Ziel erreicht

Apple und IBM entwickeln über 100 Apps für Unternehmen

17.12.2015 von Manfred Bremmer
Die Partnerschaft der beiden IT-Schwergewichte Apple und IBM trägt mehr und schneller Früchte als zuletzt erwartet/befürchtet: Kurz vor Jahresende wurde das angepeilte Ziel von über 100 IBM MobileFirst Anwendungen für iOS erreicht.
Wie im Juli 2014 vereinbart, haben Apple und IBM inzwischen mehr als 100gemeinsame Business-Apps entwickelt.

Wie angekündigt und geplant, haben Apple und IBM bei ihrer Partnerschaft termingerecht bis Jahresende 2015 über 100 unterschiedliche Business-Apps für iPhone, iPad und Apple Watch entwickelt. Ziel ist es, mit Hilfe der Apps die Arbeitsweise in 14 ganz unterschiedlichen Branchen und 65 Berufen, darunter Finanzberater, Flugbegleiter, Ersthelfer, Krankenschwester oder Einkäufer im Einzelhandel zu verändern. Zusätzlich wird das Portfolio derzeit um mehrere Branchen erweitert, darunter Verbrauchsgüter, Automotive, Altenpflege sowie die Chemie- und Mineralölindustrie. Die Apps sollen die Expertise von IBM bei Big Data und Analytics mit der bekannten Benutzererfahrung der Apple-Geräte kombinieren, um so mehr Effizienz, Effektivität und Kundenzufriedenheit zu erzielen.

