New Work – Arbeit der Zukunft?

Das Team hat die Macht

13.06.2017 von Marc Wagner und Karla Blanke
Mit der digitalen Revolution wird in Unternehmen auch der Ruf nach einer Modernisierung der Arbeitswelt immer lauter. Unter dem Motto „New Work“ ist eine Bewegung entstanden, die Führung neu definiert und kreativitätsfördernde Arbeitsbedingungen für künftig mehr selbstbestimmte Mitarbeiter fordert.
  • New Work stellt die persönliche Sinnstiftung von Arbeit sowie Schaffung optimaler Arbeitsbedingungen zur individuellen Lebenssituation ins Zentrum.
  • Klassische Führungsstrukturen lösen sich auf, weil Führung künftig als temporäre und situative Rolle angesehen wird.
  • Die Umsetzung von New-Work-Maßnahmen ist ein Kraftakt, der sich aber auszahlt.

"Wir leben in exponentiellen Zeiten" …

… so der Tenor vieler Publikationen, Buchbeiträge und Veranstaltungen, die sich mit der Auswirkung von Digitalisierung und dem nahezu unglaublichen Anstieg von Datenmengen in den letzten Jahren beschäftigen. Viele Szenarien, die wir bisher nur aus Science-Fiction-Filmen kannten - vom Terminator, über Surrogates bis hin zu Gadgets aus Raumschiff Enterprise -, scheinen in greifbarer Nähe. Und die Einsicht, dass die Digitalisierung und die daraus resultierenden, radikalen Veränderungen von Geschäftsmodellen keine Modeerscheinung darstellen, die man einfach mal aussitzen kann, macht sich mittlerweile auch in deutschen Unternehmen breit.

Das Arbeitsdenken verändert sich. Beschäftigte wollen mehr Verantwortung tragen, selbstbestimmt arbeiten und von ihren Führungskräften gefördert werden.
Foto: Photon photo - shutterstock.com

Standen bisher technische Perfektion, höchste Qualität und Effizienz im Vordergrund, so treten diese typisch deutschen Werte scheinbar immer stärker in den Hintergrund. Schnelligkeit und die Fähigkeit, den Kurs blitzschnell zu ändern, werden stattdessen überlebensnotwendig und der Ruf nach Skaleneffekten durch Größe verstummt. Vielmehr scheint es, dass Markteintrittsbarrieren im digitalen Zeitalter völlig verschwinden, intellektuelles Eigentum zum Fremdwort mutiert und ein 20jähriger Stanford-Absolvent aus der Garage seiner Eltern heraus ganze Industrien in Frage stellen beziehungsweise "disrupten" kann.

Damit einher geht ein radikaler Wandel des Arbeitsmarktes. Die Fähigkeiten, auf die uns das klassische (zumindest deutsche) Bildungssystem bisher vorbereitet hat, und das Können des Auswendiglernens machen eher Soft Skills Platz, die vor nicht allzu langer Zeit vielleicht noch als schwach und wenig bedeutend abgetan wurden. Dies bestätigt nicht zuletzt die vielfach geteilte Übersicht der Skill-Entwicklung des World Economic Forums: "Kreativität" und die Fähigkeit des "kritischen Hinterfragens" nehmen die Spitzenplätze ein und sind damit Voraussetzungen dafür, in einem Unternehmen erfolgreich sein zu können. Darüber hinaus steigt die "emotionale Intelligenz" in das Top-Ten-Ranking auf und verdrängt damit zum Beispiel die früher noch für so wichtig empfundene "Qualitätssicherung". Letztere wird bald komplett von Systemen mit künstlicher Intelligenz übernommen werden.

