iPhone-Konkurrenz

HTC Touch Cruise, O2 Xda Orbit 2 im Test

15.09.2008
Das HTC Touch Cruise aka Xda Orbit 2 ist bis oben hin mit Technik vollgepackt. HTCs neuester Streich in Sachen Smartphone hätte das Zeug zum Überflieger. Ob sich das schicke Touch-Handy auch in der Praxis bewährt, lesen Sie in unserem ausführlichen Test.

Lieferumfang / Verarbeitung

Microsofts Betriebssystem für mobile Endgeräte bietet fast für jede Gelegenheit eine Option. Dafür muss man sich allerdings durch tief verschachteltete Menüstrukturen kämpfen. Für technisch weniger versierte Käufer stellt sich schnell die Frage nach dem Sinn dieser Einstellungsflut, doch glücklicherweise gibt HTC dem Touch Cruise ein 260-seitiges Handbuch mit auf den Weg. Neben Datenkabel, Ladegerät und Kopfhörer findet man auch eine Samttasche im Lieferkarton, eine microSD-Karte fehlt leider.

Das HTC Touch Cruise / o2 Xda Orbit 2 sieht recht schick aus, ist aber mit 130 Gramm nicht gerade ein Leichtgewicht.
Foto: HTC

Im Größenvergleich ragt das Smartphone mit 110x58x15,5 Millimeterns sicherlich aus dem Handy-Standard heraus, ist aber nicht größer als vergleichbar ausgestattete Geräte. Und trotz schwerer 130 Gramm Gewicht liegt es dank einer überlegten Materialwahl und ergonomischen Formensprache überaus griffig in der Hand. Ein Designhighlight ist das Cruise allerdings nicht geworden. Der schwarzgraue, matte Kunststoff sieht bieder aus, eine Metallplatte auf der Frontseite sorgt immerhin für einen Hauch von Eleganz.

Die Spaltmaße, vor allem an der Seite, sind zu breit und weisen unregelmäßige Abstände auf. Der wackelige Eindruck wird noch verstärkt, wenn man sich den Lautstärkeregler auf der linken Seite genauer anschaut. Er tanzt wortwörtlich aus der Halterung, da er sich in mehr als nur den zwei vorgesehenen Richtungen bewegen lässt. Etwas Mut muss man darüber hinaus mitbringen, will man den hakelig konstruierten microSD-Slot öffnen und einen reissfesten Geduldsfaden, um das Ganze wieder zu verschließen.

Ausstattung

Ein Blitzlicht fehlt zwar, doch mit 3 Megapixeln (2048x1536 Pixel) verfügt das Business-Smartphone über eine Kamera, die auch detailreiche Szenerien noch angemessen ablichten kann. Die mit dem Touch geknipsten Fotos sind aber generell milchig leicht getrübt. Dafür gelingen auch bei schlechten Lichtverhältnissen gute Aufnahmen. Wenn man dem Fotochip ein paar Sekunden Zeit lässt, holt er auch aus dunklen Situationen noch mehr heraus, als so manch andere Handykamera mit LED-Blitzlicht.

Mittels weniger Gesten lernt man spielerisch den Umgang mit der Bildvorschau. So wird ein Bildabschnitt vergrößert, wenn man einen Kreis im Uhrzeigersinn auf das Display zeichnet, die entgegen gesetzte Richtung verkleinert das Foto wieder. Kleinere Kreise holen einen entsprechenden kleineren Bildausschnitt heran. Drehen kann man das Bild mit einem auf dem Touchscreen ausgeführten C. Schon nach kurzer Zeit hat man sich an diese genial-einfache Bedienung gewöhnt.

Beim Musik hören hat man die Wahl zwischen dem Windows Player und dem Player von HTC. Einen Equalizer gibts nur beim Player von HTC.

Beim Musik hören hat der Nutzer die Wahl zwischen dem Windows Media Player Mobile und dem Player von HTC, der direkt vom Startbildschirm aus mit einem Fingerstreich übers Display geöffnet wird. Beide haben Vor- und Nachteile. Die Bedienung des HTC-Players ist leicht verständlich und fingerfreundlich, auch das integrierte Radio folgt dem einfachen Bedienkonzept von HTC. Der Windows Player kann dafür auch Videos und Streams wiedergeben. Einen umfangreichen Equalizer bietet wiederum nur der Player von HTC.

