Eine Frage der Chemie

Wann Hochkaräter und Arbeitgeber zusammenkommen

02.02.2010 von Hans Königes
Überdurchschnittlich Qualifizierte müssen auch menschlich zum Arbeitgeber passen, sagen Personaler.

Obwohl die Krise nach Einschätzung der meisten Experten ihren Höhepunkt hinter sich hat, ist 2010 noch nicht mit einer deutlichen Verbesserung der Situation auf dem Arbeitsmarkt zu rechnen. Besonders betroffen hiervon fühlt sich der akademische Nachwuchs, da ihm das wichtige Differenzierungskriterium Berufserfahrung fehlt. Wie sieht es jedoch bei leistungsstarken Junginformatikern aus? Können wenigstens sie dank ihrer überdurchschnittlichen Leistungen auf dem Arbeitsmarkt frei wählen? Was erwarten Personaler von dieser Bewerbergruppe, und wie wichtig ist der "Faktor Mensch"?

Wohin wollen ITler?

Arbeitgeber wie Google
Foto: Google

Die IT-Branche ist und bleibt sehr beliebt unter deutschen Absolventen und Young Professionals. Das haben die jüngsten Umfragen des Berliner Instituts für Personal-Marketing Trendence unter Absolventen sowie Young Professionals wieder bestätigt. Auch in Krisenzeiten locken Innovationskraft und interessante Produkte Bewerber mit ganz unterschiedlichem Studienhintergrund in den IT-Bereich. So überrascht es wenig, dass die ITler unter den Young Professionals am liebsten bei Google, IBM und SAP arbeiten möchten.

"Wir können klar erkennen, dass es sich bei den beliebtesten Arbeitgebern durch die Bank um Unternehmen handelt, die national und international viel Arbeit und Mühe in die Entwicklung und Aufrechterhaltung ihrer Arbeitgebermarke stecken", so Manja Ledderhos, Senior Beraterin bei Trendence. Unternehmen wie Google, IBM oder SAP wüssten sehr wohl, dass Produkte und Dienstleistungen nicht reichen, um die ITler anzuziehen, sondern viele Kandidaten erst durch ein positives Arbeitgeberimage zu ihrer Bewerbung animiert wurden.

Wohin will die Elite?

Eine Sonderauswertung des aktuellen Young-Professional-Barometers ermittelt die unter den High Potentials, also den besonders erfolgreichen jungen Akademikern, beliebtesten Arbeitgeber. Zu beobachten ist dabei, dass Young Professionals sich im Gegensatz zu durchschnittlich begabten Arbeitnehmern sehr gut einen Arbeitgeber außerhalb ihrer akademischen Fachrichtung vorstellen können.

... und die Automobilbranche erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit.
Foto: Audi

So sind die ersten beiden Plätze des Rankings der Überflieger mit der Boston Consulting Group und McKinsey besetzt - traditionell Arbeitgeber, die sich durch Mitarbeiter mit ganz unterschiedlichen fachlichen Hintergründen auszeichnen. Erst auf Platz drei folgt Google, seit Jahren in nahezu allen Rankings der Gesamtgruppe IT der unangefochtene Gewinner. Hinter Porsche auf Platz vier haben es mit Bain (Platz fünf), Oliver Wyman (Platz zwölf) sowie Roland Berger (Platz 17) weitere Beratungsfirmen unter die Top 20 geschafft. Auch Autofirmen stehen trotz ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten hoch in der Gunst der High Potentials: Die Platzierungen von Porsche, Audi (Platz acht) oder Volkswagen (Platz 29) zeigen klar, dass Jungakademikerherzen für deutsche Wagen schlagen.

Arbeitgeber
Siemens
Vor einigen Jahren war Siemens noch der Traumarbeitgeber für den IT-Nachwuchs. Nach massivem Stellenabbau im IT- und TK-Bereich nur noch Rang 8 für den Konzern.
Brigitte Hirl-Höfer, Microsoft Deutschland
Die Personalchefin muss sich keine Sorgen machen: Der Softwarehersteller behauptet seit Jahren seinen Platz unter den beliebtesten Arbeitgebern (Platz 7).
Der iMac von Apple
Auch Apple fällt durch seine Produkte auf. Der Mac-Hersteller verbessert sich von Platz 8 auf Platz 4.
Blizzard Entertainment: World War Craft
Neueinsteiger Blizzard Entertainment landet auf Anhieb auf Platz Vier und belegt damit die große Anziehungskraft der Spieleindustrie auf junge Absolventen.
Die SAP Zentrale Campus Walldorf
Die Softwareschmiede SAP verliert weiterhin: Nachdem die Walldorfer in den vergangenen Jahren Platz eins und zwei belegt hatten, müssen sie sich nun wieder mit dem zweiten Platz begnügen.
Christoph Grandpierre, IBM
Christoph Grandpierre ist Personalgeschäftsführer von IBM und kümmert sich wie auf der CeBIT selbst um die Bewerber. Mit Erfolg: das größte IT-Unternehmen der Welt verbessert sich von Platz drei auf Platz zwei in diesem Jahr.
Google Microkitchen
And the winner is...erneut Google. Der Suchmaschinenbetreiber besticht auch dieses Jahr nicht nur durch ungewöhnliche Niederlassungen wie hier in Zürich,....
Google Meeting Informal
...sondern auch durch Innovation. Die Mitarbeiter dürfen ein Fünftel ihrer Arbeitszeit kreativ sein und wie hier in der Hängeschaukel neuen Ideen nachhängen.

