RIP Vine, Nexus & Co.

Friedhof der Technologien

06.01.2017 von Jared Newman und Florian Maier
Die Liste der obsolet gewordenen Technologien ist im Jahr 2016 um einige Einträge gewachsen. Wir zeigen Ihnen, welche Hardware, Software und Services das letzte Jahr nicht überlebt haben.

Das Jahr 2016 war in vielerlei Hinsicht eine ziemlich traurige Angelegenheit. Darüber hinaus wurden auch wieder zahlreiche ambitionierte Tech-Projekte und -Produkte terminiert. Wir haben einige der letztjährig verblichenen Technologien für Sie zusammengetragen. Diese dürfen Sie sich zunächst in einer Bildergalerie zu Gemüte führen:

Friedhof der Technologie 2016
Pebble
Samsung Galaxy Note 7
Smartphones von Blackberry
Vine
Sunrise Calendar
Facebook Paper
Nexus Smartphones
Firefox OS
Intel Atom für Smartphones
Apple Thunderbolt Monitore
Project Ara
Microsoft Band
Project Astoria
Picasa
Samsung Millk Music

Pebble

Nachdem das Unternehmen im Jahr 2013 die Smartwatch-Ära einläutet, übersteht es den Zusammenbruch des Wearable-Hypes nicht. Denn wie bei jedem anderen Hersteller - mit Ausnahme von Apple - brechen auch die Verkaufszahlen von Pebble ein.

Der Mangel an Venture-Kapital tut sein Übriges: Im Dezember 2016 kauft Fitbit die Software und das übrige geistige Eigentum von Pebble auf. Danach wird die User-Basis vor den Kopf gestoßen, die geplante Pebble Time 2 und die Pebble Core-Hardware ersatzlos gestrichen. Ein trauriges Ende für einen echten Tech-Underdog.

Samsung Galaxy Note 7

Hardware stirbt normalerweise einen langsamen und natürlichen Tod, weil stets für neueren, besseren Nachschub gesorgt ist. Samsungs Phablet Galaxy Note 7 bildet hierbei eine Ausnahme. Das ist dem Umstand zu verdanken, dass einige Geräte ganz spontan Feuer fangen. Oder gleich explodieren.

Auch ein Rückruf nutzt nichts - das Problem besteht weiterhin. Samsung bleibt deshalb nichts anderes übrig, als die Produktion des neuen Flaggschiffs komplett einzustellen. Unter diesem Fiasko leiden jedoch nicht nur Gewinn und Aktienkurs der Koreaner: Das bei den Kunden eingebüßte Vertrauen dürfte noch viel schwerer wiegen. Ob jemals wieder ein Note-Phablet auf den Markt kommt, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.

Smartphones von Blackberry

Wenn Sie in Zukunft ein Blackberry-Smartphone erspähen sollten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es von einem Dritthersteller stammt. Denn die kanadische Kultmarke hat im September 2016 angekündigt, künftig keine eigene Hardware mehr entwickeln zu wollen. Stattdessen will man seinen Fokus künftig auf Software legen.

Blackberry-Telefone sollen in Zukunft lediglich in Lizenz von Drittherstellern produziert werden. Das jüngste Beispiel hierfür ist das DTEK50, bei dem es sich im Grunde um ein modifiziertes Alcatel Idol 4 handelt. Ebenfalls unklar ist, ob wir jemals wieder ein Blackberry-Phone mit mechanischer Tastatur sehen werden.

Vine

Twitters Videodienst hat schon vor 2016 mit zahlreichen Problemen zu kämpfen: Management-Probleme, Strategiewechsel und eine eher schwammige Vision begleiten den Service von Beginn (2013) an. Im Oktober 2016 folgt dann die Ankündigung von Vine, sämtliche mobilen Apps abzuschalten. Existierende Videos bleiben zwar vorerst erhalten, aber Vine geht mit ziemlicher Sicherheit seinem endgültigen Ende entgegen. Daran ändern auch die Gerüchte um eine Übernahme, beziehungsweise einen Verkauf nichts.