Find & Fix
Mit der iPhone-App Find & Fix können Techniker im Außendienst Aufgaben nach Nähe und Wichtigkeit auswählen. Dabei wird ihnen nicht nur automatisch das benötigte Werkzeug, sondern auch die beste Route angezeigt.
Express Pay
Mit der App für iPhone oder iPad können Ladenmitarbeiter auch jenseits der Kasse elektronische Zahlungen abwickeln. Die Anwendung unterstützt dabei Kundenkarten und Zahlungsoptionen wie Apple Pay. Außerdem gibt das Programm auf den Kunden zugeschnittene Kaufempfehlungen.
Hospital RN
Mit der iPhone-App Hospital RN sollen sich nicht nur Pager durch iPhones ersetzen lassen. Krankenschwester und Pfleger haben damit außerdem überall im Krankenhaus Zugang zu den Patientendaten. Das System nutzt zudem Apples iBeacon-Technologie – ein First für MobileFirst – um automatisch die zu einem Raum passenden Patientendaten bereitzustellen.
Rapid Handover
Die iPad-App Rapid Handover erleichtert dem Management die Übergabe bei Schichtwechsel. Indem Produktionsziele, Wartungs-Updates und Schichtpläne elektronisch übermittelt werden, gibt es keine Medienbrüche und die Fehlerwahrscheinlichkeit geht zurück.
Home RN
Die iPhone-App Home RN soll Pflegekräften die Betreuung von Patienten außerhalb des Krankenhauses erleichtern. So können sie Fotos, Videos, Text- und Audio-Notizen zu den Patientenakten hinzufügen und verbessern so die Kommunikation über die Fortschritte des Patienten.
Ancillary Sale
Die App Ancillary Sale assistiert Flugbegleiter via iPhone beim Vornehmen von Sitz-Ugrades oder dem Verkauf von Speisen und Getränken. Unterstützt werden Apple Pay und Kreditkartenzahlung, daneben informiert eine Datenbank über vorherige Onboard-Einkäufe der Fluggäste.
Order Commit
Die iPad-App Order Commit stellt Händlern auf dem Tablet geschäftskritische Daten zur Verfügung, etwa Finanzziele und Absatzzahlen. Analyse-Tools erleichtern die Entscheidungsfindung.
Risk Inspect
Mit der iPad-App Risk Inspect können Versicherungsmitarbeiter im Außendienst Foto- und Videomaterial mit einer Analysefunktion für Risikobewertungen kombinieren. Vielfältiges Datenmaterial (Umweltdaten, Kriminalstatistik etc.) unterstützt den Entscheidungsprozess.
Passenger+
Die iPad-App Passenger+ soll dem Bordpersonal zu besserem Kundenservice verhelfen. So sehen Flugbegleiter etwa auf einen Blick, welche Sonderwünsche bestimmte Passagiere angemeldet haben, wo die VIP-Gäste sitzen, ob alle Gepäckstücke an Bord sind - oder welche Passagiere ihren Anschlussflug verpassen werden.
Passenger Care
Die App "Passenger Care" soll es Servicemitarbeitern einer Fluglinie ermöglichen, Passagieren bei Problemen mit dem iPad proaktiv am Gate Hilfestellung zu bieten, anstatt zu warten, bis sich diese bei ihnen am Schalter einfinden. Unterstützt wird dabei das komplette Repertoire wie am Service-Sesk, also etwa Upgrades oder Umbuchungen bis hin zum drahtlosen Bezahlen von Tickets.
Hospital Lead
Die iPad-App Hospital Lead soll Krankenhäusern bei der Verwaltung des Pflegepersonals unterstützen. So lassen sich über die App Aufgaben bestimmten Mitarbeitern zuordnen und priorisieren. Das System unterstützt dazu mehrere interne Datenbanken, die sich kombinieren lassen.
Hospital Tech
Die Todo-App Hospital Tech for iPhone soll Pflegekräften und Technikern mit Tools ausstatten, um ihre Aufgaben besser zu organisieren und so mehr Zeit für die Patienten zu haben.
Train Tickets
Die iPhone-App Train Tickets erleichtert es Schaffnern, im Zug Fahrkarten zu kontrollieren oder zu verkaufen. Indem sie einen Überblick über Reservierungen und den Zeitplan des Zuges haben, vergrößern sich die Verkaufsmöglichkeiten und die Kundenzufriedenheit steigt.
Case Advice
Die Behörden-App Case Advice soll Sachbearbeiter entlasten, die kontinuierlich kritische Entscheidungen in Bezug auf Familien oder Situationen treffen müssen. Mit Hilfe von Datenanalysen unterstützt die Lösung die Priorisierung der Fälle; Predictive-Analytics-Funktionen helfen bei der Risikobewertung.
Fast Fix
Mit der iPad-App Fast Fix können Servicetechniker Informationen über Störungen abfragen, Anleitungsvideos eingespielt bekommen und schlichtweg Kontakt zur Zentrale aufnehmen.
Parts & Tools
Parts & Tools bietet auf dem iPad eine intuitive Übersicht über Ersatzteile, Werkzeuge und Zubehör im Lager sowie in Servicefahrzeugen.
Rapid Board
Die iPhone-App soll Mitarbeitern von Fluggesellschaften beim Boarding-Prozess unterstützen, indem sie jede Art von Boarding-Pass von jedem Gate scannen können. Damit soll Fluggesellschaften ein schnellere und flexiblere Abwicklung ermöglicht werden. Aus Sicht der Fluggäste sorgt die App für ein bequemeres Boarden und mehr Kundenzufriedenheit.
Expert Tech
Die Fieldservice-App Expert Tech liefert dem Servicetechniker wichtige Echtzeitinformationen - etwa über die Fahrtzeit bis zum nächsten Kunden.
Incident Aware
Die iPhone-App soll Polizisten bei der Verbrechensprävention unterstützen. So erhalten sie in Echtzeit Zugriff auf Karten und Videoquellen von Einsatzorten. Zusätzlich bekommen sie Auskunft über den Zustand der Involvierten, das Eskalationsrisiko und das Strafregister. Auch Verstärkung kann leichter und schneller angefordert werden.
Adviser Alerts for iPhone
Die App "Advisor Alerts" soll Finanzberatern von Banken und Finanzdienstleistern dabei helfen, unterwegs kundenbezogene Aufgaben zu erledigen...
Adviser Alerts for iPad
Die auch für das iPad erhältliche App stellt dabei dank Verknüpfungen mit dem Backend eine Datenbasis für Entscheidungen bereit, gibt Empfehlungen für die nächsten Schritte und erleichtert es, Aufgaben an das Team im Office weiter zu delegieren.
Advise & Grow
Mit der App „Advise & Grow“ für das iPad erhalten Bankmitarbeiter bei der Beratung von Kleinunternehmen Einblick in relevante Kundeninformationen (Kundenprofil, Finanz- und Kreditdaten) und Wettbewerbsanalysen.
Field Connect
Die iPhone-App „Field Connect“ ermöglicht Wartungstechnikern von Energie- und Versorungsunternehmen den direkten Zugriff auf aussagekräftige datengesteuerte Informationen. So liefern Push-Benachrichtigungen aktuelle Unwetterwarnungen, außerdem können jederzeit Angaben zu Netzausfällen, Gefahrensituationen und zum Personaleinsatz sowie bei Bedarf personalisierte Schulungen und Sicherheitstipps abgerufen werden.
Retention App
Die für iPhone und iPad erhältliche App soll Versicherungsvertretern die erforderlichen Informationen und Analyse-Tools bereitstellen, um Kundenanfragen auch auf dem Sprung zu bearbeiten.
Pick & Pack
Die iPhone-App Pick & Pack hilft Einzelhändler bei der Auftragsabwicklung. So können Verkäufer bei der Beratung überall im Geschäft auf Produktinformationen zugreifen. Außerdem unterstützt die Anwendung Apples iBeacon-Technologie, um die Position einzelner Artikel in einer Filiale aufzufinden.
Sales Assist
Die iPad-App Sales Assist soll aus Verkäufern kompetente Modeberater machen. So haben sie die Möglichkeit, Lagerbestände abzurufen, auf der Basis von früheren Einkäufen Kleidungsstücke zu empfehlen sowie passende Accessoires anzubieten.
Dynamic Buy
Die Idee bei "Dynamic Buy" wiederum ist, Einzelhändlern beim Einkauf einen Echtzeit-Einblick über den Warenbestand zu geben und mit datenbasierten Empfehlungen bezüglich der zu erwartenden Nachfrage zu unterstützen.
Plan Flight
Mit der iPad-App Plan Flight können Piloten Flugpläne einsehen, die Besatzung überprüfen, während des Fluges Meldungen an die Bodenkontrolle absetzen sowie fundiertere Entscheidungen über den verfügbaren Treibstoff machen.

