Interview mit T-Systems-Manager Frank Strecker

"Wir setzen auf das OpenStack-Ökosystem"

25.10.2016
OpenStack wird sich als eines der großen Ökosysteme für Cloud Computing durchsetzen, meint Frank Strecker, bei T-Systems verantwortlich für das globale Cloud-Business. Insbesondere in Deutschland gebe es viele Kunden, die einen offenen Standard favorisierten, um digitale Geschäftsmodelle zu verfolgen.
  • T-Systems strebt ein breites Cloud-Portfolio an, um alle Marktanforderungen bedienen zu können
  • Die Daten-Treuhänderschaft für Kunden, die Microsofts Azure-Angebot nutzen wollen, "wird funktionieren"
  • Mit dem Internet of Things wird derzeit noch vor allem experimentiert

T-Systems tanzt in Sachen Cloud auf vielen Hochzeiten: Gemeinsam mit Huawei betreiben Sie die Open Telekom Cloud (OTC), außerdem gibt es Cloud-Bündnisse mit Microsoft - Stichwort: Daten-Treuhänderschaft - sowie mit Cisco und VMware. Wie passt das alles zusammen?

Strecker: Unsere Kunden stehen unter enormem Druck durch die hohe Digitalisierungsgeschwindigkeit. Sie setzen je nach Use Case verschiedene Cloud-Lösungen ein. Dazu greifen sie auf diverse Stacks für IaaS, PaaS und SaaS zu. Ihre Frage lautet: Für welchen Use Case nehme ich welches Angebot. Und wie spielen die verschiedenen Plattformen, die ich nutze, zusammen? Es geht also darum, Digitalisierungsvorhaben schnell umzusetzen, die richtigen Stacks auszuwählen und darauf zu achten, wie sie kommunizieren, Daten austauschen und welche Standards sie unterstützen.

Frank Strecker verantwortet bei T-Systems das gesamte Cloud-Business, darunter die gemeinsam mit Huawei betriebene "Open Telekom Cloud".
Foto: T-Systems

Sie wollen also ein möglichst breites Cloud-Spektrum abbilden?

Strecker: Ja. Und zwar mit einem Portfolio, von dem wir hoffen und glauben, dass es wirklich relevant ist für unsere Kunden. Wir sehen etwa, dass im SaaS-Bereich die CRM-Plattform von Salesforce stark gefragt ist. Also schließen wir eine Partnerschaft, die es uns erlaubt, unsere Kunden hier zu bedienen. Aber Multi-Cloud heißt eben auch, dass wir offen sein wollen. Deshalb bieten wir zusammen mit SugarCRM auch eine Alternative an.

Gemeinsam mit Huawei in Richtung OpenStack

Welche Rolle spielt die gemeinsam mit Huawei betriebene Open Telekom Cloud in diesem Multi-Cloud-Szenario?

Strecker: Sie hat eine hohe Relevanz für uns. Wir glauben, dass die Kunden eine Alternative zu dem einen oder anderen großen Player wollen, weil sie das Abhängigkeitsrisiko scheuen. Deshalb gehen wir gemeinsam mit Huawei in Richtung OpenStack, einem offenen Standard also.

Wenn Unternehmen nicht nur irgendein IT-System nutzen, sondern buchstäblich ihr digitales Geschäftsmodell abbilden wollen, dann möchten sie auch die Option, den Partner gegebenenfalls wechseln zu können. Das ist in manchen Branchen besonders wichtig, vor allem dann, wenn sich die großen Public-Cloud-Provider so positionieren, dass sie mit den Unternehmen dieser Branchen in Wettbewerb treten könnten.

Möchten Sie mehr über die Cloud-Strategie von T-Systems erfahren? Lesen Sie:

Deshalb setzen wir mit der Open Telekom Cloud auf das OpenStack-Ökosystem. Viele unserer Kunden haben selbst OpenStack-Kompetenz aufgebaut. Ich kenne kaum einen großen Kunden, der nicht eine gewisse Anzahl von Leuten auf dem Thema hätte. Wir sind sicher, dass sich OpenStack als eines der großen Ökosysteme neben etwa einem AWS- oder einem Microsoft-Ökosystem etablieren wird.

Die Kunden gehen in eine hybride Welt

Was ist der Vorteil des OpenStack-Ökosystems aus T-Systems-Sicht?