Sunrise Calendar

Die einst populäre Kalender-App Sunrise Calendar kann Millionen Nutzer begeistern. Dann kauft Microsoft das Unternehmen im Jahr 2015. Statt die App weiterlaufen zu lassen, entschließen sich die Redmonder dazu, die Features in ihre Outlook-Apps für iOS und Android zu integrieren.

Dadurch wird Outlook zwar ein bisschen mehr "Sunrise", allerdings ohne die exzessive App-Integration des Originals. Ein Problem haben außerdem all jene Nutzer, die ihre Email- und Kalender-Apps gerne getrennt halten.

Facebook Paper

Mit der Paper-App will Facebook dem News Feed einen neuen, cleanen Look verpassen. Doch nicht nur optisch soll die App überzeugen: Videos mit Auto-Play und Sponsored Posts werden in Paper ausgeblendet. Zwar geben einige Kollegen und Experten Paper dem Vorzug vor der "ordinären" Facebook-Applikation, doch die App wird von den Massen ignoriert.

Es kommt was kommen muss: Zuerst bleiben die Updates aus, dann stellt Facebook die App komplett ein. Immerhin: Paper hat die Entstehung des Instant-Articles-Konzepts befeuert. Darüber hinaus steht das Grafik-Framework inzwischen für Entwickler zur freien Verfügung.

Google Nexus Smartphones

Vor einigen Monaten hat Google sein neues Flaggschiff-Smartphone, das Pixel, vorgestellt. Das soll mit neuem Markennamen, High-End-Spezifikationen und Premium-Preisgefüge Apples iPhone das Wasser abgraben. Für Android-Enthusiasten eigentlich eine gute Nachricht.

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Doch mit dem Aufstieg der Pixel-Familie kommt auch das Aus für die Nexus-Modellreihe, die in den Jahren zuvor eine solide Android-Erfahrung zu moderaten Preisen bieten. Damit ist es nun vorbei, denn Nexus-Geräte wird es künftig nicht mehr geben. Immerhin ist der Hardware-Support für die nächsten Jahre gesichert. Und wer sich jetzt ein Nexus-Smartphone holt, kann mit Sicherheit ein Schnäppchen ergattern.

Firefox OS

Bereits 2015 kommt für Mozillas Firefox OS auf Smartphones das Aus. Allerdings wird das Betriebssystem zunächst weiterentwickelt. Dabei hat man in erster Linie Smart TVs (unter anderem von Panasonic), aber auch Tablets, Router und All-in-One-PCs im Auge.

Im September 2016 gibt Mozilla sich schließlich geschlagen und begräbt sein OS-Projekt vollständig. Bei aller Trauer um das Nischen-OS gibt es aber auch eine gute Nachricht: Durch die freigewordenen Ressourcen könnte die für 2017 angekündigte, neue Firefox Engine tatsächlich ein großer Wurf werden.

Intel Atom für Smartphones

Nachdem Intel die Smartphone-Revolution verpennt, merkt der Halbleiter-Konzern 2016, dass man den verlorenen Boden nicht mehr gut machen kann. Also nimmt man von dem Plan Abstand, Atom-Prozessoren für Smartphones zu produzieren und legt seinen Fokus stattdessen auf IoT-Devices wie Drohnen, autonome Autos und Augmented-Reality-Headsets.

Apple Thunderbolt-Monitore

Weil sich Apple künftig mehr auf Geräte mit integrierten Screens konzentrieren möchte, steigt man 2016 aus dem Geschäft mit Standalone-Monitoren aus: Im Juni wird das 2011 eingeführte Thunderbolt-Display eingestellt. Apple empfiehlt den Kunden seitdem, auf externe Monitore von LG zu setzen. So verkauft Apple zum ersten Mal seit den 1980er Jahren keine eigenen Monitore mehr.

