Rabattschlacht

IT-Hersteller locken mit Abwrackprämie

06.04.2009 von Alexander Freimark
Die Wirtschaftskrise zwingt viele mittelständische IT-Organisationen zum Sparen. IT-Lieferanten kontern den Trend mit Nachlässen, die plakativ gerne als Abwrackprämie bezeichnet werden. Wir nennen Beispiele, was bei großen und kleinen Herstellern zu holen ist.

Dem Staat geht es schlecht, Unternehmen geht es schlecht, Banken geht es schlecht, und auch die Leasing-Branche steckt im Umbruch. Summa summarum tun sich nicht nur mittelständische IT-Organisationen derzeit mächtig schwer, Budgets für Neuinvestitionen zu verabschieden und die Anschaffung der Ausrüstung dann auch noch solide zu finanzieren. Als gängigste Alternative zum Kredit der Hausbank hatte sich in den vergangenen Jahren das Leasing etabliert, doch der Branche fehlt Geld für das Neugeschäft. Schließlich ist die Verbriefung der Forderungen zur Refinanzierung entweder deutlich teurer oder gleich ganz unmöglich geworden. Überdies sinkt in einer Wirtschaftskrise auch die Zahlungsmoral der Kunden, sofern man bei insolventen Firmen überhaupt noch von Moral sprechen kann. Dass Leasing unter dem Strich teurer und damit automatisch weniger wettbewerbsfähig wird, rundet das düstere Szenario ab.

Lockvogelangebote der IT-Lieferanten

"Um Unternehmen zum Kauf neuer Hardware und Lösungen zu bewegen, sollten Anbieter innovative Modelle der IT-Finanzierung entwickeln beziehungsweise die vorhandenen Modelle intensiver als bisher vermarkten", empfiehlt Matthias Zacher, Senior-Berater der Experton Group AG und Spezialist für IT im Mittelstand. Das hat sich die Branche zu Herzen genommen, auch wenn sie dabei gelegentlich über das Ziel hinausschießt, denn von den aktuellen Lockvogelangeboten der IT-Lieferanten gibt es inzwischen mehr als genug. Analog zur Autobranche hat sich auch in der IT-Industrie das derzeit griffigste Schlagwort etabliert: die "Abwrackprämie".

Schnäppchenjagd macht keinen Spaß

Laut Wikipedia wird das Steuerungsinstrument "Abwrackprämie" seit dem Ende der 80er Jahre zum Abbau von Kapazitätsüberhängen in der europäischen Binnenschifffahrt genutzt. Was lag da näher, als die Zuzahlung auch auf vermeintlich überalterte Standardsoftware und Server zu erstrecken? Im Gegensatz zur staatlich gezahlten Abwrackprämie müssen die IT-Lieferanten hier allerdings in die eigene Tasche greifen. Das ist für die Interessenten mit "Bedingungen" verbunden, was den Spaß an der Schnäppchenjagd gehörig verderben kann.

Steeb gibt Rabatt auf ERP-Lizenzen

So bietet beispielsweise die Firma Steeb Anwendungssysteme bis Ende September einen Nachlass für ERP-Lizenzen an. Kunden erhalten 25 Prozent des Anschaffungspreises ihrer alten Unternehmenssoftware beim Kauf neuer SAP-Lizenzen - die Vorlage der alten Rechnung reicht. Ist der "Prämientopf" von einer Million Euro leer, endet die Aktion vorzeitig. United Planet hat hingegen eine Abwrackprämie für Intranets ausgelobt. Unternehmen und Institutionen, die ihr altes Intranet ablösen und durch ein modernes Portal ersetzen, bekommen eine Prämie von bis zu 2500 Euro. Die Höhe der Summe wird allerdings erst in einem "individuellen Angebot" ausgewiesen.

Abwrackprämie für Outsourcing

Exact Software will Anwender anderer Lohnprogramme mit einer Abwrackprämie in Höhe von 1000 Euro ködern, wenn sie auf eine Lizenz Exact.LohnXL/XXL umsteigen. Zudem müssen sie einen Wartungsvertrag abschließen. Die Kölner Firma Pironet NDH geht noch einen Schritt weiter und bringt Outsourcing ins Spiel: Eine Abwrackprämie gibt es dort für mittelständische Unternehmen, die sich von ihren Altsystemen trennen und ihre IT-Infrastruktur auslagern. Die Prämie beläuft sich auf 2500 Euro je Server, das Angebot gilt bis Ende September.

