Berufseinstieg in der IT

Punkten mit Praxis und Persönlickeit

17.11.2009
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.
Wer einen IT-Job ergattern will, muss durch fachliche Tiefe, praktische Erfahrungen und die richtigen Soft Skills überzeugen. Daran scheint es manchen Absolventen zu mangeln.

Voller Hoffnung reisten 50 IT-Absolventen Ende Oktober nach Hennef. Als Teilnehmer eines zweitägigen Karriere-Workshops wollten sie zeigen, was in ihnen steckt. Eingeladen hatten große Anwenderfirmen wie die Deutsche Bank, die Hessische Landesbank und der international expandierende Discounter Lidl. Selbst in der Krise stocken sie ihr Personal auf, um in die Jahre gekommene Anwendungsarchitekturen zu erneuern oder ihre florierenden Geschäfte mit modernen Systemlandschaften abzusichern.

Der Andrang war groß. Hunderte Bewerber hatten ihre Unterlagen beim Veranstalter Access eingereicht. Für die meisten jedoch blieb es beim Versuch. Auch Anwender picken sich die Rosinen heraus. Was sie von IT-Absolventen erwarten, fasst Carolin Schlomann zusammen. Die Personalberaterin von Access hatte die besten Bewerber herausgefischt: "Neben hervorragenden Noten müssen Absolventen fachlich überzeugen. Eingeladen wurde allein, wer sich spezialisiert hat, zum Beispiel als Informatiker in der Systemanalyse, und dafür hinreichende praktische Erfahrungen vorweisen kann."

Dieter Schoon, Itelligence: 'Mich interessiert, wie Bewerber an Aufgaben herangehen.'
Dieter Schoon, Itelligence: 'Mich interessiert, wie Bewerber an Aufgaben herangehen.'

Persönliche Eigenschaften, die Schlomann nicht explizit erwähnt, muss ein Kandidat erst im Bewerbungsgespräch unter Beweis stellen. Während die Personaler im Hennefer Workshop genau beobachteten, wie sich die Absolventen in Fallstudien schlagen, ihre Ergebnisse präsentieren und sich kritischen Fragen stellen, bleibt Arbeitgebern in normalen Bewerbungsgesprächen dafür viel weniger Zeit. Trotzdem schauen sie genau hin. Dieter Schoon, Personalchef des Bielefelder IT-Dienstleisters Itelligence, will vom Bewerber erfahren, wie er eine konkrete Aufgabe anpacken würde: "Wie gehen Sie an das Problem heran, welchen Lösungsweg schlagen Sie ein, und nach welchem Plan gehen Sie vor?"

Halb volles Glas

Ähnlich wie die im SAP-Umfeld international expandierende Itelligence, die 2010 ihre süddeutschen Standorte Stuttgart und München personell verstärken und bis zu 50 Absolventen einstellen will, plant auch der Münchner IT-Dienstleister Cirquent, seine Belegschaft durch junge IT-Kräfte zu ergänzen. Noch wichtiger als das Fachwissen, das sie von der Hochschule mitbringen, ist dem Unternehmen, dass sich Bewerber für den Beruf des Beraters eignen. "Dafür müssen sie kommunikativ sein, sich selbst organisieren und strukturiert an immer neue Probleme herangehen können", unterstreicht Chef-Recruiter Ansgar Kinkel.

Auf die Soft Skills kommt es also an. Einer aktuellen Stellenauswertung der Firma PPI zufolge erwarten neun von zehn deutschen IT-Unternehmen ausdrücklich sozialkompetente Verhaltensweisen von ihren Bewerbern. Beispielsweise verlangt Daniel Kleinhans, Human Resources Manager beim Softwarehaus CAS in Karlsruhe, dass Absolventen positiv und zukunftsorientiert denken, Risiken eingehen und aus Fehlern lernen wollen. "Bei uns ist das Glas halb voll statt halb leer", bemüht Kleinhans ein viel zitiertes Bild, das die Aufbruchstimmung in der Firma charakterisiert. Um keine ungeeigneten Bewerber einzustellen, stellt CAS die Interessenten in Interviews auf die Probe. "Hier erfahren wir, wie Kandidaten mit Erfolgen und Misserfolgen umgehen und sich in Konfliktsituationen verhalten. Negative Prägung fällt uns sofort auf."

Auch die Fähigkeit, im Team an einem Strick zu ziehen und persönliche Belange der gemeinsamen Aufgabe unterzuordnen, ist den Firmen wichtig. Wer den Egotrip sucht, hat keine Chance. Bewerber könnten ehrgeizig und leistungsorientiert sein, sagt Kleinhans, "aber nicht auf Kosten der Kollegen im Team". Die besten Erfahrungen habe CAS mit Kandidaten gesammelt, die sich am Arbeitsplatz gemäß ihrem Naturell verhalten und sich nicht verstellen.