KI-Assistenten

Hilfestellung im GenAI-Preisdschungel

19.12.2023 von Matthew Finnegan
Generative KI ist mittlerweile in vielen Productivity-Apps verfügbar. Aber wieviel sollten Unternehmen zahlen, um ihren Mitarbeitern einen KI-Gefährten zur Seite zu stellen?
Obwohl KI-Assistenten wie Pilze aus dem Boden schießen, ist das Geschäftsmodell für Anbieter und Anwender noch nicht ganz klar.
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Generative KI hat das Potenzial, die Produktivität am Arbeitsplatz zu steigern, indem sie Aufgaben wie das Verfassen von E-Mails und Zusammenfassungen von Meetings automatisiert. Aber die Entscheidung, wie viel Unternehmen für den Zugang zu diesen Tools zahlen sollten, ist für Softwareanbieter eine Herausforderung.

"Es handelt sich um eine unerprobte Technologie, sowohl in Bezug darauf, was sie kann, als auch in Bezug darauf, wie man sie monetarisieren kann", erklärt Craig Roth, Research Vice President bei Gartner. "Die Anbieter experimentieren: Sie versuchen, den Spagat zwischen Einnahmen, Marktpositionierung und Wettbewerbsvorteil zu schaffen.

Seit dem Start von OpenAIs ChatGPT wurden große Sprachmodelle (LLMs) auf viele Software-Tools angewandt, wobei Anwendungen für Zusammenarbeit und Produktivität als ein wichtiger Anwendungsfall gelten. Zu den gängigen Funktionen gehören die automatische Erstellung von Notizen in Meetings, die Zusammenfassung von Chat- und E-Mail-Protokollen, die Erstellung von E-Mail-Entwürfen, die erweiterte Dokumentensuche und sogar die Erstellung von Bildern für Präsentationsfolien. Für den Zugang zu diesen Funktionen haben sich unterschiedliche Preisstrategien herauskristallisiert: Einige Anbieter verlangen Höchstpreise, während andere sich für niedrigere Kosten entscheiden, in der Hoffnung, die Akzeptanz bei Geschäftskunden zu erhöhen.

"Es ist im Moment eine Art Tanz zwischen den Anbietern und den Kunden, um herauszufinden, was der richtige Preispunkt ist", so Gartner-Mann Roth.

Wer verlangt was für GenAI-Funktionen?

Ein Jahr nach der Einführung von ChatGPT 3.5 haben die meisten Anbieter von Office-Software zumindest angekündigt, generative KI-Funktionen in ihre Produkte einzubauen. In vielen Fällen sind diese Tools jetzt zumindest für einen Teil ihrer Kundschaft zugänglich.

Microsoft zum Beispiel hat im November seinen Copilot für Microsoft 365 für Großkunden auf den Markt gebracht. Der Preis liegt bei 30 Dollar pro Nutzer und Monat zusätzlich zu den E3- und E5-Abonnements (und einer Mindestabnahme von 300 Plätzen). Damit erhält man Zugang zu den Copilot-Funktionen in den verschiedenen Office-Anwendungen, darunter Word, Outlook und Teams. Der Preis für kleinere Unternehmen wird noch bekannt gegeben.

Microsoft 365 Copilot hilft Word-Benutzern dabei, ein Angebot aus Besprechungsnotizen zu erstellen.
Foto: Microsoft

Microsoft bietet auch eine kostengünstigere Option für den Zugriff auf KI-Hilfe an: Der Teams Premium-Plan, der 7 Dollar pro Nutzer und Monat kostet, bietet Zugriff auf einige GenAI-Funktionen, die auf den ChatGPT-Modellen von OpenAI basieren - zum Beispiel die Zusammenfassung von Besprechungen und die Erstellung von Notizen.

Aber es gibt auch Alternativen: Google hat im August Duet AI for Workspace auf den Markt gebracht, dessen KI-Funktionen in Apps wie Gmail, Sheets und Docs verfügbar sind. Der Zugang zu diesen Funktionen ist als Add-on für kostenpflichtige Workspace-Konten erhältlich und kostet 30 Dollar pro Nutzer und Monat. Derzeit ist dieser Preis jedoch nicht auf der Google-Website zu finden. Stattdessen werden die Kunden auf eine kostenlose Testversion verwiesen, die 30 Tage lang gilt.

Es wird allgemein angenommen, dass diese Preise bei beiden Anbietern für Großkunden verhandelbar sind.

Andere Anbieter stellen generative KI-Funktionen ohne zusätzliche Kosten für zahlende Kunden zur Verfügung. Der AI Companion von Zoom etwa bietet eine Reihe von generativen KI-Funktionen in einem Produktportfolio, das über den ursprünglichen Schwerpunkt der Videokonferenzsoftware hinausgeht. Neben der Interaktion mit dem AI Companion während eines Videoanrufs - etwa bei der Abfrage von Aktionen - kann der KI-Assistent auch E-Mail-Entwürfe erstellen, Textnachrichten im Chat verfassen und Inhalte für die digitale Whiteboard-App von Zoom erstellen.

Kommt man zu spät zu einem Meeting, informiert der AI Companion von Zoom über Verpasstes.

