Software Defined Workspace

Wie der Arbeitsplatz der Zukunft aussehen könnte

05.10.2018 von Stefan Fritz
In vielen Infrastruktur-Bereichen gibt es einen klaren Trend zu höherer Automatisierung durch Nutzung von Software-Schnittstellen (Software Defined). Nur der Desktop war bisher nicht Teil dieser Veränderung, weil viele Enterprise-Lösungen weder automatisierbar noch Cloud-geeignet sind. Wie sollte ein Software Defined Workspace aussehen?
Wie sollte ein Software Defined Workspace für verschiedene Delivery-Modelle aussehen?
Foto: puhhha - shutterstock.com

Software Defined (SD) bedeutet, dass die zugrunde liegenden Funktionen über eine API (Application Programming Interface) und damit über andere Software angesprochen werden können und so die bisher im Hintergrund wirkenden Architekten, Integratoren oder Administratoren in der bisherigen Form nicht mehr benötigt werden.

So ist es in den letzten Jahren in vielen Bereichen der Enterprise IT geschehen: Netzwerke sind heute Software Defined Networks (SDN), Infrastrukturen sind nicht nur SD, sondern hyperconverged - und die Kür sind komplette Rechenzentren, die über Softwareschnittstellen auf allen Ebenen zentral gemanagt und orchestriert werden können (Software Defined Data Center, SDDC). Häufig ist SD aber nur der Ausdruck dafür, dass die ursprüngliche IT-Basis in der Cloud-Welt verschwindet. Was interessiert einen CIO, der auf Azure oder AWS setzt, noch, was mit der Infrastruktur darunter geschieht?

Cloud-resistent: Der Desktop

Nur eine Welt entzieht sich mehr oder weniger dem Cloud-Universum: Der Desktop. Er ist die Schnittstelle der physischen Welt unserer Hände und Augen in den virtuellen Raum. Klar, dass wir es da als User ein bisschen individueller und weniger standardisiert mögen und uns daher der skalierbaren Automation am Übergang "Cloud to Edge" entziehen. Aus technischer Sicht liegt das zudem daran, dass auf absehbare Zeit eine Vielzahl von Enterprise-Lösungen nicht Cloud-ready sind. Und daran wird sich auch in den nächsten drei bis sechs Jahren nichts ändern.

Es gibt den einen oder anderen Anbieter, der verspricht, den Desktop on Demand und flexibel nach den Gesetzmäßigkeiten der Cloud-Welt bereitstellen zu können. Aber bis jetzt gleicht das Ergebnis eher einer Virtual Desktop-Infrastruktur (VDI), die dann von Administratoren zu nutzbaren Desktops veredelt werden müssen.

Wie müsste er also aussehen, der Software Defined Desktop, der nach den neuen Regeln der Cloud-Welt produziert wird?

Die Cloud - Arbeitsplatz der Zukunft
Die Cloud - Arbeitsplatz der Zukunft
Dem Cloud Worker gehört die Zukunft. Unter dem Begriff "Workspace-as-a-Service" werden dem Marktforschungsunternehmen IDC zufolge künftig ein Großteil der Beschäftigten ihren Arbeitsplatz in der Cloud haben. Dazu sind aber folgende Technologie- und Denkstrukturen erforderlich.
Effizienter Informationsfluss
Der Arbeitsplatz der Zukunft wird vor allem durch Flexibilität gekennzeichnet sein: Informationen, Dateien und Dokumente müssen in Sekundenschnelle auffindbar und verfügbar sein – und zwar unabhängig vom Aufenthaltsort, der genutzten Hardware und der Anzahl der Mitarbeiter, wenn diese zum Beispiel in virtuellen Teams zusammenarbeiten.
Automatisiertes Dokumenten-Management
Der Wissensarbeiter von heute, der Inhalte schafft und Informationen teilt, ist auf eine effiziente Recherche angewiesen. Dies gelingt noch besser durch selbstlernende Systeme und automatisierte Abläufe wie die digitale Erfassung von Dokumenten, deren automatische Konvertierung, Indexierung, Datenextrahierung, Verteilung und Archivierung.
Cloud Working
Unter dem Motto „Workspace-as-a-Service" werden in Zukunft ganze IT-Arbeitsplätze in die Cloud verlegt.
Work-Life-Integration
Die Work-Life-Balance, die Arbeiten und Privatleben als voneinander getrennte Pole betrachtet, gehört der Vergangenheit an und wird zur Work-Life-Integration: die Arbeitszeit wird der individuellen Lebensphase angepasst, um auf diese Weise zum Beispiel Karriere und Familie besser miteinander vereinbaren zu können.

