Dokumenten-Management

Wie der Mittelstand auf Enterprise Content Management aufsatteln kann

10.09.2008 von Diego Wyllie
Anfangs als reine Archivierungslösung konzipiert ermöglichen Dokumenten-Management-Systeme (DMS) heute die effiziente Optimierung unternehmensweiter Geschäftsprozesse. In diesem Beitrag werden drei DMS-Lösungen beleuchtet, die sich für den Einsatz im Mittelstand eignen und sich zu einem ECM-System (Enterprise Content Management) erweitern lassen.

Seit Jahren wird das Datenwachstum in Unternehmen vor allem durch E-Mail, Office-Dokumente, Rechnungsbelege, Produktinformationen und Data-Warehouse-Anwendungen stark getrieben. Als betriebliche Wissensressource nehmen Geschäftsdokumente gleichzeitig einen immer höheren Stellenwert im Unternehmen ein. Das effiziente Dokumenten-Management wird vor diesem Hintergrund verstärkt zu einer zentralen Herausforderung für Unternehmen jeder Größe; und dies nicht nur aufgrund gesetzlicher Vorschriften. Denn während in den vergangenen Jahren vor allem der Gesetzgeber als Treiber für Investitionen in DMS-Lösungen agiert hat, gehen beispielsweise die Analysten des Marktforschungsunternehmens Raad Research adavon aus, dass deutsche Unternehmen zunehmend auch das papierlose Büro im Rahmen einer verbesserten Prozessabbildung anstreben.

Aus der aktuellen Raad-Studie "DMS und Archivierung 2008" geht hervor, dass bereits 62 Prozent der befragten Unternehmen eine DMS-Lösung einsetzen. Die Analysten stellten dabei hinsichtlich des Einsatzes von DMS-Software eine bemerkenswerte Dynamik fest. So hatte laut Studie im Jahr 2000 nur etwa ein Drittel der Unternehmen die derzeit laufende DMS-Lösung schon im Einsatz und sind allein in den vergangenen zwei Jahren ein Fünftel der aktuellen DMS-Systeme in den Betrieben eingeführt worden.

Diese dynamische Entwicklung bestätigt auch eine Studie der Regionalgruppe Süd des Verbandes Organisations- und Informationssysteme e.V. (VOI) aus dem Jahr 2003. Demnach setzten damals 72 Prozent der befragten Unternehmen noch keine DMS-Lösung ein. In der Neuauflage dieser Marktuntersuchung ("Dokumenten-Management in Deutschland 2007") stellten die VOI-Analysten fest, dass rund 30 Prozent der befragten Firmen, die bisher ohne DMS arbeiten, die Einführung eines solchen Systems planen. Im Jahr 2003 gaben dies laut Studie nur rund 10 bis 20 Prozent der Unternehmen in jeder Klasse an.

Warum der Mittelstand in DMS investiert

Martin Böhn: DMS-Systeme verbessern die Kostenstruktur in mittelständischen Unternehmen.
Foto: BARC

Immer mehr kleine und mittelständische Unternehmen entdecken das Potenzial moderner DMS-Systeme. Martin Böhn, Analyst am Business Application Research Center (BARC) im Bereich ECM/DMS, bestätigt in einem Fachartikel "Dokumenten-Management für den Mittelstand", dass DMS-Systeme längst nicht nur für multinationale Konzerne interessant sind. Als Treiber von DMS-Projekten im Mittelstand nennt er in erster Linie die Verbesserung der Kostenstruktur des Unternehmens. Direkte Kosteneinsparungen ergeben sich dabei laut Böhn aus der Digitalisierung der Vorgangsbearbeitung und Ablage, weshalb Druck- und Papierkosten zumindest bei internen Dokumenten verringert sowie Lagerräume für Aktenschränke vermieden werden. Ferner weist er darauf hin, dass durch die schnellere und weniger fehleranfällige Bearbeitung der Dokumente zusätzliche Vorteile erzielt werden können, die in Kostenersparnisse beziehungsweise Nutzenvorteile umzurechnen seien.

Neben diesen Kostenvorteilen können DMS-Systeme mittelständischen Unternehmen durch die Optimierung ganzheitlicher Unternehmensprozesse erhebliche Wettbewerbsvorsprünge verschaffen. Denn die Zeiten als die Funktionalität eines DMS-Systems auf die Archivierung, Suche und Bearbeitung von Geschäftsdokumenten beschränkt war sind vorbei.

