Kein Technik Know-how - keine Investitionen

IBM-Chef Palmisano ätzt gegen Hewlett-Packard

16.09.2010 von Jan-Bernd Meyer
IBMs Chief Executive Officer (CEO) Samuel Palmisano hat den Konkurrenten Hewlett-Packard heftig kritisiert: HP gerate bei der Technikentwicklung ins Hintertreffen. Außerdem missachte das Unternehmen Interessen der Aktieninhaber.

Das erlebt man selten: Der Top-Mann eines Unternehmens lästert öffentlich und mit deutlicher Kritik über einen direkten Konkurrenten. Genau das hat Palmisano, IBMs oberster Chef, in einem Gespräch mit dem US-Wirtschaftsblatt "Wall Street Journal" jetzt getan.

In Sachen Technologieentwicklung habe HP an Boden verloren. Unter der Führung des ehemaligen CEO Mark Hurd seien Forschung und Entwicklung praktisch aufgegeben worden. "HP war mal ein sehr erfindungsreiches Unternehmen, "sagte Palmisano.

Als Beleg führte der IBM-Manager die Akquisition von 3PAR an. Das Unternehmen gilt als Pionier im Bereich Thin Provisioning und anderer Techniken aus dem Bereich Speicher-Virtualisierung. HP hatte sich mit Dell über zwei Wochen ein Bieterduell geliefert und bei 2,4 Milliarden Dollar Kaufsumme den Zuschlag erhalten.

Den Preis hätte IBM nie gezahlt

Einige Marktexperten hatten den Zweikampf kopfschüttelnd verfolgt. Zwar ist 3PAR mit seiner Technik ein interessantes Unternehmen. Viele fragten sich jedoch, ob der Kaufpreis von zuletzt 33 Dollar je Aktie gerechtfertigt ist. Zu Beginn des Bieterwettbewerbs hatte die 3PAR-Aktie nicht einmal zehn Dollar gekostet.

Palmisano sagte, IBM hätte diesen Preis niemals gezahlt. HP aber "ist gar nichts anderes übrig geblieben", denn Hurd habe Investitionen in Forschung und Entwicklung gestrichen.

Deutsche Bank meets IBM
Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Wir setzen die IT ein, um die Bank mit ihren Produkten und Prozessen weiterzuentwickeln. Deshalb stehen strategische Überlegungen und Projekte an erster Stelle. Natürlich dürfen wir keine Kompromisse bei den Hygienefaktoren wie Stabilität, Kosten und Effizienz eingehen.
Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
Es hat sich noch niemand aus der Krise gespart. Es gibt Innovationsfelder, in die nach wie vor investiert wird. Das Thema Sourcing, die alte Frage nach dem Make or Buy, hat neue Dynamik erreicht.
Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Lieferanten ihre Preise anpassen und reduzieren. Das sehen wir als einen Teil der strategischen Beziehung. Wer uns jetzt hilft, der ist auch in der künftigen Wachstumsphase mit dabei.
Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
Wir haben mit einer eigenen "Abwrackprämie" reagiert, die wir selbst finanzieren. Sie ist für die Unternehmen eine gute Möglichkeit, in angespannter Lage zu modernisieren.
Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
In der Deutschen Bank liegt der Fokus eindeutig auf den strategischen Projekten. Reengineering-Themen, die es uns erlauben, zu Beginn der nächsten Aufschwungphase bereit zu sein.
Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
Wir sind aus den Abschwungphasen der jüngeren Vergangenheit immer gestärkt hervorgegangen. Die IBM profitiert auch davon, dass sich IT-Anwender gerade in schwierigen Zeiten ihren verlässlichen Partnern zuwenden.
Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
Optimistisch geschätzt dauert die gegenwärtige Konjunkturlage noch bis Herbst 2010. Pessimistisch prognostiziert kann die Krise noch bis 2012 dauern. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass einige Branchen nach der Krise ein neues Normal erleben werden.
Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Nachhaltige Veränderungen brauchen Zeit, und die Unternehmen sehen ein, dass sie sie jetzt schleunigst beginnen müssen, gleichgültig ob die Krise noch ein oder noch drei Jahre dauert.
Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
Das Thema Produktivität wird uns auf jeden Fall begleiten. Wir können nur im Wettbewerb bestehen, wenn wir innovativer sind als andere Nationen, wenn wir schneller und effektiver sind als andere.
Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Durch die applikationszentrische Silo-Organisation haben wir nicht gewusst, wie gut wir sind. Mitarbeiter, die ähnliche Aufgaben bewältigen, tauschten sich viel zu wenig aus. Durch die Zusammenführung haben wir ein Gefühl dafür entwickeln können, was Best Practice ist, und haben insgesamt ein höheres Niveau erreicht.
Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Wir können nur dann gute Lösungen bauen, wenn wir wissen, welche Business-Probleme gelöst werden sollen. Das Domain-Management übernimmt hierbei die Business-Analyse und die Interaktion mit den Geschäftsbereichen und der IT.
Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Die Services kommen da hin, wo sie am effektivsten für die ganze Bank funktionieren. Das haben wir umgesetzt und siehe da, wir brauchen 40 Prozent weniger Zeit und 50 Prozent weniger Geld als im vorherigen Silo-Ansatz, um das Gleiche zu realisieren.
Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
In der Vergangenheit waren Unternehmen stark auf Produkte oder Services ausgerichtet. Dadurch entstanden Redundanzen, die sich heute eigentlich niemand mehr leisten kann. Durch horizontal ausgerichtete Funktionen versucht man, sie jetzt wieder zu reduzieren.
Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Es ist ziemlich leicht, einen Service für eine Service-orientierte Architektur zu entwickeln, schwerer ist es, ihn in die bestehende Landschaft zu integrieren. Was wir bei uns auslösen, ist Standardisierung und Simplifizierung, darin besteht die große Chance.
Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
In unserem Projekt Blue Harmony modernisieren und vereinheitlichen wir unsere Backend-Systeme schrittweise. Alle zentralen Anwendungen werden dann über ein gemeinsames Backbone betrieben.
Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Wir brauchen immer dann starke Partner, wenn wir neue Dinge ausprobieren wollen. Große Organisationen neigen dazu, in eingefahrenen Fahrwassern zu bleiben.
Martin Jetter (links), Geschäftsführer von IBM Deutschland, im Gesrpäch mit Deutsche-Bank-CIO Wolfgang Gaertner.
Wir arbeiten schon lange mit der Deutschen Bank zusammen. Wir reden gemeinsam über Cloud Computing und andere Themen. Wir sehen es durchaus auch als Aufgabe, uns aus einer guten Leistung heraus beim Kunden zu verbreitern.

