternehmen vermehrt auf Apple zurückgreifen, hätten eine Reihe von IT-Verantwortlichen damit beantwortet, dass sie im virtuellen Modus andere Betriebssysteme wie Microsofts Vista oder XP oder etwa Linux laufen lassen könnten. Einige hätten gegenüber Didio ganz direkt formuliert: "Wir nutzen Vista oder XP, tun dies aber explizit mit Apple-Rechnern als Hardware." 28 Prozent der in der Yankee-Group-Untersuchung Befragten sagten, dass sie Windows im virtuellen Modus auf Apple-Rechnern betreiben. Die führenden Vertreter für Virtualisierungssoftware sind dabei Parallels und VMware Inc. Weitere 22 Prozent nutzen die im Mac OS X eingebaute Dual-Boot-Option "Boot Camp", um das System entweder als echten Mac unter dem Mac OS X zu nutzen oder unter Windows.

Womanizer Powerbook

Marketing-Leiter Wolfgang Grandjean von der Wilken GmbH aus Ulm ist selbst ein begeisterter Apple-Nutzer. Hierzu erzählt er gerne folgende Anekdote: Als er einmal mit Kollegen - unter anderem auch seinem Vorgesetzten - im Zug fuhr, packten alle drei Männer ihre Notebooks auf den Tisch. An diesem saß noch eine Frau. Seine Kollegen verbreiteten sich dabei ausgiebig über Leistungscharakteristika ihrer jeweiligen Mobilrechner. Sie strichen die Prozessorleistungen heraus oder die Festplattenkapazitäten. Als Grandjean sein Apple Powerbook aufklappte, konterte die mitreisende Lady ganz kühl: "Aber er hat einen Apple."

Den Grund, warum IT-Verantwortliche gerne auf Mac-Hardware verfallen, hat Didio ebenfalls erforscht. Acht von zehn Befragten gaben an, die Mac-Hardware sei bezüglich ihrer Zuverlässigkeit entweder "exzellent" oder wenigstens "sehr gut". Dieses Vertrauen in die Solidität der Apple-Hard- und Software hat "ohne Zweifel eine handfeste Auswirkung auf Trends im Kaufverhalten und Einsatz von IT in Unternehmen", schreibt Didio. Einige der Befragten sagten in späteren Interviews noch, dass ihre Windows-Entwickler XP oder Vista im virtuellen Modus auf Mac-Hardware nutzen, weil sie es leid waren, ständig mit der in der Windows-Welt verbreiteten Viren- und Spyware-Problematik sowie mit den als Störung empfunden häufigen Updates der Microsoft-Betriebssystem-Software konfrontiert zu werden.

Wo sind Dienstleister wie EDS oder T-Systems?

Es gibt aber noch einen handfesten Grund, warum IT-Verantwortliche den großflächigen Einsatz von Apple-Rechnern in ihren Firmen meiden. Apple hat kaum Beziehungen zu großen Dienstleistern wie Electronic Data Systems (EDS), IBMs Global-Services-Geschäftseinheit oder beispielsweise T-Systems. Genau mit solchen Servicespezialisten arbeiten die IT-Abteilungen von Firmen aber gern zusammen, um ihnen Alltagsballast von den Schultern zu nehmen. Tribius vom Axel Springer Verlag betont im Interview mit der COMPUTERWOCHE, dass ein wichtiges Argument für die Umstellung auf Apple die hundertprozentige Verpflichtung des Axel-Springer-Dienstleisters Siemens IT Solutions and Services (SIS) war. Dieser sehe das Migrationsprojekt als spannende Herausforderung und trage es komplett mit.

Braucht Apple Unternehmen zum Geldverdienen?

Bleibt die Frage, ob Apple den Erfolg in Unternehmen überhaupt will. Die Jobs-Company macht ihr Geld mit Privatnutzern, Studenten, Künstlern, Grafikern - und sie macht viel Geld. Apples Marge in den vergangenen vier Quartalen lag bei 15,1 Prozent. HP (7,3 Prozent) und Dell (4.8 Prozent) können da nicht mithalten. Apple müsste zur Unterstützung von Unternehmen seine Sales-Mannschaften und seine Supportkapazitäten völlig anders gestalten und erheblich ausweiten. Apple müsste Rücksicht nehmen auf Softwarepartner, die all die kommerziellen Anwendungen entwickeln, die heute auf der Mac-OS-X-Plattform fehlen. Es darf füglich bezweifelt werden, dass Steve Jobs all diese lästigen und dabei gar nicht schicken und kultigen Geschäftspflichten für sein Unternehmen will. Die Wette gilt, dass nicht. (jm)

Berlecon zum iPhone in Unternehmen

Die Unternehmensberatung Berlecon hat in einer Analyse gefragt, ob sich das iPhone im Unternehmenseinsatz behaupten kann. Hier das Ergebnis.