Wie sieht der ideale Arbeitgeber aus?

"Erfolgreiche Arbeitgebermarken vermitteln den klaren Eindruck, dass sie gegenwärtige und zukünftige Mitarbeiter immer als Kunden betrachten. Sie umwerben, binden, entwickeln und fördern diese", kommentiert Trendence-Beraterin Ledderhos. Um ihre Außenwirkung bemühte Unternehmen etablieren daher frühestmöglich einen funktionierenden Dialog mit ihren Leistungsträgern von morgen.

Wunsch und Wirklichkeit weichen für die IT-Young-Professionals jedoch stark voneinander ab. So nennen die Befragten zwar Aufstiegschancen, Führungsstil, Gehalt, Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten als wichtigste Faktoren für die Wahl eines Arbeitgebers. Im Arbeitsalltag werden die entsprechenden Erwartungen jedoch bei weitem nicht zufriedenstellend erfüllt. Umgekehrt verhält es sich mit Faktoren wie Standort, Internationalität oder Markterfolg: Hier werden die Hoffnungen der jungen Arbeitnehmer übertroffen.

… und wie der ideale Kandidat?

Generell gilt: Mitarbeiter und Unternehmen müssen zusammenpassen - egal ob in der IT, der Beratung oder dem Vertrieb. Für die klassischen IT-Berufsfelder sind häufig Fachrichtungen wie Informatik, Wirtschaftsingenieurwesen oder Elektrotechnik gefragt. Ein Beispiel hierfür ist IBM: "Das Arbeitsumfeld ist dynamisch, international und häufig projektbezogen. Daher suchen wir Mitarbeiter, die neben fundiertem Fachwissen auch Leistungsbereitschaft, Flexibilität und die Freude an der Zusammenarbeit in interkulturellen Teams mitbringen. Bewerber sollten ein Profil besitzen, das insbesondere analytisches Denkvermögen hervorhebt", so Sandra Sommer, HR-Marketing-Managerin bei IBM Deutschland.

Fachwissen alleine reicht also nicht für einen Start im IT-Bereich. Soft Skills sind wichtig für einen erfolgreichen Einstieg. Julia Andersch, Leiterin HR-Marketing und Recruiting bei Capgemini sd&m, erklärt die Gründe: "Im Projektgeschäft besitzen Team- und Kommunikationsfähigkeit große Bedeutung, denn Projektarbeit bedeutet immer Arbeit im Team. Young Professionals werden von Anfang an beim Kunden vor Ort eingesetzt."

Auch Interdisziplinarität ist neben dem Informatikhintergrund gefragt - eine Anforderung, die viele Young Professionals mit fächerübergreifenden IT-Studiengängen erfüllen. Georg Bachmaier, Personal-Manager bei Microsoft, unterscheidet die Ausbildungsgänge: "Reine Informatiker besitzen ein tiefes Fachwissen und sind spezialisiert. Absolventen eines interdisziplinären Studienfachs weisen je nach Fächerkombination ein breiteres Wissen auf. Es kommt stark darauf an, für welche Position wir jemanden suchen: Den Informatiker brauchen wir etwa als Entwickler, den interdisziplinär ausgebildeten Bewerber eher für eine Vertriebs- oder Marketing-Stelle."

Leistungsstarke Informatiker haben immer noch gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Dabei muss aber die "Chemie stimmen". Für Unternehmen und IT- Professionals ist es zunächst einmal wichtig, jeweils zum Topsegment des Marktes zu gehören. Anhaltende Zufriedenheit stellt sich auf beiden Seiten jedoch erst dann ein, wenn man auch menschlich etwas miteinander anfangen kann.

