Salesforce

Mit "No Software" zum viertgrößten Softwarehaus

03.12.2015 von Harald Weiss
Salesforce demonstrierte auf der diesjährigen Dreamforce-Veranstaltung unternehmerische Stärke. Aus dem einst von den Großen ignorierten Nischenanbieter ist ein Hecht im Karpfenteich geworden. Doch ob die Erfolgsbäume auch weiterhin in den Himmel wachsen, ist ungewiss. Rund 200 kleinere Spezialanbieter haben sich bereits an die Fersen des Marktführers geklemmt.
  • CEO Marc Benioff verspricht, 2016 zu Microsoft, Oracle und SAP aufzurücken.
  • In seinen Produktankündigugen versucht Salesforce stets, "trendy" zu sein - man setzt beispielsweise stark auf Analytics- und Service-Clouds.
  • Gefährlich könnten aber die vielen kleinen Spezialanbieter und Start-ups werden. Gerade technologisch ist die Gefahr durch die Oracle-Abhängigkeit gegeben.

Salesforces Logo der ersten Stunde war das modifizierte Verkehrsschild "No Software". Und auch heute noch beginnt jede Keynote mit einem Auftritt der entsprechenden Salesforce-Maskottchen. Andererseits klassifiziert Salesforce-Chef Marc Benioff sein Unternehmen durchaus als Software-Schmiede - und zwar als eine äußerst erfolgreiche obendrauf. "Im nächsten Jahr werden wir nach Microsoft, Oracle und SAP zum weltweit viertgrößten Software-Unternehmen aufrücken", sagte er in seiner Keynote auf der jüngsten Dreamforce-Veranstaltung in San Francisco. Für das laufende Jahr peilt Benioff einen Umsatz von knapp sieben Milliarden Dollar an, und im nächsten Jahr sollen es dann zehn Milliarden sein.

Mit "No Software" will Salesforce auch weiterhin Boden auf die drei weltgrößten Softwareunternehmen gut machen.
Foto: Harald Weiss

Erfolg des neuen Business-Modells

Obwohl der wirtschaftliche Erfolg von Salesforce in nur 16 Jahren schon sehr beachtlich ist, so ist der Siegeszug des zugehörige Geschäftsmodells noch wesentlich bedeutsamer: Salesforce ist heute zum Synonym für den Paradigmen-Wechsel von IT-Besitz zum Lösungs-Leasing geworden. Vor allem in den letzten fünf Jahren war Salesforce damit äußerst erfolgreich. So betrug der Salesforce-Marktanteil bei CRM im Jahr 2011 nur 10,6 Prozent, und lag damit deutlich hinter Oracle (12,6 Prozent) und SAP (14,3 Prozent) zurück. Doch in diesem Jahr hält Salesforce mit einem Anteil von 18,4 Prozent die Spitze. Wogegen SAP und Oracle auf 12,1 Prozent, beziehungsweise 9,1 Prozent zurückgefallen sind. Das heißt, dass sich Salesforce vom belächelten Außenseiter zum Hecht im Karpfenteich entwickelt hat.

Die Großen kopieren Salesforce

Inzwischen haben alle Konkurrenten Milliarden investiert, um das Salesforce-Modell zu kopieren. Das war und ist nicht einfach, denn wer hauptsächlich vom Verkauf von Software-Lizenzen lebt, kannibalisiert sich mit seinen Abonnement-Angeboten. Ein Blick auf die turbulenten Entwicklungen der vergangenen Jahre bei Microsoft, Oracle und SAP zeigt, wie schwer dieser Wechsel ist. Der verstorbene Apple-Chef Steve Jobs wusste um diese Probleme und hatte einen einfache Analyse dafür: "Entweder selbst kannibalisieren oder man wird gefressen", soll er über die manchmal radikalen Einschnitte bei seinen Produkten gesagt haben.

Dreamforce 2015 - Impressionen
Ansturm
Über 170.000 Besucher strömten nach San Francisco.
Marc Benioff
Salesforce-CEO Marc Benioff eröffnete die Veranstaltung.
"Der weltweit größte Software-Kongress"
Benioff zeigte sich stolz ob der schieren Größe, die seine Hausmesse mittlerweile erreicht hat.
Weltweite Kundenbasis
Nicht nur Coca-Cola setzt auf Salesforce-Produkte.
Ins Internet der Dinge...
...geht es auch für Salesforce und seine Services immer mehr.
Social
Bei über 170.000 Teilnehmern kommt die soziale Vernetzung untereinander natürlich nicht zu kurz.
Messetrubel
Zwischen den Hallen und Vorträgen herrschte bereits am ersten Tag geschäftiges Treiben.
Gedränge am Eingang
Wer Menschenaufläufe mag, war in den zahlreichen Warteschlagen wieder genau richtig.
Impressionen
Es folgen weitere Impressionen von der Dreamforce 2015...
How the IoT Cloud Works
Technisch ausgerüstet
Schattenspiele
Alles vernetzt
Hoher Besuch anngekündigt
Partnerschaft mit Microsoft...
... für Office- und Windows-Integration

If you can’t beat them, join them!

