Ausbildung für neue IT-Berufe forcieren

Neue Skills und Experten für die IT

17.08.2015 von Richard Walker
Das Internet der Dinge wird nach Cloud Computing, Big Data und Social Media den Fachkräftemangel in der IT-Branche weiter verschärfen, aber auch für neue Berufe sorgen. Für die Personalabteilungen in den Unternehmen heißt das, rechtzeitig die Fühler nach Profis auszustrecken und in der Softwareentwicklung auf Automatisierung zu setzen.
  • Unternehmen definieren gewünschte Skills nicht klar.
  • Enterprise-Architekten kombinieren IT-Wissen mit Betriebswirtschaft.
  • Frauen müssen für technische Berufe begeistert werden.

Die Welt der IT wächst, und sie wächst schnell. Deutsche Unternehmen sehen großen Herausforderungen entgegen: Gerade haben sie die Cloud halbwegs in den Griff bekommen und sich mit Big Data angefreundet, da rollt schon das Internet der Dinge auf sie zu. Analysten sind sich einig: Es wird enorme Ausmaße annehmen, so sollen 2020 zwischen 30 und 215 Milliarden vernetzte Geräte die Welt bevölkern.

Viele Unternehmen benötigen Entwickler mit speziellen Skill-Sets um auch für das Internet der Dinge gerüstet zu sein.
Foto: Duncan Andison_shutterstock

Dieses Jahr gelangen viele der Entwicklungsprojekte für das Internet der Dinge in die Phase der Umsetzung. Viele Unternehmen im ITK-Bereich benötigen gerade jetzt spezielle Skill-Sets bei ihren Entwicklern, Projektmanagern und Qualitätsexperten. Doch die Capgemini-Studie "IT-Trends 2015" zeigt, dass viele Betriebe schon für Big Data nicht genügend Fachkräfte finden konnten - wie sollen sie erst dieser neuen Herausforderung begegnen?

In Deutschland fehlten laut Branchenverband Bitkom Ende 2014 insgesamt 41.000 IT-Experten, rund fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Fast drei Viertel der ITK-Unternehmen suchten Softwareentwickler, vor allem in den Bereichen Cloud Computing, Big Data und Social Media. Die Ergebnisse der Bitkom-Studie geben zwar einen Hinweis, was sich Firmen in Sachen Mitarbeiterqualifikation wünschen könnten - nämlich die Fähigkeiten, den Ausbau der Bereiche Cloud, Big Data, Mobile sowie Web voranzutreiben -, doch welche Skills dafür nötig sind, wird nicht deutlich.

Es ist durchaus möglich, dass durch eine Ausrichtung der Unternehmen auf spezialisierte und neue Bereiche, wie Teile des Embedded-Umfelds im Internet der Dinge, ein Mangel an entsprechend umfassend ausgebildeten IT-Experten verursacht wird.

Neue Berufsbilder im Kommen

Die Nachfrage ist dabei oft schon in grundlegenden Dingen gespalten, wie beispielsweise der Programmiersprache. Java-Entwickler zählen laut dem Trendreport zum Arbeitsmarkt von Adzuna zu den begehrtesten Programmierern: hier lassen sich bundesweit 13.800 Gesuche finden, gegenüber dem zweithäufigsten Gesuchten, dem C-Entwickler, nach dem in 5400 Stellenanzeigen gefahndet wird.