Betriebswirtschaftliche Software rausschmeißen

XBA Software macht aus der Abwrackprämie ein "Konjunkturpaket", und zwar in Höhe von 1500 Euro. Dafür muss die bestehende betriebswirtschaftliche Software durch die Programme XBA Rechnungswesen oder XBA Personalwesen mit Servicevertrag bis Ende Juni ersetzt werden. Dann endet auch der Zuschuss von 2500 Euro der Firma SDFE, die veraltete Gruppenkalender für Lotus Notes ablösen will. Verpflichtend ist hier der Kauf von mindestens 250 Lizenzen des Gruppenkalenders TimeFleX.

Angestaubte Tunning- und Brennsoftware ausmustern

Eine Nummer kleiner macht es der Softwareanbieter Ashampoo. Die Firma rechnet Anwendern eine Abwrackprämie in Höhe von 30 Euro auf jede "angestaubte" Tuning- oder Brennsoftware für den PC an, die verschrottet wird. Kunden müssen dafür die neuesten Versionen von Ashampoo WinOptimizer 6 oder Ashampoo Burning Studio 8 erwerben. Die Aktion war im Februar auf 582.472 Abwrackanträge begrenzt - vielleicht zieht das Unternehmen jetzt nach. Tiefer geht es nur noch bei RZI Software. Beim Kauf eines aktuellen RZI Tiefbau-Arbeitsplatzes können Kunden mit einer Prämie von "bis zu" 2500 Euro rechnen, wenn deren "technologisch veraltete Planungssoftware" stillgelegt und entsorgt wird. Vorbildlich: Das Gesamtvolumen des Fördertopfes ist nicht gedeckelt, und die veraltete Software wird von RZI umweltgerecht entsorgt.

Verschrottung von TK-Systemen

Der Berliner Avaya-Partner Lipinski Telekom hat eine mit 2.500 Euro dotierte TK-Abwrackprämie als Anreiz für Neuinvestitionen aufgelegt. Die Haken: VoIP-Fähigkeit des neuen Systems ist vorgeschrieben, der Mindestkaufpreis ohne Installationsgebühren beträgt 7000 Euro, und die Aktion ist auf 50 TK-Verschrottungen beschränkt. Speziell kleine und mittelständische Unternehmen sollten mit dem Angebot von Swyx eingefangen werden, das natürlich "Swyx-Abwrackprämie" hieß. Dafür hätten Unternehmen und Organisationen eine mindestens fünf Jahre alte Telefonanlage entsorgen und sich im Gegenzug für den Kauf der Lösung 'SwyxWare' entscheiden müssen. Der Anbieter zahlte eine Abwrackprämie von 100 Euro pro Nutzerlizenz, jedoch ist die Aktion schon am 31. März ausgelaufen. Vielleicht lässt sich Swyx auf Nachverhandlungen ein. Noch bis Ende April gewährt der Elektronikkonzern Sanyo beim Kauf eines Beamers der Typen PLC-ET30L oder PLC-XT35L einen Preisnachlass von 400 Euro. Den Rabatt gibt es ebenfalls für Kunden ohne Alt-Beamer.

Zuschüsse fördern die Marke

Zwischenbilanz: "Die ‚Abwrackprämie’ im IT-Bereich ist in erster Linie ein Marketing-Instrument, um die Bekanntheit der eigenen Marke oder einzelner Produktlinien zu erhöhen", sagt Experton-Berater Fionn Schreiner, Spezialist für Marketing im IT-Bereich. Eine Generierung von zusätzlichem Geschäft hält er für "eher unwahrscheinlich", die Umsatzeffekte für "vermutlich sehr gering". Einige Anwender würden die Angebote prüfen, so Schreiner: "Allerdings sind die Prämien teilweise an hohe Auflagen gebunden."

IBM zielt auf Green IT und fremde Server

Zumindest einige Dickschiffe der Branche beteiligen sich an der Schnäppchenjagd der Anwender. Allen voran marschiert IBM mit markigen Sprüchen und einer speziellen Website, die Green IT geschickt mit Abwrackprämie kombiniert. Der Konzern geht verbal in die Vollen und verspricht: "Wir bezahlen für Ihre alten Server mehr, als Sie denken! Weg mit den alten Stromfressern - her mit der IT-Abwrackprämie!" Auf der Site kann man in verschiedenen Pull-down-Menüs seine alten Geräte von Sun, HP und FSC taxieren lassen. IBM schlägt automatisch einen neuen Server oder Speicher für die Konsolidierung vor, wobei Einkaufs- und Verkaufspreise ausgegeben werden.

