IT-Kosten

Abspecken bis zum Hungertod?

27.04.2010 von Karin Quack
In den vergangenen zwei Jahren wurden die IT-Budgets fast überall heruntergefahren. Was bedeutet das für die Handlungsfähigkeit eines CIO - und wie geht er damit um?
Foto: Pixelio/Christine Schmidt
Foto: Pixelio/Christine Schmidt

Es gibt Unternehmen, deren IT-Budgets in diesem Jahr üppiger sind als im vergangenen. Aber sie bilden die Ausnahme. (Siehe auch: "IT-Abteilungen geht das Geld aus".) Im Regelfall haben nordamerikanischen und westeuropäische Firmen ihre Ausgaben für Informations- und Kommunikationstechnik in den vergangenen zwei Jahren um mindestens einen hohen einstelligen Prozentsatz verringert. Denen, die antizyklisch investiert haben, stehen wohl genauso viele gegenüber, die nur noch mit Mühe den Betrieb aufrechterhalten.

In vielen IT-Abteilungen ist das sprichwörtliche Ende der Fahnenstange erreicht. Dazu Hubert Buchmann, Managing Director des Benchmarking-Spezialisten Maturity GmbH, München: "Nach Jahren der Kostensenkung ist es riskant, den Gürtel um das IT-Budget noch einmal pauschal enger zu schnallen. Organisationen, in denen Geld verschwendet wird, treffen wir nur noch sehr selten; im allgemeinen hat sich Professionalität etabliert."

Alle IT-Chefs haben Schuldgefühle

Andreas Resch weiß, unter welcher Anspannung die IT Verantwortlichen derzeit stehen. Als langjähriger Chief Information Officer (CIO) der Bayer AG und Geschäftsführer der IT Tochter Bayer Business Services war auch er zwischen Anwenderansprüchen und Sparzwang gefangen. Als Vorstand der Berliner Unternehmensberatung Modalis Management hat er immer noch Einblick in die Situation vieler IT-Chefs.

"Vor allem in der Automobilindustrie ist der Druck fürchterlich", beobachtet Resch: "In fast allen Firmen herrscht unterschwellig das Gefühl, dass zu viel Geld in die IT gesteckt wird. Auch die CIOs selbst gehen in die Budget-Gespräche mit einer Mischung aus Schuldgefühlen und Minderwertigkeitskomplexen. Und in diese Grundstimmung stoßen nun die Erfordernisse der Krise hinein."

CIOs müssen dreigleisig fahren

Nach der durch das Platzen der Dotcom-Blase verursachten Krise zu Beginn dieses Jahrzehnts folgten viele IT-Verantwortliche der Empfehlung, die zuerst vom Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner publiziert worden war: Zusätzlich zu ihrer "normalen" Budgetplanung legten sie eine Art Schattenbudget an. Es verschwand zunächst in den Schreibtischschubladen, wurde jedoch hervorgeholt, wenn die wirtschaftliche Situation des Unternehmens drastische Sparmaßnahmen auch in der IT erforderte.

Heute haben die CIOs nicht nur ein, sondern mindestens zwei Alternativ-Budgets in petto, weiß Resch aus seiner Beraterpraxis. Neben einem zumeist ohnehin geschrumpften Jahresetat, existiere nicht nur ein "Plan B" für Härtefälle, sondern auch ein Überlebens-Szenario für den Worst Case.

Selbstverständlich werden diese Notfallpläne nicht in der Mitarbeiterzeitschrift veröffentlicht. Die CIOs decken lieber den Mantel des Schweigens über deren Existenz. Resch kennt den Grund: "Diese Pläne können leicht als weiteres Argument gegen eine angeblich überteuerte Firmen-IT missbraucht werden." Dennoch beschäftige sich jeder erfahrene CIO mit dem Thema, um vor bösen Überraschungen gefeit zu sein: "Wer es heute nicht versteht, auf allen drei Ebenen zu fahren, sollte lieber die Finger von der IT-Leitung lassen."

Worüber niemand gern spricht

Aus der Erfahrung des ehemaligen CIOs und heutigen Beraters Andreas Resch

Alle IT-Leiter mit Krisenerfahrung haben ihn mehr oder minder komplett ausgearbeitet in der Tasche: den Fahrplan für drei Ebenen.