Strecker: Firmen denken heute mit ihren Partnern und Kunden über gemeinsame digitale Geschäftsmodelle und Go-to-market-Ansätze nach. OpenStack lebt davon, dass Unternehmen, Partner, Kunden und auch wir als Provider gemeinsam Dinge weiterentwickeln können und dabei eine ganz andere Skalierung hinbekommen.

Was können Sie einem Kunden, der ja auch ohne den T-Systems-Umweg in die Microsoft- oder Salesforce-Cloud gehen kann, als Mehrwert anbieten?

Strecker: Wenn wir uns heute unsere Klientel ansehen, dann haben wir es mit einer ganz großen Veränderung durch Cloud Computing zu tun. Früher wurde beim Kunden SAP eingeführt, dann passten alle Beteiligten die Software mit großem Aufwand an den Geschäftsprozess an. Heute sind die Kunden bereit, umgekehrt ihre Geschäftsprozesse an standardisierte Lösungen anzupassen. Doch das ist nicht trivial, die Lösungen müssen konsumierbar gemacht werden und gegebenenfalls auch in hybriden Szenarien laufen.

Ein schönes Beispiel ist die Microsoft-Partnerschaft: Die meisten Kunden gehen heute nicht stumpf in die Office-365-, sondern in eine hybride Welt. Für einige User muss das in einer Private Cloud gemanagt werden - aus rechtlichen Gründen oder wegen irgendwelcher Policies im Unternehmen. Oder die Firmen beziehen einen Teil aus der Public Cloud, etwa das Mail-System, aber Active Directory oder bestimmte Sharepoint-Thematiken betreiben sie dediziert. Wir bieten also Enterprise-Lösungen an, die Public- und Private-Cloud-Elemente enthalten und End-to-End konsumierbar sind.

Dabei hilft uns unsere Erfahrung als Managed-Service-Provider. Wir nehmen das für den Kunden in die Hand, und wenn es einen Incident oder ein Problem gibt, dann sorgen wir dafür, dass das schnell gefixt ist und der Kunden nicht erst mit 20 Providern telefonieren und nach Ursachen suchen muss.

Ein offener Multi-Cloud-Ansatz müsste ja eigentlich auch die AWS-, Microsoft- und IBM-Cloud-Angebote berücksichtigen. Übernehmen Sie auch in solchen Umgebungen die generelle Verantwortung?

Strecker: Wir wären als Multi-Cloud-Anbieter nicht glaubhaft, wenn wir dem Kunden nicht mindestens diese Möglichkeit eröffnen würden. In welcher Form wir dann die Verantwortung übernehmen, was beispielsweise mit den Daten passiert, das ist natürlich eine andere Diskussion. Logischerweise können wir aber mit Lösungen, bei denen wir selbst den End-to-End-Durchgriff haben und beispielsweise auch das Data-Management machen, ganz andere Service-Level und Garantien bieten.

Die Kunden möchten Cloud-Services direkt im Netz buchen

Wie ist der Status quo der Open Telekom Cloud? Wie viele Kunden haben Sie bereits und aus welchen Branchen und Betriebsgrößen kommen sie?

Strecker: Die Open Telekom Cloud ist ja ein Public-Cloud-Stack, den wir im Direktvertrieb anbieten, der aber auch im Internet buchbar ist. Davon machen ganz viele Betriebe Gebrauch. Die interessieren sich für unseren offenen Stack und wollen darauf ihre Lösungen umsetzen und anbieten. Es gibt in Deutschland viele junge Unternehmen, die sehr Cloud-affin sind. Die wissen genau, was sie damit tun.

Innovative Geschäftsbereiche sind oft ähnlich Cloud-affin wie Startups, sagt Frank Strecker.
Foto: T-Systems

In den Großunternehmen stellen wir fest, dass der Transformationsprozess oft gar nicht in der klassischen IT stattfindet, sondern dass es die Geschäftsbereiche sind, die solche Lösungen beziehen - diejenigen, die digitale Projekte verantworten. Dort geht es um schnelle Entscheidungsprozesse, um Agilität und Speed. Die Adaptionsrate ist in diesen innovativen Geschäftsbereichen ähnlich hoch wie bei den Born-in-the-Cloud-Kunden. Parallel sind wir aber auch in der klassischen Welt aktiv, wo wir der IT Leistungen über ganz normale Requests for Proposals oder Requests for Information anbieten. Dort gehen wir mit den klassischen IT-Abteilungen in die Diskussion über Use Cases, Cloudifizierungsansätze etc.

