Benutzerfreundlichkeit entscheidend

Digitalisierung steht und fällt mit Mitarbeitern

06.09.2016 von Martin Böker
Unternehmen, die sich dem digitalen Wandel verschließen, könnten ihre besten Zeiten hinter sich haben. Trotzdem sollte bei aller Digitalisierungseuphorie eines nicht vergessen werden: Zum Erfolg machen diese Jahrhundertumstellung nicht Sensoren oder Algorithmen, sondern die eigenen Mitarbeiter. Ein Plädoyer für mehr Benutzerfreundlichkeit in der Unternehmens-IT.

Die Digitalisierung treibt uns alle um, egal in welchen Branchen wir zuhause sind oder womit wir im Moment (noch) den größten Umsatz erzielen. Wir wissen: Wir müssen schneller, flexibler, agiler werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Geschäftsmodelle verändern sich rasant, ganze Gewerbe brechen weg. Und mit dem Internet der Dinge tut sich eine Welt aus komplexen Netzwerken vor uns auf, in der smarte Geräte mit anderen smarten Geräten kommunizieren, um Prozesse noch effizienter und uns das Leben leichter zu machen.

Der Erfolg einer Digitalisierungsstrategie steht und fällt mit den Mitarbeitern.
Foto: Andrey_Popov - shutterstock.com

Unternehmen werden von allen Seiten mit Nachdruck dazu aufgefordert, sich zu „digitalisieren“. Trotz aller Diskussion darüber ist der Begriff für viele Entscheider aber nach wie vor abstrakt. Sie haben das Gefühl: Die Digitalisierung ist ein Zug, der gerade schon dabei ist, aus dem Bahnhof zu rollen. Wenn wir ihn nicht noch erwischen, bleiben wir zurück.

Das Bild vom „Zug der Digitalisierung, der bald abfährt“ wird gerne verwendet. Es drückt die Dringlichkeit aus, die dem Thema anhaftet. Aber es unterschlägt einen ganz wesentlichen Aspekt des digitalen Wandels: Er ist kein Zug, auf den man aufspringen kann – er muss gelebt, kommuniziert und begleitet werden. Er muss in konkrete Entscheidungen, Prozesse und Veränderungen übersetzt werden. In vielen Unternehmen, deren Wurzeln weit vor die digitale Ära zurückreichen, bedeutet das nicht weniger als einen Kulturwandel. Und der steht und fällt nicht mit der neuesten Software oder dem stärksten Algorithmus, sondern mit den eigenen Mitarbeitern. Sie müssen den Wandel tagtäglich leben und dazu befähigt werden, ihn umzusetzen, ohne sich verbiegen zu müssen. Der Schlüssel dafür sind benutzerfreundliche Technologien.

Der Consumer-Bereich als Inspirationsquelle

Natürlich spielt die richtige Technik eine entscheidende Rolle, wenn es um die Digitalisierung geht. Moderne Technologien und das Internet machen den digitalen Wandel ja erst möglich. Aber letztlich sind sie Mittel zum Zweck. Wer die Veränderung nicht von den Mitarbeitern her denkt, sondern sich an abstrakten Modellen orientiert, läuft Gefahr, an ihnen „vorbei zu digitalisieren“. Das geht meist zu Lasten der Akzeptanz neuer Lösungen und Prozesse. Wenn Unternehmen Investitionen in neue Technologien tätigen, um ihr Geschäft fit für das digitale Zeitalter zu machen, ist also entscheidend, dass sie Benutzerfreundlichkeit dabei zum Credo machen.