Die erste Ebene - kaum Grausamkeiten: Hier wird nur das Vorzeichen der sonst üblichen Wachstumsraten umgekehrt: Waren früher plus x Prozent üblich, setzt man jetzt die Entwicklung mit minus x Prozent an. In den meisten Fällen ist x eine einstellige Zahl. Der Fahrplan für dieses Szenario schließt kaum Grausamkeiten ein.

Die zweiten Ebene - wenn es bereits weh tut: Dieser Plan kommt auf den Tisch, wenn die Firmenleitung von der IT einen substanziellen Beitrag zur Krisenbewältigung, sprich: Kostensenkung, verlangt. Beispielsweise soll der CIO für einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren 15 bis 25 Prozent weniger ausgeben als bisher. Nach den Anstrengungen der Vorjahre tut das schon richtig weh. Diese Schrumpfkur geht nicht ohne Einstellungs- und Entwicklungsstopp über die Bühne. Äußerlich ist diese Ebene am fehlenden Gebäck auf dem Besprechungstisch erkennbar.

Die dritte Ebene - der "Survival Mode": Dieser Fahrplan wirft Vieles über Bord, was zuvor als unabdingbar galt. Es geht darum, die Insolvenz zu vermeiden. Softwarewartung und Helpdesk gibt es nicht mehr, das halbe Team ist in Kurzarbeit, der IT-Leiter hyperventiliert. Nicht von ungefähr ist dieser Modus im Jargon als "Keep the lights on" bekannt. Sein Ziel ist nur noch, dass eben nicht der Letzte das Licht ausmacht.

Wer jammert, hat keine Zukunft

Mittlerweile sind viele CIOs bereit, öffentlich über ihre Sparerfolge in den vergangenen Jahren zu sprechen. Das klingt dann häufig so, als habe der Effizienzgewinn nur darauf gewartet, erzielt zu werden. Die Schmerzen, mit denen er erkauft wurde, bleiben das Geheimnis des IT-Chefs und seines Teams.

Werner Scherer, CIO bei Döhler

Warum IT-Verantwortliche darüber auch besser nicht reden, erläutert Werner Scherer, CIO der Döhler Gruppe mit Hauptsitz in Darmstadt: "Selbstverständlich stehen die CIOs unter hohem Druck, aber sie haben inzwischen gelernt, damit umzugehen." Dieser Druck sei inzwischen so etwas wie ein fester Bestandteil des Jobs geworden. "Außerdem kommt man mit Jammern ja nicht weiter", ergänzt Scherer, "ein CIO, der jammert, hat keine Zukunft." Stattdessen sollte der IT-Chef "immer und überall" konstruktive Vorschläge machen, wo und wie IT-Kosten einzusparen wären.

Allerdings muss der IT-Chef auch wissen, wo Sparen zum unannehmbaren Risiko wird. "Ich darf nicht alles akzeptieren, sondern muss Grenzen ziehen und dazu stehen", betont der Döhler-CIO. Als die SAP ihre Wartungsgebühren erhöhte, gab es im Board des Lebensmittelchemie-Produzenten durchaus einige Stimmen, die für einen Verzicht auf die Wartung plädierten. "Da habe ich meinen Kopf auf das Schafott gelegt und gesagt, dass das mit mir nicht machbar sei", berichtet Scherer; "die Verfügbarkeit unternehmenskritischer Systemen ist etwas, wo ich kein Risiko eingehen darf." Wenn es denn sein müsse, mache er lieber Kompromisse bei Projekten.

Wie man sich ein Projektbudget erkauft

Scherer hat hier relativ leicht reden. Der Projektanteil seines Budgets liegt deutlich über dem Anteil für den IT-Betrieb. Das verhält sich in den meisten Unternehmen ganz anders. Nicht nur in den Notfallszenarien sind meist 80 bis 90 Prozent der IT-Ausgaben für den laufenden Betrieb vorgesehen. Ein Verhältnis von eins zu eins ist da bereits eine kleine Sensation. "An der Verteilung hat auch die Krise nichts geändert", sagt Scherer: "Im Prinzip ist sogar der Gesamtbetrag gleich geblieben. Allerdings ist das Unternehmen gewachsen, das heißt, wir müssen mit demselben Budget mehr Leistung erbringen."