Green-IT - Stromfresser entlarven
Net-PwrCtrl Home
Mit der IP-Steckdose Net-PwrCtrl Home lassen sich bis zu drei Geräte via Internet oder LAN ein- und ausschalten.
Brandgefahr
Damit lässen sich nicht nur die kleinen, zum Teil brandgefährlichen Steckernetzteile komfortabel abschalten, ...
Stromfesser entlarven
....sondern auch Stromfresser, die elektronische Messgeräte wie der Energy Logger entlarven, nur bei Bedraf anschalten.
Grundkonfiguration
Die Grundkonfiguration der IP-Steckdose erfolgt bequem per Browser, denn die Steckdosenleiste verfügt über einen integrierten Web-Server.
Unter Kontrolle
Der integrierte Web-Server der IP-Steckdose speichert in seinen Logfiles die letzten 40 Ereignisse. Dies hilft bei einer eventuellen Fehlersuche.
Per Browser schalten
Per Mausklick können im Browser auch die einzelnen Stromverbraucher geschaltet werden. Weitere Software ist nicht unbedingt erforderlich.
Drucker komfortabel schalten
Mehr Komfort als die Steuerung per Browser eröffnet ein Windows-Tool. Mit seiner Hilfe können Drucker etwa automatisch eingeschaltet werden, sobald ein Druck-Job abgesetzt wird.
Automatische Geräteschaltung
Mit Hilfe des Windows-Tools ist es auch möglich, Geräte automatisch beim Start eines Programmes ein- und auszuschalten: Etwa, dass beim Aufruf der OCR-Software ohne weiteres Zutun der Scanner mit Strom versorgt wird.

HP lockt mit Null-Leasing und Tankgutschein

Konkurrent Hewlett-Packard (HP) gibt sich deutlich zurückhaltender, was marktschreierische Zuschüsse für potenzielle Kunden betrifft. Wer sich einen Drucker "OfficeJet Pro" kauft, erhält keine Abwrackprämie, sondern nur einen "Tankgutschein" bei Jet. Wert: läppische 30 Euro. Im Zeitalter der Green IT ist das ein politisch nicht wirklich korrektes Koppelungsgeschäft. Dafür muss man sich dann auch noch registrieren. Deutlich interessanter für Unternehmenskunden ist gegebenenfalls HPs "0-Prozent"-Leasing für bestimmte Server und Speichermodelle, das leider nicht "Abwrack-Leasing" heißt. Hier können die Geräte beispielsweise über 30 Monate gebucht werden, die Raten summieren sich zur Höhe des Kaufpreises. Im Anschluss haben Kunden die Wahl, ob sie die Hardware zurückgeben oder kaufen wollen.

Anschubfinanzierung für gestoppte IT-Projekte

Der zu zahlende Restwert orientiert sich am dann aktuellen Marktwert und am jeweiligen Produkt. Über den Daumen gepeilt liegt der Kaufpreis nach 30 Monaten bei unter 15 Prozent, heißt es inoffiziellen Angaben zufolge bei HP, was relativ fair klingt. Die Nachfrage sei sehr gut, und Reseller würden das Finanzierungsmodell verwenden, um Projekte zum Abschluss zu bringen, die sonst verschoben worden wären. In jedem Fall habe in den vergangenen Jahren ein Umdenken stattgefunden - sowohl beim Lieferanten als auch bei den Kunden: "Die Reseller nutzen die Finanzierungsmodelle inzwischen aktiv zur Vermarktung, und auch die Mittelständler sind aufgeschlossener geworden", berichtet der HP-Mitarbeiter. Die lange Zeit bei kleinen und mittleren Unternehmen verbreitet Haltung, Server gehörten gekauft, könne man sich heute immer weniger leisten.

Aktionsmodelle von Fujitsu-Siemens Computers

Konkurrent Fujitsu-Siemens Computers, der sich nun Fujitsu Technology Solutions nennt, ist auch nicht auf den Abwrack-Trend aufgesprungen, dafür setzt die Firma lieber alte Geräte instand. In einem Online-Shop lassen sich vom Monitor bis zum Rack-Server alle Typen von Hardware finden. "Speziell für den Mittelstand" hat das Unternehmen ein paar "Aktionsmodelle" am Start. Durch die künftige Ex-Mutter Siemens und ihre Sparte Siemens Financial Services beherrscht FSC zudem alle Facetten kreativer Finanzierungen: Ob Technology Refresh, Operating Lease, Asset Services, Lease IT Easy, Mietkauf, Trade In sowie Sale & Lease Back bietet der Konzern noch ein weiteres halbes Dutzend Optionen, für die man ein längeres Verkaufsgespräch und umfangreiche Fortbildungsmaßnahmen einplanen sollte. "Die meisten IT-Verantwortlichen kennen sich mit Finanzierungsfragen und der Vielzahl an Nutzungsoptionen nicht wirklich aus. Auch hier müssen die Anbieter ansetzen", fordert Experton-Berater Zacher.