Skills der Zukunft
Foto: World Economic Forum 2016

An dieser Stelle stehen gerade die deutschen Unternehmen, die auf inkrementelle Verbesserung, Effizienz und Optimierung der Bottomline konditioniert sind, vor den größten Herausforderungen. Stellt sich also die Frage: Wie können wir Organisationen schaffen, die auf der einen Seite Ressourcen effizient einsetzen und auf der anderen flexibel, agil und so innovativ sind, dass sich die entwickelten Geschäftsmodelle im Zweifelsfall gegenseitig Konkurrenz machen? Frei nach dem Motto: Wettbewerb im eigenen Haus ist besser beherrschbar als draußen. Dabei geht es längst nicht mehr um Technologie oder den Einsatz der neusten Gadgets. Vielmehr dreht es sich um die Top-Talente, die sowohl die oben beschriebenen Skills als auch das mitbringen, was vielerorts als "Computational Thinking" bezeichnet wird - nämlich die Fähigkeit, in digitalen Strukturen zu denken sowie die technologischen Paradigmen zu durchdringen, zu verstehen und für das eigene Geschäft auszunutzen. Diese digitale Kreativ-Elite wird sich zukünftig noch mehr aussuchen können, welchem Arbeitgeber oder Auftragnehmer sie ihre Dienste zur Verfügung stellt, sei es in einer festen Anstellung oder viel öfter in Form von flexiblen und projektbezogenen Dienstleistungsverhältnissen. Hier drängt sich die Frage auf, welche Arbeitsbedingungen vorherrschen müssen, damit sich diese "Top-Experten" angezogen fühlen und ihre Dienste anbieten?

Die wichtigsten Kriterien der New Work

Spätestens jetzt kommt die "New-Work-" oder "Future-Work-Bewegung" ins Spiel, wo die persönliche Sinnstiftung von Arbeit sowie die Schaffung von optimalen Arbeitsbedingungen zur individuellen Lebenssituation im Zentrum stehen. Bis vor wenigen Jahren noch eine Utopie, doch dank der Digitalisierung in greifbarer Nähe. Der Grund: Nahezu grenzenlose Vernetzung, Demokratisierung von Wissen, Sharing Economy, Open Innovation, Crowd-Ansätze und Plattformen sind nur einige der Voraussetzungen und Merkmale, welche die New-Work-Gedankenwelt tragen.

Doch in vielen, insbesondere etablierten Unternehmen, stehen Fragen wie diese im Raum:

Wie drückt sich New Work im Unternehmenskontext aus?Bringt die in Teilen mühsame, weil radikale Einführung von New Work wirklich etwas?Gibt es tatsächlich nachweisbar positive Effekte?

Diese Fragen wurden im Rahmen einer Studie rund um das Thema "New Work" (mit Fokus Deutschland) von der Managementberatung Detecon International gemeinsam mit dem Institut HR Impulsgeber aufgeworfen. Die Diskussion mit der American Association of Management ergab dabei als wesentliche Eigenschaften-Cluster für erfolgreiche Unternehmen im digitalen Zeitalter folgende vier Kriterien (siehe Abbildung):

Individualität,

Führung,

Agilität,

Flexibilität.

Ergänzt werden diese Kriterien um den Faktor "Schaffung eines kreativitätsfördernden Arbeitsumfeldes" - ein ganz wesentlicher Erfolgsgarant in zahllosen New-Work-Projekten. Diese Cluster wurden dann im Rahmen weiterer Expertendiskussionen und -interviews zunehmend konkretisiert, mit Schwerpunkt auf die Gestaltung der Organisation und insbesondere auch der Beziehung zwischen Führungskräften und Mitarbeiter. Von den zwölf New-Work-Instrumenten, die den Clustern zugeordnet wurden, stellen "schnelle Entscheidungsprozesse" und "flexible Arbeitszeiten" die mit Abstand am meisten gewünschten Mittel dar.

Die klassische Führungsrolle ist out

Die Erhebung zeigt zudem, dass sich klassische Führungsstrukturen oft auflösen und Führung vielmehr als eine (temporäre) situative Rolle angesehen wird, die sich zum Beispiel je nach Projekt und Aktivitätenschwerpunkt ändern kann. Dabei treten häufig Expertenrollen an die Stelle klassischer Führungsrollen.

Im Zuge der Studie wurden die Teilnehmer befragt, wie sich die optimale Führungskraft verhalten muss, damit sie ihre Leistungsfähigkeit erhöhen, das heißt motiviert sind, im Job "ihr Bestes" zu geben? Die häufigsten drei Antworten lauteten:

Übertragung von hoher Verantwortung.Förderung der fachlichen Entwicklung.Selbstbestimmung, wie und wo Aufgaben erledigt werden.