Wie groß inzwischen der Respekt vor Salesforce ist, zeigt sich unter anderem an den Kooperationen. So gibt es jetzt einen engen Schulterschluss mit Microsoft. Hierbei lässt sich Microsofts Richtungswechsel mit der bekannten Management-Weisheit umschreiben: "If you can’t beat them, join them!" (Wenn du sie nicht schlagen kannst, dann verbünde dich mit ihnen). Diese neue Microsoft-Strategie wurde auch in einer Demo von Satya Nadella deutlich in der er Outlook in Verbindung mit der Salesforce-Plattform auf einem iPhone vorführte - und nicht auf einem Windows-Handy!

200 Konkurrenten auf den Fersen

Doch Salesforce bekommt nicht nur zunehmend starke Konkurrenz von den Großen. Viel gefährlicher könnten die vielen kleineren Spezialanbieter und Startups werden, die mit neuen Architekturen, Lösungen und Branchen-spezifischen Features auf den Markt drängen und einen Teil des 23 Milliarden Dollar schweren Sales-Automations-Marktes für sich einstreichen wollen. Hierzu gehören unter anderen Pegasystems, Infer, Inside-Sales, Hoopa, ClearSlide, LeadSpace, 6Sense und SalesPredict. Die meisten davon sind noch in der Anfangsphase und hängen von den Venture-Kapitalgebern ab. Doch die sind bei CRM sehr spendierfreudig. Laut Dow Jones haben diese Geldgeber im vorigen Jahr 2,6 Milliarden Dollar in über 200 CRM-Firmen gepumpt - rund doppelt so viel, wie im Jahr zuvor.

Auch technologisch ist Salesforce gefährdet. Einer der vielen Schwachpunkte ist die Abhängigkeit vom Erzrivalen Oracle, deren Datenbank die Basis der Salesforce-Plattformen darstellt. Ein Punkt, auf den Larry Ellison nur allzu gerne hinweist.

Immer trendy

In einem wichtigen strategischen Punkt ist sich Benioff bei seinen Keynotes über die Jahre hinweg treu geblieben: Neben den Brot-und-Butter-Ankündigungen für die bestehende Produkte adressiert er auch stets die Modetrends der IT. Vor vielen Jahren war es der Business-App-Store, dann kam die Business-Social-Media-Plattform Chatter und in diesem Jahr war es die IoT-Plattform, die nächstes Jahr verfügbar sein soll. Diese Plattform fügt sich in die Familie der anderen Plattformen wie Analytics, Sales und Service. Handfester als die PR-wirksame IoT-Plattform sind die Analytics- und Service-Clouds. Bei den Analytics folgt Salesforce dem Megatrend der Auswertung von verschiedensten Informationsquellen, um Prognosen über die Kaufwahrscheinlichkeit, die Bedeutung und Relevanz des Kunden-Gesprächspartners und dessen Produktinteresses zu gewinnen. Bei der Service-Plattform präsentierte deren Senior Vice President Mike Milburn eine Art Plug-In für Apps. So stellt Salesforce den App-Entwicklern Tools und APIs bereit, mit denen aus einer App heraus direkt ein Service-Anruf erfolgen kann. Diese Software ist statuslos und lässt sich einfach in einen entsprechen App-Container einbinden.

Benioff verkauft Salesforce-Aktien

Im Wesentlichen unterscheiden sie sich die Plattformen nur in wenigen Features, wer aber gegenwärtig etwas zu IoT sagt, macht einen guten Eindruck bei den Finanzanalysten - und deren Meinungen sind für Salesforce weiterhin sehr wichtig. 85 Prozent der Finanzanalysten, die Salesforce covern, haben eine Kaufempfehlung und auch während der Dreamforce gab es viele positive Urteile über die weiteren Unternehmensaussichten. Das trieb den Aktienkurs von 69 Dollar auf 73 Dollar. Eine Entwicklung, die sich Benioff nicht entgehen ließ. Noch während der Veranstaltung verkaufte er 62.500 Aktien zu einem Gesamtwert von rund 4,5 Millionen Dollar. Laut Börsenangaben hält er aber an dem Unternehmen immer noch Anteile im Wert von rund 2,7 Milliarden Dollar. (sh)