Zahlreiche Technologien und Produkte wurden auch im Jahr 2016 zu Grabe getragen.
Foto: Jaroslaw Grudzinski - shutterstock.com

Project Ara

Googles Idee vom modularen Smartphone wird 2016 ebenfalls begraben. Nach etlichen Verschiebungen und Änderungen am Design wird das ehrgeizige Projekt verabschiedet. Das modulare Design sollte den einfachen Austausch verschiedener Komponenten ermöglichen und damit sowohl den Kunden Geld sparen, als auch der Umwelt zu Gute kommen. Vielleicht findet sich ja doch noch ein Drittanbieter, der sich traut, die Technologie zu lizensieren.

Microsoft Band

Microsofts Fitness-Tracker überzeugt bei seinem Erscheinen 2014 mit minimalistischem Design und einem Farb-Touchscreen. Leider wird das das Dasein des Band jedoch von mangelndem App-Support und unkultivierter Software getrübt. Nachdem 2015 die überarbeitete, zweite Version erscheint, bleibt es 2016 still.

Microsofts offizielle Aussage zum Thema lässt erahnen, dass das Band bereits gestorben ist: "Wir werden weiterhin in die Microsoft Health-Plattform investieren". Neue Hardware ist im Bereich der Fitness Tracker von Microsoft erst einmal nicht zu erwarten.

Project Astoria

Um die berüchtigte "App Gap" zwischen Windows und anderen Plattformen zu schließen, ruft Microsoft dieses Projekt ins Leben. Es soll Android-Entwicklern dabei helfen, ihre Apps ohne viel Aufwand auf die Universal Windows Platform zu migrieren. Ende Februar 2016 kommt schließlich das Aus für Project Astoria. Offiziell heißt es, das Konzept sei für Entwickler zu verwirrend, allerdings entstehen auch Gerüchte, dass das Projekt wegen komplexer, rechtlicher Hürden eingestampft wurde. Jedenfalls ermutigt Microsoft inzwischen die Entwickler, die Tools zu verwenden, die man durch die Akquise der Xamarin-Entwicklungsplattform erstanden hat.

Diese Produkte hat Microsoft 2016 eingestellt
Project Astoria
Sunrise Kalendar-App
Internet Explorer 8
Microsoft Lumia 640
Skype Qik
Projekt Spark
Microsoft Earn
Internet Explorer 8, 9 und 10
Windows Server Essentials 2012

Picasa

Dass Picasa bis ins Jahr 2016 überlebt hat, ist schon ein bisschen erstaunlich. Das Bildbearbeitungsprogramm wird 2002 gelauncht und nur zwei Jahre später von Google aufgekauft. Größere Updates gibt es schon seit einigen Jahren nicht mehr - 2013 verdichten sich die Hinweise, dass Picasa durch Google+ Photos ersetzt wird. Nichtsdestotrotz hält sich Picasa über Wasser - bis Google sich schließlich 2016 endgültig dazu entschließt, alle Ressourcen in den neuen Google Photo-Service zu stecken. Picasa-User können zwar immer noch mit der Desktop-App Bilder bearbeiten, aber die Entwicklung steht still.

Samsung Milk Music

Im Jahr 2014 versucht Samsung sich mit seinem Streaming-Dienst Milk Music etwas unabhängiger von Google zu machen. In Deutschland kommt Milk Music niemals an, aber auch in den USA sind die Nutzer nicht an einem Musik-Streaming-Service interessiert, der Hardware von Samsung voraussetzt. Im August 2016 gehen schließlich die Lichter aus. Milk Music reiht sich damit in eine lange Liste von Samsung-Service-Fails (Milk Video, Video Hub, Media Hub) ein.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer US-Schwesterpublikation pcworld.com.