Viele Unternehmen haben noch eine eigene, hochvirtualisierte IT-Landschaft und denken nun darüber nach, Workloads in die Public-Cloud zu schieben. T-Systems hat dafür mehrere Angebote: die DSI vCloud für VMware-Kunden, die Microsoft-Azure-Welt, für die Sie die Treuhänderschaft übernehmen, die gemeinsam mit Cisco betriebene DSI Intercloud und die OTC. Ist das nicht verwirrend?

Strecker: Es gibt zwei klare Kriterien. Zunächst schauen wir uns an: In welcher Welt lebt der Kunde heute, wie holen wir ihn am besten ab? Je nachdem, ob er aus einem VMware-, Microsoft- oder OpenStack-Ökosystem kommt, bedienen wir ihn so, wie er es möchte. Der zweite Aspekt sind die Use Cases: Über welche Themen reden wir hier eigentlich, wie können wir sie optimal abbilden?

Wenn Sie an die Zukunft denken: Es wird auch darum gehen, die Cloud-Welten flexibel zu nutzen und vielleicht einzelne Microservices nicht mehr von diesem, sondern von jenem Provider zu beziehen. Wir müssen das dann austauschen können. Hier haben wir bereits eine positive Lernkurve hinter uns.

T-Systems will bald ersten Referenzkunden für Azure-Cloud nennen

Kürzlich gab es den Microsoft-Azure-Launch in der T-Systems-Cloud. Wie haben die Kunden reagiert?

Strecker: Wir sind kurz davor, Ihnen einen Referenzkunden nennen zu können. Geben Sie uns noch ein paar Tage. Das Thema hat ein enormes Echo ausgelöst, wir haben sehr viele Kundennachfragen. Ich glaube, das war ein ganz cleverer Schachzug - oder wie sehen Sie das?

Wir fragen uns, was passiert, sollten echte Softwareprobleme auftreten und aufgrund des Daten-Treuhänderschaft-Abkommens kein Microsoft-Experte eingreifen können, um sie schnell zu lösen. Reichen Ihre Kompetenzen und Berechtigungen aus, um mit hundertprozentiger Zuverlässigkeit zu supporten?