Das Delivery-Modell der Zukunft: Flexibel und adaptiv

Der CIO bestimmt in der Regel, ob die Enterprise IT hoch standardisiert und zentralisiert über Terminal Services (Citrix / Horizon) oder eher dezentral mit den Applikationen auf den Desktops ausgeliefert wird. Im Laufe der letzten Jahre haben sich dann Smartphones, Notebooks, Tablets und weitere Zwischenarten in den Alltag der IT eingeschlichen.

Neben den vielen Gerätearten hat aber auch klar die Anzahl der Geräte pro User zugenommen. Waren es vor ein paar Jahren noch ein bis zwei Geräte, die von der IT pro User verwaltet werden mussten, so sind es heute eher zwei bis vier Geräte pro Benutzer.

Abhängig vom eingeschlagenen Weg des CIO bleibt ein Unternehmen dann auch bei vielen Geräten beim vorherrschenden Auslieferungs-Modell der IT: Schließlich ist es ja ein Vorteil, dass es auch für das Smartphone und das Tablet einen Citrix-Receiver gibt.

Zwar beanspruchen Digital Workspace-Anbieter schon seit Jahren, ihre Kunden optimal für aktuelle und zukünftige Anforderungen wie Homeoffice und Future-of-Work auszustatten. Dabei wird jedoch ignoriert, dass ein Benutzer sich heute nicht mehr klar in eine Gruppe einteilen lässt, sondern sich die Anforderungen vieler Benutzer abhängig vom Ort und der auszuführenden Prozesse wandelt.

Das aktuelle Delivery-Modell (zentral / dezentral) ignoriert heute die verschiedenen Workstyles. Es ist eben etwas anderes, ob ich 90 Prozent meiner Arbeitszeit an einem festen Arbeitsplatz sitze und mein Smartphone nur ab und zu unterwegs oder in einer Besprechung für die E-Mail-Kommunikation und Kalender-Einsicht benötige oder ob ich auch in der Bahn, oder an flexiblen anderen Orten online- und offline-fähig arbeiten möchte. Für diese Anforderung nützt mir das Modell, dass ich auf dem Notebook in der Citrix-Sitzung alles machen kann, leider überhaupt nicht.

Das Delivery-Modell muss also in Zukunft flexibel den Workstyle-Bedürfnissen der User angepasst werden können, und damit adaptiv für die verschiedenen Rollen eines Arbeitsplatzes von morgen sein. Viele User werden in Zukunft im Büro mit einem zentralen Terminal Service-Ansatz arbeiten und dennoch mit Tablets und Smartphone auch dezentral und offline arbeiten wollen und müssen.

Der zentrale standardisierte Terminal-Arbeitsplatz wird in Zukunft eine Möglichkeit sein, die optimal bereitgestellt werden muss; aber er wird eben nicht mehr die einzige Form der Bereitstellung sein.

Anwendungen für Unified Communication laufen heute und zukünftig auf mobilen Connected Devices wie Smartphones und Tablets lokal. Der Software Defined Workspace muss in Zukunft verschiedene Delivery-Modelle unterstützen und verwalten und somit die für die Benutzer erforderlichen Workstyles ermöglichen.

Das könnte Sie auch interessieren:

UCC in sieben Schritten

Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche UCC-Strategie

Applikations-zentrierte Verwaltung

Die Verwaltung eines Arbeitsplatzes erfolgt heute vor allem über ein einheitliches und allgemeingültiges Delivery-Modell. In Zukunft ist es wichtig, dem Anwender abhängig vom Ort und dem verwendeten Gerät das richtige Set an Applikationen bereitstellen zu können.