Great Place to Work in der ITK: Was die Sieger 2017 bieten
Great Place to Work 2017: Was die Sieger bieten
Der Great-Place-to-Work-Wettbewerb prämierte zum fünften Mal 65 ITK-Arbeitgeber auf der CeBIT. 32 von Ihnen stellen sich in einem Online-Special vor.
Acando: Platz 18 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
Um die Balance zwischen beruflicher Beanspruchung und privater Ausgleichszeit zu fördern, gibt es bei Acando seit 2016 ein strukturiertes Sabbatical-Programm, mit dem die Mitarbeiter eine Auszeit von einem bis sechs Monate durchführen können, um sich abseits der Arbeit persönlichen Themen oder Projekten widmen zu können.
AGOLUTION: Platz 5 in der Größenklasse mit 10 bis 49 Mitarbeitern
Lob und Dank werden auf vielfältige Weise ausgesprochen. Besondere Leistungen werden oft mit kleinen Geschenken und Gutscheinen, aber auch mit Gehaltserhöhungen, Bonuszahlungen oder Sonderurlauben honoriert. Für ehrenamtliches Engagement erhalten Mitarbeiter zwei Tage zusätzlichen Urlaub im Jahr.
Axis Communications: Platz 24 in der Größenklasse mit 10 bis 49 Mitarbeitern
Mit dem internationalen Austauschprogramm IP@Axis können die Beschäftigten bis zu sechs Monate in einem anderen Land an einem Projekt mitarbeiten oder eine andere Aufgabe zu übernehmen. Das Programm erlaubt es, zusätzliche Verantwortung zu übernehmen und Arbeitserfahrung im internationalen Bereich zu erlangen.
BDE Software Services: Platz 10 in der Größenklasse mit 10 bis 49 Mitarbeitern
In den vergangenen Jahren unterstützte BDE zahlreiche Institutionen und Menschen: So förderte das Unternehmen den Walddörfer Sportverein, die Hockey- und Fußballabteilung des HSV, die Feuerwehr Hamburg, die Hamburger Tafel und die Deutsche Krebshilfe finanziell.
Cofinpro: Platz 3 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
Jährlich werden Jahresabschluss, Beförderungen und gemeinsame Erfolge auf dem Advents-Workshop gefeiert. Der Ort der gemeinsamen Veranstaltung, die meist im europäischen Ausland stattfindet, bleibt bis zum Abflugtermin geheim. Mit Rätseln werden die Mitarbeiter langsam an die Lösung herangeführt.
ConVista Consulting: Platz 4 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
Einige musikbegeisterte Mitarbeiter haben sich in der ConVista-Band zusammengefunden. In ihrer Freizeit treffen sie sich regelmäßig zum Proben und haben bei Weihnachts- und Karnevalsfeiern im Unternehmen die Möglichkeit, ihr Können zum Besten zu geben.
DEMIRTAG Consulting: Platz 21 in der Größenklasse mit 10 bis 49 Mitarbeitern
Gemeinsam Kochen, zusammen Frühstücken oder „Meetings“ im Pausenraum sind fester Bestandteil der Unternehmenskultur und Arbeitszeit. Es gilt das Motto, dass die Interaktion, der Austausch zu allen möglichen Themen wichtig ist und erfolgreich verhindert, dass aus kleinen Herausforderungen in der Mannschaft große Probleme werden.
doubleSlash Net-Business: Platz 4 in der Größenklasse mit 50 bis 100 Mitarbeitern
2015 führte doubleSlash einen Innovationsprozess ein, durch den jeder Mitarbeiter seine Ideen einbringen und das Geschehen im Unternehmen beeinflussen kann. Ideen können so stufenweise entwickelt und ausgebaut werden.
ESET Deutschland: Platz 13 in der Größenklasse mit 50 bis 100 Mitarbeitern
ESET fördert Mitarbeiter, die sich weiterentwickeln möchten. Neben Sprachkursen werden Trainings in Selbstmanagement und Kommunikation angeboten und unterstützen nebenberufliche Weiterbildungen. Mitarbeiter können nach Bedarf an individuellen Seminaren teilnehmen.
Eurofins Information Systems: Platz 11 in der Größenklasse mit 50 bis 100 Mitarbeitern
Die User-Stories aller abgeschlossenen Projekte werden auf Karten gedruckt und im Flur vor den Büros aufgehängt. Mittlerweile hängen dort mehrere Hundert dieser Karten. Die Wand wird auch von Besuchern gesehen und erfüllt das Team mit Stolz, da die Menge der erfolgreich erledigten Aufgaben für alle sichtbar ist.
eXXcellent solutions consulting & software: Platz 6 in der Größenklasse mit 10 bis 49 Mitarbeitern