Eine ähnliche Preisstrategie im Bereich Collaboration und Productivity verfolgen beispielsweise Cisco mit seinem Webex AI Assistant und der Anbieter von All-in-One Workplace Apps Coda. Ein anderer Ansatz ist, den Zugang zu GenAI-Tools auf Guthaben-Basis anzubieten. Ein Vertreter dieser Strategie ist etwa Box mit seinem GenAI-Angebot Box AI, das derzeit als Beta-Version verfügbar ist. In diesem Fall können Kunden mit der kostenpflichtigen Enterprise-Plus-Stufe von Box eine bestimmte Anzahl von Abfragen ohne zusätzliche Kosten durchführen, wobei die Obergrenze bei 20 Abfragen pro Nutzer und Monat liegt. Auf Unternehmensebene werden zusätzlich 2.000 Abfragen angeboten. Einem Bericht von TechCrunch vom Oktober zufolge können Kunden, die dieses Limit überschreiten, "zusätzliche Blöcke von KI-Credits" kaufen. Andere Anbieter haben noch keine Preise bekannt gegeben. Slack beispielsweise testet die GenAI-Funktionen noch in einer privaten Vorschau, bevor sie nächstes Jahr allgemein verfügbar sein werden.

Es hat offensichtliche Wettbewerbsvorteile, generative KI-Funktionen ohne Aufpreis anzubieten - selbst wenn es sich (zunächst) nicht rentiert. So soll beispielsweise Microsofts GitHub Copilot laut einem Bericht des Wall Street Journals vom Oktober mit einem Verlust von durchschnittlich 20 Dollar pro Nutzer und Monat betrieben werden, wobei einige Power-User Microsoft 80 Dollar pro Monat kosten sollen. Aber auch für die Kundenunternehmen ist es schwer, den Wert eines GenAI-Assistenten zu beziffern. "Auf Kundenseite ist der Teil des Wertes sehr vage", sagt Roth. "Wenn man es nur benutzt, um die Produktivität zu steigern, um Absätze in Aufzählungszeichen umzuwandeln oder um E-Mails zu starten, fühlt es sich großartig an, aber was genau ist der Wert? Kann man ihn in Dollar beziffern?"

"Im Moment zeigen unsere Untersuchungen ein großes Interesse an GenAI-Tools", berichtet Irwin Lazar, Chefanalyst bei der Marktforschungsfirma Metrigy. "Die Unternehmen sind noch nicht bereit, dafür zu bezahlen, bis sie den ROI besser verstehen." Lazar geht davon aus, dass Copilot und Duet in den nächsten sechs bis 12 Monaten nur in begrenztem Umfang eingesetzt werden, da die Unternehmen erst einmal testen müssen, ob sie tatsächlich einen ROI erzielen.

Wie wird sich das alles entwickeln?

Vorerst müssen die Kunden der größten Office-App-Suiten auch damit rechnen, einen Aufpreis für diese Dienste zu zahlen. "Ich gehe davon aus, dass GenAI-Funktionen in den nächsten ein bis zwei Jahren, vielleicht auch länger, ein Add-on für die großen Produktivitätssuiten bleiben werden", prophezeit Jack Gold, Chefanalyst von J. Gold Associates.

Das schützt Anbieter wie Microsoft und Google vor hohen laufenden Kosten und sorgt dafür, dass in den ersten Monaten der Verfügbarkeit eine überschaubare Anzahl von Kunden auf die Services zugreift. Ein relativ begrenztes Publikum, das die Funktionen jedoch gut nutzt, ermögliche es ihnen, die Qualität des Programms zu verbessern, erklärt Gold. Gartner-Kollege Roth schätzt außerdem, dass die Gebühren mindestens für die nächsten sechs Monate, vielleicht sogar für ein Jahr, stabil bleiben werden, bevor sie zu fallen beginnen, weil die zugrundeliegenden Technologien - insbesondere die High-End-Chips, die für den Betrieb von LLMs verwendet werden - billiger und effizienter werden.

Auf längere Sicht ist es wahrscheinlich, dass GenAI für jede Produktivitäts- oder Kollaborationssoftware zum Standard wird. Gold schätzt, dass generative KI in etwa drei Jahren eine "integrierte Funktion" in den meisten Produktivitätspaketen sein wird, die von den Nutzern als Standardfunktionalität und nicht als optionales Add-on angesehen wird.

Um kurzfristig zu evaluieren, inwieweit der Einsatz von GenAI die Produktivität steigert, müssen Unternehmen keine großen Investitionen tätigen. "Es gibt andere Möglichkeiten", erklärt Gold, etwa, indem man im Edge-Browser auf eine Version von Microsofts Copilot zugreift. Im Gegensatz zum Microsoft 365 Copilot sei der Copilot in Edge zwar nicht vollständig in die Microsoft 365 Apps wie Word und PowerPoint integriert, biete aber dennoch nützliche generative Funktionen, so der Analyst. "Man kann ihm etwa Text geben und ihm sagen, er soll ihn zusammenfassen oder in Aufzählungszeichen umwandeln, den Tonfall ändern oder was auch immer und ihn dann wieder einfügen."

Es gibt auch KI-Schreibassistenten, die einige GenAI-Funktionen kostenlos zur Verfügung stellen, aber Unternehmen sollten immer darauf achten, wo ihre Daten gespeichert und verarbeitet werden. "Es gibt Möglichkeiten, die Bezahlschranke zu umgehen, vor allem, wenn man nur Gelegenheitsnutzer ist", so Roth. "In vielen Fällen muss man sich nicht für die in der Produktivitätssuite integrierte GenAI entscheiden." (mb)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der US-Schwesterpublikation Computerworld.