Apple hat lange die Werbetrommel gerührt und offeriert seit dem 11. Juli sein iPhone 3G und die Firmware Version 2.0. Ausgestattet mit neuen Business-Funktionen und einem Hauch Exklusivität, soll das Gerät im Geschäftskundenumfeld punkten. Sicher hat Apple mit dem iPhone und seinem revolutionären Bedienkonzept die alteingesessenen Hersteller wachgerüttelt. Der Erfolg bei den Kunden durch die Interaktion über Gestik, die benutzerzentrierte Bedienlogik, das Design und die kurzen Reaktionszeiten sind für die etablierten Handy-Hersteller endlich ein Ansporn, ihre teilweise nicht sehr benutzerfreundlichen Konzepte zu überarbeiten.

Aber reicht das, um die Platzhirsche Blackberry sowie Geräte mit Windows Mobile ernsthaft in Bedrängnis zu bringen? Diese bewegen sich schon länger im Geschäftskundenmarkt und sind mit den Anforderungen der Kunden gewachsen. Die etablierten Anbieter können auf langjährige, breite Unterstützung von Drittherstellern zurückgreifen, um zusätzliche Geschäftsapplikationen und Dienste beispielsweise für CRM oder Device-Management für die jeweiligen Endgeräte anzubieten.

Vor diesem Hintergrund haben wir die für den Geschäftsalltag relevanten Funktionalitäten sowie die Sicherheit und Administrierbarkeit des neuen iPhone genauer unter die Lupe genommen:

Die Firmware iPhone 2.0 bietet an neuen Funktionalitäten und Diensten für den Geschäftsalltag PIM- und E-Mail-Synchronisation over-the-air mittels ActiveSync (ActiveSync-Push), Adresssuche im Firmenverzeichnis beziehungsweise Global Address List (GAL), einen IPsec-VPN-Client von Cisco und WPA2 zur Absicherung des WLAN. Geschäftsleute, die ein iPhone 2G besitzen, kommen bereits mit einem Firmware-Upgrade in den Genuss der neuen Business-Funktionen. Wer jedoch nicht auf GPS, UMTS und längere Akkulaufzeiten verzichten möchte, der muss das neue iPhone 3G kaufen.

Der Marketing-Profi Apple suggeriert den Kunden, dass das neue iPhone für den Einsatz im Geschäftsumfeld gewappnet ist. Wer jedoch täglich mit dem iPhone seinen Geschäftsalltag bestreitet, wird wesentliche Funktionen vermissen. Beispielsweise fehlen die für die Textverarbeitung essenziellen Funktionen "Cut, Copy and Paste". Damit könnten etwa Textausschnitte von einer E-Mail in eine andere kopiert werden. Diese Lücke kann nur Apple im Betriebssystem selbst schließen.

PIM- und E-Mail-Synchronisation

Apple hat für seine neue Software das Microsoft-ActiveSync-Protokoll in Lizenz genommen. Damit können direkt via Push zwischen dem iPhone und Microsoft Exchange Server E-Mails, Kontakte und Termine, aber keine Aufgaben synchronisiert werden. Damit schließt Apple Firmen, die beispielsweise Lotus Domino oder Groupwise für ihre PIM- und E-Mail-Synchronisation verwenden, als potenzielle iPhone-Kunden so lange aus, bis es Synchronisationslösungen von Drittanbietern geben wird. Konkurrent RIM ist hier besser positioniert: sein Blackberry Enterprise Server bedient sowohl MS Exchange als auch Lotus Domino und Groupwise.

Zusatznutzen durch das iPhone?

Mobile Mitarbeiter, die auf den USB-Stick verzichten und Dateien für den Kunden auf dem iPhone transportieren wollen, haben spätestens bei der direkten Datenübertragung auf einen anderen Rechner Schwierigkeiten. Ist auf dem Zielsystem keine Zusatzsoftware installiert, klappt es nicht mit dem Transfer. Dabei könnte das iPhone gerade im Geschäftsalltag wegen seiner großen Speicherkapazität sinnvoll als transportabler Datenspeicher benutzt werden. Auch hier haben andere Hersteller die Nase vorn, Datentransfer etwa per Bluetooth zwischen PDA, Smartphone und PC sind selbstverständliche Basisfunktionen.