Marcel Schneider, Microsoft

"Wir haben aus Vista gelernt"

23.10.2009 von Martin Bayer
Bei der Einführung von Windows 7 will Microsoft nicht die gleichen Fehler begehen wie beim Vorgänger Vista. Was der Konzern anders gemacht hat, erklärt Marcel Schneider, Geschäftsführer Großkunden bei Microsoft, im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE.

CW: Wie sehen die Erwartungen von Microsoft in Sachen Windows 7 aus?

SCHNEIDER: Schon in den Gesprächen mit vielen Kunden während der vergangenen Wochen hatte sich eine positive Dynamik entwickelt, die sich kurz vor dem Launch von Windows 7 noch einmal verstärkt hat. Die neueste Studie von Forrester Research besagt, dass 57 Prozent der Unternehmen in den kommenden zwölf bis 18 Monaten ihr Betriebssystem auf Windows 7 updaten werden. Das war bis vor ein paar Wochen noch nicht zu erwarten. Damit wäre Windows 7 deutlich erfolgreicher als die Vorgängerversionen Vista und auch XP.

CW: Allerdings gibt es auch Signale, dass viele Unternehmen erst einmal abwarten.

Explorer
Das Layout des Windows-Explorers hat sich deutlich geändert.
Explorer: Das Layout des Windows-Explorers hat sich deutlich geändert.
Dateimanager
Die Layout-Option des Dateimanagers.
Heimnetz
Eine der Hauptneuerungen von Windows 7 ist das Homenetwork. Damit sollen sich LAN-Geräte einfach vernetzen lassen.
Freigaben
Der Freigabe-Dialog wurde deutlich vereinfacht.
Jugendschutz
Windows 7 erbt den (rudimentären) Jugendschutz von Vista. Im Startmenü links sieht man die neue Struktur der Verwaltung.
Einfacher Benchmark
Der Leistungsindex ist ebenfalls ein Vista-Erbe.
Leistungsindex
Leistungsindex
Spielerei
Windows 7 erhielt erneut zusätzliche Spiele.
Update (1)
Paint erhielt die Office-Ribbon ...
Update (2)
... ebenso wie WordPad, dass nun fast schon wie Word aussieht.
Sensoren
Noch gibt es kaum Anwendungen für die Umgebungssensoren. Microsoft hofft, dass sich das bald ändert.
Readyboost
Ein wahrscheinlich überflüssiges Relikt von Vista, das kaum Leistungszuwachs bringt.

SCHNEIDER: Die Firmen sehen mittlerweile den Vorteil auf der Kostenseite. An unseren Testprogrammen haben auch große Unternehmen teilgenommen. Dabei ging es unter anderem um Aspekte wie Sicherheit, Leistung, Zuverlässigkeit und Anwenderfreundlichkeit. Hier bietet Windows 7 einen deutlichen Mehrwert. Dadurch entstand eine Dynamik, von der wir richtiggehend überrollt werden. Das betrifft alle Segmente vom Privatanwender über den Mittelstand bis hin zu den Großunternehmen. Beispielsweise mussten wir die Produktion von Windows 7 Ultimate erhöhen, weil die Software im Rahmen der Vorbestellungen schon ausverkauft war. Die Nachfrage aus dem Markt war doppelt so hoch, wie wir angenommen hatten. Und dabei hatten wir schon extrem hohe Erwartungen.

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Es geht vor allem um die Kosten

CW: Bei Vista waren die Erwartungen Microsofts auch hoch. Das hat sich jedoch nicht erfüllt. Die Versprechen klangen ähnlich. Was macht Sie so zuversichtlich, dass es jetzt klappt?

SCHNEIDER: Wir haben aus Windows Vista und der Produkteinführung von Vista sehr viel gelernt. Bei Windows 7 haben wir unsere Kunden frühzeitig eingebunden. Das ist einzigartig. Wir haben etwa acht Millionen Privatanwender und Tausende Unternehmen in unsere Betaprogramme involviert. Wenn wir das nicht getan hätten, würden nicht Firmen wie Eon und BMW zu so einem frühen Zeitpunkt sagen: Wir werden Windows 7 ausrollen. Das machen Unternehmen nur, wenn sie ein System auf Herz und Nieren geprüft haben.

CW: Um was geht es den Firmen dabei?

