Gartner Magic Quadrant UC 2013

Unified Communications wird allmählich Mainstream

29.08.2013 von Manfred Bremmer
Aus Sicht von Gartner ist der Markt für Unified-Communications-Lösungen in den vergangenen zwölf Monaten weiter gereift und wird allmählich Mainstream. An der Positionierung der einzelnen Anbieter hat sich indes nur wenig geändert.

Wie bereits im Vorjahr liegt Cisco im Leader-Segment (recht oben) vorne und konnte sogar seine Position gegenüber dem Zweitplatzierten Microsoft etwas ausbauen. Dritter ist Siemens Enterprise Communications (SEN). Gartner bewertet die Münchner, was die Ausgereiftheit ihrer Vision (Gartner-Speak: Completeness of Vision), etwas besser als Microsoft, gleichzeitig schafft es das Unternehmen aber nicht so gut, diese im Markt umzusetzen ("Ability to Execute"), schlechter ab. Leicht abgeschlagen auf vierter Stelle sehen die Marktforscher weiterhin Avaya, das Unternehmen konnte sich aber etwas hinsichtlich seiner "Vision" verbessern.

Auch in den Nachbarquadranten gibt es kaum spürbare Veränderungen: Einziger Visionär ist laut Gartner der kanadische Anbieter Mitel, während IBM, NRC, Alcatel-Lucent und Huawei (in dieser Rangfolge) weiterhin als Herausforderer bewertet werden. Als Nischenanbieter sehen die Marktbeobachter Interactive Intelligence, ShoreTel, Aastra und - weit abgeschlagen - Toshiba.

Wie alle "magischen Quadranten" ist allerdings auch dieses Gartner-Ranking mit Vorsicht zu genießen, viele Bewertungsaspekte sind nur etwa für Großunternehmen, die weltweit operieren, relevant. Außerdem sehen die Analysten vieles stark durch die Nordamerika-Brille. Auf die Praxis der Marktforscher, sich die Studie von einem oder mehreren Playern aus dem Leader-Quadranten nach Erstellung finanzieren zu lassen (Danke, Microsoft!), soll hier gar nicht erst eingegangen werden.

Bewertungsgrundlage und Einzelergebnisse

Um für eine Bewertung im Gartners Magic Quadrant Unified Communications überhaupt in Frage zu kommen, muss ein Hersteller Angebote in sechs Bereichen aufweisen:

Zusätzlich wird gefordert, dass die UC-Lösung in mehreren Regionen einschließlich Nordamerika, Europa und Asien angeboten wird und der Anbieter einen Mindestumsatz von 150 Millionen Dollar im Enterprise-Geschäft und fünf Referenzen (drei Kunden, zwei Partner) für sein UC-Portfolio vorweisen kann.

Nischen-Player unerwünscht: Bei seiner Beurteilung legte Gartner Wert auf einen globalen Ansatz.
Foto: ktsdesign, Fotolia.com

Bei den Einzelbewertungen spielt dann auch noch eine entscheidende Rolle, wie reibungslos der Wechsel zwischen einer On-Premise-, Hybrid- und Cloud-basierenden Lösung möglich ist, oder wie es um die weltweite Verbreitung sowie das Service- und Reseller-Netz bestellt ist. Last, but not least betrachtet Gartner auch die finanzielle Situation der UC-Anbieter, wobei sich natürlich Firmen mit anderen Geschäftsbereichen leichter tun, etwa Cisco, IBM, Microsoft oder Huawei.

Aastra

Laut Gartner sollen Unternehmen die Aastra-Suite in Betracht ziehen, wenn sie besonderen Wert auf kostengünstige Telefonie und UC-Funktionen legen und es in ihrer Region Aastra-Partner gibt. Die Marktforscher weisen jedoch darauf hin, dass einige Features wie Web Conferencing nicht angeboten werden. Firmen, die ihre bestehenden TK-Anlagen von Aastra in Richtung UC migrieren wollen, sollten prüfen, inwieweit ihre aktuelle Umgebung zur breiteren Ausrichtung von Aastra passt, einschließlich des BluStar-Clients.

