Cloud-Giganten

IBM Softlayer und Bluemix auf dem Prüfstand

29.02.2016 von René Büst
Der Public-Cloud-Markt ist hart umkämpft. Lesen Sie, mit welchen IaaS- und PaaS-Angeboten sich IBM gegen die Platzhirsche Amazon Web Services (AWS) und Microsoft Azure behaupten will.

Im Rahmen von Multi-Cloud-Szenarien spielen Public Cloud-Umgebungen eine zentrale Rolle. Schließlich stehen Sie sinnbildlich für die Digitale Transformation und erlauben renommierten Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle von der technischen Seite kommend zu verändern und die dafür notwendigen Prozesse anzupassen oder neu zu definieren. Für IT-Entscheider stellt sich damit die Frage, welcher der Public Cloud-Anbieter auf die Shortlist gehört. Dieser Artikel beleuchtet die Cloud-Angebote von IBM, sprich Softlayer und Bluemix. Unter mittelständischen deutschen Unternehmen haben diese Services derzeit noch Nachholbedarf, wenn es darum geht, ein Teil der Cloud-Strategie zu sein.

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Das Public Cloud-Portfolio der IBM

IBM fasst sein Cloud-Portfolio unter der "IBM Cloud" zusammen, um aus strategischer Sicht die vier Säulen "Auswahl", "DevOps", "Industriefokus" und "Analytics" zu unterstützen. Hierzu deckt IBM den vollständigen Cloud-Stack ab und bietet anhand von Software-as-a-Service (SaaS) und Business-Process-as-a-Service (BPaaS) eine Vielzahl unterschiedlicher Lösungen für die Zusammenarbeit, das Marketing oder den Handel an, darunter etwa Smarter Commerce, Smarter Analytics, Smarter Cities, Smarter Workforce oder Watson.

Den diversen SaaS- und BPaaS-Angeboten der IBM-Cloud liegen als Middleware-Basis der Platform-as-a-Service (PaaS) "Bluemix" und im Infrastructure-as-a-Service (IaaS-)Bereich "Softlayer" zugrunde.

IBMs Cloud Portfolio mit Softlayer und Bluemix
Bluemix Hybrid-Szenario
Beispiel zum Einsatz von Bluemix in einem hybriden Szenario
Public Cloud Markt
Im Public-Cloud-Markt kann IBM derzeit nicht mit den Branchenriesen Amazon Web Services und Microsoft Azure mithalten.
Bluemix Web
Bluemix Weboberfläche
Bluemix Mobile
Das Bluemix Microservice-Portfolio für mobile Anwendungen.
IBM Cloud
Open-Source-Technologien in der IBM Cloud
IBMs Cloud Portfolio
Der IBM Cloud-Portfolio-Stack
Softlayer Cloud
Die verschiedenen Softlayer Deployment-Varianten
Softlayer Web
Softlayer Weboberfläche

IBM Softlayer - IaaS inklusive Bare-Metal-Server

Softlayer selbst wurde 2005 gegründet und im Juli 2013 von IBM akquiriert. Anhand von weltweit 28 Rechenzentren werden die Infrastruktur-Services bereitgestellt, darunter ein Rechenzentrum in Frankfurt (FRA02). Damit lassen sich Daten zwar in Deutschland speichern, eine Georedundanz oder ein Hochverfügbarkeitszenario auf Basis von zwei Rechenzentren auf deutschem Boden kann damit jedoch nicht umgesetzt werden. Als nächstgelegene Lokationen stehen hierfür AMS01 und AMS03 in Amsterdam bereit.

Beim IBM Softlayer-Portfolio handelt es sich um ein typisches IaaS-Angebot, das sich auf wesentliche Infrastrukturangebote beschränkt. Hierzu gehören:

Die Softlayer-Plattform lässt sich sowohl über eine grafische Weboberfläche als auch über gut 3000 APIs steuern. Die virtuelle Infrastrukturumgebung der Softlayer-Plattform basiert auf dem Citrix XenServer, also dem Xen Hypervisor.

Was IBM Softlayer von anderen Public Cloud-Anbietern am Markt abhebt sind drei unterschiedliche Betriebsmodelle und das Angebot von sogenannten "Bare Metal"-Servern. Neben dem Public Cloud-Angebot stehen über Softlayer ebenfalls Private-Cloud- und Dedicated-Umgebungen bereit. "Dedicated" bedeutet, dass eine virtuelle Maschine exklusiv auf einem eigenen physikalischen Server läuft, der nicht mit Dritten geteilt wird.

Die virtuellen Public und Private Cloud Server sind standardisiert. Das heißt, ihre Konfigurationen sind nach festen Klassen vorgegeben. Die Abrechnung erfolgt pro Stunde oder monatlich. Bare Metal Server sind nichts anderes als physikalische Server. Diese können Kunden selbst konfigurieren und dabei etwa auch einen bestimmten Prozessor-Typ wählen. Bare Metal Server werden auf einer monatlichen Basis abgerechnet. Allerdings gibt es dabei gewisse Einschränkungen: Wird ein virtueller Server innerhalb der Public-Cloud-Umgebung innerhalb von fünf bis 15 Minuten bereitgestellt, benötigt ein Bare Metal Server etwa zwei bis vier Stunden. Anzumerken ist dabei aber, dass derzeit kein anderer Anbieter weltweit in der Lage ist, einen fertigen physikalischen Server in dieser Geschwindigkeit zur Verfügung zu stellen.

Eine auf Bare-Metal-Maschinen basierende Umgebung eignet sich insbesondere für Workloads, die auf eine konstante und garantierte, aber vor allem hohe Leistung angewiesen sind. Denn mit der effektiven Performance einer physikalischen Maschine kann ein virtueller Server nicht mithalten, die Leistungen lassen sich zudem auch kaum miteinander vergleichen. Geeignete Workloads in diesem Kontext sind zum Beispiel Video-Streaming, Echtzeit Video-Collaboration oder Big Data Analytics.