Digitalisierung: 8 Tipps für das Change Management und den Rollout
Wie Sie Mitarbeiter für die digitale Transformation begeistern
Die Analysten von IDC geben Tipps, wie die Digtialisierungsstrategie von CDO und CIO in kurz-, mittel- und langfristigen Schritten geplant werden sollte. Der Fokus richtet sich dabei auf den Faktor Mensch, denn nur mit motivierten Mitarbeitern wird die digitale Transformation ein Erfolg.
Tipp 1: Prozesse überprüfen
Schritt 1 - kurzfristige Maßnahmen: Durchleuchten Sie die aktuellen Digitalisierungsinitiativen. In welchem Maß erfordern diese Projekte Veränderungen an den organisatorischen Abläufen, den Arbeitsprozessen und der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen?
Tipp 2: Bedenken der Mitarbeiter sondieren
Schritt 2 - kurzfristige Maßnahmen: Besprechen Sie gemeinsam mit den Abteilungsleitern, welche Bedenken die Mitarbeiter hinsichtlich der Veränderungen haben könnten.
Tipp 3: Sorgen der Mitarbeiter adressieren
Schritt 3 - kurzfristige Maßnahmen: Überlegen Sie, wie die möglichen Sorgen der Mitarbeiter hinsichtlich der Veränderungen durch Kommunikationsmaßnahmen angesprochen werden können.
Tipp 4: Fokusgruppen bilden
Schritt 1 - mittelfristige Maßnahmen: Führen Sie für künftige Digitalisierungsinitiativen, die organisatorische Veränderungen zur Folge haben, Fokusgruppen oder Interviews mit Mitarbeitern ein, um deren Bedenken kennenzulernen.
Tipp 5: Kommunikationsstratiegie ausarbeiten
Schritt 2 - mittelfristige Maßnahmen: Prüfen Sie die Möglichkeiten, wie die interne Kommunikation für künftige Rollouts eine Kommunikationsstrategie gestalten kann, um diese Bedenken zu adressieren.
Tipp 6: Mitarbeiter motivieren
Schritt 3 - mittelfristige Maßnahmen: Überlegen Sie, wie Sie durch die Einbindung der Mitarbeiter in den Planungsprozess deren Engagement im Vorfeld des Rollouts gewinnen können.
Tipp 7: Mitarbeiter schulen
Schritt 1 - langfristige Maßnahmen (12 bis 24 Monate): Bauen Sie ein gutes Verhältnis zur internen Kommunikation und zur Personalabteilung auf. Prüfen Sie die Möglichkeiten, wie diese Abteilungen mit Kommunikation und Mitarbeitertraining die menschliche Komponente der digitalen Transformation flankieren können.
Tipp 8: Budget prüfen
Schritt 2 - langfristige Maßnahmen: Identifizieren Sie mögliche Auswirkungen dieser menschlichen Komponente innerhalb der digitalen Transformation auf das Budget. Suchen Sie Unterstützung bei der Rechtfertigung zusätzlicher Mittel, um die Akzeptanz der Mitarbeiter im Rahmen eines Digitalisierungsprojekts effektiv sicherzustellen.

Hier können Unternehmen viel aus dem Consumer- oder B2C-Bereich lernen. Aus langjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Geräten für den Endkunden wissen wir, dass Technik, die von Menschen genutzt werden soll, vor allem einfach und nützlich sein muss. Komplizierte, wenig intuitive Lösungen akzeptiert der Kunde nicht. Warum sollte es im Unternehmensumfeld anders sein? Nur weil Menschen dann den Hut „Mitarbeiter“ aufhaben, haben sie nicht plötzlich weniger hohe Ansprüche oder andere Gewohnheiten.

Nehmen wir das Beispiel Mobilität:In Unternehmen wird mobiles Arbeiten immer wichtiger, denn es ermöglicht die Flexibilität, die sich Mitarbeiter schon lange wünschen und verstärkt einfordern. Klassische Zeitmodelle und standortgebundenes Arbeiten werden mittlerweile auch in Unternehmen traditionellerer Branchen durch kollaborative Ansätze und flexiblere Arrangements abgelöst.