Ziel: Mehrwert für Geschäftsprozesse

Das wirklich Neue, so Urs Schollenberger, Business Leader Mobile Enterprise für IBM in der DACH-Region, im CW-Gespräch, ist dabei der analytische Ansatz und die Suche nach Möglichkeiten, um jedes Endgerät sowie die darin integrierten Sensoren oder Kameras komplett auszunutzen, um einen Mehrwert in den Geschäftsprozessen zu schaffen. So würden Desktop-Anwendungen nicht einfach auf iPhone-Größe eingeschrumpft, sondern überlegt, wie man bestimmte Geschäftsszenarien technologisch unterstützen könne. Die Apple Watch eigne sich dabei beispielsweise gut für den Security-Safe-Bereich, um Mitarbeiter per Vibration vor Giftstoffen zu warnen.

In ähnlicher Weise entwickelt IBM derzeit auch spezielle Apps für das iPad Pro. Diese profitieren von der größeren Leistung, dem größeren Bildschirm und den Multitasking-Fähigkeiten von iOS 9. So können Experten in Zukunft parallel in zwei Apps nebeneinander arbeiten. Anwendungen mit Apple-Pencil-Unterstützung werden dabei noch mehr Präzision und Funktionalität liefern. Vorstellbar sind beispielsweise Raumplanung, Transaktionsaufzeichnung oder die schriftliche Ergänzung von Wartungsaufzeichnungen.

