DMS-Trends

Verwalter setzen auf Prozessoptimierung

16.09.2009 von Frank Niemann
Klassische Themen und Archivierung bleiben Dauerbrenner. Doch vermehrt wollen Firmen darüber hinaus ihre Prozesse verbessern. Unter anderem Microsoft, IBM, SAP und Readsoft wollen sich mit Lösungen empfehlen.

Software für Dokumenten-Management ist und bleibt gefragt: Noch immer gibt es zahlreiche Firmen, die in Basisausstattung für die Dokumentenverwaltung und elektronische Archivierung investieren. Unternehmen sehen beispielsweise dann Handlungsbedarf, wenn sich Anwender in der Fülle an Dateien auf Festplatten und Netzlaufwerken niemand mehr auskennt. Wer welches Dokument bearbeitet hat, wo die letzte Version zu finden ist und in welchem Status sich der entsprechende Vorgang befindet, lässt sich nur noch schwer nachvollziehen.

Zum Teil handeln Firmen, die DMS-Lösungen anschaffen, nicht aus eigener Überzeugung. "Manchen Unternehmen schreibt der Wirtschaftsprüfer vor, sich möglichst rasch von der chaotischen Dateiablage zu verabschieden", so Bernhard Zöller, Chef der auf Dokumenten-Management spezialisierten Unternehmensberatung Zöller & Partner aus Sulzbach im Taunus. Bei weitem nicht nur kleine Firmen seien davon betroffen, sondern auch größere Unternehmen. "Nicht zuletzt der Preisverfall für Speicher verleitet die Nutzer dazu, die Server-Festplatten zuzumüllen", meint der DMS-Experte. DMS-Software erlaubt eine strukturierte Ablage. Suchfunktionen, die immer besser werden, verkürzen die Zeit, Inhalte zu finden. Ungebrochen ist ferner der Bedarf an Tools für die Archivierung von Dokumenten beziehungsweise E-Mails. Viele Dokumenten-Management-Anbieter decken diese Funktionen mittlerweile über ihre Produkte ab. Einmal im Jahr trifft sich die Branche auf der Fachmesse "DMS Expo" in Köln.

DMS-Bedarf im Mittelstand

Vermehrt finden Dokumenten-Management-Programme Anklang bei mittelständischen Unternehmen. Nach Zöllers Überzeugung beschert dies den zahlreichen DMS-Spezialisten wie beispielsweise Windream und Elo, die seit Jahr und Tag mittelstandstaugliche Software feilbieten, gute Geschäfte. Anbieter von Systemen für Großfirmen täten sich in diesem Marktsegment mit ihren ressourcenhungrigen Produkten schwer.

Manche Unternehmen nutzen bereits seit Jahren Dokumenten-Management-Software und gehen nun dazu über, auf Grundlage ihrer Systeme Geschäftsprozesse zu verbessern. Denn obwohl es Ablagen für elektronische Dokumente gibt, ist bei vielen Abläufen noch Papier im Spiel.

Einsparpotenzial am Posteingang

Verbesserungspotenzial bieten Standardaufgaben wie etwa die Rechnungseingangsbearbeitung. Hierbei werden Lieferantenrechnungen eingescannt, deren Inhalt per OCR identifiziert mit Einträgen im Rechnungswesen in Verbindung gebracht. Die Rechnungsprüfung, Buchung der Beträge sowie die Zahlungsanweisung nebst Archivierung der eingescannten Rechnung lassen sich auf diese Weise weitgehend automatisieren. Nicht mehr nur die großen Firmen implementieren solche Konzepte. Readsoft, einer der Spezialisten für solche Anwendungen im SAP-Umfeld, verspürt vermehrt Nachfrage aus dem Mittelstand. Mit Hilfe von Partnern will Readsoft im nächsten Jahr die papierarme Rechnungsverarbeitung auch für die ERP-Software "Dynamics NAV" von Microsoft anbieten können. Neben der reinen Abwicklung entwickelt Readsoft mit "Reporter" ein Analysewerkzeug, das Firmen Auskunft geben soll, wie lange die Rechnungsbearbeitung vom Einscannen bis zur Bezahlung dauert und wie oft das vom Kreditor gewährte Skonto ausgeschöpft werden konnte.

Dokumenten-Management und BI im Duett

Auf den Bedarf der Firmen an Prozessverbesserungen im DMS-Umfeld setzt auch IBM. Der Konzern vermarktet seit vielen Jahren unter anderem Dokumenten-Management beziehungsweise Archivsoftware und hatte vor einigen Jahren mit Filenet einen mächtigen Spezialisten gekauft. Diese Produkte bringt IBM nun mit den Business-Intelligence- und Performance-Management-Lösungen zusammen, die mit der Akquisition von Cognos erworben wurden. Teil des als "Business Analytics & Optimization" (BAO) bezeichneten umfangreichen Ansatzes sind Beratungsleistungen von IBMs Services-Sparte. BAO soll es erlauben, Inhalte aus Dokumenten-Management-Software, Datenbanken, E-Mail-Servern und Geschäftsapplikationen in eine Informationsplattform ("Infosphere") einzubinden. Die so zusammengetragenen Geschäftsdaten lassen sich für Prozesse zur Verfügung stellen. Auswertung und Leistungsmessung sollen Hinweise auf Verbesserungen von Abläufen liefern.

