Qualität in Projekten

Was Projekt-Manager überwachen müssen

07.01.2009 von Tulca Ertüzün
Zeit- und Budgetdruck sind in IT-Projekten hoch. Oft bleibt die Qualität des Endproduktes auf der Strecke. Der selbständige Projekt-Manager Tulca Ertüzün zeigt, wann Qualitäts-Management Erfolg hat.
Tulca Ertüzün, Projekt-Manager: Qualität kostet Zeit und Geld.
Foto: Tulca Ertüzün

Im Projektgeschäft sollten drei grundlegende Indikatoren kontinuierlich überwacht werden: Dauer, Kosten und Funktionsumfang des Endproduktes beziehungsweise der Dienstleistung. Diese, auch als "magisches Dreieck" bekannt, stellen drei Anforderungsebenen dar, die für das Ergebnis bestimmend sind und untereinander in Konkurrenz stehen.

Zum Erfolg oder Misserfolg speziell von IT-Projekten tragen zudem bei:

Wer von Qualität in Projekten spricht, sollte sich nicht nur darauf konzentrieren, das Projekt im Budget und zum geplanten Zeitpunkt abzuschliessen. Wichtig ist auch, die Qualität der Dienstleitung oder des Endproduktes entsprechend der Kundenanforderungen zu gewährleisten. Was bringt dem Kunden eine Individualsoftware, die er zwar termingerecht und zum vereinbarten Preis erhält, die aber an den festgelegten Anforderungen vorbei entwickelt wurde?

So beeinflussen Sie den Erfolg des Projekts

Darum muss jeder Qualitätsverantwortliche die richtigen Indikatoren ermitteln und Massnahmen in das Projektgeschehen einbauen, um diese Indikatoren zu überwachen und gegenzusteuern. Folgende Maßnahmen haben in erfolgreichen Projekten zur Qualitätssteigerung beigetragen:

  1. Anforderungen an das Endprodukt / Dienstleistung klar definieren.

  2. Wissensträger früh einschalten und in gewissen Abständen zur Freigabe der erzielten Ergebnisse hinzuziehen.

  3. Effizientes Berichtswesen / Projektfortschritt aufsetzen und wöchentliche Statusmeetings definieren, wo "Eskalationen" und "Abweichungen" behandelt werden.

  4. Prävention statt Reaktion: Qualitätsmassnahmen in das Projektgeschehen integrieren, so als wären es gewöhnliche Arbeitschritte. Es ist keine isolierte, abstrakte Tätigkeit, die von irgendwelchen Wissenschaftlern durchgeführt wird (was die Beteiligten als störend empfinden). Die erbrachte Dienstleistung muss auf operativer Ebene durch diese Qualitäts-Instanz aktiv überwacht und freigegeben werden.

  5. Freigabeverfahren einzelner Arbeitspakete und Projektphasen durch "Quality-Gates", eine Überprüfung der Projektergebnisse der Vorphase.

  6. Frühe Einbindung des Kunden / künftigen Anwenders in die Test- oder Freigabephasen.

  7. Simulation und Testen des Produktes oder der Dienstleistung unter realen Gegebenheiten.

  8. Einplanung eines Abnahmeverfahrens durch den Kunden / Anwender, um spätere Reklamationen zu verhindern.

Qualitäts-Management: Lebensmittelindustrie als Vorbild

In der Genussmittelindustrie werden anfällige und kritische Punkte, die die Produktqualität negativ beeinflussen können, im Produktionsprozess identifiziert und ständig beobachtet: etwa hohe Feuchtigkeitsbildung, Kontaminationsgefahr oder Fremdkörper in Rohstoffen. Dieses weltweit anerkannte Qualitätskonzept heißt "Hazard Analysis and Critical Control Point-Konzept (HACCP-Konzept, Gefährdungsanalyse und kritische Lenkungspunkte).

Es werden die für die Überwachung der Lebensmittel kritischen Punkte im Beschaffungs- und Produktionsprozess ermittelt. Zudem legt man Eingreifgrenzen für die kritischen Lenkungspunkte fest, da nicht jede kleinste Abweichung einen Eingriff erfordert, denn nur der Trend ist ausschlaggebend. Außerdem werden Verfahren zur fortlaufenden Überwachung der Sicherheit entwickelt, Korrekturmaßnahmen für den Fall von Abweichungen festgelegt sowie Ergebnisse und Massnahmen dokumentiert.

Qualität - was heißt das eigentlich?

Der Begriff "Qualität" wird gern als positives Schlagwort verwendet. Slogans wie " Qualitätssicherung in Projekten", "Qualität im Bildungswesen", "Servicequalität" oder "Produktqualität" sind an der Tagesordnung. Das Schlagwort vermittelt einen ersten positiven Eindruck, die wahre Bedeutung ist jedoch meist unklar. Typisch für ein "buzz word". Philip Bernd Crosby, einer der bekanntesten "Qualitätsgurus" aus den USA, definiert Qualität als "Grad der Übereinstimmung und Erfüllungsgrad der gestellten Anforderungen an ein Produkt oder einer Dienstleistung".

Was Qualitäts-Manager beachten müssen

Das Qualitätskonzept der Lebensmittelindustrie kann mit einigen Anpassungen auch im Projektgeschäft angewandt werden. Die Kunst ist es, die "kritischen Punkte" in einem Projekt einzeln zu ermitteln und ein Überwachungs- und Lenkungskonzept zu definieren. Für einen Qualitätsbeauftragten in Projekten ergeben sich daraus drei Phasen:

  1. Qualitätsplanung: Ermitteln Sie Merkmale und Eigenschaften, die Sie später mit aktuellen Arbeitsergebnissen abgleichen und die Einhaltung gegenchecken können. Beziehen Sie die richtigen Wissensträger von Anfang an ein, die die Fähigkeit besitzen, Qualitätsmerkamle zu definieren (dies können sein: Endanwender, künftige Kunden, stakeholder, oder ggf. gesetzliche Vorgaben). Die Abnahme ihres Produktes erfolgt aufgrund des Erfüllungsgrads dieser Merkmale.

  2. Qualitätssicherung: Planen Sie Prüfmethoden in den Herstellungs- oder Dienstleistungsprozess mit ein und entwickeln Sie Methoden um den aktuellen Qualitätszustand sichtbar darzustellen (Fehlerlisten, Diagramme, Gant-Charts etc.).

  3. Qualitätslenkung und kontinuierliche Verbesserung: Überwachen bestimmter Projektergebnisse / Indikatoren aus der Phase 2 und Festlegen von Wegen, die Ursachen unzureichender Leistungen zu beseitigen. Ziel sollte sein: Prävention während des Projektes und nicht Reaktion auf Reklamationen).

Ein Qualitätskonzept auf- und umzusetzen ist aufwändig und kostspielig. Ohne ein solches Konzept ist die Gefahr groß, dass durch Rückrufaktionen, teurerer Kundendienst, großer Support-Aufwand, Nachtrainieren von Anwendern, mehr Defekte oder Garantieleistungen viel höhere Kosten entstehen.