Bewerben
1. Wie findet man eine offene Stelle?
<b>Gabriele Eilers, IhrPersonal</b>: "Optimieren Sie Ihre Bewerbungsunterlagen. Identifizieren Sie die für Sie relevanten Stellenmärkte in den Medien und nutzen Sie deren vielfältige Möglichkeiten. Finden Sie die Firmen, für die Sie gerne arbeiten wollen und starten Sie individuell zugeschnittene Initiativbewerbungen."
2. Es gibt mehr als einen Weg zum Job
<b>Cornelia Riechers, Quality Outplacement</b>: "Der erfolgreiche Bewerber kennt mehr als einen Weg zum neuen Job. Er reagiert auf <b>Angebote in Printmedien</b> und durchforstet dazu sowohl regionale und überregionale Tageszeitungen als auch relevante Fachzeitschriften. In den <b>Internet-Jobbörsen und entsprechenden Suchmaschinen</b> kennt er sich aus. Er schaltet auch ein eigenes Stellengesuch und trägt sein Profil in solche <b>Internet-Portale</b> ein, wo potenzielle Arbeitgeber es finden. Die Möglichkeiten der Agentur für Arbeit schöpft er aus, einschließlich der angeschlossenen Institutionen wie ZAV. Er geht von selbst auf Firmen zu, nicht nur per Telefon, Brief und E-Mail, sondern auch persönlich. Außerdem wendet er sich an die <b>Personalberater</b> und Vermittler in seinem Fachbereich. Sein berufliches und privates Kontakt-Netzwerk nutzt er, um seinen Aktionsradius zu erweitern. Und er optimiert seinen Auftritt mit der Unterstützung eines Outplacement- oder Karriereberaters."
3. Und noch ein Tipp zur Jobsuche:
<b>Susanne G. Rausch, act value</b>: "Neben dem offenen Stellenmarkt, sollten Bewerber auch den verdeckten Stellenmarkt ins Visier nehmen. Der "verdeckte Stellenmarkt" zeichnet sich dadurch aus, dass es einen potenziellen Bedarf an qualifizierten Kandidaten gibt, die diesbezüglichen Stellen jedoch zu einem bestimmten Zeitpunkt aus bestimmten Gründen noch nicht beschrieben, geschaffen oder ausgeschrieben wurden."
4. Wie sollte eine Bewerbung aussehen, damit sie Erfolg hat?
<b>Matthias Busold, Kienbaum</b>: "Während in Boomzeiten mangels adäquater Personalangebote Positionen oftmals mit Kandidaten besetzt werden, die nur anteilig das geforderte Profil mitbringen, kann in Krisenzeiten der hundertprozentig passende Kandidat gefunden werden. Um Absagen und damit Frust zu vermeiden, sollten sich Aspiranten auf Positionen bewerben, die ihrem Profil nahezu in Gänze entsprechen, statt wild Bewerbungen auf alle möglichen Positionen zu versenden."
5. Worüber sollten sich Bewerber im Vorfeld informieren?
<b>Gerhard Humbert, HSC Personalmanagement</b>: "Vor allem darüber, ob Firma und Position zu ihm passen und umgekehrt. Dann die Stellenbeschreibung, die Anforderungen und welche Kommunikationsform vorgesehen ist (E-Mail, Online, normale Post, Telefon). Bei der Stellenbeschreibung und den Anforderungen sollte der Bewerber versuchen, sich ein möglichst gutes Bild von der Person zu machen, die das Unternehmen sucht. Nicht nur, um es mit dem Selbstbild zu vergleichen, sondern auch um einzuschätzen, welche der aufgeführten Tätigkeitsmerkmale, Erfahrungen, Kenntnisse und anderen Kriterien die wichtigsten sind, die ein Kandidat unbedingt mitbringen muss."
6. Was muss man im Vorstellungsgespräch beachten?
<b>Thomas Leibfried, Computacenter:</b> "Grundsätzlich sollten Bewerber sich nicht anders verhalten als sonst auch. Empfehlen würde ich jedoch, zusätzliche Fragen zu stellen, die die wirtschaftliche Situation des Unternehmens und die mittelfristigen Aussichten betreffen, um die Gefahren bei einem Arbeitsplatzwechsel besser einschätzen zu können."
7. Und noch ein Tipp zum Vorstellungsgespräch:
<b>Nicole Mamier, Realtech:</b> "In Krisenzeiten ist es wichtig, dass der Bewerber im Vorstellungsgespräch die Ernsthaftigkeit seines Interesses an einem Arbeitgeberwechsel vermittelt. Natürlich muss der Bewerber auch das Unternehmen besonders auf Herz und Nieren prüfen. Wen sucht das Unternehmen und warum, was wird in der Position erwartet und geboten und bin ich tatsächlich bereit, für den beschriebenen Job zu wechseln? Also, eigentlich wie immer - aber auf beiden Seiten aktuell sicher mit einer Extraportion Skepsis gewürzt."
8. Und noch einer:
<b>Daniela Kudell, IhrPersonal:</b> "Bereiten Sie sich auf das Unternehmen, die Gesprächsinhalte, die Rahmenbedingungen und die Gesprächspartner vor. Seien Sie professionell, verstellen Sie sich aber nicht. Nutzen Sie die Gelegenheit zu prüfen, ob Sie, die Aufgabe und das Unternehmen langfristig zueinander passen."