T-Systems tanzt in Sachen Cloud auf vielen Hochzeiten: Gemeinsam mit Huawei betreiben Sie die Open Telekom Cloud (OTC), außerdem gibt es Cloud-Bündnisse mit Microsoft - Stichwort: Daten-Treuhänderschaft - sowie mit Cisco und VMware. Wie passt das alles zusammen?
Strecker: Unsere Kunden stehen unter enormem Druck durch die hohe Digitalisierungsgeschwindigkeit. Sie setzen je nach Use Case verschiedene Cloud-Lösungen ein. Dazu greifen sie auf diverse Stacks für IaaS, PaaS und SaaS zu. Ihre Frage lautet: Für welchen Use Case nehme ich welches Angebot. Und wie spielen die verschiedenen Plattformen, die ich nutze, zusammen? Es geht also darum, Digitalisierungsvorhaben schnell umzusetzen, die richtigen Stacks auszuwählen und darauf zu achten, wie sie kommunizieren, Daten austauschen und welche Standards sie unterstützen.
Sie wollen also ein möglichst breites Cloud-Spektrum abbilden?
Strecker: Ja. Und zwar mit einem Portfolio, von dem wir hoffen und glauben, dass es wirklich relevant ist für unsere Kunden. Wir sehen etwa, dass im SaaS-Bereich die CRM-Plattform von Salesforce stark gefragt ist. Also schließen wir eine Partnerschaft, die es uns erlaubt, unsere Kunden hier zu bedienen. Aber Multi-Cloud heißt eben auch, dass wir offen sein wollen. Deshalb bieten wir zusammen mit SugarCRM auch eine Alternative an.
Gemeinsam mit Huawei in Richtung OpenStack
Welche Rolle spielt die gemeinsam mit Huawei betriebene Open Telekom Cloud in diesem Multi-Cloud-Szenario?
Strecker: Sie hat eine hohe Relevanz für uns. Wir glauben, dass die Kunden eine Alternative zu dem einen oder anderen großen Player wollen, weil sie das Abhängigkeitsrisiko scheuen. Deshalb gehen wir gemeinsam mit Huawei in Richtung OpenStack, einem offenen Standard also.
Wenn Unternehmen nicht nur irgendein IT-System nutzen, sondern buchstäblich ihr digitales Geschäftsmodell abbilden wollen, dann möchten sie auch die Option, den Partner gegebenenfalls wechseln zu können. Das ist in manchen Branchen besonders wichtig, vor allem dann, wenn sich die großen Public-Cloud-Provider so positionieren, dass sie mit den Unternehmen dieser Branchen in Wettbewerb treten könnten.
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Deshalb setzen wir mit der Open Telekom Cloud auf das OpenStack-Ökosystem. Viele unserer Kunden haben selbst OpenStack-Kompetenz aufgebaut. Ich kenne kaum einen großen Kunden, der nicht eine gewisse Anzahl von Leuten auf dem Thema hätte. Wir sind sicher, dass sich OpenStack als eines der großen Ökosysteme neben etwa einem AWS- oder einem Microsoft-Ökosystem etablieren wird.
Die Kunden gehen in eine hybride Welt
Was ist der Vorteil des OpenStack-Ökosystems aus T-Systems-Sicht?
Strecker: Firmen denken heute mit ihren Partnern und Kunden über gemeinsame digitale Geschäftsmodelle und Go-to-market-Ansätze nach. OpenStack lebt davon, dass Unternehmen, Partner, Kunden und auch wir als Provider gemeinsam Dinge weiterentwickeln können und dabei eine ganz andere Skalierung hinbekommen.
Was können Sie einem Kunden, der ja auch ohne den T-Systems-Umweg in die Microsoft- oder Salesforce-Cloud gehen kann, als Mehrwert anbieten?
Strecker: Wenn wir uns heute unsere Klientel ansehen, dann haben wir es mit einer ganz großen Veränderung durch Cloud Computing zu tun. Früher wurde beim Kunden SAP eingeführt, dann passten alle Beteiligten die Software mit großem Aufwand an den Geschäftsprozess an. Heute sind die Kunden bereit, umgekehrt ihre Geschäftsprozesse an standardisierte Lösungen anzupassen. Doch das ist nicht trivial, die Lösungen müssen konsumierbar gemacht werden und gegebenenfalls auch in hybriden Szenarien laufen.
Ein schönes Beispiel ist die Microsoft-Partnerschaft: Die meisten Kunden gehen heute nicht stumpf in die Office-365-, sondern in eine hybride Welt. Für einige User muss das in einer Private Cloud gemanagt werden - aus rechtlichen Gründen oder wegen irgendwelcher Policies im Unternehmen. Oder die Firmen beziehen einen Teil aus der Public Cloud, etwa das Mail-System, aber Active Directory oder bestimmte Sharepoint-Thematiken betreiben sie dediziert. Wir bieten also Enterprise-Lösungen an, die Public- und Private-Cloud-Elemente enthalten und End-to-End konsumierbar sind.