Auch in Unternehmen, die der Krise trotzen, sind Mittel für IT-Projekte meist schwer zu bekommen. Scherer hat sie sich erkämpft, indem er den Betrieb extrem standardisierte und automatisierte: "Wir haben fast überall einheitliche Clients durchgesetzt, die wir über Citrix zentral betreiben. Hinzu kommt eine weitgehende Virtualisierung - nicht nur der Desktops, sondern auch der Server und des Speichernetzes." Was er und sein Team im Betrieb sparten, komme dem Innovationsbudget zugute - auch das ist heute keine Selbstverständlichkeit.

So kann der Döhler-CIO dem allgemeinen Sparzwang sogar eine positive Seite abgewinnen: "Er dient mir als Argumentationshilfe, um das berühmte Edelsteinchen in der Schleife abzulehnen. Er hilft uns dabei, uns auf das zu konzentrieren, was das Unternehmen voranbringt." Das Projektportfolio werde streng auf der Basis des Business-Nutzens gewichtet. Und ohne den Nachweis eines konkreten Nutzens werde keine Investition abgesegnet. "Firlefanz"- Projekte ohne unmittelbaren Mehrwert ließen sich mit dem Kostenargument relativ problemlos zurückstellen oder mit der Prioritätsstufe 3 gewichten.

Keine Kürzung über das Gesamtbudget

Henning Stams, CIO von Almatis

Dieses Problem kennt Henning Stams nicht. Der CIO und Vice Presdident Demand Management des Aluminiumspezialisten Almatis hat offiziell sowohl ein "Run"- als auch ein "Change"-Budget, doch die Entscheidung über die Investitionen trifft er nicht allein, sondern gemeinsam mit dem Business: "Die Ausgaben für den laufenden Betrieb und die Investitionen in Projekte sind unterschiedlich getrieben", erläutert er, "deshalb werden sie auch verschieden gehandhabt. Wenn ich Run und Change vermische, sind alle Vergleiche zwischen den IT-Budgets unterschiedlicher Firmen sinnlos."

Die IT-Ausgaben von Almatis schrumpften im vergangenen Jahr um einen zweistelligen Prozentsatz. Und wie Stams mutmaßt, wird es sicher nicht wieder den Stand von 2008 erreichen, "obwohl wir als rohstoffnaher Produzent nicht nur sehr früh von der Krise betroffen waren, sondern auch unmittelbar von der wirtschaftlichen Erholung profitieren".

Mit dem Schwund der verfügbaren Mittel hat sich der CIO abgefunden: "Wenn es einem schlecht geht, kann man sich eben kein neues Auto leisten. Da muss der CIO auch nicht jammern, sondern IT und Unternehmen als Einheit betrachten."

Allerdings komme es darauf an, wo die Einsparungen vorgenommen würden, schränkt Stams ein: "Eine Vorgabe wie: Kürze das Gesamtbudget um x Prozent halte ich für unsinnig. Das ist die falsche Diskussion; der CIO sollte versuchen, sie zu vermeiden."

Welche Diskussion sinnvoll ist

Hinsichtlich der Ausgaben für den IT-Betrieb müsse sich der IT-Verantwortliche einer ganz anderen Diskussion stellen. Ihr Gegenstand sind nicht die Gesamtkosten der IT, sondern die Preise für die angebotene Leistung: "Wir müssen dem Druck des Marktes standhalten, uns Benchmarkings unterwerfen, unsere Preisgestaltung transparent machen und die Stückkosten in der IT senken, indem wir effizienter werden und ein kluges Sourcing betreiben," empfiehlt der Almatis-CIO. Aber wenn diese Preise konkurrenzfähig seien, trage das Business die Verantwortung: "Dann lassen sich die IT-Kosten über den Verbrauch steuern."