Sun gewährt gestaffelte Rabatte

Bei Sun ist das Wort "Rabatt" relativ prominent auf der Website vertreten, doch fehlt ebenfalls der explizite Verweis auf die Abwrackprämie. Immerhin können Neukunden der Sun SPARC Enterprise T5440 mit einem Nachlass von bis zu 40 Prozent rechnen, wenn sie die Untiefen im Kleingedruckten umschiffen und alte Systeme von IBM, HP oder Sun eintauschen. Unsicherheiten ins Spiel bringen Spekulationen einer Übernahme durch IBM, was Big Blues Vertriebsmannschaften vermutlich ganz gelegen kommt. Für andere Server offeriert Sun 25 Prozent Rabatt, bei Storage-Systemen sind es 20 Prozent. Aufrüstungen und Gebrauchthardware gibt es neben den obligatorischen Finanzierungsalternativen auch.

Kommentare zu IBM-Sun
Steve Ballmer, CEO Microsoft
"Wir konkurrieren auf vielen Feldern mit IBM, und ich glaube nicht, dass sich daran etwas Entscheidendes ändern wird. Bis IBM den Zukauf von Sun verdaut hat, werden mindestens ein oder zwei Jahre vergehen. Diese Zeit wird Microsoft nutzen."
Michael Dell, CEO Dell
"Alleine die Spekulation, dass IBM möglicherweise Sun kaufe, bringt eine enorme Chance für uns."
Rüdiger Spies, Analyst IDC
"Eine Übernahme Suns wäre keine Veränderung von IBMs Strategie, sondern die konsequente Fortsetzung des eingeschlagenen Kurses."
Gordon Haff, Analyst Illuminata Inc.
"IBM treibt keine Open-Source-Datenbanken voran. Es treibt DB2."
Michael Cote, Analyst Redmonk
"Wenn IBM Java kontrolliert, könnten einige Leute ausflippen, die davon abhängig sind."
Rob Enderle, unabhängiger Analyst
"Eine von IBM kontrollierte Sun würde Kunden wieder mehr Sicherheit geben und die installierte Basis stabilisieren."

Dell setzt auf Null-Prozent-Leasing

Dell setzt europaweit in diesem Frühjahr auf die Null-Prozent-Finanzierung für kleine und mittlere Unternehmen, allerdings in Form des Mietkaufs und nicht des Leasings. Der Mindestbestellwert beträgt 10.000 Euro, außerdem muss man noch einen ProSupport-Vertrag über drei Jahre abschließen. Die Laufzeit für die Finanzierung der Geräte ist jedoch deutlich kürzer. An deren Ende nach 18 beziehungsweise 24 Monaten gehen die Produkte mit Zahlung der letzten Rate in das Eigentum der Kunden über. Das alles ist indes nicht neu. Bereits 2007 hatte der Konzern mit "Null Prozent" geworben. Wenn man ein wenig im Archiv wühlt, finden sich sogar Artikel aus dem Jahr 1997, als PC- und Server-Lieferanten mit den generellen Vorteilen des Leasings lockten.

Verhandlungsspielraum der Kunden schrumpft

Insofern sind die aktuellen Angebote in der Tat alles andere als innovativ. Lediglich die Zinsen fallen heute häufig unter den Tisch, und es wird mit einem Rabatt gelockt. Dafür schrumpft der Verhandlungsspielraum der Kunden über die Gesamtkosten, und in der Regel werden Finanzierungsmodelle, Abwrackprämien und Raten nach Listenpreis berechnet. Doch wie beim Autokauf gilt auch bei IT-Produkten, dass der Listenpreis eine fiktive Zahl ist, die in der Realität lediglich als Berechnungsgrundlage existiert.

Immerhin ist es der IT-Branche weitgehend gelungen, sich intensiver am Kfz-Handel und den dort herrschenden Gepflogenheiten zu orientieren. Rabattschlachten, Vorführ- und Gebrauchtmodelle, Inzahlungnahme, Öko-Deckmäntelchen, Finanzierungsoptionen sowie nun auch die Abwrackprämie haben sich etabliert. Arbeiten müssen IT-Hersteller nur noch an Tageszulassungen, EU-Reimporten, Erlkönigen, Sondereditionen ("Sun Fire Larry Spezial") und natürlich dem Merchandising - Kaffeebecher und T-Shirts mit dem Firmenlogo sind in Zeiten wie diesen einfach nicht genug, um Kunden den letzten Rest des geschrumpften Budgets aus der Tasche zu leiern, von einem Sparschwein ganz zu schweigen.

IT-Abwrackprämie - die Hintertüren