Die Geschichte von T-Systems
T-Systems – so fing alles an
Im Jahr 1995 wurde die Deutsche Bundespost privatisiert und die Deutsche Telekom AG entstand. Fünf Jahre später, im Jahr 2000 gründete die Telekom T-Systems als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Zum Kerngeschäft des international agierenden Dienstleisters zählt die Informations- und Kommunikationstechnologie. Die Telekom-Tochter T-Systems bietet ihre Dienstleistungen sowohl mittelständischen Unternehmen als auch global agierenden Konzernen an.
Debis kommt dazu
Die Deutsche Telekom AG hatte im Oktober 2000 einen Anteil von 50,1 Prozent am IT-Dienstleister Debis Systemhaus erworben. Der herstellerunabhängige IT-Dienstleiser gehörte vollständig der Debis AG und damit der DaimlerChrysler AG. Mit dem Kauf hatte das neue IT-Dienstleistungsunternehmen T-Systems rund 37.000 Mitarbeiter.
Weitere Töchter kommen dazu
Im Jahr 2001 gliederte die Telekom zahlreiche weitere Unternehmen in die T-Systems aus. Unter deren Dach schlüpften beispielsweise DeTeCSM, Berkom, Multimedia Software GmbH Dresden, DeTeSystem, Infonet oder Telecash. Alle T-Systems Einzelfirmen beschäftigten rund 40.000 Mitarbeiter.
Noch mal Debis
Im Januar 2002 übernahm T-Systems die restlichen 49,9 Prozent des Debis Systemhauses. Allerdings gestaltete sich die Integration alles andere als einfach. Die Debis-Mitarbeiter waren eine dezentrale und projektorientierte Arbeitsweise mit vielen Freiheiten gewohnt. Sie trafen auf Kollegen und Vorgesetzte, die aus der zentralistischen Welt eines ehemaligen Staatsunternehmens kamen, darunter auch Beamte. Kaum verwunderlich, wer sich am Ende durchsetzte. Viele Debis-Führungskräfte verließen daraufhin das Unternehmen.
Fluktuation auf Chefsessel
Karl Heinz Achinger, langjähriger Chef des Debis-Systemhauses (im Bild), wurde zum Vorstandsvorsitzenden von T-Systems berufen. Der 1942 in Garmisch-Partenkirchen geborene Achinger hatte in München Betriebswirtschaft studiert und seine Berufslaufbahn bei den Motoren- und Turbinenunion (MTU) in München begonnen. 1989 war er zu Daimler-Benz gewechselt. Doch er hatte nur kurz den T-Systems Chefsessel inne. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über die strategische Ausrichtung musste er bald wieder seinen Stuhl räumen.
Christian A. Hufnagl
Es übernahm Christian A. Hufnagl. Doch auch der drei Jahre jüngere Hufnagl hielt es nicht besonders lange an der Spitze von T-Systems aus. Zwar war er als ehemaliger DeTeSystem-Chef mit der Telekom-Welt bestens vertraut, doch im Januar 2003 war für ihn Schuss und auch er musste abdanken.
Die Ära Konrad F. Reiss
Anfang Januar 2003 übernahm Konrad F. Reiss das Ruder. Der studierte Betriebswirt war nach Stationen bei Cap Gemini und Debis Systemhaus im Januar 2003 in den Vorstand der Deutschen Telekom berufen worden und übernahm gleichzeitig als Vorsitzender der Geschäftsführung von T-Systems International die Geschicke der IT-Tochter. Reiss richtete das Unternehmen neu aus. Unter seiner Leitung erhielt der IT-Dienstleister eine neue, moderne Unternehmensstruktur und ein klares Profil im Outsourcing- und IT-Servicemarkt.
Dynamic Services
Früh, ab dem Jahr 2004, investiert T-Systems unter Reiss in die Virtualisierung der Serverinfrastruktur in den Rechenzentren, noch bevor sich dafür der Begriff "Cloud Computing" etabliert.
Meisterstück Toll Collect
Neben der gelungenen Neuausrichtung von T-Systems rettete der Manager auch ein anderes Prestige-Projekt vor einem Fiasko. Als sein Meisterstück gilt das Toll-Collect-Projekt. Als ihm die Verantwortung für die Entwicklung des stark gefährdeten Mautsystems Toll-Collect übertragen wurde, stutzte er es Projekt auf ein Maß, das sich innerhalb der geforderten Zeit umsetzen ließ, holte die richtigen Projekt-Manager an Bord und schaffte es im Januar 2005, termingerecht ein lauffähiges System zu übergeben.
T-Systems verlässt Herkules-Konsortium
Der Erfolg des Toll-Collect-Projekts hatte die Position von Reiss im Unternehmen gestärkt. Kurze Zeit später kündigte er den Ausstieg aus dem mit IBM und SBS gegründeten Konsortium an, das mit der deutschen Bundeswehr über das Outsourcing-Projekt Herkules verhandelte. Marktbeobachter begrüßten diesen Schritt, denn das Prestigevorhaben des Verteidigungsministeriums galt als sehr schwierig und riskant.
Der plötzliche Tod des Managers
