Ratgeber E-Billing

Wie die elektronische Rechnung Kosten senkt

27.05.2009 von Diego Wyllie
Die Krise zwingt Unternehmen noch mehr dazu, Optimierungspotenziale auszuschöpfen, um Kosten zu drücken. Erhebliche Sparmöglichkeiten versprechen E-Billing-Lösungen zur automatisierten Rechnungsverarbeitung - auch wenn ihre technische Implementierung nicht immer leicht ist.

In Europa werden nach Angaben des internationalen IT- und Beratungsdienstleisters LogicaCMG jedes Jahr über 18 Milliarden Rechnungen erstellt, von denen der größere Teil in Papierform auf dem Postweg versendet wird. Trotzdem zeigt sich eine beachtliche Entwicklung in Richtung elektronische Rechnungen. So belegt eine Studie, die das Marktforschungsunternehmen TNS Global im Auftrag des finnischen Anbieters von Dokumenten- und Informationslogistik Itella GmbH im letzten Quartal 2008 betrieben hat, dass im Durchschnitt 20 Prozent aller skandinavischen und deutschen Firmen neben der Briefpost bereits elektronische Rechnungen verschicken, in Dänemark seien es gut 35 Prozent.

E-Invoices gehört die Zukunft

Zudem erwarten laut Studie 80 bis 90 Prozent aller skandinavischen Firmen, dass sie in den kommenden drei Jahren neben Briefen auch E-Invoices verschicken werden. Von ihren deutschen Kollegen erwarteten dies immerhin 65 Prozent. Dass es in naher Zukunft nur noch elektronisch zugehen könnte, ist allerdings sehr unwahrscheinlich: Im Norden nehmen dies laut Umfrage nur zehn Prozent der Interviewten an, in Deutschland keiner.

Glaubt man dem Anbieter Itella, ist die digitale Rechnungslegung in Deutschland aber immer stärker auf dem Vormarsch. So sei im Vergleich zu einer entsprechenden Studie, die das finnische Unternehmen vor zwei Jahren erarbeiten ließ, eine gestiegene Nutzung digitaler Rechnungen vor allem bei kleinen und mittelständischen Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern festzustellen. In dieser Gruppe habe sich der Anteil der Firmen, die auch elektronische Rechnungen versenden, in den letzten zwei Jahren fast verdreifacht, heißt es aus Finnland, einem Vorreiterland in Sachen E-Billing.

Elektronische Rechnungen sparen Geld

Firmen, die auf digitale Rechnungen umstellen, verfolgen zumeist dasselbe Ziel: Zeit und Kosten einzusparen. Im Zuge der Wirtschaftskrise verschärft sich der Kostendruck auf Unternehmen und zwingt diese, bislang ungenutzte Sparpotenziale zu identifizieren und auszuschöpfen. Damit gewinnen IT-Lösungen, mit denen Firmen die Arbeitsprozesse in der Rechnungseingangsverarbeitung (REV) optimieren können, zunehmend an Bedeutung.

Drazen Nikolic: Die Kosten für eine Rechnung können mit E-Billing von zehn auf ein bis zwei Euro sinken.

Nach Itella-Angaben könnten Firmen beim Rechnungseingang bis zu 60 Prozent einsparen. In seinem Whitepaper "Prozessoptimierung bei der Rechnungsverarbeitung" aus dem Jahr 2008 erklärt der IT-Spezialist LogicaCMG, dass bei der REV die Kosten für ein mittelständisches Unternehmen zwischen acht und zehn Euro pro Rechnung liegen würden. Best-in-class-Unternehmen seien aber in der Lage, diese Kosten auf unter drei Euro zu reduzieren. Aber nicht nur die Anbieter sind von E-Billing überzeugt. Drazen Nikolic, Geschäftsführer beim internationalen Management-Beratungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleiter Accenture und Leiter des Bereichs Accenture Information Management Services (AIMS) glaubt ebenfalls an die Kostenvorteile der elektronischen Rechnungsverarbeitung und bestätigt die Angaben von LogicaCMG. "Bei E-Billing sinken die Kosten für die Erstellung von Rechnungen signifikant, von sieben bis zehn Euro auf ein bis zwei Euro", so der unabhängige Experte wörtlich.