Das Unternehmen ermutigt die Mitarbeiter, negativ erlebte Situationen konstruktiv anzusprechen, um Konflikten vorzubeugen oder diese deeskalieren zu können. Die Führungskräfte achten bewusst darauf, solche Situationen anzusprechen.
Holisticon: Platz 23 in der Größenklasse mit 10 bis 49 Mitarbeitern
Führungskräfte im klassischen Sinne gibt es bei Holisticon nicht. Das Unternehmen versteht sich als großes Team, in dem alle Kollegen jederzeit ihre Ideen, Meinungen und Vorschläge einbringen können.
I.T.E.N.O.S.: Platz 21 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
2015 und 2016 erarbeitete ITENOS Im Rahmen von Teamworkshops sowie unternehmensweiten Veranstaltungen ein neues Leitbild, das alle Führungskräfte auf der Kickoffveranstaltung symbolisch in Form eines Großformat-Puzzles zusammengesetzten.
IFS Deutschland: Platz 16 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
Die mitarbeiterorientierte Personalarbeit bietet den Angestellten die Möglichkeit, ihre Arbeitsaufgaben und –Zeiten entsprechend ihrer Lebensphasen zu gestalten. Auch in persönlich schwierigen Zeiten können sie auf das Unternehmen zählen, sei es durch organisatorische oder finanzielle Hilfen.
INDICO SOLUTIONS: Platz 7 in der Größenklasse mit 10 bis 49 Mitarbeitern
Besondere Leistungen werden auf vielfältige Weise honoriert und als Best Practices bei den internen Strategieworkshops präsentiert. Darüber hinaus werden die Mitarbeiter am Unternehmenserfolg prozentual beteiligt.
infologistix: Platz 3 in der Größenklasse mit 10 bis 49 Mitarbeitern
Die infologistix läuft jedes Jahr am Firmenlauf B2RUN mit. Für das Zusammengehörigkeitsgefühl werden T-Shirts mit Firmenaufdruck verteilt. Bereits zur Vorbereitung finden sich in mehreren Städten hierzu Laufgruppen unter den Mitarbeitern.
iteratec: Platz 7 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
Mit dem Innovation Frei-Day hat jeder Mitarbeiter ein Budget von fünf Tagen pro Jahr, das er für Innovationsprojekte nutzen kann, die Themen sind absolut frei. Eine Liste mit allen Projektbeschreibungen erhöht die Transparenz und inspiriert zu weiterführenden Ideen.
ITGAIN: Platz 17 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
In den Unternehmensgrundsätzen sind Förderung der Individualität und Verzicht auf Statussymbole fest verankert. Dies bedeutet, dass es keine unterschiedlichen Zusatzleistungen in Abhängigkeit der Hierarchiestufen gibt. Alle haben denselben Anspruch und verfügen frei über ihr „Mitarbeiter-Budget“ für Zusatz- oder Sozialleistungen.
MaibornWolff: Platz 1 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
Sich in kurzer Zeit Gesichter und Namen der Kollegen merken, ist bei einem Team mit 240 Menschen nicht mehr ohne. Bei MaibornWolff erleichtert die App auf dem Firmenhandy „Das Team“ Neuzugängen den Start. Wie bei einem Memory ordnet der Spieler einem Foto Vor- und Nachname zu.
metafinanz Informationssysteme: Platz 13 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
Am ersten Tag des Monats werden alle Einsteiger mit einem Begrüßungstag willkommen geheißen. Nach dem Frühstück mit Geschäftsführung, Führungskräften und Paten führt die Personalabteilung die Neuen durch das Unternehmen. Nach vier bis sechs Wochen vertiefen sie an zwei weiteren Tagen ihr Wissen über die metafinanz.
Micromata: Platz 2 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
Jedem steht ein Gesundheitsbudget von 500 Euro pro Jahr zur Verfügung. Die Beschäftigten können selbst entscheiden, wofür sie das Budget verwenden. Das HR-Team steht den Mitarbeitern beratend zur Seite und identifiziert, welche Angebote für die individuelle Situation jeweils geeignet sind.
msg Gruppe: Platz 2 in der Größenklasse mit über 1000 Mitarbeitern
Den Einklang zwischen Beruf- und Privatleben unterstützt msg vielfältig. Für eine erfolgreiche Work-Life-Integration ermöglicht msg flexibles Arbeiten in Bezug auf Zeit und Ort. Durch eine großzügige Urlaubsregelung, sowie weitere Sonderurlaubstage für besondere Lebenslagen, gewinnen Mitarbeitende Freiräume für Familie und Freizeit.
