Queerness & Diversität

Warum LGBTQ zur Unternehmenskultur gehört

10.11.2022 von Rebecca Clarke
Queerness oder LGBTQ waren auch in Unternehmen lange Tabuthemen, doch nun wird in Sachen Diversität umgedacht. Wie man queere Mitarbeiter adressiert, lesen Sie hier.
Betriebe, die Diversität, Gleichheit und Inklusion in ihrer Unternehmenskultur leben, entsprechen nicht nur dem modernen Zeitgeist, sondern holen sich damit auch mehr Geschäftserfolg ins Haus, weil divers aufgestellte Teams in der Regel erfolgreicher agieren.
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Jedes Jahr wirbt die weltweite queere Community im Rahmen des Pride Month im Juni und auf verschiedensten Veranstaltungen wie dem Christopher Street Day für mehr Toleranz und Vielfalt in unserer Gesellschaft. Auch für Unternehmen wird die Einbindung und Unterstützung der Community immer wichtiger - immerhin fühlen sich rund acht Prozent der Bevölkerung in Deutschland dieser zugehörig. Wie es Unternehmen gelingt, eine diverse Umgebung für Mitarbeiter:innen zu schaffen, welche Rolle eine queer-freundliche Kommunikation dabei spielt und warum Unternehmen es mit dem Thema wirklich ernst meinen sollten, lesen Sie im Folgenden.

Bewusstsein für Queerness schaffen

Eine grundlegende Sensibilisierung für Queerness kann in Form von internen Workshops oder auch externen Coachings (zum Beispiel von Employers for Equality) erfolgen. In der Auseinandersetzung um Diversität, Gleichheit und Inklusion (DE&I) können Workshops jedoch nur der Anfang sein. Bei fast allen Themen in Bezug auf die Unternehmenskultur sollte beim Aufbau und der Förderung einer LGBTQ-Community (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender und Questioning) innerhalb eines Unternehmens zunächst definiert werden, wer für den Prozess verantwortlich ist. Bei Recruitee haben wir dazu ein eigenes Komitee gegründet, das sich um alle Themen rund um DE&I kümmert. Teil dieses Gremiums sind Personen aus der Managementebene und Angestellte. Zunächst sollte eine Bestandsaufnahme erfolgen, was im Betrieb auf queere Strukturen verbessert werden kann. Erst danach sollten dann die nötigen Schritte definiert werden, um ein tolerantes und diverses Umfeld für alle Angestellten zu ermöglichen. Wichtig ist, dass das Thema immer ganzheitlich für das Unternehmen betrachtet wird und die eingeleiteten Prozesse offen kommuniziert werden.

Natürlich ist es für Unternehmen nicht nur spannend eine diverse Unternehmenskultur zu fördern, sondern diese auch nach außen zu kommunizieren. Besonders deutlich wird das im Recruiting-Prozess: Oftmals fühlen sich queere Personen nicht von Stellenausschreibungen angesprochen, da sie nicht gendergerecht formuliert sind. Wir sprechen LGBTQ-Personen in unseren Stellenausschreibungen deshalb direkt an und ermutigen sie zu einer Bewerbung bei Recruitee - konkret: "Wir ermutigen Frauen, People of Color und Menschen aus der LGBTQ(+)-Gemeinschaft, sich zu bewerben. Geben Sie in Ihrer Bewerbung gerne an, welche Pronomen Sie verwenden (z. B. sie/ihr, er/ihn, sie/ihr usw.)".