Die 10 gefragtesten IT-Berufe
1. Software-Entwickler
Der gefragteste IT-Beruf ist nach einer Auswertung des IT-Recruiting-Unternehmens Modis der des Software-Entwicklers. Software-Know-how gilt als Kernkompetenz auf dem IT-Arbeitsmarkt.
Trendthema Mobile
Zur Software-Entwicklung zählt Modis auch Entwickler für mobile Endgeräte. Besonders die Themen Mobile und Cloud bringen Entwicklern aktuell mehr Beschäftigung.
2. Business-/Datenanalyst
An zweiter Stelle der gefragtesten IT-Berufe steht der Business-/Datenanalyst. Hier spielt auch das Thema Big Data eine Rolle, das von vielen als einer der wichtigsten IT-Trends des Jahres gesehen wird.
3. Helpdesk-Mitarbeiter
Auch wenn man immer wieder Nachrichten über Helpdesk-Outsourcing liest: Auf Platz drei in der Modis-Auswertung stehen Helpdesk-Mitarbeiter.
4. Projektmanager
Projektmanager stehen auf Platz vier. Wer hier zum Leiter IT-Projektmanagement aufsteigt, verdient laut einer Kienbaum-Studie im Durchschnitt 93.000 Euro jährlich.
5. Analysten zur Qualitätssicherung
Immer wieder liest man von Großprojekten, die sich aufgrund von Softwarefehlern verzögern. IT-Experten für Qualitätssicherung sorgen dafür, dass es nicht zu diesen blamablen Fehlern kommt.
6. Systemadministrator
An sechster Stelle stehen Systemadministratoren. Laut einer Auswertung von Gehalt.de aus dem vergangenen Jahr verdienen sie jährlich im Schnitt 38.480 Euro.
7. Netzwerk-Analyst
Auf Platz sieben stehen Netzwerk-Analysten. Das Thema IT-Sicherheit ist eines, bei denen das Know-how der Netzwerk-Experten besonders gefragt ist.
8. Datenbank-Entwickler und -Administrator
Auf Platz 8 stehen Datenbankspezialisten, die als Entwickler oder Administratoren mit großen Datenmengen zu tun haben.
9. Data-Warehouse-Experten
Auf Platz neun listet Modis IT-Experten, die sich auf das Thema Data Warehouse spezialisiert haben. Sie arbeiten zum Beispiel als Analysten oder Programmierer.
10. ERP
ERP-Systeme sind oftmals das Rückgrat des täglichen Geschäftsbetriebs. Dabei kommt es unter anderem auf die Auswahl einer geeigneten Lösung an. ERP-Experten - Administratoren, Analysten und Programmierer - stehen im Ranking der gefragtesten IT-Berufe auf Platz zehn.

Aus dem Silicon Valley kommen neben technischen Innovationen jedoch auch neue Berufsbilderbilder für IT-Jobs der Zukunft nach Deutschland. Nicht alle der schillernden Rollen sind in der Realität deutscher Unternehmen zu gebrauchen - der Tech Broker beispielsweise, der Abteilungen intern beim Kauf neuer Lösungen beraten soll, wird in Deutschland oft nicht benötigt, da der IT-Einkauf diese Rolle nach wie vor ausübt.

Dagegen sind etwa Cloud-Manager, Enterprise-Architekten und Big-Data-Analysten sehr begehrt. Diese Profile füllen nicht nur die Lücke, die durch die Adaption neuer Technologien entstanden ist, sondern sie kombinieren verschiedene Skill-Sets.

Der Cloud-Manager bietet neben seinem Fachwissen auch die strategische Beratung der Unternehmensführung und vor allem seine Erfahrung mit verschiedenen Cloud-Spielarten. Der Enterprise-Architekt kombiniert seine Informatikkenntnisse mit einem betriebswirtschaftlichen Studium, entwickelt und pflegt Business-, Informations- und Anwendungsarchitekturen. Die sehr begehrten Big-Data- oder Business-Intelligence-Analysten werden benötigt, wo Big Data umgesetzt werden soll, und müssen tiefe mathematische und statistische Kenntnisse mitbringen.

Den Mangel mit agilen Prozessen bekämpfen

Um diese Spezialisten bestmöglich zu integrieren, oder auch die Skills bestehender Mitarbeiter zu fördern, gibt es mehrere Möglichkeiten. Agile Prinzipien etwa stehen für einen Kulturwandel im Unternehmen, um schnell und nachhaltig auf sich ändernde Märkte und Anforderungen einzugehen. Praktiken beinhalten klare Zielvorgaben bei eigenverantwortlichem Arbeiten, etwa im Home Office. Die klaren Vorgaben helfen, den Erfolg transparent zu messen.

Agilität entwickelt sich, wenn die Arbeitsprozesse während der Umsetzung ständig optimiert werden. Die Steigerung der Unternehmensagilität lässt sich unter anderem erreichen, indem kleinere, funktionsübergreifende Teams gemeinsam an einer Softwareversion arbeiten. Software-Anforderungen auf Teamebene können zu Geschäftsinitiativen heranwachsen.