Die Todesnachricht des erfolgreichen Managers schockierte die IT-Welt. Konrad F. Reiss, CEO der T-Systems International GmbH, verstarb am 7. April 2005 überraschend im Alter von 47 Jahren an Herzversagen während eines Osterurlaubs in Südafrika. Reiss hatte sich um T-Systems enorme Verdienste erworben. Er hinterließ eine Ehefrau und drei Kinder. Die Leitung von T-Systems übernahm interimsweise Wilfried Peters, bislang verantwortlich für den Bereich Finance & Controlling.Für T-Systems sollte eine lange Phase der Unruhe folgen.
Lothar Pauly als Nachfolger
Der im Oktober 2005 berufene Nachfolger Lothar Pauly war in der IT-Branche kein Unbekannter. Er übernahm als Chief Executive Officer (CEO) die Telekom-Tochter T-Systems, im Vorstand der Telekom war er für Systemgeschäft, Produktion, IT und Einkauf verantwortlich. Pauly trat im Mai 2007 von seinem Posten als CEO zurück, „um Schaden vom Telekom-Konzern fernzuhalten“, wie es hieß. Richtig miteinander warm geworden sind T-Systems und Pauly allerdings nie.
Pauly und Siemens
Pauly trat im Mai 2007 von seinem Posten als CEO zurück, „um Schaden vom Telekom-Konzern fernzuhalten“, wie es hieß. <br/><br/> Übersetzt hieß das: Lothar Pauly holte seine Siemens-Vergangenheit ein. Nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann und BWL-Studium heuerte Pauly 1987 bei Siemens an und verbrachte dort in verschiedenen Positionen viele Berufsjahre, zuletzt als Leiter des Geschäftsbereichs Communications (Com). Vermutlich waren die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München gegen Pauly im Zuge der Siemens-Schmiergeldaffäre sowie die schlechte wirtschaftliche Lage von T-Systems so schwerwiegend, dass ihn der damalige Telekom-Chef René Obermann am 31. Mai 2007 entließ. Richtig miteinander warm geworden sind T-Systems und Pauly allerdings nie.
Verkaufsgerüchte
Für eine geregelte Stabsübergabe fehlte schlichtweg die Zeit. Nachdem Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick kommissarisch den Posten von Pauly für wenige Wochen übernahm, leitete Wilfried Peters abermals als kommissarischer Vorsitzender der Geschäftsführung von T-Systems von Mitte Juni bis Dezember 2007 T-Systems. Dann hatte die Telekom endlich einen neuen Mann für die Unternehmensspitze gefunden.<br/><br/> Infolge der Unruhen bei T-Systems machten Spekulationen die Runde, die Telekom wolle die IT-Tochter am liebsten verkaufen.
Reinhard Clemens wechselt zu T-Systems
Ende 2007 wechselte Reinhard Clemens schließlich zum Telekom-Konzern, wo er am 1. Dezember die Rolle des Geschäftsführers von T-Systems übernahm. Gleichzeitig sitzt Clemens – wie seine Vorgänger – auch im Vorstand der Deutschen Telekom. Dort verantwortet er die Geschäftskunden-Sparte des Konzerns. <br/><br/> Der 1960 geborene Clemens kam von der EDS Holding GmbH, wo er als Deutschland-Geschäftsführer das hiesige Outsourcing-Geschäft des amerikanischen IT-Dienstleisters angekurbelt hatte.
Neuausrichtung von T-Systems
Ziemlich bald machte sich Clemens daran, T-Systems neu auszurichten. Ein Teil dieser Strategie war es, die bislang rechtlich getrennten Untergesellschaften zu einer einheitlichen Organisation zusammenzuführen. Reinhard Clemens leitet seit Ende 2007 die Geschicke von T-Systems und hat damit so lange wie kein CEO vor ihm dieses Amt inne.
Großauftrag von Shell
Im Jahr 2008 sicherte sich der IT-Dienstleister einen Großauftrag von Shell. Der Vertrag hatte ein Volumen von eine Milliarde Euro (rund 1,58 Milliarden Dollar) bei einer Laufzeit von fünf Jahren. Rund 900 IT-Spezialisten von Shell wechselten zur Telekom-Tochter. Der Shell-Deal wurde zum Auslöser für eine Auftragswelle bei T-Systems.
Probleme mit Outsourcing-Deals
Das schnelle Wachstum offenbarte auch Schattenseiten. Anfang 2011 stoppte etwa die WestLB ein Outsourcing-Deal mit T-Systems. Zudem gab es Berichte über unzufriedene Kunden, darunter angeblich auch Shell.
Ständiger Wandel
Über die Jahre passte T-Systems seine Strategie immer wieder den sich rasch veränderten Strömungen des IT-Dienstleistungsgeschäfts an, doch die im Frühjahr 2014 angekündigte Neuausrichtung hat eine besondere Dimension. <br/><br/> T-Systems richtet sich ganz klar auf neue Wachstumsfelder wie die anstehende Digitalisierung der Wirtschaft, Anwendungen im Machine-to-Machine-Umfeld (M2M), Cloud, Sicherheit, intelligente Netze und Big Data aus. Dafür strebt man im klassischen Geschäft mit Betriebsdienstleistungen keine hohen Ziele mehr an, sondern möchte das aktuelle Niveau halten. Outsourcing-Leistungen, mit denen das Unternehmen groß geworden ist, drücken aufgrund des hohen Preisdrucks im Markt auf die Marge und rücken nach und nach aus dem Fokus von T-Systems.