Das funktioniert folgendermaßen: Die IT einigt sich mit den Fachbereichen auf bestimmte Service-Level-Agreements (SLAs). Im Idealfall hat sie einen regelrechten Servicekatalog definiert, aus dem das Business die Varianten auswählen kann, die es sich leisten will: "Die Fachbereiche entscheiden über Abnahmemengen und Verfügbarkeit, also darüber, wie sie Risiko und Kosten ausbalancieren wolle. Damit legen sie letztlich auch die IT-Ausgaben fest", so Stams. Business und IT handelten zwar am Anfang des Jahres einen Budgetrahmen aus, der auf geschätzten Abnahmemengen basiere. Aber eigentlich werde das "Run-Budget" durch Preise und SLAs bestimmt. Die Aufgabe des IT-Leiters sei es, das Business zu beraten und die Preise zu begründen.

Konkurrenz durch die neue Werkshalle

Die Entscheidungen für Change-Projekte folgen einem ganz anderen Ablauf. "Jetzt schreiben Sie bitte nicht, Almatis habe kein Budget für IT-Investitionen", mahnt Stams. Das wäre in der Tat eine unzulässige Verkürzung, auch wenn es im Prinzip zutrifft. "Auch für den Change-Teil der IT-Ausgaben gebe ich zu Beginn des Jahres eine Schätzung ab", stellt Stams klar, "es gibt also eine Planung, aber entschieden wird fallweise. Man muss hier kein protektionistisches Budget einrichten."

Stattdessen werden diese Ausgaben aus dem Investitionsbudget des gesamten Unternehmens bestritten. Das Investment Comittee, in dem alle C-Level Manager vertreten sind, entscheidet einmal im Monat über die Verwendung der verfügbaren Mittel. "Da konkurrieren IT-Projekte dann beispielsweise mit dem Neubau einer Werkshalle", führt Stams aus, "die entscheidende Frage ist jeweils die nach dem Mehrwert für das Unternehmen". Dieses Vorgehen habe unter anderen den Vorteil, dass sich Run- und Change-Budget nicht gegenseitig kannibalisierten.

Drei Arten von Change-Projekten

Stams unterscheidet drei Kategorien von Change-Projekten - je nach dem Zweck, den sie verfolgen:

  1. Effizienzsteigerung: Diese Projekte sollen sich selbst tragen. Das lässt sich durch einen Return on Investment (Rol) nachweisen, der innerhalb eines Jahres erzielbar sein sollte.

  2. Wertschöpfung: Für Projekte, die neues Geschäft oder Wettbewerbsvorteile ermöglichen, fordert das Board nicht unbedingt einen Rol, weil dessen Berechnung, so Stams, "unendlich komplex" wäre. Hier sei eine "strategische Entscheidung" notwendig.

  3. Compliance: Projekte, die gesetzliche Vorhaben umsetzen, werden ebenfalls aus dem Investitionsbudget bezahlt. Aber de facto sind sie nicht Gegenstand der Diskussion. Sie müssen einfach gemacht werden.

IT-Budget - ein vergiftetes Geschenk?

Foto: Fotolia/J. Münch
Foto: Fotolia, J. Münch

Die unterschiedliche Handhabung von Betriebskosten und Investitionen ist aus Sicht des Ex-CIOs Resch ein guter Weg um einen "Anfangsfehler" der Kostendiskussion zu vermeiden, nämlich das bereits von Stams monierte Gießkannenprinzip. "Das IT-Budget ist ohnehin ein vergiftetes Geschenk", wirft Resch in die Kostendiskussion ein: "Die CIOs sind stolz darauf, dass sie die Budget-Hoheit haben. Und tatsächlich ist es ja auch sinnvoll, wenn sie ihr Know-how einsetzen, um die Ausgaben zu lenken. Aber dabei geht das Bewusstsein dafür verloren, dass die IT das Geld der Fachbereiche ausgibt und die IT Nutzen für die Anwender stiftet."

Aus diesem Grund hält Resch eine Lösung, wie Almatis sie praktiziert, für sinnvoll. Allerdings sollte seiner Ansicht nach ein Teil des Investitionsbudgets unter der Hoheit der IT verbleiben, denn nicht jedes IT-Vorhaben lässt sich einem Fachbereich zuordnen.