Dabei hilft uns unsere Erfahrung als Managed-Service-Provider. Wir nehmen das für den Kunden in die Hand, und wenn es einen Incident oder ein Problem gibt, dann sorgen wir dafür, dass das schnell gefixt ist und der Kunden nicht erst mit 20 Providern telefonieren und nach Ursachen suchen muss.
Ein offener Multi-Cloud-Ansatz müsste ja eigentlich auch die AWS-, Microsoft- und IBM-Cloud-Angebote berücksichtigen. Übernehmen Sie auch in solchen Umgebungen die generelle Verantwortung?
Strecker: Wir wären als Multi-Cloud-Anbieter nicht glaubhaft, wenn wir dem Kunden nicht mindestens diese Möglichkeit eröffnen würden. In welcher Form wir dann die Verantwortung übernehmen, was beispielsweise mit den Daten passiert, das ist natürlich eine andere Diskussion. Logischerweise können wir aber mit Lösungen, bei denen wir selbst den End-to-End-Durchgriff haben und beispielsweise auch das Data-Management machen, ganz andere Service-Level und Garantien bieten.
Die Kunden möchten Cloud-Services direkt im Netz buchen
Wie ist der Status quo der Open Telekom Cloud? Wie viele Kunden haben Sie bereits und aus welchen Branchen und Betriebsgrößen kommen sie?
Strecker: Die Open Telekom Cloud ist ja ein Public-Cloud-Stack, den wir im Direktvertrieb anbieten, der aber auch im Internet buchbar ist. Davon machen ganz viele Betriebe Gebrauch. Die interessieren sich für unseren offenen Stack und wollen darauf ihre Lösungen umsetzen und anbieten. Es gibt in Deutschland viele junge Unternehmen, die sehr Cloud-affin sind. Die wissen genau, was sie damit tun.
In den Großunternehmen stellen wir fest, dass der Transformationsprozess oft gar nicht in der klassischen IT stattfindet, sondern dass es die Geschäftsbereiche sind, die solche Lösungen beziehen - diejenigen, die digitale Projekte verantworten. Dort geht es um schnelle Entscheidungsprozesse, um Agilität und Speed. Die Adaptionsrate ist in diesen innovativen Geschäftsbereichen ähnlich hoch wie bei den Born-in-the-Cloud-Kunden. Parallel sind wir aber auch in der klassischen Welt aktiv, wo wir der IT Leistungen über ganz normale Requests for Proposals oder Requests for Information anbieten. Dort gehen wir mit den klassischen IT-Abteilungen in die Diskussion über Use Cases, Cloudifizierungsansätze etc.
Viele Unternehmen haben noch eine eigene, hochvirtualisierte IT-Landschaft und denken nun darüber nach, Workloads in die Public-Cloud zu schieben. T-Systems hat dafür mehrere Angebote: die DSI vCloud für VMware-Kunden, die Microsoft-Azure-Welt, für die Sie die Treuhänderschaft übernehmen, die gemeinsam mit Cisco betriebene DSI Intercloud und die OTC. Ist das nicht verwirrend?
Strecker: Es gibt zwei klare Kriterien. Zunächst schauen wir uns an: In welcher Welt lebt der Kunde heute, wie holen wir ihn am besten ab? Je nachdem, ob er aus einem VMware-, Microsoft- oder OpenStack-Ökosystem kommt, bedienen wir ihn so, wie er es möchte. Der zweite Aspekt sind die Use Cases: Über welche Themen reden wir hier eigentlich, wie können wir sie optimal abbilden?
Wenn Sie an die Zukunft denken: Es wird auch darum gehen, die Cloud-Welten flexibel zu nutzen und vielleicht einzelne Microservices nicht mehr von diesem, sondern von jenem Provider zu beziehen. Wir müssen das dann austauschen können. Hier haben wir bereits eine positive Lernkurve hinter uns.
T-Systems will bald ersten Referenzkunden für Azure-Cloud nennen
Kürzlich gab es den Microsoft-Azure-Launch in der T-Systems-Cloud. Wie haben die Kunden reagiert?
Strecker: Wir sind kurz davor, Ihnen einen Referenzkunden nennen zu können. Geben Sie uns noch ein paar Tage. Das Thema hat ein enormes Echo ausgelöst, wir haben sehr viele Kundennachfragen. Ich glaube, das war ein ganz cleverer Schachzug - oder wie sehen Sie das?
