Blade-Server-Strategie

Womit Cisco HP und IBM im Rechenzentrum angreifen will

17.03.2009 von Jürgen Hill
Mit einer eigenen Architektur - dem Unified Computing System - will Cisco künftig im RZ-Business mitmischen. Auch die passenden Blade-Server hat der Konzern nun offiziell präsentiert.
Gemeinsam mit Partnern wie Intel Boss Paul Otellini will Cisco-Chef Chambers das Rechenzentrum erobern. Ihren Schulterschluss untermauerten die Unternehmen mit Anzeigen unter dem Motto "Cisco, Intel - joined at the chip"
Foto: Cisco

Im Rahmen einer weltweiten, virtuellen Pressekonferenz, zu der 14 Cisco-Videokonferenzsysteme vom Typ "TelePresence" vernetzt wurden - bereitete Cisco-Chef John Chambers den Spekulationen um einen möglichen Server aus dem Haus der Netzwerker ein Ende. Ja, Cisco baut den Blade-Server, über den in den letzten Wochen unter dem Codenamen California spekuliert wurde. Damit hat eine über drei Jahre andauernde Geheimniskrämerei ein Ende, in deren Rahmen zehn Beta-Kunden die neue Plattform bereits auf Herz und Nieren testen durften.

Hinter dem Projekt California verbirgt sich mehr als nur die "Cisco UCS B-Series Blades". California beschreibt auch die RZ-Architektur "Unified Computing Systems" (UCS), die es Anwender, so Chambers ganz unbescheiden, "ermöglichen soll, die Virtualisierungs-Power auch in der Praxis zu nutzen". Einwände, dass in Sachen Virtualisierung bei den Anwendern derzeit kaum Bedarf herrsche und weltweit laut Forrester Research nur 30 Prozent diese Technik nutzen würden, wischte der Cisco-Boss mit einem Lächeln beiseite: "Ja, die Technik ist heute noch zu kompliziert, aber wir lösen diese Herausforderung mit UCS."

Ciscos Blade-Server mit kleinen Modulen.
Foto: Cisco

Bei der Lösung dieser Herausforderung kann Cisco auf eine namhafte Liste von Partnern bauen. So nahmen an der UCS-Pressekonferenz IT-Größen wie William Green, Chairman und CEO von Accenture; Bob Beauchamp, CEO von BMC Software; Joe Tucci, Chairman, President und CEO von EMC; Paul Otellini, President und CEO von Intel; Bob Muglia, President Server and Tools Business bei Microsoft sowie Paul Maritz, President und CEO bei VMware, teil. Weitere Partner sind laut Chambers auch RedHat, Novell, SAP, Oracle, Qlogic sowie Channel-Partner wie Unisys, Dimension Data oder Computacenter und Consultants beziehungsweise Systemintegratoren wie CSC, Tata oder Wipro. Auffallend an dieser Liste von "best breed partners", wie Chambers sie bezeichnet, ist, dass zwei langjährige Weggefährten der Netzwerker fehlen: IBM und Hewlett-Packard.

Druck auf die RZ-Kosten

Ciscos Blade-Server UCS B-Series mit großen Modulen.
Foto: Cisco

Angesichts der Partner wurde Chambers nicht müde zu betonen, dass UCS mehr sei als ein einziges Stück Hardware. Es bilde vielmehr die Grundlage für ein neues offenes Eco-System im Rechenzentrum und stehe gleichzeitig für ein Vertrauensmodell der Partner, wie es bislang in der IT-Industrie ungewöhnlich gewesen wäre. Für den Anwender soll diese neue Architektur die Investitionskosten um 20 Prozent und die Betriebskosten um 30 Prozent reduzieren.

Dies soll unter anderem dadurch erreicht werden, dass im RZ künftig nur noch eine 10 Gbit/s schnelle Infrastruktur zur Anbindung von Netzwerk, Speichersystem oder Peripherie benötigt wird. Gleichzeitig sei das System trotz seiner Skalierbarkeit wie ein einziger Server zu managen - unabhängig davon, ob nur ein Server oder bis zu 320 Servern mit tausenden von virtuellen Maschinen dahinter stünden. Die entsprechende Management.-Software stammt dabei von BMC, während VMware in Sachen Virtualisierung zum Einsatz kommt. Als Betriebssystem können beispielsweise die Server-Plattformen von Microsoft oder Linux-Systeme von Redhat und Novell/Suse verwendet werden.

Ciscos UCS-System ist mehr als nur ein Blade - es soll gleichzeitig die Verbindung zu anderen Systemen sicherstellen.
Foto: Cisco

Aber auch andere Betriebssysteme dürften wahrscheinlich nutzbar sein, denn die Cisco-Blades basieren auf Intels x86-Architektur Servern. Dazu verbaut Cisco die neuen Nehalem-Prozessoren, die Intels nächste Xeon-Generation sind. Ansonsten gab sich Chambers in Sachen Hardware bedeckt und vertröstete auf den April. Zu diesem Zeitpunkt will die Companys Details dazu veröffentlichen, in welchen Konfigurationen die UCS-Systeme ausgeliefert werden. Glaubt man den Partnern, dann scheint Cisco in Sachen Hardware jedoch ein echtes Husarenstück gelungen zu sein. Im Verlauf der virtuellen Pressekonferenz war immer wieder zu hören, dass die Blade-Server dank einer nicht näher spezifizierten Extended-Memory-Technologie eine bisher nicht für möglich gehaltene Menge an Arbeitsspeicher unterstützen. Damit ließen sich pro Server signifikant mehr virtuelle Maschinen betreiben.

Auf dem Weg in die Cloud

Für Cisco-Boss Chambers ist UCS nur ein Schritt auf dem Weg ins RZ - als nächstes stehen Private Clouds und Inter-Cloud auf der Agenda.
Foto: Cisco

Für Cisco-Chef Chambers ist die jetzt vorgestellte Virtualisierungsplattform UCS jedoch nur ein Baustein in der RZ-Strategie der Company. Ähnlich wie schon beim Thema Unified Communications existiert auch hier ein mehrstufiger Masterplan. Danach ist das Unified Computing System nur der dritte Schritt. Als Phase vier und fünf stehen Private Clouds und Inter-Clouds auf der Agenda, wie es schon Ciscos Technikchefin Warrior im Interview mit der COMPUTERWOCHE Ende Januar ausführte.

Das Beispiel Unified Communications ist noch unter einem anderen Aspekt interessant. So wie heute Ciscos Einstieg in das RZ- und Blade-Business von vielen Branchenkennern nur mit ungläubigem Zweifel kommentiert wird, waren die Netzwerker damals lediglich mitleidig belächelt worden, als sie mit dem CallMananger die ersten Gehversuche in Sachen IP-Telefonie unternahmen. Heute ist Cisco Marktführer in Sachen VoIP und offeriert mit TelePresence das Synonym für High-end-IP-Videokonferenzsysteme. Zudem mischt der Konzern beim Thema Collaboration in Form von WebEx mit. Von daher ist Cisco nicht zu unterschätzen, wenn Chambers die RZ-Strategie als einen Service-Baustein sieht, um, wie er es formuliert, "any content to any device, anytime, anywhere" zu liefern.