orderbase consulting: Platz 7 in der Größenklasse mit 50 bis 100 Mitarbeitern
Alle 14 Tage treffen sich die Mitarbeiter im Foyer zum Mittagsimbiss in lockerer Atmosphäre. Die Zeit nutzt die Geschäftsführung, um besondere Projekte, Produkte oder Erfolge vorzustellen. Nach den Vorträgen gibt es eine Feedback- oder Fragerunde.
Pentland Firth Software: Platz 1 in der Größenklasse mit 10 bis 49 Mitarbeitern
Als neue Wohlfühlmaßnahme wurde der „Chief Happiness Officer“ (CHO) eingeführt. Die Idee und das Konzept stellte eine Mitarbeiterin auf einem eintägigen Local Office Training vor. Es sollte in jedem Training ein neuer CHO ausgewählt werden, so dass jeder Mitarbeiter im Unternehmen einen Monat lang die Chance hat, den Kollegen etwas Gutes zu tun. Die erste Maßnahme:“free hugs for all“.
perbit Software: Platz 2 in der Größenklasse mit 50 bis 100 Mitarbeitern
Zwei Mitarbeiterinnen wurden als Ansprechpartnerinnen für pflegende Angehörige zu „Betrieblichen Pflegelotsen“ ausgebildet. Sie stehen beim Thema Pflege als Kontaktperson zur Verfügung, bündeln wichtige Informationen zum Thema Beruf und Pflege und fördern dadurch eine familienfreundliche Unternehmenskultur.
PlaceWorkers: Platz 11 in der Größenklasse mit 10 bis 49 Mitarbeitern
Fängt ein neuer Mitarbeiter an, wird ein Steckbrief am schwarzen Brett ausgehängt. Damit sich Einsteiger sofort im Unternehmen wohlfühlen, werden sie am ersten Tag mit einer von den Kollegen unterschriebenen Willkommenskarte und Nervennahrung empfangen. Beim wöchentlichen Frühstück stellen sich die Neulinge dann persönlich vor. Ein Coach steht ihm in den ersten Wochen bei allen Fragen zur Seite.
Projektron: Platz 3 in der Größenklasse mit 50 bis 100 Mitarbeitern
Eine Familienbeauftragte steht Eltern mit Rat und Tat zur Seite. Sie unterstützt bei arbeitsrelevanten Maßnahmen und bei behördlichen Angelegenheiten wie der Beantragung von Elterngeld oder einem Kitaplatz. Auch Mitarbeiter, die in die Altersteilzeit oder den Ruhestand gehen, werden beraten.
QAware: Platz 1 in der Größenklasse mit 50 bis 100 Mitarbeitern
Um Austausch und Kennenlernen kreativ zu fördern, wurde ein Stickeralbum für alle Mitarbeiter und deren Familien erstellt. Die Beschäftigten erhielten ein Blanko-Album sowie ein „Starter-Kit“ mit Fotoaufklebern einiger Mitarbeiter. Um ein vollständiges Album zu erhalten, musste also fleißig mit Kollegen aus allen Teams getauscht und gesammelt werden.
QuinScape: Platz 15 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
Im Rahmen der Führungskräfte-Entwicklung bewerten Mitarbeiter ihre direkten Vorgesetzten anonym. Auch die Geschäftsführung hat sich diesem Feedback gestellt und ist somit mit positivem Bespiel voran geschritten. Gemeinsam werden die Ergebnisse der Umfrage besprochen und die wichtigsten Handlungsfelder identifiziert.
The unbelievable Machine Company: Platz 19 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
Jeder neue Mitarbeiter trifft sich mit dem Unternehmensgründer, um aus erster Hand mehr über die Geschichte des Unternehmens zu erfahren. Die Einsteiger können ihre Fragen stellen und werden direkt in die offene Unternehmenskultur eingeführt.
ThoughtWorks Deutschland: Platz 11 in der Größenklasse mit 101 bis 500 Mitarbeitern
In Workshops haben die Mitarbeiter die Unternehmensgeschichte und -mission erarbeitet. Dabei kam es zu regem Austausch und vielen persönlichen Beiträgen. Die Teilnehmer sind danach offizielle Employer-Brand Botschafter, die den Kollegen die Positionierung und Werte des Unternehmens näherbringen.
Vector Informatik: Platz 1 in der Größenklasse mit über 1000 Mitarbeitern
Die Refill-Box ist mit Gymnastikmatten, Therabändern, Sitzkissen, CD-Player und Anweisungen zu Muskelstärkungs- und Dehnungsübungen ausgestattet. Dieser Raum kann für eine halbe Stunde gebucht werden, um eine kurze Auszeit zu nehmen und um Energie zu tanken.