Windows 7
So sieht die Home Premium Verpackung aus.
Windows 7
Die Professional Version kommt in kühlem Blau.
Windows 7
Für die Ultimate Version gibt es klassisches Schwarz.
Windows 7
Die Boxen auf dem Förderband.
Windows 7
Hier gehts zum Einschweißen.
Windows 7
Konfektionierung der DVD.
Windows 7
Frisch aus dem Presswerk.
Windows 7
Hinaus in die weite Welt.

SCHNEIDER: Zusätzliche Funktionalität ist das eine. Mehr Produktivität ist auch wichtig. Es geht aber natürlich auch darum, die Kosten zu senken. Das ist ein wichtiges Thema.

CW: Was bringt Windows 7 unter diesem Aspekt?

SCHNEIDER: Mit Windows 7 Enterprise können Unternehmen die Exklusivrechte für das Microsoft Desktop Optimization Pack erwerben und damit sehr einfach neue Applikationen hinzufügen. Da die Anwendungen nicht mehr in die Registry schreiben, müssen sie nicht mehr gegeneinander getestet werden. Jede Applikation hat eine eigene Sandbox. Es wird also nicht mehr die großen und aufwändigen Rollouts geben, wegen derer die Unternehmen auch einmal eine Betriebssystem-Version ausgelassen haben. Außerdem ist die IT mit Windows 7 in der Lage, das Business besser zu unterstützen. Man kann dynamischer und flexibler auf die Anforderungen der Geschäftsseite reagieren. In manchen Unternehmen sind Tausende Mitarbeiter mit dem Testen der Anwendungen beschäftigt. Wenn das reduziert wird, lässt sich ein großer Kostenblock herausnehmen.

Client-Management soll einfacher werden

CW: Wie können die Unternehmen konkret mit Windows 7 Kosten sparen?

SCHNEIDER: Ein Aspekt ist, wie ich bereits gesagt habe, das Testen von Applikationen. Neue Funktionen erlauben es, Gruppenrichtlinien zu definieren. Damit müssen die Unternehmen zukünftig nicht mehr ein großes und schwerfälliges Image verwenden. Sie können vielmehr dediziert für bestimmte Rollen im Unternehmen verschiedene Images entwickeln. Damit vereinfacht sich das Management, was ebenfalls die Kosten reduziert. Dazu kommen Funktionen, mit deren Hilfe die einzelnen Images automatisiert im Unternehmen ausgerollt werden können. Windows 7 bietet außerdem die Funktion Branchcache: Viele Unternehmen haben eine Firmenzentrale mit einer zentralen IT-Abteilung und zusätzlich eine Reihe von Niederlassungen. Mit Branchcache lässt sich die genutzte Bandbreite zwischen der Zentrale und den Außenstellen verringern. Oft benötigte Dateien werden automatisch in einem Cache-Speicher vorgehalten und müssen damit nicht jedes Mal aus dem Zentralsystem heruntergeladen werden. Über die Funktion Applocker können die IT-Verantwortlichen zudem definieren, dass bei bestimmten Benutzergruppen nur bestimmte Applikationen aufgespielt werden dürfen. Damit wird verhindert, dass die Anwender verschiedenste Software auf ihre Systeme spielen, was wiederum oft weitere Kosten für das Beheben von Problemen nach sich zieht.

CW: Trotz den von Ihnen versprochenen Vereinfachungen bleibt der Umstieg auf Windows 7 für die Unternehmen ein aufwändiges Projekt. Analysten sprechen von zwölf bis 18 Monaten. Davor schrecken die Unternehmen doch zurück?

SCHNEIDER: Wir müssen wahrscheinlich noch mehr in den Vordergrund stellen, dass man mit Windows 7 auch Windows XP in einer virtuellen Umgebung betreiben kann. Damit sind Unternehmen nicht gezwungen - wie es in der Vergangenheit oft der Fall war -, jede Applikation sofort zu migrieren. Kunden, die von den Vorteilen von Windows 7 profitieren wollen, aber noch XP-Applikationen betreiben, können evolutionär auf Windows 7 umsteigen - und nicht erst dann, wenn auch die letzte XP-Anwendung auf Windows 7 migriert ist. Das ist in der Vergangenheit in vielen Diskussionen untergegangen. Die Unternehmenskunden haben diesen Aspekt inzwischen realisiert und getestet. Deshalb kann die Umstellung schneller realisiert werden. Damit bestätigen sich auch die Prognosen einiger Marktforscher.