Mit dem Quadband-Handy ist man nicht nur überall auf der Welt erreichbar, die Connectivity-Kiste des Touch Cruise ist auch sonst zum Bersten gefüllt. Davon kann man sich schnell überzeugen, indem man einfach auf das kleine Icon in der Leiste am oberen Displayrand tippt. Daraufhin werden alle wesentlichen Spielarten der Nah- und Fernconnectivity von Bluetooth bis GPS in einem übersichtlichen Fenster eingeblendet und lassen sich einzeln deaktivieren. HSDPA mit bis zu 3,6 Megabit pro Sekunde sorgt für einen schnelleren Datendurchsatz als so manche DSL-Leitung. Wer keinen umfassenden Datentarif besitzt, greift unterwegs auf verfügbare Hotspots oder zu Hause auf den WLAN-Router zurück. Das Interneterlebnis auf dem Touch Cruise mittels Internet Explorer ist aber noch in den späten Neunzigern stecken geblieben. Trotz WLAN lässt vor allem die grafische Performance stark zu Wünschen übrig. Der Opera-Browser, den man glücklicherweise vorinstalliert findet, stellt in der gleichen Zeit deutlich mehr Inhalte dar und bietet die komfortablere, flüssigere Navigation.

Die Email-Verwaltung ist eine Königsdisziplin des Büro-Boliden. Push-Mail, IMAP, Ordnerverwaltung, Sortierfunktionen oder ausführliche Abrufeinstellungen - eine ausgereiftere Lösung als Windows Mobile bietet derzeit kaum ein Hersteller. Ebenso erfreulich ist die Berücksichtigung der organisatorischen Bedürfnisse eines jeden Terminjongleurs: schnelle Übersicht, intuitive Eintragsformen und die flexible Zusammenstellung von Kategorien machen selbst den härtesten Geschäftsalltag auf dem Touch Cruise erträglich. Auch beim Thema Synchronisation spielt Windows Mobile seine Stärken aus: ob auf Vista mit dem Windows Mobile Gerätecenter oder auf XP mittels Active Sync, wer einmal PC und Handy abgeglichen hat, kann sorglos auf Autopilot stellen, alle PIM-Daten, wahlweise auch Dateien, Mails und Favoriten bleiben bis ins kleinste Detail aktuell. Office-Dateien lassen sich in den vorinstallierten Mobile Office-Programmen bearbeiten und speichern.

Jederzeit jede Menge zu tun hat das HTC Touch Cruise mit den performancehungrigen Systemroutinen von Windows Mobile. Zusätzlich schafft es aber noch 536 Punkte im Jbenchmark. Für Zusatzprogramme bleibt also noch genug Prozessorleistung übrig, um flüssig zu laufen. Das merkt man auch beim navigieren. Innerhalb von drei Minuten ist das GPS einsatzbereit, auch nach einem kompletten Neustart dauert es nur Sekunden, bis sich das System wieder orientiert hat. Um die GPS-Antenne nutzen zu können, steht der Tomtom Navigator 6 zur Verfügung. Auf sehr einfache Weise gelingt die Einrichtung von Strecken, Routen und die Personalisierung der Navigationssoftware. Eine Stadt der Wahl kann man sich gratis von der Tomtom-Webseite herunter laden, bei größeren Ausflügen werden allerdings Lizenzgebühren für mehr Kartenmaterial fällig. Fehlt nur noch eine entsprechende Halterung im Wagen und schon kann man die Navigationshoheit auf das Smartphone übertragen. Eine Stromversorgung über den Zigarettenanzünder sollte ebenfalls dazu gekauft werden, sonst macht der Akku schnell schlapp.