Vom DMS zum ECM

Vor diesem Hintergrund spricht man heute von "Enterprise Content Management" (ECM). Wie die Autoren des von VOI veröffentlichten Buches "Code of Practice: Dokumenten Management" erklären, folgt dieser Begriff dem Bedürfnis, die Einschränkung auf Dokumenten-basierende Applikationen aufzuheben. Denn moderne DMS-Systeme werden heutzutage in die Abläufe und Funktionen der Tagesarbeit von Fachkräften und deren Anwendungsumgebung integriert. Sie ermöglichen neben der elektronischen Archivierung und Verwaltung von Dokumenten auch das Management von Web-Content, ein umfassendes Digital-Asset-Management sowie die Gestaltung von reibungslosen Arbeitsprozessen.

Seitdem die Preise für Hardware im Allgemeinen und die für DMS-Software insbesondere in den letzten Jahren stark gesunken sind, entstehen nun auch für kleinere und mittelständische Unternehmen wertvolle Möglichkeiten, durch die Optimierung Dokumenten-basierender Arbeitsprozesse ihre unternehmensweite Service-Qualität entscheidend zu verbessern.

In den folgenden Abschnitten werden drei DMS-Systeme für die Basisanforderungen in mittelständischen Betrieben aufgeführt, die sich allerdings bei Bedarf zu einem kompletten ECM-System ausbauen lassen. Unter den zahlreichen Lösungen, die am Markt verfügbar sind, wurden diese Lösungen ausgewählt, weil sie sich durch die Einhaltung aktueller Sicherheitsstandards und gesetzlicher Vorschriften, die jahrzehntelange Erfahrung im DMS-Bereich der Hersteller sowie durch zahlreiche Installationen im Mittelstand bewährt haben.

ELOprofessional 6.0

Die Firma ELO Digital Office GmbH aus Stuttgart bietet mit ihrem DMS-Portfolio Systeme für Unternehmen verschiedener Größen an. Mit dem Produkt "ELOoffice" werden Freiberufler und kleine Betriebe adressiert. Multinationale Konzernen steht das "ELOenterprise" zur Verfügung, das auf Java und einer Service-Orientierte-Architektur (SOA) basiert. Für Mittelstandskunden stellt das Unternehmen die Version "ELOprofessional" zur Verfügung.

Das besondere an den Produktlinien ist, dass Daten und Strukturen flexibel untereinander ausgetauscht werden können, da die Systemarchitekturen der verschiedenen Versionen aufeinander aufbauen. Interessant ist dabei auch die Tatsache, dass seit dem aktuellen Release 6.0 die bewährte J2EE-Technologie der Enterprise-Version in der Professional-Edition zum Einsatz kommt. Damit stehen Mittelständlern Erweiterungsmodule (etwa die SharePoint-Integration) zur Verfügung, die früher nur für das Highend-System erhältlich waren.

Kernstück der Server-Architektur ist der "ELO Index Server". Dieser beinhaltet die Business-Logik für das Dokumenten-Management sowie den aktiven Workflow-Server. Seine Funktionen werden über eine SOAP-Schnittstelle zur Verfügung gestellt, die sowohl für ELO-Komponenten als auch für Partnermodule zum Einsatz kommen. Unterstützt werden dabei die SQL-Datenbanken von Oracle und Microsoft. Das System führt alle geschäftsrelevanten Daten in einem zentralen Unternehmensarchiv zusammen. Auf diese Weise stellt die Lösung sicher, dass sämtliche Dokumente unternehmensweit zur Verfügung stehen. Dies hat nach Angaben des Herstellers neben einer einfacheren Einhaltung gesetzlicher Compliance-Anforderungen auch eine Optimierung täglicher Geschäftsprozessen zur Folge.