Unter Hurd waren die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 2,5 Prozent des gesamten Unternehmensumsatzes reduziert worden und betrugen noch 2,8 Milliarden Dollar im letzten Fiskaljahr, in dem Hurd als CEO von HP noch im Amt war. IBM investiert rund sechs Prozent seines Gesamtumsatzes in Forschung und Entwicklung. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Investitionen auf rund 5,8 Milliarden Dollar.

Prügel für den HP-Verwaltungsrat

Aber auch der Verwaltungsrat von HP kam schlecht weg. Dieser hatte Hurd gedrängt, wegen einer undurchsichtigen privaten Affäre und inkorrekten Spesenabrechnungen das Unternehmen zu verlassen. Als Trostpflaster bekam Hurd ein Entschädigungspaket, das sich insgesamt auf rund 35 Millionen Dollar belaufen könnte. Knapp einen Monat nach seinem Rauswurf heuerte Hurd bei Oracle an. Palmisanos Kommentar: "Das ist kein guter Umgang mit Geld, das den Aktionären gehört." Hier habe HP nicht im besten Interesse der Aktieneigner gehandelt.

Harter Konkurrenzkampf IBM contra HP

Die Palmisano-Kritik dürfte vor dem Hintergrund eines in den vergangenen zwei, drei Jahren immer heftiger werdenden Konkurrenzkampfes beider Firmen zu sehen sein. HP versucht zunehmend, im Dienstleistungsbereich zu dominieren. Hierzu hatte es sich 2008 mit dem Kauf von EDS verstärkt. IBM hatte in den frühen 90er Jahren des vergangenen Jahrzehnts unter Louis Gerstner begonnen, das IT-Dienstleistungsgeschäft konsequent aufzubauen. Mit seinen Geschäftseinheiten Global Technology Services und Global Business Services erwirtschaftete IBM im ersten Halbjahr 2010 rund 27,4 Milliarden Dollar. Insgesamt beträgt der Unternehmensumsatz in diesem Zeitraum knapp 46,6 Milliarden Dollar. Die Dienstleistungssparte von Big Blue trägt also weit über 50 Prozent zum Gesamtergebnis bei. Von solchen Ergebnissen ist HP noch entfernt.

IBM fürchtet Oracle am meisten

IBMs CEO, der in Personalunion auch Chairman des Unternehmens ist, sagte ferner, Oracle mache ihm Sorgen. Langfristig werde die Lawrence-Ellison-Company IBMs härteste Bedrohung. Palmisanos Begründung war kurz und bündig: "Oracle investiert."

IBM und Sun
Steve Ballmer, CEO Microsoft
"Wir konkurrieren auf vielen Feldern mit IBM, und ich glaube nicht, dass sich daran etwas Entscheidendes ändern wird. Bis IBM den Zukauf von Sun verdaut hat, werden mindestens ein oder zwei Jahre vergehen. Diese Zeit wird Microsoft nutzen."
Michael Dell, CEO Dell
"Alleine die Spekulation, dass IBM möglicherweise Sun kaufe, bringt eine enorme Chance für uns."
Rüdiger Spies, Analyst IDC
"Eine Übernahme Suns wäre keine Veränderung von IBMs Strategie, sondern die konsequente Fortsetzung des eingeschlagenen Kurses."
Gordon Haff, Analyst Illuminata Inc.
"IBM treibt keine Open-Source-Datenbanken voran. Es treibt DB2."
Michael Cote, Analyst Redmonk
"Wenn IBM Java kontrolliert, könnten einige Leute ausflippen, die davon abhängig sind."
Rob Enderle, unabhängiger Analyst
"Eine von IBM kontrollierte Sun würde Kunden wieder mehr Sicherheit geben und die installierte Basis stabilisieren."

Oracles CEO Lawrence Ellison hatte den Rauswurf von Hurd bei HP ebenfalls scharf kritisiert. Ellison, der als guter Freund von Hurd gilt, kommentierte den Rauswurf des Managers öffentlich: "Das war die dümmste Personalentscheidung, seitdem die Idioten im Apple- Verwaltungsrat vor vielen Jahren Steve Jobs gefeuert haben", schrieb er in einer E-Mail an die "New York Times" Anfang August 2010. (jm)