CW: Viele der von Ihnen beschriebenen Funktionen basieren auf dem Windows Server 2008 R2. Wie sieht denn die Bereitschaft der Unternehmen aus, auch im Backend umzusteigen?

SCHNEIDER: Bei Funktionen wie Branchcache ist eine gewisse Abhängigkeit zum Backend vorhanden. Unsere Kunden kalkulieren das aber sehr genau. Wenn es ihnen einen Mehrwert bietet, dann werden sie auch im Backend auf das aktuelle Server-Release migrieren. Ein weiterer Vorteil der Integration von Windows 7 mit dem neuen Windows Server ist Direct Access: Damit können User direkt auf das Firmennetz zugreifen, sobald sich der Rechner authentifiziert hat. Das erleichtert das mobile Arbeiten beträchtlich. Diese zwei Aspekte werden viele Kunden dazu bewegen, auch das Backend umzustellen. Aber klar ist auch: Die Kunden wägen genau ab, was es kostet und was es bringt.

CW: Brauchen die Kunden den neuen Windows Server für die Virtualisierungsfunktionen?

SCHNEIDER: Für die Desktop-Virtualisierung ist kein Server-Betriebssystem notwendig.

Der größte Konkurrent: XP

CW: Microsoft wird XP noch eine ganze Weile mit Downgrade-Rechten und Support stützen. Stecken Sie da nicht in einer Zwickmýows 7 behindert?

SCHNEIDER: Wir haben viel von Vista gelernt. Wir haben so viel Mehrwert in Windows 7 einfließen lassen, dass wir hoffen, damit die Kunden überzeugen zu können. Gerade unter Sicherheitsgesichtspunkten muss man bedenken, dass Microsoft XP unter den Voraussetzungen von vor rund zehn Jahren entwickelt wurde. In der Zwischenzeit hat sich sehr viel geändert. Entsprechend hat Microsoft die Sicherheitsfunktionen in den neuen Betriebssystemen deutlich erweitert. BitLocker ist dafür nur ein Beispiel.

CW: Gerade hinsichtlich der Virtualisierungstechniken und Cloud Services sinkt die Bedeutung des Betriebssystems. Wie reagiert Microsoft auf diese Entwicklung?

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SCHNEIDER: Einer der großen Trends in der IT ist die Entwicklung von Cloud Services, was sicher Folgen für das Betriebssystem hat. Man muss sich auch fragen, was sind Basisfunktionen, welche Funktionen kommen aus dem Betriebssystem, und welche Funktionen stellen die Anwendungen zur Verfügung? Wir gehen bei Microsoft davon aus, dass das Betriebssystem auch in Zukunft eine große Relevanz besitzen wird, allerdings werden die künftigen Betriebssysteme nicht mit denen der Vergangenheit gleichgesetzt werden können. Früher war das System ausschließlich auf den Desktop und die Applikationen ausgerichtet. Wir glauben an eine Evolution. Die Bedeutung von Cloud Computing wird weiter zunehmen. Allerdings müssen diese Cloud Services mit der IT-Landschaft kombiniert werden, mit der sich ein Unternehmen im Markt differenzieren will. Vor diesem Hintergrund wird das Betriebssystem der Zukunft bestimmt anders aussehen, aber sicher genauso wichtig bleiben. Es muss diese zwei Welten zusammenbringen. Unsere Produktstrategie ist darauf ausgerichtet. Wir glauben, dass es wichtig ist, beide Welten orchestrieren zu können.

CW: Das Betriebssystem bleibt also ein strategisches IT-Thema und wird nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken, wenn User nur mehr Dienste und Applikationen über einen Browser aus der Cloud nutzen?

SCHNEIDER: Es ist absehbar, dass mehr und mehr Applikationen aus der Cloud genutzt werden. Das ist Teil der Evolution - im Consumer- wie im Enterprise-Umfeld. Es bleibt aber nach wie vor wichtig, dass diese Anwendungen kombinierbar sind mit anderen Cloud-Services wie auch mit der eigenen IT. Und darauf muss das Betriebssystem ausgelegt sein.