Telefonfunktionen / Ausdauer

Trotz der Größe von 2,8 Zoll - so viel wie Nokias Multimedia-Überflieger N95 8GB - bietet der Touchscreen nur die Standard-Auflösung von 240x320 Pixeln. Er ist transflektiv ausgelegt und kann im Gegensatz zu den meisten anderen Handys sogar mit wenigen Fingertipps auf diesen Anzeigetyp umgeschaltet werden. Mit "HTC Home" besitzt das Cruise dafür die nötige Bedienführung. HTCs eigenentwickelte Touch Flo-Bedienoberfläche reizt dabei die Möglichkeiten der vereinfachten Gestensteuerung aus. Aus dem Homescreen mit der großen Uhr wechselt man bequem per Fingersteich zur Auswahl der wichtigsten Funktionen. Man beamt sich damit regelrecht ins Schlaraffenland der intuitiven Bedienung. Zwar kann man nicht selbst bestimmen, welche Programme man im einfachen Rastermenü findet, trotzdem fallen die Wege zu vielen Anwendungen deutlich kürzer aus als in so manchen anderen Handys. Die Seiten mit Kurzwahl-Kontakten, Multimedia (Foto, Musik, Video) und der Zusammenstellung samt Browser, Messaging und Organizing blättert man mit einem horizontalem Streich durch. Mit Touch Flo gelingt es HTC, den Umgang mit Windows Mobile entscheidend zu erleichtern.

Die fingerfreundliche virtuelle Tastatur erleichtert den Umgang mit dem Touch Cruise. Alternativ kann man den "Transcriber" verwenden.

HTC hat auch anderen nervigen Eigenarten von Windows Mobile abgeholfen, indem etwa ein eigener Taskmanager implementiert wurde. Eine fingerfreundliche virtuelle Tastatur, auf deren Tastenfelder jeweils 2 Buchstaben kommen, erleichtert den Umgang mit dem Touch Cruise ebenfalls. Alternativ kann man den so genannten "Transcriber" für Texteingaben nutzen. Die Universal-Schrifterkennung des Windows Mobile-Systems befindet sich in einem ausgereiften Stadium und hat selbst unsere etwas krakelige Schrift korrekt erkannt.

Die Sprachqualität ist durchweg klar und gibt die Höhen kräftig wieder. Sprachaussetzer traten nicht auf. Das Signal des Cruise erreicht meistens den Telefonmasten, nur bei extrem schlechten Bedingungen bricht der Empfang ab. Da das Touch Cruise sich aber schnell wieder ins Mobilfunknetz einwählt, fällt das kaum ins Gewicht.

Bei sparsamer Nutzung lässt sich der Allrounder vier Tage bis zu einer Woche nutzen.

Mit einer Akkuleistung von mehr als 1000 mAh kann es der Cruiser auch mit Windows Mobile noch aufnehmen. Da der Wert mit 1350 mAh sogar noch deutlich darüber liegt, erlaubt das Touch Cruise auch den vollen Einsatz aller Connectivity-Spielarten. Als Telefon, Mp3-Player und Surfmaschine wird sich der Mini-Computer bei einigermaßen sparsamer Nutzung sogar vier Tage oder bis zu einer Woche nutzen lassen. Einzig die GPS-Antenne erlaubt keine allzu großen Ausflüge. Selbst für eine Tagesreise ist ein Zweitakku oder Zubehör für den Zigarettenanzünder im Auto obligatorisch. Die Gesprächszeit gibt HTC mit vier Stunden im UMTS-Modus an.

Fazit

Intuitiv, schnell, kann mehr als das iPhone: als Mit-Pionier der alternativen Bedienkonzepte glänzt Smartphone-Spezialist HTC beim technisch überragend ausgestatteten Touch Cruise nicht nur mit dem Konzept: "von allem alles", sondern hält dann auch noch, was er verspricht. Auf dem kurzen, aber schwierigen Weg zur Serienreife wurde einfach mal konsequent am Endergebnis gewerkelt, ohne den Nutzer aus den Augen zu verlieren und der Plan ging - bis auf die Verarbeitungsschwächen - auf: alle Verbindungsarten des HTC Touch Cruise, die von HSDPA über WLAN bis zu GPS reichen, sind optimal ins System eingearbeitet und geben wenig Grund zur Klage. HTCs Anwendungen schließen die wichtigsten Lücken in der Benutzerfreundlichkeit des Windows Mobile-Betriebssystems. Ein schneller Prozessor und ein Marathonakku sorgen im Hintergrund für genug Wasser und Dampf. Um die glatte Empfehlung zu präzisieren: für unzufriedene iPhone-Besitzer und jene, die einfach alles und alles einfach wollen.

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