Wir fragen uns, was passiert, sollten echte Softwareprobleme auftreten und aufgrund des Daten-Treuhänderschaft-Abkommens kein Microsoft-Experte eingreifen können, um sie schnell zu lösen. Reichen Ihre Kompetenzen und Berechtigungen aus, um mit hundertprozentiger Zuverlässigkeit zu supporten?
Strecker: Wir haben eine relativ große Betriebsmannschaft aufgebaut, aber genauso wichtig ist die Frage: Wie sehen die Incident-Prozesse etc. aus? Da kann ich Ihnen nur eins sagen: Wir haben kräftig geübt in den letzten Monaten (lacht). Im Ernst: Wir reden über Business-to-Business-Szenarien, da ist es klar, dass das am Ende des Tages funktionieren wird. Ich bin da ganz relaxed, weil wir so etwas nicht zum ersten Mal machen. Ich war mal in einer großen Bank in Frankfurt für den Betrieb zuständig. Wenn Sie das ein oder zwei Jahre gemacht haben, dann wissen Sie, was das Managen von Verfügbarkeiten bedeutet.
Wenn Kunden über die T-Systems-Cloud Microsoft-Produkte nutzen, wird das dann teurer, als wenn sie sich direkt an Microsoft wenden. Mit welchen Aufschlägen müssen sie rechnen?
Strecker: Solange die Preise nicht öffentlich sind, kann ich dazu keine Aussage machen. Aber natürlich gibt es viele Diskussionen zwischen Microsoft und der Telekom. Wobei es primär um den Vergleich und die Unterschiede der deutschen Microsoft Cloud zu anderen, wie beispielsweise aus Dublin, geht. Grundsätzlich ist es aber so: Wenn den Kunden das Plus an Sicherheit nichts wert wäre, hätten wir die Lösung nicht so umgesetzt wie sie ist.
Zum Thema Internet of Things: In vielen Projekten handelt es sich um Cloud-Lösungen, die hier realisiert werden. Welche Angebote hält T-Systems dafür bereit und welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit Cisco in der DSI InterCloud?
Strecker: Wir haben einen IoT-Stack, der auf Azure als Startpunkt basiert, und wir werden das auch um andere Provider erweitern, so dass wir Lösungen haben werden für bestimmte Industrien und für typische Use Cases. Auch hier geht es nicht um die eine strategische IoT-Plattform. Es wird mehrere geben. Die spannende Frage ist dann, wie diese Plattformen kommunizieren.
Aus den einzelnen Use Cases folgt die Wahl der Plattform. Hier geht es um tiefe Eingriffe in Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse. Für viele Kunden werden unsere Partner die richtigen Lösungen anbieten, an Key-Industrien wollen wir uns mit entsprechenden Angeboten selbst wenden. Wir werden gemeinsam Use Cases erarbeiten und dann die richtige Plattform anbieten.
IoT ist für viele Anwender noch ein Buch mit sieben Siegeln
Ist im IoT-Bereich das Multi-Cloud-Management besonders wichtig? Es ist ja absehbar, dass IoT-Szenarien über verschiedene Plattformen realisiert werden müssen.
Strecker: Der IoT-Markt ist noch nicht so reif wie der Cloud-Markt. Viele Unternehmen überlegen auch noch: Was bedeutet es eigentlich für mein Business, wenn sich Menschen, Gegenstände und Devices automatisch erkennen und unterhalten? Da probieren im Moment viele aus und denken über Geschäftsmodelle nach. Und schließlich ist natürlich wichtig, wo die Daten liegen und wie sicher sie sind. Hier reicht das Spektrum von Überlegungen wie "Sicher sind Daten nur in meinem eigenen Data Center" bis hin zu "das Sicherheits- und Datenschutz-Level eines Dienstleister-Rechenzentrums kann ich selbst nicht erreichen".
Wir bieten unseren Kunden an, das Thema so für sie zu managen, dass nur die Daten miteinander kommunizieren, die auch kommunizieren sollen. Daten, die der Kunden nicht aus der Hand geben will, bleiben bei ihm. Tatsächlich müssen aber viele Unternehmen mit ähnlichen Themen umgehen, zum Beispiel mit autonomem Fahren in der Automobilbranche. Da gibt es Datenklassen, die muss einfach jeder mit jedem teilen, und es gibt Car-spezifische Daten, die nur der Hersteller - vielleicht gemeinsam mit einem wichtigen Zulieferer - hat.
Manche großen Anwender fühlen sich sicherer, wenn sie alles selbst machen. Ich glaube aber, das wird sich relativieren. Man wird sich fragen: Wie differenziere ich mich, was ist meine Wertschöpfung und was ist morgen ein Commodity-Service, den ich in die Cloud auslagern kann.