Workflow-Management mit ELO

Interessant bei der ELO-Lösung sind die umfangreichen Möglichkeiten im Bereich Workflow-Management. Mit Hilfe einer integrierten Komponente lassen sich in ELOprofessional nach dem Einscannen und Archivierung von Dokumenten kundenspezifische Prozesse definieren. Das System generiert dazu automatisch den entsprechenden Prozessablauf und stellt den betroffenen Mitarbeitern beziehungsweise Abteilungen die jeweiligen Aufgaben zu. Über Schnittstellen können dabei die zu bearbeitenden Belege und Dokumente mit dem eingesetzten ERP-System (beispielsweise SAP R/3, Microsoft Dynamics NAV oder Sage) verbunden werden. Die DMS-Integration in Office-Anwendungen und in Groupware-Lösungen ist ebenfalls möglich.

Ferner bietet der Anbieter mit dem integrierten Workflow-Management ein Tool, mit dem sich der Prozessablauf grafisch beschreiben und auch steuern lässt. Ein weiteres interessantes Feature in diesem Bereich stellt das "Adhoc Workflow" dar. Wenn Geschäftsprozesse nicht über vordefinierte Workflows effizient ui bearbeiten sind, können mit Hilfe dieser Funktion dynamische Verteiler oder Freigabeketten in Echtzeit gebildet werden. Der Anwender wählt dabei die gewünschten Personen aus einer Liste aus und legt die Reihenfolge fest. Das System generiert daraus dann automatisch den gewünschten Workflow.

Easy Enterprise.i 3.5

Die Easy Software AG aus Müllheim an der Ruhr gilt laut aktuellen Marktanalysen wie etwa die zuvor erwähnte Raad-Studie als einer der führenden deutschen Software-Hersteller im Bereich DMS/ECM. Mit der Lösung "Easy Enterprise.i" adressiert das Unternehmen kleinere und mittelständische Unternehmen, die Windows verwenden, denn für alle Archivkomponenten ist dabei das Betriebssystem aus Redmond erforderlich. Unternehmen, die Wert auf Plattformunabhängigkeit, Skalierbarkeit und Lastverteilung legen, müssen auf das Java-basierende "Easy Enterprise.x" zurückgreifen, wobei ein Update von der i-Version zur x-Version des Easy-Enterprise-Systems laut Hersteller möglich ist.

Der zentrale Bestandteil des Enterprise.i-Systems ist das Archivsystem zur gesetzeskonformen und revisionssicheren Ablage von Dokumenten "Easy Archiv". Wie der Hersteller behauptet, kann diese Komponente Dokumente und Daten beliebiger Art speichern. Mit einem eingebauten Datei-Viewer sei das System in der Lage, über 200 Dateiformate wie etwa Grafik, Text, Kalkulationen oder CAD-Zeichnungen anzuzeigen, auch dann, wenn die entsprechenden Programme nicht auf dem Rechner installiert sind.

Besondere Features der Easy-Lösung

Mit einer integrierten Funktion zur File-Server-Archivierung können Dokumente, die auf einem File-Server liegen, serverseitig regelbasiert archiviert werden. Da dies im Hintergrund geschieht, sieht es laut Hersteller für den Anwender so aus, als ob das jeweilige Dokument nach wie vor auf dem Fileserver stehen würde. Dabei handelt es sich jedoch um eine Verknüpfungsdatei, die auf das eigentliche Dokument im Archiv verweist. Ein Treiber auf dem Windows-Client löst diesen Verweis auf und lädt die Datei automatisch.

Ein weiteres interessantes Feature der aktuellen Version 3.51 des Einstiegssystems von Easy Software ist die Client-Integration in das "Easy Logistics Center" (ELC). Damit wird es für Anwender möglich, die Recherche von lebenden und archivierten Dokumenten aus einer zentralen Oberfläche heraus und selbst aus dem eigenen Web-Portal heraus anzustoßen. Ein mitgelieferter Archiv-Web-Client versetzt Anwender zudem in die Lage, Mappen und Dokumenten verlinken sowie hierarchische Strukturen von Dokumenten ablegen zu können. Dadurch können Dokumente kontextbezogen zu bestimmten Projekten dargestellt und verwaltet werden.

Easy-System in drei Konfigurationen erhältlich

Das Easy Enterprise.i steht Interessierten in den drei Konfigurationen "Basic Server", "Advanced Server" und "Corporate Server" zur Verfügung. Die beschriebenen Features sind bereits in der Basisversion enthalten. Weitere zentralen Funktionen stellen dabei die Integration des Systems mittels eines Add-ins in die Office-Umgebung sowie ein Modul zur automatischen Archivierung von Druck-Spool-Dateien dar. Ebenfalls in dieser Version enthalten ist das "Easy CD/DVD Query", ein Werkzeug, das selektierte Archivbestände zusammen mit der Recherche-Software auf einem Datenträger brennt.