Stärken:

Gefahren:

Alcatel-Lucent

Laut Gartner sollten Unternehmen die OpenTouch-Suite evaluieren, wenn sie auf der Suche nach einer vollständigen software-basierten UC-Suite sind. Voraussetzung sei jedoch, dass Alcatel-Lucent ausreichend Service und Support in der Region gewährleisten kann.

Stärken:

Gefahren:

Avaya

Laut Gartner kommt Avaya Aura als UC-Lösung in Frage, wenn Unternehmen heterogene Umgebungen (Systeme, Services oder Geräte) verbinden müssen oder bereits hohe Anschaffungen in Avaya-Equipment getätigt haben, das nun in Richtung einer UC-Lösung der nächsten Generation migriert werden soll.

Stärken:

Gefahren:

Cisco

Laut Gartner sollten Unternehmen eine UC-Lösung von Cisco in Betracht ziehen, wenn sie nach einer umfänglichen Netzwerklösung mit integrierter UCC-Suite Ausschau halten. Cisco ist außerdem attraktiv für große und international tätige Konzerne, die solide Sprach- und Videofunktionalitäten benötigen, sowie für Firmen, für die ein vollständiger Support mit UC-Clients für alle führenden mobilen Plattformen essenziell ist.

Stärken:

Gefahren:

Huawei

Kaum bekannt: Huaweis UC-Lösung eSpace
Foto: Huawei

Laut Gartner sollten Unternehmen Huawei in Betracht ziehen, wenn sie eine umfängliche Netzwerklösung mit integrierten UCC-Funktionen suchen. Sie sollten aber sicherstellen, dass es vor Ort Support gibt. Huawei ist am besten in China und einigen Ländern in der Asien-Pazifik-Region, dem Nahen Osten, Osteuropa, Afrika und Südamerika vertreten, der Support in anderen Regionen muss geprüft werden.

Stärken:

Gefahren:

IBM

Laut Gartner sollten Unternehmen IBM Sametime in die engere Auswahl nehmen, wenn sie bereits Produkte und Dienstleistungen von Big Blue einsetzen und diese stärker ausnutzen wollen oder ihnen IBMs Social-Business-Strategie gefällt. Für Firmen, die TK-Systeme verschiedener Hersteller verwenden und einen gemeinsamen UC-Client suchen, komme dabei Sametime Unified Telephony in Frage. Unternehmen, die Sametime mit einem Standard-kompatiblen Telefonie-Server nutzen wollen, empfiehlt Gartner Sametime Unified Telephony Lite.

Stärken:

Gefahren:

Microsoft

Laut Gartner sollten Unternehmen, die ihre IT stark nach der Office-Familie ausrichten wollen, den Einsatz von Microsoft Lync in Betracht ziehen und begreifen, welche Auswirkungen die Lösung auf ihre Geschäftsprozesse und die Produktivität ihrer Mitarbeiter haben kann. Firmen, die auch Telefonie und Video mit Lync umsetzen wollen, legen die Analysten jedoch nahe, sich über die Einschränkungen der Lösung und die Anforderungen an die Infrastruktur klar zu werden. Außerdem sollten sie klären, wie Filialen unterstützt werden können und wie sie falls benötigt weltweit Support von Drittanbietern erhalten.

Lync 2013
Das ist neu bei Lync 2013
Vor Kurzem hat Microsoft die neue Version seiner Unified Communications-Software herausgebracht. Das "Lync"-Release 2013 hält einige Weiterentwicklungen für mobile Betriebssysteme, virtuelle Desktops und Windows 8 bereit.
Bisher
Lync-Standardansicht: ...
Lync 2013
Kontaktliste und Kommunikationsmöglichkeiten.
Lync 2013
Tabbed IM: Unterhaltungen in Registerkarten.
Lync 2013
Video/Web-Conference mit mehreren Teilnehmern – ein Feature, ...
Bisher
das mobile Nutzer des alten Lync-Client nicht zur Verfügung hatten.
Bisher
Lync gibt im Gegensatz zum Vorgänger nun ...
Lync 2013
„intelligente“ Bedienungshinweise.
Lync 2013
Teilnahme an einer Videokonferenz über die Lync Web App unter Mac OS X.
Lync 2013
Teilnahme an einer Videokonferenz über den Browser ...
Lync 2013
... sowie über die Lync Windows 8 App.
Bisher
Mobile Nutzer konnten dagegen mit der alten Version unterwegs nur chatten.
Lync 2013
Startansicht der Lync App (MX Client) ...
Bisher
im Vergleich zur alten Version.