Die Grundlage dafür sind mobile Geräte, die standortunabhängigen Zugriff auf die Unternehmens-IT ermöglichen. Da heute so gut wie jeder Deutsche über mindestens ein mobiles Endgerät verfügt, liegt es nahe, Mitarbeitern zu ermöglichen, ihre privaten Geräte auch für die Kommunikation im Arbeitsalltag zu verwenden. Modelle wie BYOD („Bring Your Own Device“) erfreuen sich entsprechend immer größere Beliebtheit. Damit man damit nicht Cyberkriminellen Tür und Tor öffnet, ist es jedoch gerade beim Gebrauch privater Geräte im Unternehmensumfeld wichtig, diese zuverlässig abzusichern. Das geht nur mit Lösungen, die benutzerfreundlich konzipiert sind und mit denen Smartphone oder Tablet wie gewohnt intuitiv bedienbar bleiben. Andernfalls werden sie umgangen oder ignoriert.

Nutzung folgt aus Benutzerfreundlichkeit

Dieses Prinzip kann man auf alle Unternehmensbereiche anwenden, in denen Mitarbeiter neue Technologien einsetzen sollen. Eine Bahn-Mitarbeiterin, die auf ihrem Gang durch die Wagons ab sofort ein Tablet benutzen soll, weil es ihre Arbeitsabläufe effizienter organisiert und ihr jederzeit Zugriff auf aktuelle Reiseinformationen ermöglicht, sollte das Geräte idealerweise kinderleicht bedienen können und, ja, auch optisch ansprechend finden. Schließlich steht sie damit jeden Tag vor Hunderten von Fahrgästen.

Auch gutes Design hat mit Benutzerfreundlichkeit zu tun – gerade im Unternehmensbereich. Viele Unternehmen setzen auf digitale Technologien, um die Zusammenarbeit innerhalb ihrer Teams effizienter, kollaborativer und produktiver zu gestalten. Digitale Whiteboards und andere Präsentationsinstrumente mit Touchscreen-Technologie finden sich in immer mehr Konferenzräumen. Aber auch hier gilt: Wenn diese nicht mühelos zu bedienen sind, werden die Bildschirme schwarz bleiben. Aus dem täglichen Umgang mit ihren eigenen privaten Endgeräten sind Mitarbeiter mittlerweile einfach zu sehr an reibungslose Bedienbarkeit gewöhnt.

B2C und B2B nicht mehr getrennt denken

Wie also können Unternehmen ihre Mitarbeiter stärker ins Zentrum des Digitalisierungsprojektes stellen? Drei Dinge können bereits einen Unterschied machen: Erstens sollten Geräte für den Endkunden und digitale Technologien für den Gebrauch in Unternehmen nicht mehr strikt getrennt gedacht werden. Die Consumer-Technik kann Unternehmen als Inspiration dafür dienen, was funktioniert und gerne genutzt wird.

Zweitens kann es hilfreich sein, diejenigen Mitarbeiter eng in den Veränderungsprozess einzubinden, die den digitalen Wandel im Kleinen bereits leben und insbesondere den weniger technikaffinen Mitarbeitern später als Orientierung dienen und ihnen den Übergang erleichtern können.

Und schließlich sollte bei der Umsetzung neuer Lösungen auch gefragt werden, ob der Technologieanbieter verstanden hat, dass die beste Technologie nur so gut ist wie ihre Akzeptanzquote unter den Mitarbeitern. Ein guter Partner versteht es, die Erwartungen der Anwender in funktionale Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen zu übersetzen – dabei hilft es, wenn er Erfahrung sowohl im Endkunden-, als auch im Unternehmensgeschäft hat. Unternehmen erwarten sich zu Recht viel von der digitalen Transformation und dem Einsatz intelligenter Geräte. Sie sollten jedoch nicht vergessen, dass ohne ihre Mitarbeiter keine Digitalisierung zu machen ist; mit ihnen an Bord wird der digitale Wandel hingegen mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Erfolgsprojekt. (haf)