Die Advanced- und Corporate-Versionen unterstützen verschiedene Speicheroptionen wie optische Medien (zum Beispiel Worm-Mo) oder Jukeboxen. Die Integration der Easy-Lösung in ERP-Systeme wie zum Beispiel MySAP oder Microsoft Dynamics NAV sowie in Groupware-Anwendung wie Microsoft Exchange oder Lotus Notes / Domino ist mit dem Corporate-Server möglich. Je nach Bedarf kann das Easy Enterprise-DMS um zahlreiche funktionale Module erweitert werden.

DocuWare 5

Die DocuWare AG aus Germering hat sich mit seiner gleichnamigen DMS-Lösung vor allem bei mittelständischen Betrieben einen Namen gemacht. Die Architektur des DocuWare-Systems basiert auf der .Net-Technologie von Microsoft und ist ausschließlich für Windows-Plattformen erhältlich. Sie folgt dem modernen N-Tier-Ansatz, der eine Weiterentwicklung des Client-Server-Konzeptes darstellt. Dieser Ansatz charakterisiert sich dadurch, dass stark Dialog-orientierte Funktionen auf den Arbeitsplatzsystemen ablaufen, die Applikationslogik auf einem oder mehreren zentralen DocuWare-Servern lokalisiert ist und dass mehrere Applikationen gemeinsame Ressourcen auf einem - oder gegebenenfalls mehreren - zentralen Hintergrund-Servern nutzen.

DocuWare setzt auch auf modulare Erweitbarkeit

Ein DocuWare-System besteht mindestens aus einem oder mehreren Rich-Clients, einem Authentifizierungs-Server sowie aus einem Content-Server. Ferner benötigt DocuWare eine Datenbank und eine Dateiablage. Für Web-Clients, die alle wesentlichen Funktionen der Software bieten, sowie für funktionale Erweiterungen stellt das Unternehmen ähnlich wie Easy und ELO zahlreiche Zusatzmodule zur Verfügung, mit denen sich die Lösung in die bestehende IT-Infrastruktur integrieren lässt. Dabei stellt DocuWare beispielsweise zertifizierte Schnittstellen für Dynamics NAV und SageKHK bereit.

Der Authentication-Server verwaltet sämtliche Ressourcen und Benutzer. Er ist die zentrale Schaltstelle, die zum Beispiel Anmeldungen entgegennimmt, Berechtigungen prüft oder Funktionen frei gibt. Der Content-Server verwaltet die logischen Archive. Er bedient sich dazu der Datenbank zur Verwaltung der Indexdaten und sonstigen Anmerkungen zu den Dokumenten. Mit MySQL ist bereits eine Datenbank im Basissystem enthalten, durch entsprechende zusätzliche Schnittstellen können aber auch die Datenbanken von Oracle und Microsoft verwendet werden. Die Dokumente selbst werden anders als bei der Easy-Lösung zusammen mit der Header-Datei in der Dateiablage abgelegt, wobei hier ein beliebiges Windows-Dateisystem - zum Beispiel das, auf dem der Content-Server läuft - genutzt werden kann.

Was die Archivierung der Dokumente angeht, unterstützt das System laut Hersteller beliebige Ablagemedien. So können neben lokalen Festplatten und Netzwerkablagen auch Speichersysteme wie NAS oder SAN zum Einsatz kommen, sofern sie sich als virtuelles Laufwerk in das Windows- Dateisystem einbinden lassen.

DocuWare bietet mobilen Client und digitale Signaturen

Zu den besonderen Funktionen von DocuWare zählt unter anderem ein mobiler Client. Mit ihm lassen sich registrierte Dokumente auch unterwegs bearbeiten und bei der nächsten Synchronisation wieder in bestehende Arbeitsabläufe einbringen. Für die nötige Sicherheit innerhalb von Workflows sorgen zudem elektronische Signaturen. Diese sind in der aktuellen Version des Systems standardmäßig enthalten.