Relationale OLTP-Datenbankmanagement-Systeme

Die Datenbank als Rückgrat

02.02.2015 von Thomas Mendel
Aktuell hat der weltweite Markt für relationale OLTP (Relationale Online Transaction Processing)-Datenbankmanagementsysteme im Mid-Market-Bereich – also OLTP-DBMS-Produkte für größere mittelständische Unternehmen – ein Volumen von rund 6 Milliarden Euro

Dabei handelt es sich um Umsätze mit Softwarelizenzen, Wartung und produktbezogenen Dienstleistungen. Auf den ersten Blick mag es überraschen, dass dieser vermeintlich stabile Markt weltweit noch jährliche Wachstumsraten von 10 Prozent aufweist. Die Zahlen machen deutlich: Auch wenn die Berichterstattung in den Medien in puncto Datenbanken derzeit durch Hype-Themen wie NoSQL, Big Data und Analytics bestimmt wird, ist das Interesse der Anwenderunternehmen an relationalen OLTP-DBMS-Produkten ungebrochen. Der Grund dafür ist einfach: Für die meisten Unternehmen ist diese Technologie von vitaler Bedeutung, weil sie das Rückgrat ihrer geschäftskritischen Anwendungen bildet.

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Weltweite Umfrage unter 740 IT-Verantwortlichen

Das unabhängige Research- und Consulting-Unternehmen Research In Action hat daher in einer weltweiten Studie einen Marktüberblick in Gestalt einer Vendor Selection Matrix erstellt. Dabei wurden nicht alle aktiven Anbieter evaluiert, sondern nur die wichtigsten Wettbewerber, die im untersuchten Marktsegment präsent sind und deren Systeme einen bestimmten Bereich funktionaler Anforderungen abdecken.

Start-ups mit nur sehr wenigen Referenzkunden fanden in diese Betrachtung ebenso wenig Eingang wie Anbieter, deren Produkte primär für den Enterprise-Markt positioniert sind oder deren Lösungen die Anforderungen nicht abdeckten. Bestimmend für die endgültige Auswahl der untersuchten Anbieter waren dann Kriterien wie Marktpräsenz und Wachstum, bewiesene Innovationsfähigkeit, Bekanntheit im Markt und - last but not least - Kundenfeedback. Im Rahmen einer internationalen Umfrage wurde die Einschätzung von 740 IT-Verantwortlichen aus großen mittelständischen Unternehmen auf der ganzen Welt abgefragt. Die Stichprobe umfasste Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 10 Millionen und 1 Milliarde US-Dollar.

Die zehn bedeutendsten Anbieter

Am Ende fanden die folgenden zehn relationalen OLTP Mid-Market DBMS-Produkte Eingang in die globale Marktstudie (in alphabetischer Reihenfolge):

Zwei Bewertungsdimensionen: "Business Case" und "Operation"

Diese zehn Produkte wurden im Rahmen der Studie anhand zweier übergreifender Bewertungsdimensionen evaluiert: "Business Case" und "Operation". Jede dieser beiden Dimensionen ist wiederum in fünf Detailkriterien gegliedert. Die Beurteilung für jedes Kriterium erfolgte jeweils auf einer Skala von 1 (niedrigster Wert) bis 5 (bester Wert). Die Detailkriterien wurden dabei gemäß ihrer Relevanz gewichtet.

Die Detailkriterien in der Dimension "Business Case" waren:

Die Detailkriterien in der Dimension "Operation" waren:

Die Top 5

Bildet man jeweils die Summe aus den Punktzahlen in den Dimensionen Business Case und Operation, ergibt sich ein Gesamtranking der bewerteten Produkte. Im Folgenden die Liste der Top 5 der Mid-Market OLTP-DBMS. Auffällig ist, dass es ein eng beieinander liegendes Spitzentrio gibt, das sich im Ranking vom Feld der Verfolger ein wenig abgesetzt hat. Jeder dieser drei Anbieter erreicht in beiden Bewertungsdimensionen jeweils deutlich über vier Punkte.

1. MS SQL Server (BC 4,55; O 4,58; gesamt 9,13)

2. Progress (BC 4,35; O 4,57; gesamt 8,92)

3. SAP MaxDB (BC 4,25; O 4,36; gesamt 8,61)

4. IBM Informix (BC 3,55; O 3,94; gesamt 7,49)

5. Oracle MySQL (BC 4,00; O 3,23; gesamt 7,23)

Der Marktführer liegt auch im Ranking vorn

Das System mit dem größten Marktanteil und hohem Wachstum, Microsoft SQL Server, entscheidet auch das Gesamtranking für sich. Die Microsoft-Lösung überzeugt nicht zuletzt durch hohe Kundenzufriedenheit - die Anwender gaben jeweils fünf Punkte für Support-Qualität und Customer Satisfaction. Aber der Marktführer punktet ebenso durch große Anstrengungen zur Weiterentwicklung seiner Produktfunktionalität, bei zugleich relativ günstigem Preis. Nicht zuletzt komplettieren zahlreiche Partner das Eco-System rund um SQL Server, dessen einziges Handicap offenbar die Beschränkung auf die Windows-Plattform ist.