Tech-Stories des Jahres 2016
Triumph für Trump und die Fake-News
Donald Trump bereitet der IT-Branche in mehrerlei Hinsicht Unbehagen. Sie sorgt aber auch dafür, dass uns wieder einmal bewusst wird, welche Gefahren im Netz lauern: Gezielt gestreute Fehlinformationen sorgen für eine weltumspannende Debatte über die Rolle der sozialen Medien bei der öffentlichen Meinungsbildung und darüber, ob und wie Facebook, Google, Twitter und Co. gegen solche Fake-News vorgehen sollten.
Botnet sabotiert IoT-Sicherheit
Das Internet of Things (IoT) verspricht nicht weniger als die nächste industrielle Revolution. Darüber hinaus wird das Internet der Dinge auch dazu genutzt werden, alle Arten von vernetzten Services zu erweitern. Spätestens seitdem das Mirai-Botnetz die Schlagzeilen weltweit erobert, repräsentiert das Kürzel IoT aber auch ein weltumspannendes Sicherheitsrisiko.
Halbleiter-Konsolidierung
Übernahmen zeigen häufig, in welche Richtung sich die Technologien entwickeln. Im Oktober dieses Jahres wird ein 38-Milliarden-Dollar-Deal zwischen dem US-Halbleiterriesen Qualcomm und seinem europäischen Konkurrenten NXP Semiconductors bekannt, der einen Wegweiser für die Halbleiterindustrie darstellt. Diese Branche konsolidiert sich immer mehr um das Internet of Things herum.
Goodbye PC-Welt
Dass wir in einer „Post-PC-Welt“ leben, verdeutlicht im April 2016 die Ankündigung von Intel, rund elf Prozent seiner Belegschaft weltweit zu entlassen. Das begründet der Konzern unter anderem mit dem weiterhin schwächelnden PC-Markt.
Hologramme für den Mainstream
Für die Virtual- und Augmented-Reality-Technologie ist der diesjährige Marktstart von Microsofts Hololens ein Meilenstein. Seit Oktober ist Hololens auch auf dem deutschen Markt erhältlich – in einer Entwickler- und einer Consumer-Variante.
Cyberspionage - The next level
Die Nachricht, dass Hacker – vermutlich russischer Herkunft – sich in das Netzwerk des Democratic National Committee (DNC) gehackt haben, sorgt im Juni 2016 für eine weltweite Welle der Empörung. Von WikiLeaks veröffentlichte E-Mails sorgen für weiteres Chaos in der Demokratischen Partei, verursachen Rücktritte und liefern den Gegnern von Hillary Clinton neues „Futter“.
Phablet of Fire
Als Samsung im August sein neues, stylishes Phablet Galaxy Note 7 präsentiert, fallen erste Urteile der Fachpresse durchweg positiv aus. Dann allerdings wird die Sache im wahrsten Sinne des Wortes heiß: Immer häufiger berichten Nutzer von Überhitzungs-Problemen. Leider bleibt es aber nicht bei heißen Hosentaschen: Einige Phablets sorgen für ausgewachsene Feuer und Explosionen.
Die Sorge um die menschliche Dominanz
Im März 2016 bringt Googles KI „AlphaGo“ den 18-maligen Go-Weltmeister Lee Se-dol eine vernichtende Niederlage bei. Die Fähigkeit der Software, „aus Erfahrungen zu lernen“ ist eine Erklärung für die unerwarteten und alles andere als menschlichen Züge der Google KI. Es ist das größte „Mensch gegen Maschine“-Event seit IBMs Deep Blue im Jahr 1997 Schach-Weltmeister Garry Kasparov zur Räson bringt.
Der Klinkenbuchsen-Albtraum
Als Apple im September ankündigt, das iPhone 7 ohne die gute alte 3,5mm-Klinkenbuchse bringen zu wollen, um endlich den Übergang ins Wireless-Zeitalter zu schaffen, sind Apple-Enthusiasten auf der ganzen Welt außer Rand und Band. Und als ob das noch nicht genug wäre, kommt dann auch noch das neue Macbook Pro ohne Standard-USB-Ports.
Apple kontra FBI
Im Februar 2016 ordnet ein Richter in Kalifornien an, dass Apple dem FBI bei der Entsperrung eines iPhone 5C helfen muss. Das Brisante daran: Das iPhone gehört einem Terroristen, der im Dezember 2015 gemeinsam mit seiner Ehefrau im US-amerikanischen San Bernardino 14 Menschen tötet und 21 weitere verletzt. Die richterliche Anordnung setzt eine langwierige Debatte über Verschlüsselung und darüber in Gang, ob Tech-Unternehmen dazu verpflichtet sind, Regierungsbehörden bei der Entschlüsselung von Endgeräten zu unterstützen.