Strecker: Wir haben eine relativ große Betriebsmannschaft aufgebaut, aber genauso wichtig ist die Frage: Wie sehen die Incident-Prozesse etc. aus? Da kann ich Ihnen nur eins sagen: Wir haben kräftig geübt in den letzten Monaten (lacht). Im Ernst: Wir reden über Business-to-Business-Szenarien, da ist es klar, dass das am Ende des Tages funktionieren wird. Ich bin da ganz relaxed, weil wir so etwas nicht zum ersten Mal machen. Ich war mal in einer großen Bank in Frankfurt für den Betrieb zuständig. Wenn Sie das ein oder zwei Jahre gemacht haben, dann wissen Sie, was das Managen von Verfügbarkeiten bedeutet.

Wenn Kunden über die T-Systems-Cloud Microsoft-Produkte nutzen, wird das dann teurer, als wenn sie sich direkt an Microsoft wenden. Mit welchen Aufschlägen müssen sie rechnen?

Strecker: Solange die Preise nicht öffentlich sind, kann ich dazu keine Aussage machen. Aber natürlich gibt es viele Diskussionen zwischen Microsoft und der Telekom. Wobei es primär um den Vergleich und die Unterschiede der deutschen Microsoft Cloud zu anderen, wie beispielsweise aus Dublin, geht. Grundsätzlich ist es aber so: Wenn den Kunden das Plus an Sicherheit nichts wert wäre, hätten wir die Lösung nicht so umgesetzt wie sie ist.

Zum Thema Internet of Things: In vielen Projekten handelt es sich um Cloud-Lösungen, die hier realisiert werden. Welche Angebote hält T-Systems dafür bereit und welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit Cisco in der DSI InterCloud?

Strecker: Wir haben einen IoT-Stack, der auf Azure als Startpunkt basiert, und wir werden das auch um andere Provider erweitern, so dass wir Lösungen haben werden für bestimmte Industrien und für typische Use Cases. Auch hier geht es nicht um die eine strategische IoT-Plattform. Es wird mehrere geben. Die spannende Frage ist dann, wie diese Plattformen kommunizieren.

Aus den einzelnen Use Cases folgt die Wahl der Plattform. Hier geht es um tiefe Eingriffe in Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse. Für viele Kunden werden unsere Partner die richtigen Lösungen anbieten, an Key-Industrien wollen wir uns mit entsprechenden Angeboten selbst wenden. Wir werden gemeinsam Use Cases erarbeiten und dann die richtige Plattform anbieten.

IoT ist für viele Anwender noch ein Buch mit sieben Siegeln

Ist im IoT-Bereich das Multi-Cloud-Management besonders wichtig? Es ist ja absehbar, dass IoT-Szenarien über verschiedene Plattformen realisiert werden müssen.

Strecker: Der IoT-Markt ist noch nicht so reif wie der Cloud-Markt. Viele Unternehmen überlegen auch noch: Was bedeutet es eigentlich für mein Business, wenn sich Menschen, Gegenstände und Devices automatisch erkennen und unterhalten? Da probieren im Moment viele aus und denken über Geschäftsmodelle nach. Und schließlich ist natürlich wichtig, wo die Daten liegen und wie sicher sie sind. Hier reicht das Spektrum von Überlegungen wie "Sicher sind Daten nur in meinem eigenen Data Center" bis hin zu "das Sicherheits- und Datenschutz-Level eines Dienstleister-Rechenzentrums kann ich selbst nicht erreichen".

Wir bieten unseren Kunden an, das Thema so für sie zu managen, dass nur die Daten miteinander kommunizieren, die auch kommunizieren sollen. Daten, die der Kunden nicht aus der Hand geben will, bleiben bei ihm. Tatsächlich müssen aber viele Unternehmen mit ähnlichen Themen umgehen, zum Beispiel mit autonomem Fahren in der Automobilbranche. Da gibt es Datenklassen, die muss einfach jeder mit jedem teilen, und es gibt Car-spezifische Daten, die nur der Hersteller - vielleicht gemeinsam mit einem wichtigen Zulieferer - hat.

Manche großen Anwender fühlen sich sicherer, wenn sie alles selbst machen. Ich glaube aber, das wird sich relativieren. Man wird sich fragen: Wie differenziere ich mich, was ist meine Wertschöpfung und was ist morgen ein Commodity-Service, den ich in die Cloud auslagern kann.