Wenn also die Mitarbeiter viel mehr Verantwortung bekommen und selbst entscheiden können, wann, wo und wie sie arbeiten, muss die "Führungskraft" viel mehr als Coach, Mentor, Vorbild, Inspirator, Motivator, Berater und Persönlichkeitsentwickler fungieren. Chefsache heißt, nicht nur mit gutem Beispiel voranzugehen, sondern ebenso eine Vision vorzugeben, einen Weg aufzuzeigen, mögliche Hindernisse zu beseitigen und auch in schweren Phasen die Mitarbeiter für ihre Arbeit zu begeistern. Um diese Rolle auszufüllen, müssen Manager vor allem eine authentische Persönlichkeit sein, ihren Mitarbeitern Vertrauen schenken, klar und transparent kommunizieren sowie offen und bereit für Veränderungen sein, gerade vor dem Hintergrund einer immer komplexer werdenden Welt.

New Work Cluster & Instrumente
Foto: Hackl, Wagner, Attmer

Überrascht hat in diesem Zusammenhang die starke Abweichung, die die Befragten zwischen gewünschtem Zustand und der jeweils aktuellen Situation empfinden. Gerade bei Themen, die aktuell "gehypte" Organisationsformen wie zum Beispiel Holocracy auszeichnen, sprich Partizipation, Flexibilisierung von Arbeitszeit und Freiräume für Kreativität sowie die Verwirklichung eigener Ideen, sehen die Interviewten noch großen Aufholbedarf.

Differenz zwischen Wunsch der Mitarbeiter und realer Einführung von New-Work Instrumenten
Foto: Hackl, Wagner, Attmer

Attraktive Arbeitgeber, motivierte Mitarbeiter

Die starke Abweichung zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist umso verwunderlicher, als die Umsetzung von New-Work-Instrumenten nach unserer Projekterfahrung und auch vor dem Hintergrund der Studienergebnisse maßgeblich zum Erfolg von Unternehmen beiträgt. Außerdem schaffen sie das für die Freisetzung des Kreativitätspotenzials der Mitarbeiter erforderliche Umfeld. So weisen die Ergebnisse der Studie signifikant positive Korrelationen zwischen der Einführung von New-Work-Instrumenten und der Arbeitgeberattraktivität, Umsatzentwicklung und Mitarbeitermotivation auf und korrelieren negativ mit der Mitarbeiterfluktuation.

Wirksamkeit von New Work Instrumenten
Foto: Hackl, Wagner, Attmer

Aber wenn New-Work-Instrumente nachweisbar Erfolg bringen, warum führen sie dann nicht alle ein? Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die Umsetzung einzelner Instrumente häufig isoliert erfolgt und die nachhaltige Verankerung vernachlässigt wird. Die Folge: Die positiven Effekte treten erst mit einer deutlichen, zeitlichen Verzögerung ein. So ergab eine Interviewreihe mit New-Work-Experten und -Betroffenen, dass das Feedback vieler Mitarbeiter nach der Einführung von New-Work-Kriterien erst nach rund einem Jahr ins Positive schwenkt. Zunächst überwiegen vor allem die negativen Stimmen, da gerade eine umfassende Einführung eine starke Veränderung für das Personal sowie Führungskräfte bedeutet und dadurch Widerstände hervorruft.

Massiver Eingriff in das Belegschaftsverhalten

Die konkrete Umsetzung von New Work ist in der Tat kein leichtes Unterfangen. Der Teufel steckt auch hier im Detail. Was sich auf dem Papier oder in einer Powerpoint-Präsentation so selbstverständlich liest und anhört, führt bei der operativen Umsetzung oft zu massiven Widerständen und unvorhersehbaren Problemen.