So optimieren Sie Stellenanzeigen
Tipps für das ideale Jobangebot
Der Stellenanzeige kommt in Zeiten des Fachkräftemangels besondere Bedeutung zu. Wollen Unternehmen die Aufmerksamkeit von Jobsuchenden erregen, muss nicht nur der Aufbau einer Stellenausschreibung perfekt sein, sondern auch noch auf weitere Details geachtet werden. Welche sehen Sie hier.
Auf das Design achten
Das Design der Stellenanzeige kann maßgeblichen Einfluss darauf nehmen, ob sie auf Bewerbende attraktiv oder uninteressant wirkt. Um optisch anzusprechen und die Anzeige aufzulockern, sollten aussagekräftige und thematisch passende Bilder eingebettet werden, ohne die Anzeige jedoch zu überladen. Vorzugsweise sollten sie Menschen zeigen - die der gewünschten Zielgruppe am nächsten kommen. Auch das Firmenlogo darf nicht fehlen: Dieses sollte links oder mittig im Kopf der Ausschreibung integriert werden. Der Text kann durch eine Abwechslung von Stichpunkten und Fließtext sowie ein Layout mit zwei Spalten optisch aufgelockert werden. Hierbei gilt: die wichtigsten Informationen sollten in der linken Spalte genannt werden.
Die Zielgruppe kennen
Bevor eine Stellenausschreibung mit den passenden Texten oder dem passenden Layout versehen werden kann, muss klar sein, welche Zielgruppe sich von ihr angesprochen fühlen soll. Dabei kann die Erstellung einer Candidate Persona helfen, die typischerweise an der vakanten Stelle interessiert wäre. Wie alt ist diese Person? Was erwartet sie von einer freien Stelle oder einem potentiellen Arbeitgeber? Welche Kommunikation erwartet sie und worauf sie legt sie Wert? Sind Antworten auf all diese Fragen gefunden, kann man diese als Leitfaden zur Erstellung der Stellenausschreibung nutzen.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berücksichtigen
Hierbei geht es weniger um eine Empfehlung als vielmehr um eine Pflicht: Bei der Formulierung einer Stellenanzeige muss das AGG, auch Antidiskriminierungsgesetz, eingehalten werden! Personenbezogene Merkmale wie beispielsweise Alter, Geschlecht und Herkunft dürfen bei der Profilbeschreibung keine Rolle spielen. Das erfordert möglichst neutrale Formulierungen - und auch den Verzicht auf indirekte Einschränkungen wie beispielsweise den Wunsch nach einer spezifischen Muttersprache.
Stellenanzeigen breit streuen
Um die Wahrscheinlichkeit ein passendes Talent zu finden, zu erhöhen, sollte die Stellenanzeigen möglichst breit gestreut werden und nicht nur auf der eigenen Karriereseite und in den gängigen Online-Jobbörsen veröffentlicht werden. Auch über Karrierenetzwerke und (je nach Zielgruppe) Social Media lässt sich Reichweite generieren, die das Recruiting vorantreiben kann. IT-Fachkräfte sind rar gesät. Neben dem passiven Schalten einer Stellenausschreibung ist auch das aktive Ansprechen potentieller Kandidat:innen - das sogenannte Active Sourcing - empfehlenswert.

Pinkwashing vermeiden

Natürlich ist die Förderung von DE&I auch über Stellenausschreibungen hinaus eine gute Chance für Unternehmen, dieses Engagement im Rahmen des Pride Months nach außen hin zu kommunizieren. Wie in jedem Jahr hat aber auch der diesjährige Juni in der Retrospektive leider wieder gezeigt, dass viele Firmen den Pride Month nur für ihre Werbezwecke instrumentalisieren und die Community nicht wirklich unterstützen - einige Negativspiele finden sich hier. Unternehmen müssen hier vorsichtig sein und sprechen Kampagnen und Aktionen im Vorfeld am besten immer mit queeren Angestellten ab oder beziehen das DE&I-Komitee ein, um mögliche Vorwürfe des Pinkwashing zu umgehen. Gleichzeitig ist aber auch wichtig, dass sich das Unternehmen auch wirklich für Diversität zum Beispiel in Form von Spenden an LGBTQ-Projekte oder Organisationen einsetzt und den Pride Month nicht nur für Marketingzwecke nutzt.

Die Förderung der weltweiten LGBTQ-Gemeinschaft kann abseits von Spenden aber auch in der Unterstützung queerer Mitarbeiter:innen liegen. Recruitee ermöglicht den Angestellten zum Beispiel auch während der Arbeitszeit an Demonstrationen teilzunehmen, um auch nach außen Teil der Gemeinschaft sein zu können. Als Arbeitgeber geht es uns darum, die Community auch über unseren Tellerrand hinaus zu unterstützen, denn nur so kann ein Eigenbeitrag dazu geleistet werden, das Thema auch auf gesellschaftlicher Ebene angemessen zu befördern. Andere Unternehmen sollten das ebenfalls beherzigen, damit überall sichere Arbeitsräume entstehen können.

Diverse Unternehmen sind erfolgreicher

Für Unternehmen haben interne queere Communitys und ihre Förderung viele Vorteile. Zum einen fühlen Angestellte mehr Wertschätzung und Mitarbeiter:innen werden im Umgang mit queeren Personen und vielleicht auch Kund:innen sicherer. Zum anderen sind laut einer PWC-Studie diverse Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher beziehungsweise erzielen diverse Teams bessere Ergebnisse. Dies lässt sich vor allem mit den unterschiedlichen Blickwinkeln auf Probleme und die Herangehensweisen erklären, die in diverseren Teams deutlich ausgeprägter sind. Der Aufbau und die Unterstützung sollten Arbeitgeber jedoch niemals nur aufgrund rein wirtschaftlicher Faktoren machen. Vielmehr muss das Ziel, das Wohlbefinden aller Mitarbeiter:innen zu verbessern, immer im Vordergrund stehen.

In einer immer diverser werdenden Gesellschaft wird für Unternehmen der Umgang mit queeren Communities und die Einbindung dieser in die eigene Unternehmensidentität zunehmend entscheidend - auch weil diverse Betriebe nachweislich bessere Ergebnisse erzielen und sich Angestellte insgesamt wohler fühlen. Der Pride Month oder auch der "Christopher Street Day" können die für Unternehmen Anlass sein, sich erstmalig mit LGBTQ zu beschäftigen oder die Förderung dieser Strukturen zu forcieren. Bei allem Engagement sollten Unternehmen jedoch niemals vergessen: Pride Month ist das ganze Jahr. (pg)