"Außerdem benötigen manche Dinge einfach eine gewisse Vorlaufzeit" erinnert der Berater an die Sonderstellung der IT: "Der CIO sollte im Idealfall die Anforderungen der Fachbereiche vorwegnehmen und die Technik liefern, bevor der Anwender weiß, dass er sie braucht. Deshalb benötigt die IT auf der finanziellen Seite ein Spielbein."

Niedrig hängende Früchte sind sauer

Einen zweiten Fehler machen viele Unternehmen, so fährt Resch fort, hinsichtlich der Frage, welche IT-Kosten sie eigentlich noch streichen könnten: "Im Vordergrund steht dann oft die Überlegung, an welche Kosten man am leichtesten herankommt. Aber man sollte sich auch fragen, welche Ausgaben für das Unternehmen am ehesten verzichtbar sind." Und das seien bei genauem Hinsehen eben nicht die niedrig hängenden Früchte.

"Im Prinzip sollten Sie die Kosten, an die Sie leicht herankommen, zuletzt streichen", rät Resch. Weiterbildung, Dienstreisen und Projekte, die noch nicht begonnen wurden, sind eben kein überflüssiger Luxus: "Wenn Sie Ihre Mitarbeiter nicht auf dem Stand der Technik halten, ist Ihre IT bald tot. Dienstreisen lassen sich keineswegs durch Videokonferenzen ersetzen. Es ist ja beinahe schon eine Binsenweisheit, dass die wirklich wichtigen Dinge in den Konferenzpausen besprochen werden. Und neue Projekte bringen das Unternehmen im Ganzen voran."

Deshalb sind zukunftsgerichtete Kosten allenfalls vorübergehend kürzbar, also für die Dauer des Survival Mode, weiß Resch: "Wenn ein Unternehmen um das Überleben kämpft, müssen auch notwendige Dinge aufgeschoben werden", räumt er ein, "aber dieser Modus kann kein Dauerzustand sein. Ansonsten überlebt das Unternehmen nicht lange."

Lieber zur Decke strecken

Die CIOs sollten lieber versuchen, die Ausgaben zu verringern, die Ihnen zunächst unvermeidbar erscheinen. Dazu zählen die Miete für das Rechenzentrum, das längst zu groß geworden ist, die Abschreibung für die Hardware, die nicht mehr dem Stand der Technik entspricht, die teilweise überhöhten Softwarewartungskosten etc.

Hier haben alle CIOs ein bisschen "Dreck am Stecken", so Resch, "sie schleppen Altlasten aus vor langer Zeit geschlossenen Verträgen mit sich herum". Diese Kosten seien zum Teil dafür verantwortlich, dass die Firmen an zu hohen Betriebskosten litten. Im laufenden Betrieb seien durchaus Potenziale zu heben. Aber dazu müssten die Unternehmen erst einmal investieren - in neue Technik, neue Infrastruktur und neue Verträge. Der IT-Chef hat also nicht nur aufzuzeigen, wo sich sparen lässt, sondern auch, wo Geld hineinfließen sollte. Resch: "Der IT-Verantwortliche muss seine Abteilung nach kaufmännischen Prinzipien führen. Seine Aufgabe ist die Produktivitätsentwicklung - für das Unternehmen und für seinen eigenen Betrieb." Wenn die IT mit einer neuen Software effizienter arbeitet, zahlt sich ein Release-Wechsel kurzfristig aus. Ein guter CIO handelt danach.

Wie Benchmarks helfen können

Streng genommen unterliegen interne IT-Abteilungen nicht dem Marktgeschehen, konstatiert Andreas Resch. Deshalb bräuchten sie Ersatzmechanismen, die ihnen klarmachen, wo sie stehen.