Es wird nicht mehr reichen, dass sich ein Benutzer im Selfservice seine benötigten Prozess-Unterstützungs-Werkzeuge buchen und der Vorgesetzte diese Applikationen ohne weitere Einbindung der IT-Abteilung genehmigen kann. Denn der Benutzer benötigt abhängig vom erforderlichen Workstyle unterschiedliche Sets an Applikationen.

Die komplette Verwaltung der verschiedenen Arbeitsplätze (Endgeräte, Workstyles) geschieht Applikations-zentriert. Bei der Buchung einer Applikation erfolgt die Einstellung, in welchen Workstyles und auf welchen Endgeräten man diese nutzen möchte. Applikationen mit Abhängigkeiten untereinander werden als Applikations-Sets verwaltet und den Benutzern zugeordnet.

Das gleiche gilt für den Zugriff auf Daten. Der Vorgesetzte muss für sein Team festlegen können, auf welche Daten aus welchen Applikationen und in welchen Workstyles zugegriffen werden kann.

The Cloud Way of Computing

Der bisherige Aufbau von Arbeitsplatz-Infrastrukturen erfolgte in der Regel an dem Ort, an dem sich die meisten Arbeitsplätze befanden oder wo die meisten Daten der Unternehmen lagen. Interessanterweise ist dies in den meisten Installationen so, obwohl der virtuelle Arbeitsplatz des Nutzers auch heute schon durch Netzwerkbandbreiten nahezu unabhängig vom Ort der physischen Serverinfrastruktur ist.

Diese Artefakte aus alten Tagen der IT-Architekten gilt es über Bord zu werfen. Zum Glück wird es in verteilten Umgebungen auch immer schwieriger, "drinnen" und "draußen" aus Unternehmenssicht zu definieren. Die beschriebenen verschiedenen Workstyles - also die variable Nutzung der IT durch scheinbar homogene Nutzergruppen - verstärken diesen Trend noch massiv. Daher lautet die wichtigste Anforderung an eine Workspace-Infrastruktur jetzt: Unabhängigkeit von der Infrastruktur.

Wieso sollten graphikintensive Applikationen für den Workstation-Dauereinsatz nicht On-Premises und damit nahe bei den Arbeitsplätzen liegen, die ab und zu von unterwegs genutzten Zugänge zu der Software hingegen in der Cloud? Weil man sich bisher festlegen musste und es kein System gab, bei dem man Workspaces unabhängig von der darunter liegenden Infrastruktur bereitstellen konnte.

Genau dies ist aber die zentrale Anforderung an einen Workspace-Umgebung der Zukunft: Infrastruktur-Unabhängigkeit. Denn dadurch erreich man in einer SDW-Umgebung die Nutzung der Vorteile des Cloud Way of Computing - egal ob die genutzte Infrastruktur On-Prem bereitgestellt wird, oder schon IaaS-Modelle aus der Cloud genutzt werden.

Infrastruktur-unabhängige Bereitstellung des Arbeitsplatzes

Der Software Defined Workspace verbindet damit bisher getrennte Verwaltungsebenen für Applikationen, Daten, Arbeitsweisen und die darunter liegende Infrastruktur.

SDW ermöglicht das einheitliche Management für:

Der Software Defined Workspace flexibilisiert damit nicht nur die angepasste Bereitstellung eines virtuellen Arbeitsplatzes, der abgestimmt auf den sich zeitlich verändernden Bedarf eines Benutzers ist, sondern er entkoppelt die Bereitstellung auch von der physischen Infrastruktur.

Der bisherige Aspekt der Bereitstellung eines spezifischen Workspaces zu jedem Zeitpunkt, an jedem Ort, auf jedem Endgerät wird erweitert um die zeitlich flexible Zuordnung von Applikations-Sets für das spezifische Endgerät (Unterstützung von Workstyles) und die Unabhängigkeit des virtuellen Arbeitsplatzes von der physischen Infrastruktur.

Eine sinnvolle Ergänzung für den SDW ist die Anbindung an Marketplaces, um den IT-Delivery Prozess für den Workspace mit den kaufmännischen Transaktionen der Applikation-Bereitstellung zu verbinden. (hal)