Stärken:

Gefahren:

Siemens Enterprise Communications (SEN)

SEN Ansible
Ansible mobile
Zum Start Mitte 2014 will SEN alle wichtigen Mobile-Plattformen wie iOS, Android, Blackberry und Windows Phone unterstützen.
Ansible im Detail
Information-Sharing per Ansible: Egal ob Video, Powerpoint oder PDF, mit wenigen Mausklicks können Kollegen Informatíonen untereinander teilen.
Ansible auf dem Smartphone
Auf dem Smartphone informiert eine App über eingehende Anrufe, Mail, Messages etc.
Virtuelles Gedächtnis
Als zentrales Gedächtnis aggregiert Ansible automatsich alle für den User relevanten Informationen.
Videocall
Videocall per Mausklick. Ohne Extra-Client können Videokonferenzen direkt im Browser gestartet werden.
Integartion
Jedem Kommunikationspartner steht es frei, welchen Raum ein Videocall auf der Oberfläche einnimmt.
SDK
Mit Hilfe des SDKs können eigene Konnektoren geschrieben werden, um Ansible mit exotischeren Systemen zu verbinden.
Admintool
Eine übersichtliche Admin-Konsole erleichtert das Management des Systems.

Laut Gartner kommt OpenScape von SEN für Unternehmen in Frage, die nach einer Standard-basierenden, vollständigen und preiswerten UC-Suite suchen, die - falls notwendig - auch über Lösungen von Drittanbietern erweitert werden kann.

Stärken:

Gefahren:

Ausblick: Noch fehlen UC Features

Laut Gartner ist der Markt für Enterprise-UC-Lösungen in den vergangenen zwölf Monaten weiter gewachsen, so dass das Thema allmählich beginnt, Mainstream zu werden. Den Marktforschern zufolge bedeutet dies zum einen, dass zwar Produkte vorhanden sind, aber Features oder Einsatzmöglichkeiten vermissen lassen. Außerdem seien die Best Practices für Anwender, Administratoren und Systemintegratoren noch nicht ausgereift, etwa, was Auswahlkriterien, Preisvergleich und Deployment anbelangt. Obwohl diese Aspekte wichtig für einen wachsenden UC-Einsatz seien, glaubt Gartner, dass es etliche Jahre mit schrittweisen Verbesserungen vergehen, bis diese Kinderkrankheiten kuriert seien.

Als wichtiger Aspekt müsse aus Sicht der Marktforscher außerdem das Thema UC Federation adressiert werden, da dies die Zusammenarbeit von Unternehmen mit Partnern, Zulieferern, Distributoren oder Kunden erleichtert, die eine andere UC-Lösung einsetzen. Hier gebe es zwar kleine technische Schwierigkeiten bei der Umsetzung, die größere Barriere stelle jedoch das Konkurrenzdenken der Anbieter dar, so Gartner. Inzwischen gebe es jedoch schon einige Lösungen, wie NextPlane, die eine Art Vermittlungsdienst für UC-Federation anbieten. Das Analystenhaus erwartet daher, dass sich die Situation in diesem Bereich in den nächsten zwei Jahren deutlich verbessert.

Weniger Fortschritte beobachtet Gartner beim leidigen Thema Standards: Während die meisten UC-Anbieter darauf bedacht seien, standard-basierende Funktionen bereitzustellen, zögen einige Hersteller proprietäre Varianten bei Software, Hardware und Netzen klar vor. Dies behindere vor allem die strategische Planung von Unternehmen, da proprietäre Ansätze oft in eingeschränkten und teureren Wahlmöglichkeiten resultierten. Generell empfiehlt Gartner vor allem größeren Organisationen, UC als einen Prozess kontinuierlicher Verbesserungen zu sehen. Entscheider sollten ihre UC-Lösung auf lange Sicht planen und mit einer deutlichen Weiterentwicklung innerhalb der nächsten drei Jahre rechnen.