Ein Mittel zu diesem Zweck können Bechmarks sein - allerdings nicht in der Form, in der sie häufig praktiziert werden. "Sie provozieren oft eine Verteidigungshaltung - nach dem Motto: Wir sind anders, also nicht vergleichbar", weiß Resch. Das ist auch nicht immer von der Hand zu weisen, denn die Benchmarks heben, wie der Berater erkannt hat, "das Gesamtbudget auf den Roentgen-Tisch". Schließlich würden sie häufig vom CEO bezahlt, damit sie ihm Argumente für eine Verringerung der IT-Budgets liefern. "Verwertbare Aussagen lieferten sie jedoch nur, wenn sie Einzelleistungen verglichen", so Resch. Der CIO müsse genau wissen, was die Leistungen der IT am Markt kosteten.

Genau das erwartet denn auch der Döhler-CIO Scherer von einem Benchmark: "Ich bemühe mich, die Wettbewerbsfähigkeit der IT nachzuweisen - unter anderem, indem ich an der Benchmarking-Intitiative des CIO Circle teilnehme. Hier wird die Leistungsfähigkeit der IT auf einzelne Services heruntergebrochen."

Hubert Buchmann, Maturity
Foto: Buchmann/Maturity

Eine Lanze für die kommerziellen Benchmarking-Anbieter bricht der Maturity-Manager Buchmann: "Die Zeiten, in denen Benchmarker Gefälligkeitsgutachten für Controller erbracht haben, um den Druck auf IT-Budgets pauschal zu erhöhen, sind lange vorbei. Damit hat sich auch die Klientel der Auftragsgeber verändert: Der Nachweis einer effizienten und effektiven IT, also ein gesundes Vertrauen in die eigene Arbeit, führt vermehrt dazu, dass CIOs die Kosten für einen Benchmark als gut angelegte Investition betrachten."

Wer Benchmarks anbietet

IT-Benchmarking ist eine Management-Methode, mit der sich die Effizienz und Effektivität der IT-Dienstleistungen in unterschiedlichen Organisationen vergleichen lässt.

Sinnvoll können sowohl Vergleiche mit Unternehmen derselben Branche, aber auch mit Firmen aus einem ganz anderen Wirtschaftsbereich sein.

Das Ziel des Benchmarks ist es, "Best Practices" herauszuarbeiten und Verbesserungspotenziale in dem untersuchten Betrieb aufzudecken.

Es gibt eine Reihe von Beratungsunternehmen, die sich auf IT-Benchmarks spezialisiert haben. Dazu zählen unter anderen:

Nachtrag: So sieht der Worst Case aus

Bodo Deutschmann, ehemaliger Kögel-CIO
Foto: Deutschmann

Wenn ein CIO seine Abteilung im "Survival Mode" fährt, hat er selten Lust, darüber zu reden. Bodo Deutschmann hat es getan. Im Herbst vergangenen Jahres gab er der COMPUTERWOCHE ein Statement für die Rubrik "Was CIOs derzeit beschäftigt". Es blieb damals unveröffentlicht, denn Deutschmanns Arbeitgeber, die Kögel Fahrzeugwerke GmbH, Ulm, meldete kurz vor Drucklegung des bereits Korrektur gelesenen Textes Insolvenz an.

Zuvor hatte das Unternehmen aus der Automotive-Branche auch in der IT-Abteilung Kurzarbeit eingeführt; Deutschmann selbst arbeitete pro forma nur noch von montags bis mittwochs. Das IT-Budget war auf zehn Prozent des Vorjahreswerts heruntergefahren worden. Auf die Frage, mit welchem Trick er denn die Arbeit einer Woche in drei Tage presse, antwortete Deutschmann damals:

"In der Infrastruktur geht das ja noch. Kritisch wird es erst dann, wenn es um die Prozesse geht, um Innovationen, um alles, was in Richtung Organisation geht. Da können Sie in drei Tagen pro Woche nicht viel ausrichten - zumal die Mitarbeiter unterschiedliche Formen der Kurzarbeit praktizieren und außer am obligatorischen Dienstag nie alle am Arbeitsplatz erreichbar sind. Allerdings haben wir aufgrund der Budgetkürzung ohnehin keine neuen Projekte in Angriff genommen. Die Mitarbeiter, die eigentlich für die Prozesse zuständig waren, beschäftigen sich hauptsächlich mit Support-Aufgaben. Insgesamt beschränken wir uns darauf, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Mehr können wir wohl in diesem Augenblick nicht tun."