Weiterhin ermöglicht die IBM Softlayer Bare Metal-Umgebung eine freie Hypervisor-Wahl. Das bedeutet, auf den Bare-Metal-Servern lassen sich alle bekannten Hypervisor und Cloud-Management-Lösungen einsetzen, darunter

Damit lassen sich eigene Infrastrukturumgebungen aufbauen und betreiben. Nach Aussagen von IBM beträgt das aktuelle Nutzungsverhältnis von virtuellen Maschinen zu Bare Metal-Servern etwa 80:20.

Eine Schwäche besitzt IBM Softlayer allerdings. Das Angebot fokussiert sich ausschließlich auf Infrastruktur-Ressourcen und vernachlässigt Microservices und Entwickler-relevante Mehrwertservices. In dieser Hinsicht kann Softlayer daher mit den führenden Public-Cloud-Anbietern nicht ernsthaft konkurrieren. Das hat IBM erkannt und positioniert Softlayer verstärkt als eigene Infrastrukturgrundlage für höherwertige Cloud-Angebote wie IBM Bluemix, mit denen die fehlenden Enablement-Services von Softlayer ausgeglichen werden sollen.

Im Public-Cloud-Markt hat IBM gegen die Platzhirsche Amazon Web Services und Microsoft Azure derzeit nur wenig Chancen.
Foto: Crisp Research

IBM Bluemix - PaaS-Angebote auf Basis von Cloud Foundry

Bluemix ist seit 2014 IBMs polyglotte Platform-as-a-Service (PaaS). Das bedeutet, dass mehrere Programmiersprachen unterstützt werden, darunter Java, Node.js und Ruby. Als technische Basis kommt das führende PaaS-Open-Source-Projekt Cloud Foundry zum Einsatz, an dessen Weiterentwicklung IBM ebenfalls aktiv beteiligt ist. Als Infrastruktur-Basis von Bluemix dient OpenStack. Für eine bessere Portabilität von Anwendungen lassen sich über Bluemix seit Februar 2015 auch Docker-Container bereitstellen. Ein weiteres wesentliches Detail ist die Möglichkeit, über Bluemix virtuelle Maschinen (auf Basis von OpenStack) bereitzustellen und bis auf Betriebssystemebene zu verwalten. Damit erhalten Entwickler mehr Kontrolle über Infrastrukturressourcen. Dies ist bei einem PaaS normalerweise nicht möglich beziehungsweise nicht vorgesehen.

Über den Bluemix Catalog stehen fertige Microservices zur Verfügung, die sich von Entwicklern nutzen lassen, um eigene Applikationen mit Funktionen zu erweitern, ohne diese extra selbst entwickeln zu müssen. Diese Services werden direkt von IBM oder von Drittanbietern bereitgestellt und bringen spezielle Funktionen mit, zum Beispiel für den Mobile-, IoT- und Security-Bereich oder für Webanwendungen. Einen großen Anteil machen Watson-nahe Services aus, mit denen sich kognitive Applikationen entwickeln lassen.

IBM Bluemix kann in drei unterschiedlichen Varianten genutzt werden:

Mit diesen unterschiedlichen Betriebsmodellen bietet IBM zum einen die Möglichkeit, Bluemix nach individuellen Anforderungen einzusetzen. Zum anderen ermöglicht sie gleichzeitig den Aufbau hybrider Szenarien. Denn die wenigsten Unternehmen starten auf der grünen Wiese, sondern haben einen Stall von alten Applikationen zu berücksichtigen oder sie haben Daten zu verwalten, die sich nicht zum Speichern in einer Public Cloud-Umgebung eignen. So lassen sich etwa innerhalb einer Bluemix Local-Umgebung Backend-Anwendungen betreiben und sensible Daten verarbeiten. Über eine hybride Integration können die kundenzentrischen Applikationen, Oberflächen und Daten dann über Bluemix Public weltweit und hochskalierbar bereitgestellt werden. Sie greifen dann in Echtzeit auf die Daten beziehunsgweise Applikationen in Bluemix Local zu.

Die Perspektive: Survival of the fittest - Bluemix wird überleben

IBM Softlayer vor diesem Hintergrund nun schon für tot zu erklären, wäre zwar etwas verfrüht. Nach Aussage von IBM fragen MSPs und ISVs weiterhin nach reinen IaaS-Ressourcen. Dennoch aber geben bereits kleine Details einen tiefen Einblick in IBMs Softlayer-Strategie. Der Konzern legt den Fokus eindeutig auf Bluemix. Dies spiegelt sich einerseits in der Marketing-Kommunikation wider. Andererseits zeigen auch die Funktionen, um die Bluemix erweitert wurde, wohin die Reise geht. Hierzu gehören:

Dabei handelt sich um exakt die Bereiche, die normalerweise nur über IaaS möglich sind. Hinzu kommt, dass Bluemix genau die Microservices und Mehrwerte liefert, die Softlayer fehlen, um die Lücke zum Mitbewerb zu schließen. Aus Sicht von IBM ist es daher nur ein logischer Schritt, Bluemix als zentraler Cloud-Lösung den Vortritt zu lassen und Softlayer als stabile und performante Infrastrukturbasis für seine Cloud-Angebote einzusetzen. Andernfalls würde es für IBM im Public-Cloud-Markt immer schwieriger, ein ernsthaftes Wort mitzureden. Denn Softlayer alleine wird mit seinem Angebotsfokus nicht gegen die Public-Cloud-Marktführer Amazon Web Services (AWS) und Microsoft Azure bestehen können. (wh)

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