IBM will eigenen Angaben zufolge standardisierte BAO-Lösungen auflegen, die sich an bestimmte Branchen richten. Den Anfang sollen Angebote für die öffentliche Hand machen.

Wurden Lösungen für das Informations-Management im Unternehmen bisher meist individuell errichtet, versucht IBM nun, möglichst viele Standardfunktionen zusammenzustellen, so dass nur noch wenige Anpassungen an das jeweilige Kundenumfeld erforderlich sind.

Eine IBM-Lösung, die Dokumenten-Management und Business-Intelligence verbindet, soll beispielsweise das Beschwerde-Management eines Unternehmens automatisieren. Software erfasst E-Mails der unzufriedenen Kunden, ordnet sie per Textanalyse bestimmten Sachbearbeitern zu, steuert die Vorgangsbearbeitung per Workflow und vergleicht die Unmutsäußerungen mit Kundenkritik aus der Vergangenheit.

Einen ähnlichen Ansatz des Informations-Managements verfolgt IBMs Konkurrent Oracle. Wie der IT-Konzern hat der Datenbankprimus einige Softwarehäuser übernommen - darunter den Content-Management-Anbieter Stellent und die BI- und Performance-Management-Spezialisten Hyperion. IBM sieht sich jedoch im Vorteil, da der eigene Ansatz besser geeignet sei, Drittlösungen einzubinden.

Allrounder Sharepoint: Dokumente, Teams und ERP-Daten

IBMs DMS- und BI-Kombination steht ferner im Wettbewerb mit "Office Sharepoint Server" von Microsoft. Der Softwarekonzern versteht sein Produkt als Framework für Dokumentenverwaltung, Zusammenarbeit (Collaboration), Datenauswertung und Berichte, Suche sowie Web-Content-Management. Nutzer können die Software gemeinsam mit "Microsoft Office" verwenden. Basisfunktionen von Sharepoint ("Windows Sharepoint Services") liefert Microsoft mit dem Windows-Betriebssystem aus.

Was Sharepoint an Funktionen fehlt, beispielsweise ein Archivsystem, sollen Softwarepartner beisteuern. Auf der Grundlage der Software bauen Microsoft-Partner ferner kundenspezifische Lösungen. Unabhängige Softwarehäuser entwickeln eigene Applikationen auf Basis des Frameworks. Das Partnerunternehmen IPI aus Lichtenau zum Beispiel hat mit "Contract Center" eine Sharepoint-basierende Anwendung für die Vertragsverwaltung entwickelt. Sie soll es Firmen gestatten, Vertragsdokumente zu verwalten, weitere Dokumente daran anzuhängen sowie vertragsrelevante Daten aus ERP-Systemen einzubinden.

Siemens IT Solutions and Services integriert bei Kunden Sharepoint mit SAP-Systemen. Firmen können beispielsweise Produktstrukturdaten aus "SAP PS" in den Dokumentenspeicher von Sharepoint ablegen. Somit stellt Sharepoint eine Alternative zu "SAP Records Management" dar, das der ERP-Anbieter für diese Aufgaben vorgesehen hat.

Die Version 2010 von Sharepoint wird weitere Funktionen für das Business-Process-Management (BPM) enthalten. Details will Microsoft im Oktober nennen. Auf den Markt kommen soll Sharepoint 2010 im nächsten Jahr, zeitgleich mit Office 2010.

SAP schafft DMS-Unterbau für die Business Suite

SAP selbst vermarktet DMS-Funktionen im Zusammenhang mit den betriebswirtschaftlichen Lösungen der "SAP Business Suite" (siehe auch "SAP-Strategie im ECM-Geschäft"). Das erwähnte Records Management verrichtet beispielsweise in "SAP CRM" seinen Dienst als Aktenspeicher für das Beschwerde-Management. Das Produkt "SAP ILM" stellt ERP-Kunden Funktionen bereit, Daten zu archivieren und die Aufbewahrung von Inhalten zu steuern ("Retention Management"). In der Lösung "SAP PLM" stellen DMS-Funktionen beispielsweise eine Maschinenakte zur Verfügung. Des Weiteren gestattet es ILM laut Anbieter, alte R/3-Systeme im Zuge von SAP-Konsolidierungen stillzulegen: Die Daten der Altsysteme werden für die Auswertung durch den Steuerprüfer vorgehalten. Sparen könnten Firmen dabei, weil sie für den Betrieb sowie die Wartung des ERP-Veteranen kein Geld mehr zahlen müssen.

Ausbauen will SAP die Suchmaschine ("Netweaver Enterprise Search"). Sie soll künftig besser als bisher auch Inhalte von Fremdsystemen verarbeiten können.

Im Gegensatz zu Microsoft und IBM hat SAP im Bereich Collaboration kaum etwas zu bieten. Hier will der Hersteller jedoch nachlegen. Wie Microsoft setzt auch SAP im DMS-Umfeld auf Partner. Mit Opentext ist der Konzern eine weltweite Vertriebskooperation eingegangen.