Trotzdem - oder gerade deswegen - schmiedete der von COMPUTERWOCHE und CIO zum Mittelstands-CIO 2008 gekürte Deutschmann einen Plan, wie er die geplante Restrukturierung des Unternehmens auf die IT übertragen könnte. "Für einen Betrieb, der sich aus wirtschaftlichen Gründen erheblich verkleinern muss, sind unsere Softwareapplikationen überdimensioniert", hatte Deutschmann festgestellt: "Vor allem die Wartung und Betreuung dieser Systeme ist viel zu teuer. Ich habe ausgerechnet, dass sich die Ablösung der bestehenden Systeme mit der Einführung einer schlankeren Software innerhalb von dreieinhalb Jahren amortisiert haben könnte. Die Geschäftsführung ist von meinen Vorstoß informiert und erwartet detaillierte Pläne. Nun hoffen wir auf einen Kredit der KfW, um diese Pläne auch in die Tat umsetzen zu können."

Der Kredit blieb aus, das Unternehmen wurde verkauft, die IT von 18 auf drei Leute verkleinert. Der CIO sucht heute - wie die anderen Führungskräfte auch - eine neue Herausforderung.

Kommentar: Transparent oder durchsichtig

COMPUTERWOCHE-Redakteurin Karin Quack

Haben die CIOs das Schlimmste hinter sich? Die jüngsten Gartner-Zahlen zum Thema IT-Ausgaben suggerieren wieder wachsende Budgets - wenn auch nicht für alle geografischen Regionen. Im von der Finanzkrise schwer gebeutelte Europa, vor allem in dessen östlichem Teil, werden die IT-Verantwortlichen wohl bis auf weiteres Diät halten müssen. Doch viele Investitionen, die lange aufgeschoben wurden, sind jetzt unerlässlich. Wer ein oder zwei Softwaregenerationen übersprungen hat, muss endlich einen Release-Wechsel ins Augefassen - und sei es nur, weil die Wartung für die alte Version ausläuft oder unerschwinglich wird. Für das Ende dieses Jahres sagt Gartner beispielsweise einen massenhaften Umstieg von Window XP auf Windows 7 - mit entsprechendem Desktop-Upgrade - voraus.

Außerdem haben die CIOs inzwischen gelernt, worauf es ankommt, wenn sie Geld für neue Systeme und Applikationen locker machen wollen: Entweder sie können auf gesetzliche Anforderungen (Compliance) verweisen - in diesem Fall ersticken sie jede Diskussion im Keim - oder sie rechnen der Unternehmensleitung vor, welchen Nutzen das jeweilige Projekt dem Business bringt - und zwar innerhalb eines Jahres. "Alles, was einen Return unter einem Jahr hat, machen wir", hört man häufig.

Hilfreich ist es dabei, wenn der IT-Verantwortliche bereits das Vertrauen seiner C-Level-Kollegen gewonnen hat. Und das fällt ihm erfahrungsgemäß am leichtesten, wenn er seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber externen Konkurrenten belegen kann. Das ist weit stichhaltiger als die schönen Worte vom CIO als weitsichtiger Technologieplaner, als Berater des Business, als Chief Innovation Officer etc. Nicht, dass wir uns falsch verstehen! Der IT-Chef sollte versuchen, all das zu sein. Aber vor allem muss er nachweisen können, dass die Leistungen seiner Abteilung mit den Angeboten vom Servicemarkt mithalten können.

Selbstbewusste CIOs betrachten Benchmarks als sinnvolle Investition, sagt Hubert Buchmann, Managing Director von Maturity. Das kann man als Eigenwerbung des Beratungsunternehmens abtun. Aber Benchmarking-Initiativen wie die des CIO Circle belegen, dass den IT-Chefs durchaus an einer Standordbestimmung ihrer eigenen Leistungsfähigkeit gelegen ist. Wer seine Stärken und Schwächen kennt, kann dem Vorstand gegenüber ganz anders argumentieren. Deshalb lässt sich die IT gern durchschauen - damit sie am Ende nicht so durchsichtig wird wie der (Ex-)CIO auf dem Teaser-Foto dieses Artikels. Karin Quack