MobileFirst for iOS: Über hundert Apps, über hundert Kunden

Der größte Hersteller von Haushaltsgeräten in Europa, Bosch BSH, setzt auf die Fast Fix App.
Foto: IBM

Mit der neuen Fuhre an MobileFirst-Apps darf IBM erstmals auch einen Kunden aus dem DACH-Raum nennen: In Deutschland nutzen Servicetechniker des Hausgeräteherstellers Bosch Siemens (Bosch BSH) die neu entwickelte iPad-App Fast Fix, um Informationen über Störungen abfragen, Anleitungsvideos eingespielt zu bekommen und schlichtweg Kontakt zur Zentrale aufzunehmen. Weitere Unternehmen aus Deutschland werden nicht genannt. Interesse gebe es vor allem aus der Industrie, dem Einzelhandel, der Reisebranche und der Versicherungswirtschaft, sagte Schollenberger. Ein sehr interessanter Bereich sei auch das Gesundheitswesen, zum Beispiel mit der Betreuung von Patienten in Krankenhäusern. Hier gebe es in Deutschland aber regulatorische Hürden.

International wurden Air Canada, AXA, Coca-Cola Amatil, Japan Post, Rimac, SAS und Vodafone Niederlande als weitere neue Kunden aus dem MobileFirst-for-iOS-Programm genannt. Das Portfolio an Apps umfasst unter anderem Anwendungen zum Planen von Geschäftsreisen, für Telefonkonferenzen oder Hotelmanagement, sowie für einzelne Berufsgruppen wie Vertriebsmitarbeiter, Autohändler, Zugbegleiter oder Bankberater. Ein weiterer Bereich sind Anwendungen für ältere Menschen, die darüber Kontakt zu Betreuern, Verwandten oder auch Einzelhändlern halten können.

Wieviele Unternehmen insgesamt bereits die aus der Partnerschaft entstandenen Enterprise-Apps im Einsatz haben oder planen, wird von IBM und Apple nicht kommuniziert. Urs Schollenberger, Business Leader Mobile Enterprise für IBM in der DACH-Region, erklärte jedoch im CW-Gespräch, dass jede einzelne App in enger Zusammenarbeit mit einem Kunden in Hinblick auf einen spezifischen Anwendungsfall entwickelt werde. Daraus können man entsprechende Rückschlüsse auf die ungefähre Kundenzahl ziehen.

Auch wenn die Anwendungen nicht exklusiv sind, müssen Unternehmen laut Schollenberger nicht fürchten, dass Konkurrenten die genau gleiche Lösung in Einsatz nehmen und damit ein möglicher Wettbewerbsvorteil schmilzt. So seien die Apps nur zu 70 Prozent vorentwickelt und würden zu 30 Prozent dann individuell an die speziellen Wünsche des Kunden angepasst.

Watson, übernehmen Sie!

Historischer Pakt: IBM-CEO Virginia Rometty (links im Bild) mit Apple-Chef Tim Cook
Foto: Courtesy of Apple/Paul Sakuma

IBM bringt in die Anwendungen auch Technologien seines Supercomputers Watson ein, unter anderem, um durch maschinelles Lernen die richtigen Informationen im richtigen Moment bereitzustellen. Existierende App-Beispiele dafür gibt es etwa im Banking-Bereich, wo bei der Kreditberatung Marktdaten und die Bonität des Kunden dynamisch abgeglichen werden. Als weiteres Anwendungsbeispiel nennt Schollenberger eine App für Einkäufe im Retail-Bereich, wo auf Basis von verschiedenen Informationen wie die aktuellen Marktpreise oder einer Trendanalyse aus historischen Daten Produkte vorgeschlagen werden.

Die beiden Unternehmen hatten im Juli 2014 die Kooperation bei der Entwicklung von Apps für den Einsatz auf Apple-Geräten in Unternehmen geschlossen. Die Partnerschaft wurde von Marktbeobachtern auch als Versuch von Apple gesehen, die Position im Geschäft mit Unternehmen gegenüber Rivalen wie Microsoft und Google zu verbessern und auch den zuletzt schwächelnden Absatz der iPad-Tablets anzukurbeln. (mit Material von dpa)