IT-Skills für die Digitalisierung
8 neue Mitarbeiter-Rollen
Laut Forrester brauchen IT-Abteilungen Beratungsfähigkeiten und übergreifende Zusammenarbeit. Das erfordert politisches Fingerspitzengefühl und Methodenkompetenz.
1. Beziehungsmanager
Die IT stellt Partnerschaft und Austausch zwischen Informationstechnologie und Business sicher. Sie übersetzt zwischen den beiden Seiten und bildet die Unternehmensziele technologisch ab. Im Zeitalter des Kunden bedeutet das vor allem mehr Beschäftigung mit Daten über die Verbraucher.
2. Architekt
In der Rolle des Architekten geht es konkret um das Entwickeln von Standards für Daten, Anwendungen und mobile Endgeräte. Das beinhaltet die Beobachtung der Konkurrenz und das Aufdecken neuer Kundengruppen.
3. Projekt- und Programm-Manager
Immer mehr Projekte starten von vornherein als abteilungsübergreifende Vorhaben. Hier ist nicht selten politisches Gespür gefragt.
6. Daten-Experte
Daten sind über das ganze Unternehmen verstreut. Der Daten-Experte wahrt dennoch die Kontrolle und erklärt jeder einzelnen Anwender-Gruppe, was sie mit welchen Daten tun darf und was nicht. Das beinhaltet Expertise in Daten-Tools, Methoden, dem Status jeder einzelnen Datenquelle und Einblick in die Geschäftsprozesse.
7. Geschäftsprozess-Designer
Unternehmen kaufen Anwendungen und setzen sie an allen Standorten ein. Geschäftsprozess-Designer sorgen für die Balance zwischen der Anpassung der Systeme und der Anpassung der Prozesse.
8. Sicherheitsexperte
Sicherheit ist nicht nur ein Thema von Regeln und Überwachung, sondern auch von Soft Skills. Security-Experten verdeutlichen der Belegschaft, warum sie nicht an der IT vorbeiarbeiten dürfen.
4. Vendor Manager
Der Vendor Manager entwickelt sich zunehmend zum Berater. Fachabteilungen interessieren sich üblicherweise nur für Funktionalitäten und kaum für Sicherheit. Der Vendor Manager schon.
5. Experte für Nutzer-Erfahrung
Die IT muss durch die Brille des Endverbrauchers beziehungsweise Unternehmenskunden sehen können. Das erfordert enge Zusammenarbeit mit den Kollegen im direkten Kundenkontakt.

Unternehmen können angesichts des Mangels agile Prozesse integrieren oder klassisch das Gehalt und die Arbeitsbedingungen anpassen und ansonsten nur an Politik und Bildungseinrichtungen appellieren. Um die erwähnten neuen Berufsbilder mit qualifiziertem Personal zu füllen, braucht es eine Ausbildungsoffensive. So gibt es etwa Programme, um mehr Frauen in technische Berufe zu bringen. Unternehmen können diese Maßnahmen unterstützen oder versuchen, die junge Generation in Kooperationen mit Universitäten in der Ausbildung zu begleiten, um etwa Interesse für die benötigte Fachrichtung zu wecken. Bereits in Schulen können solche Programme eingeleitet werden. In der eingangs zitierten Bitkom-Studie sprachen sich 85 Prozent der Eltern dafür aus, in der Sekundarstufe I ein Pflichtfach Informatik einzuführen. Auch die Lehrer sind dafür, 73 Prozent stimmten dem Vorschlag zu.

Doch selbst wenn Unternehmen alle Vorschläge befolgen, kann es unter Umständen dauern, bis sie einen Big-Data-Analysten oder Cloud-Manager finden. In der Zwischenzeit müssen jedoch ihre Produkte und Lösungen weiterentwickelt werden. Um Kosten zu senken, effizienter zu arbeiten und die Qualität der Erzeugnisse von Beginn an zu verbessern, können Betriebe auch kurzfristig auf automatisierte Prozesse setzen. Im Software-Testing etwa lässt sich so das Testen in den Entwicklungsprozess integrieren - dies spart nicht nur eine zusätzliche Qualitätsschleife am Ende ein, sondern hebt zugleich die Qualität der produzierten Software.

Automatisieren und investieren

Um auf neue Entwicklungen im Markt zu reagieren, können Unternehmen also mit automatisierten und intelligenten Lösungen arbeiten. Doch mittel- und langfristig sollten sie nach neuen Berufsbildern wie dem Enterprise-Architekten suchen sowie sich in der Ausbildung neuer Fachkräfte engagieren. So können sie nicht nur mit dem Internet der Dinge mithalten, sondern auch mit jedem Next Big Thing. (pg)