Dies beginnt beim Scoping und der Vorbereitung einer New-Work-Initiative und endet bei der Akzeptanz der Betroffenen. Letztlich bedeutet New Work in vielen Unternehmen einen massiven Eingriff in das Verhalten der Belegschaft sowie in die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitern. Aber genau diese gilt es zu aktivieren und für New Work zu begeistern und nicht zu neuem Verhalten zu zwingen und mühsam zu überreden. Mit anderen Worten: Das Orchester spielt nicht harmonisch und wichtige Spieler fehlen.

Schaffung von Zielkongruenz

Die Metapher des Orchesters passt für New-Work-Initiativen sehr gut. Ein Unternehmen braucht die richtigen Mitspieler, einen hervorragenden Dirigenten und gute Instrumente - insbesondere aber ein Team, dessen Mitglieder perfekt aufeinander abgestimmt sind, in dem jeder das Beste gibt, aber trotzdem das gemeinsame Ergebnis im Vordergrund steht.

Future Workforce Studie 2016
Der Einfluss von Technik auf die Job-Entscheidung
Für junge Arbeitnehmer spielt Technik am Arbeitsplatz eine größere Rolle als für ältere Arbeitnehmer. Für sie ist Technik außerdem eher ein Kriterium bei Karriereentscheidungen.
Zufriedenheit der Deutschen
Mobile Mitarbeiter sind noch zufriedener als der Durchschnitt.
Die wichtigsten Zufriedenheitsaspekte
Die Beziehung zu Kollegen ist den Deutschen am wichtigsten.
Trennung von Arbeit und Privatleben
Deutsche Arbeitnehmer trennen Arbeit und Privatleben.
Sprechen Sie mit Kollegen lieber persönlich oder fernmündlich?
Persönliche Kommunikation am Arbeitsplatz ist das A und O.
Bedeutung von persönlicher Interaktion
Die große Mehrheit der Deutschen sagt, dass persönliche Interaktion ein unverzichtbarer Faktor für produktives Arbeiten ist.
Vorteile der freien Arbeitsplatzwahl
Durch die Möglichkeit, den Arbeitsplatz wählen zu können, fühlen sich Deutsche produktiver und fitter.
Die größten Zeitfresser im Job
Unzureichende Geräte und langsame Software sind die größten Zeitfresser in deutschen Büros.
Stationäre Technik vs. mobile Geräte
Herkömmliche Büroausstattung dominiert weiterhin den Arbeitsplatz
Zukunftsausblick
Deutsche erwarten, dass moderne Endgeräte und schnelleres Internet die Produktivität künftig weiter steigern. Fortschritte wie KI und VR werden nur bedingt als Möglichkeit gesehen, um die Produktivität zu steigern.

Sehr häufig ist zu beobachten, dass wichtige Player zu Beginn vergessen oder Silo- und Grabenkämpfe in New-Work-Initiativen hineingetragen werden. Es gibt schon genug Widerstände im Projektverlauf, da sollten Kämpfe innerhalb des Projektteams möglichst schon im Vorfeld vermieden werden. Dabei ist, wie die Erfahrung zeigt, gerade das Zusammenspiel der Dimensionen "People" (Mindset, Kultur, Organisation), "Places" (Home, Mobile, Office), "Tools" (Technologie) und die Einbeziehung entsprechender Vertreter entscheidend - in Deutschland betrifft das auch die Mitbestimmung und Vertreter der IT- und Datensicherheit. New Work birgt viele Chancen für die Mitarbeiter (Stichworte Flexibilität, Kommunikation, …), die klar und ehrlich herausgearbeitet und kommuniziert werden müssen. Zudem muss das Mittelmanagement unbedingt als Katalysator genutzt und möglichst früh gewonnen werden. Es stellt nicht nur einen der wichtigsten Multiplikatoren dar, sondern kann auch die Keimzelle für Widerstände und korrosive Energie sein. Hier darf eine Gegenwehr nicht unterschätzt werden.