Was ist was bei Salesforce.com?
Analytics Cloud
Die Analytics-Cloud-Funktionen von Salesforce sollen Business-Anwender in die Lage versetzen, Kundendaten zu analysieren, und Analysten, ihren Kunden zu neuen Erkenntnissen zu verhelfen. Expertise in Sachen Business Intelligence und Data Mining, einst für aussagekräftige Erkenntnisse unabdingbar, ist dazu nicht erforderlich.
App Exchange
App Exchange ist ein Online-Marktplatz für Business-Anwendungen, die von Dritten für den Betrieb (im PaaS-Modell) auf Force.com angeboten werden, teils kostenpflichtig, teils gratis, teils im Freemium-Modell. Die Apps sind nicht auf den angestammten Salesforce-Funktionsbereich CRM beschränkt; das Portfolio erstreckt sich von Kundendienst, Marketing und IT/Administration über Personalverwaltung, Finanzen und ERP bis hin zu Collaboration und Business Analytics.
Chatter
Mit Chatter lassen sich soziale Netzwerke einrichten, die aber auf ein Unternehmen beschränkt sind und unter der Kontrolle dieser Unternehmen stehen. Ihr Zweck ist nicht privater Austausch zwischen Menschen beziehungsweise Social-Media-Marketing von Unternehmen gegenüber ihren Zielgruppen, sondern der Austausch zwischen Mitarbeitern, um auf diese Weise die Sales-, Marketing- und Service-Prozesse effizienter zu gestalten und die Ergebnisse zu verbessern.
Community Cloud
Salesforce positioniert die Community Cloud als Plattform zur Geschäftsprozessabwicklung und Online-Kollaboration zwischen Mitarbeitern, Kunden, Partnern, Lieferanten und Distributoren. Sie ermöglicht es Unternehmen, öffentliche oder geschlossene Netzgemeinschaften unter der eigenen Marke zu erstellen.
Data.com
Der Salesforce-Dienst Data.com bietet zwei zentrale Funktionen, die wesentliche Aspekte der Sales Cloud abdecken: Zum einen dient das System der automatischen Übertragung und Verwaltung von Kundendatensätzen innerhalb eines Salesforce-Accounts. Zum anderen ermöglicht es Data.com seinen gut einer Million Abonnenten, sich gegenseitig ihre Kontaktdaten zur Verfügung zu stellen.
Force.com
Bei Force.com handelt es sich um ein PaaS-Angebot (Platform as a Service), mit dessen Hilfe Entwickler mandantenfähige Anwendungen erstellen können, die sich in die zentrale Salesforce-Applikationslandschaft integrieren lassen. Mit Force.com entwickelte Apps laufen auf der Salesforce-eigenen Infrastruktur. Auch die Kernanwendungen von Salesforce laufen auf Force.com.
Heroku
Die Entwicklungsplattform Heroku ermöglicht es Entwicklern, speziell für Soziale Medien wie Facebook und für mobile Endgeräte Apps zu entwickeln oder existierende Anwendungen hierfür bereitzustellen. Die Anwendungsentwicklung wird wesentlich beschleunigt, weil die Architekturen der Sozialen Medien genutzt werden können, anstatt eigene Anwendungsarchitekturen zu erstellen.
Lightning
Bei Lightning, angekündigt auf der Dreamforce-Konferenz im Herbst 2014, handelt es sich um ein proprietäres Javascript-Framework, das Entwickler in die Lage versetzen soll, besonders schnell mobile Anwendungen zu erstellen. Folgt man Salesforce-Blogger Mike Rosenbaum, ist Lightning sogar die "nächste Generation der Salesforce-1-Plattform".
Marketing Cloud
Die Marketing Cloud dient – im Salesforce-Jargon – der Gestaltung von "Customer Journeys", was mithilfe des "Journey Builder" geschieht: Echtzeit-Bereitstellung individueller, möglichst relevanter Informationen je Kunde mittels kanal- und geräteübergreifender Interaktion. Beispielsweise sind E-Mail-Kampagnen möglich.
Sales Cloud
Unter dem Begriff Sales Cloud fasst Salesforce alle Funktionen und Dienste auf der Salesforce-1-Plattform zusammen, die der Vertriebsautomatisierung dienen. Im Vordergrund stehen hier die klassischen CRM-Funktionen Kontakt-, Opportunity- und Lead-Management, in Verbindung mit Berichts-, Monitoring- und Prognosefunktionen.
Salesforce 1
Die Salesforce-1-Plattform ist die Drehscheibe des Cloud-Angebots von Salesforce. Hier finden sowohl die App-Entwicklung für alle mobilen und stationären Geräte statt als auch der Betrieb der Apps zur Vernetzung von Kunden, Mitarbeitern, Partner und Produkten. Über die Plattform werden 1,5 Milliarden Transaktionen abgewickelt, davon mehr als die Hälfte über APIs.
Service Cloud
Die Service Cloud umfasst alle Kundendienstfunktionen sowie unterstützende Funktionen, die Salesforce im SaaS-Modell (Software as a Service) anbietet. Dazu zählen Realtime-Dienste wie ein SOS-Button in mobilen Anwendungen, Service-Communities, Multichannel-Support, die Integration sozialer Medien als Service-Kanäle und Chatter, um bei dringenden Problemen schnell kompetente Kollegenunterstützung rufen zu können.
Work.com
Work.com ist ein Dienst, der es Sales-Verantwortlichen ermöglichen soll, ihre Teams effizienter zu steuern; „Sales Performance Management“ lautet der Oberbegriff. Teams lassen sich on the Fly zusammenstellen, vereinbarte individuelle Verkaufsziele mit tatsächlich erzielten Ergebnissen verbinden (und vergleichen), Übersichts-Reports über die Leistung von Teams oder einzelnen Mitarbeitern per Drag and Drop erstellen.