Besserer und schnellerer Cashflow

Auch der Cashflow würde sich nach Einschätzung des Accenture-Experten verbessern, da aufgrund beschleunigter Arbeitsprozesse Rechnungen früher zur Zahlung fällig werden. Laut Berechnungen von LogicaCMG können dabei beispielsweise Skonti gezogen und damit rund ein Prozentpunkt der gesamten Einkaufskosten eingespart werden.

Laut einer Untersuchung von PricewaterhouseCoopers aus dem Jahr 2005 ist der beschleunigte Zahlungseingang neben der generellen Kostensenkung und Effizienzsteigerung einer der drei meistgenannten Vorteile elektronischer Rechnungen. Eine aktuelle Studie der Helsinki School of Economics zeigt zudem, dass neben der eingesparten Zeit durch den vermiedenen Postweg die elektronische Verarbeitung von Eingangsrechnungen innerhalb eines Unternehmens die Umlaufzeit (Rechnungseingang bis Zahlung) im Durchschnitt um zwei Tage verringert. Vermeidbar seien darüber hinaus Verzögerungen, die Unternehmen in Kauf nehmen, wenn sie Rechnungen etwa jeden Monat ansammeln, um den Versand dann zum Beispiel zwecks Erreichens von Porto-Rabattstaffeln gebündelt abzuschicken, so die Studie weiter.

Effizientere Prozesse im Rechnungswesen

"Ein wesentlicher Vorteil bei E-Billing ist die schnellere Bearbeitung der Rechnungen." erklärt Nikolic. Damit einher gehe zudem eine transparentere Kontrolle der in die Rechnungsverarbeitung eingebundenen Arbeitsprozesse. Ein weiterer Vorteil: Medienbrüche vom Papier zum IT-System werden vermieden. Dies ermögliche eine bessere Integration der Rechnungskontrolle in die Prozesse des Rechnungswesens.

Die elektronische Übermittlung von Rechnungen habe auch Sinn, weil es sich dabei um Dokumente handelt, die nicht nur zum Lesen, sondern für nachgelagerte Prozesse erzeugt werden. Dabei genießen beide Kommunikationspartner die Vorteile: Auf der einen Seite profitiert der Versender von effizienteren Prozessen und spart sich Druck, Versand und Portokosten. Auf der anderen Seite muss der Empfänger die Rechnungen für die Weiterverarbeitung nicht selbst einscannen oder manuell erfassen. Dazu Nikolic: "Absolut notwendig ist deswegen bei E-Billing, dass auch die Geschäftspartner an dem System teilnehmen können. Sonst bringt es wenig."

Jedem sein E-Billing-System

Mittelständlern, die die Implementierung eines E-Billing-Systems in Betracht ziehen, empfiehlt Accenture-Spezialist Nikolic, zunächst zu prüfen, ob die Anzahl der Rechnungen überhaupt einer solchen Lösung bedarf. "Hat sich ein Unternehmen für E-Billing entschieden, sollte es eine technische Plattform nutzen, auf der auch die meisten seiner Geschäftspartner schon arbeiten", so der Experte weiter. Ganz wichtig bei der Produktauswahl sei es, auf Standards sowie auf stabile und zuverlässige Partner zu setzen. "Die technische Implementierung ist allerdings nicht immer einfach und kann mit relativ hohen Kosten verbunden sein", warnt Nikolic. Es sei beispielsweise möglich, dass eine Firma an mehrere Systeme angebunden werden muss, was die Integrationskosten erhöhen könne.

E-Billing in ERP- und DMS-Systeme integrieren

Auf dem IT-Markt sind bereits zahlreiche Lösungen zur elektronischen Rechnungsverarbeitung erhältlich, die in deren Einsatzmöglichkeiten stark voneinander variieren. Je nach ihren individuellen Anforderungen und ihrer bestehenden IT-Landschaft können Mittelständler zum Beispiel Applikationen finden, die sich in ERP- oder DMS-Systeme integrieren lassen, oder aber auch solche, die stand alone einsetzbar sind.