Funktionalität geht vor Chic

An dieser Stelle ein kurzer Blick in die Dimension "Places". Deren Veränderung wird häufig federführend vom Immobilien- beziehungsweise Group Real Estate Management verantwortet und vorangetrieben. Die Ziele des Bereichs sind häufig (je nach organisatorischer Aufhängung) stark an Effizienz- und Standardisierungsvorgaben gebunden, was nachvollziehbar ist und erst einmal nicht im Widerspruch zu einer New-Work-Initiative steht. Allerdings besteht die Gefahr, dass "Modell- und Raumkonzepte der Vergangenheit" auf eine zukünftige Arbeitskultur und -organisation Anwendung finden sollen. Vorsicht, das ist der absolute Killer. Bei der konkreten Ausgestaltung des Arbeitsumfelds ist entscheidend, einen optimalen Mix aus optisch ansprechend, inspirierend und motivierend sowie funktional zu finden. Wobei ganz klar gilt: Funktionalität vor Chic und Chichi. Nichts frustriert Mitarbeiter mehr, als in einem Raum zu sein, in dem sie nicht richtig arbeiten können, weil zum Beispiel ein Beamer oder ein Bildschirm fehlt.

Den Scope im Auge behalten

Hier wurde bisher dem ganzheitlichen, harmonischen Ansatz das Wort geredet, weil er ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Allerdings gilt es gleichzeitig dafür zu sorgen, dass der Scope der New-Work- Initiative machbar bleibt. Alleine der Begriff New Work schreit regelrecht nach einem "Wir-retten-die-Welt"-Programm oder der berühmten eierlegenden Wollmilchsau. Es gilt aber, den Scope realistisch zu halten. Ein Sponsor in einem New-Work-Projekt hat dieses Problem pragmatisch gelöst. Sein Statement: "Wir werden kein Problem lösen, welches es vor der Initiative schon irgendwo anders gegeben hat." Letztendlich ist alles gar nicht so magisch. Versuchen Sie, die Auswirkungen von New Work auf Mitarbeiter zu entmystifizieren, um Ängste zu nehmen. Erzählen Sie ehrliche und greifbare Geschichten, anstatt von globalgalaktischen, artifiziellen Konzepten zu berichten.

Mitarbeiterbeteiligung ist ein Schlüsselfaktor

Auch der Begriff "Mitarbeiterbeteiligung" wird häufig sehr leichtfertig in den Mund genommen. Zu Beginn einer Initiative kündigt die Unternehmenskommunikation vollmundig an: "Wir nehmen euch alle mit und ihr könnt den Veränderungsprozess aktiv mitgestalten." Konkret umgesetzt werden dann im Zweifelsfall nur homöopathische Maßnahmen, was bei Mitarbeitern nicht nur zu Missmut und Zynismus, sondern zu einer grundlegenden Abwehrhaltung gegenüber der New-Work-Initiative führen kann.

Um dies zu vermeiden, sollten sich die Projektverantwortlichen bereits im Vorfeld intensiv Gedanken darüber machen, wie die Beteiligung der Mitarbeiter konkret aussehen kann. Und auch, inwiefern sie bereits beim Start der Initiative das Thema demokratische Führungsstrukturen durch eine strukturierte Einbindung der Beschäftigten zum Leben erwecken können. Im Sinne der Nutzerzentrierung könnte zum Beispiel von Anfang an mit einer Gruppe von Mitarbeitern ein Sounding Board (Fokus Anforderungen und Feedback) und/oder Ambassadoren-Programm (Fokus Unterstützung und "Promotion") eingerichtet werden. Solche Maßnahmen gewährleisten letztlich auch, dass der Umsetzungswille für New Work als authentisch und ernsthaft angesehen wird.

Fazit

Mitarbeiter haben klare Erwartungen an ihre Arbeit, nämlich dass sie mehr Verantwortung tragen, selbstbestimmt arbeiten und von ihren Leadern (fachlich) gefördert werden; diese wird allerdings bis dato noch nicht in ausreichendem Maße erfüllt. Die Umsetzung von New-Work-Maßnahmen ist insgesamt durchaus ein Kraftakt, der sich allerdings langfristig auszahlt. Und schnelle Entscheidungsprozesse, eine demokratische Führungskultur und Creative Workspaces machen eine Firma nicht nur beliebter bei ihren Mitarbeitern, sondern steigern auch den Umsatz. (pg)

Eine Vertiefung des Themas "New Work" sowie weitere, konkrete Umsetzungshinweise finden Sie in unserem Buch "New Work - Auf dem Weg zur neuen Arbeitswelt".