Progress heißt noch immer Fortschritt

Auch der Zweite im Ranking, Progress, kann auf eine lange Geschichte mit hoher Kundenzufriedenheit verweisen und erhält dort sowie beim Kriterium Supportqualität die maximale Punktzahl. Auch für das Preis-Leistungs-Verhältnis gaben die befragten IT-Verantwortlichen volle fünf Punkte, der Return-on-Investment ist anscheinend sehr gut. Dies ist wohl auch eine Folge des besonderen Fokus von Progress auf den Bedarf mittelgroßer Unternehmen. Verantwortlich für die gute Bewertung ist zudem eine starke Position von Progress im Embedded-Markt mit vielen Partnern.

Die deutsche SAP MaxDB kommt aufs Treppchen

Auf den ersten Blick mag es überraschen: Das deutsche Angebot SAP MaxDB sichert sich die drittbeste Bewertung - mit klarem Vorsprung vor dem vierten Rang. Trotz der bewegten Geschichte des Produkts mit zahlreichen Eigentümer- und Strategiewechseln macht sich hier die große Community zufriedener Anwender bemerkbar. Günstige Lizenzkosten, die Vielfalt unterstützter Plattformen, Robustheit und einfache Administration sorgen dafür, dass sich die seit langem am Markt befindliche Lösung nach wie vor großer Beliebtheit erfreut.

Hinzu kommt das Gütesiegel "Made in Germany", das in Zeiten zunehmender Compliance-Anforderungen gegenüber Software US-amerikanischen Ursprungs anscheinend an Bedeutung gewinnt. SAP MaxDB ist seit anderthalb Jahrzehnten ein etabliertes Arbeitspferd für die Anwendungslösungen der SAP Suite und weist trotz hinzugekommener hausinterner Konkurrenz nach wie vor steigende Installationszahlen auf. Ungeachtet des aktuellen Fokus auf die In-Memory-Lösung SAP HANA wird MaxDB aufgrund der Wartungspolitik von SAP auf unbestimmte Zeit weiter gepflegt werden. Im wichtigsten Detailkriterium überflügelte MaxDB sogar alle anderen Konkurrenten: 4,6 Punkte für Features und Funktionalität markieren den klaren Spitzenwert in dieser Marktstudie.

Oracle MySQL schwächelt

Seit dem Kauf durch Oracle hat MySQL an allen Fronten zu kämpfen. Unzufriedene Kunden und hohe Kosten machen der einst beliebten Open-Source-Lösung zu schaffen: viele Anwender sehen sich bereits nach Alternativen um. In der Studie sind es MySQL und das Gesamtranking-Schlusslicht Ingres, die mit jeweils nur zwei Punkten das schlechteste Umfrageresultat im Detailkriterium Kundenzufriedenheit eingefahren haben. Von der heutigen Unzufriedenheit mit MySQL profitieren könnten die "echten" Open-Source-Produkte oder auch die kostenlose "Community Edition" von MaxDB, die SAP zur freien, uneingeschränkten Verwendung außerhalb der SAP-Welt bereitstellt.

Bald aus den Top 5 migriert?

Informix profitiert von der starken Marke IBM und verfügt noch immer über große Marktanteile. Aber die aktuellen Bemühungen, Informix-Anwender zur Migration auf andere Datenbank-Lösungen von IBM zu bewegen, sorgen für erhebliche Irritationen. Der zweitgrößte Umfang an Features und Funktionen (4,4 Punkte) sowie Bestnoten bei Support-Qualität und Zukunftssicherheit des Anbieters sichern IBM Informix zumindest aktuell noch einen Platz unter den Top 5.

Ingres und Firebird abgeschlagen

Während im Gesamtranking auf den Plätzen sieben bis acht Maria DB (7,13 Punkte), Percona (6,83) und PostgreSQL (6,62) noch relativ nah beieinander liegen, sind Firebird (5,00) und Ingres (4,92) auf den Plätzen neun und zehn schon recht deutlich abgeschlagen. Bei der Support-Qualität werden beide Produkte von den Umfrageteilnehmern mit der geringstmöglichen Punktzahl bewertet und erhalten lediglich 1 Punkt. Auch in weiteren Detailkriterien wie Risiko und Compliance (Firebird) bzw. USP und Differenzierung (Ingres) fahren die Lösungen jeweils die schlechtestmögliche Punktzahl ein.

Fazit

Auch wenn der eine oder andere spezifische Anbieter in unserem Ranking ein wenig abgerutscht ist und auch geringere Marktanteile verzeichnet als früher, so gilt für den Markt der relationalen OLTP-Datenbankmanagementsysteme im Mid-Market-Bereich insgesamt doch, dass die Änderungsrate deutlich geringer als in anderen Datenbank-Märkten ist. Die Produkte bilden unverändert die Basis für geschäftskritische Anwendungen, sind sehr robust und zum Teil schon seit Jahrzehnten am Markt. Weitere Gründe für die Marktstabilität sind eine geringe Total Cost of Ownership und auch eine fast durchweg hohe Kundenzufriedenheit. Unbeschadet der Hype-Themen wie NoSQL oder Big Data - für die allermeisten Unternehmen sind relationale OLTP-Datenbanken nach wie vor das unverzichtbare Rückgrat ihrer Business-Applikationen.