Die Tangro Software Components GmbH bietet beispielsweise mit "Tangro IM" (Invoice Management) ein Plug-in für SAP-software, das die Eingangsverarbeitung von Rechnungen direkt im ERP-System ermöglicht. Neben On-Premise-Lösungen kommen in letzter Zeit zunehmend Systeme auf den Markt, die Firmen im SaaS-Modell (Software as a Service) monatlich mieten können. Anwendern des DMS-Systems ELO Digital Office bietet zum Beispiel die Firma Noeske Netsolutions GmbH den Web-basierenden Eingangsrechnungs-Workflow "nn-Webinvoice for SaaS".

Multi-Channel-Services verschicken Rechnung nach Wahl

Da deutsche Endverbraucher nach Angaben von LogicaCMG nach wie vor Papierrechnungen bevorzugen und deutsche Unternehmen deshalb in den nächsten Jahren neben ihren Plänen zur elektronischen Rechnungslegung auf Papierrechnungen nicht ganz verzichten werden können, würden Multi-Channel-Services zunehmend an Bedeutung gewinnen. Der Vorteil: Hier kann der Rechnungssteller je nach Bedarf entscheiden, über welche Versandart er die Rechnungen verschicken möchte - gedruckt per Post oder auf elektronische Weise.

iPost verschickt elektronische und Papierrechnungen

Eine solche Multi-Channel-Lösung ist die mit dem Innovationspreis 2008 der Initiative Mittelstand ausgezeichnete Frankierungssoftware iPost von Itella. Damit sollen Firmen in die Lage versetzt werden, Rechnungen - oder auch jedes weitere Geschäftsdokument - direkt aus jeder Anwendung heraus zu verschicken, per Post oder elektronisch mit qualifizierter elektronischer Signatur. Falls der Anwender die Dokumente auf dem Postweg verschicken möchte, sorgt ein Drucktreiber für die Online-Übermittlung der Dokumente an die Druck- und Versandinfrastruktur des Anbieters. Alternativ können Anwenderunternehmen fertig erzeugte Dokumente im PDF über eine FTP-Verbindung an den Dienstleister übermitteln.

Otto Zwickwolff GmbH entlastet Poststelle

Die mittelständische Firma Otto Zickwolff GmbH aus Saarbrücken nutzt bereits diesen Versandservice, um monatlich rund 2000 Rechnungen zu verschicken. Vor der Einführung der Lösung druckten die Mitarbeiter beim Fachgroßhändler für Stahl, Edelstahl und Metalle die Dokumente aus und brachten sie selber zur Poststelle, nachdem sie sie kuvertiert und frankiert hatten. "Mit iPost müssen unsere Mitarbeiter nicht länger Briefe eintüten, sondern können sich auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren. Zudem gelangen die Rechnungen schneller zum Kunden", so Jürgen Haiß, geschäftsführender Gesellschafter bei Zickwolff. Das Unternehmen habe begonnen, den Versand der Rechnungen nach und nach auf elektronische Formate umzustellen, um noch mehr zu sparen.

E-Billing schont die Umwelt

Der Hype um Green IT mag zwar vorbei sein oder zumindest das Thema aufgrund der Krise nicht mehr auf der Agenda aller CIOs stehen, doch auch in Sachen Umweltschutz würden digitale Rechnungen wesentliche Vorteile bieten. So erklärt das Öko-Institut aus Freiburg, dass die Umweltbelastung durch eine Briefrechnung fünfmal höher sei als durch ein elektronisches Dokument. Das Institut veranschlagt pro Brief 17 Gramm Papier und ein CO2-Äquivalent von 18 Gramm. Insgesamt ließe sich demnach die CO2-Belastung in Deutschland bei einem Wechsel auf elektronische Rechnungen um mehr als 100.000 Tonnen reduzieren. (pg)