Google und Co.

Traumarbeitgeber der Young Professionals

03.11.2012 von Alexandra Mesmer
Strahlen Unternehmen Erfolg aus, haben sie mit ihrem Image als Arbeitgeber meist kein Problem. Denn junge Informatiker lassen sich eher von attraktiven Produkten anziehen als von einem hohen Personalbedarf.

Seit Jahren dominiert Google die Rankings der beliebtesten IT-Arbeitgeber, so auch die jüngste Auswertung der Berliner Beratung Trendence: Mehr als jeder Vierte der befragten Young Professionals mit Informatikstudium will beim Internet-Konzern arbeiten. Erst mit Abstand folgen BMW, IBM, Apple und SAP. Die Attraktivität als IT-Arbeitgeber speist sich nicht daraus, ob ein Unternehmen Informatiker im großen Stil sucht. Google Deutschland hat derzeit gerade neun offene Positionen mit IT-Bezug zu vergeben, mit iPhone-Produzent Apple landete gar ein Unternehmen auf dem vierten Platz, das hierzulande in erster Linie Vertriebsjobs anbietet.

Ein Job bei Google und Co. ist für viele Young Professionals wie ein Hauptgewinn in der Tombola.
Foto: JaninaDierks_Fotolia.com

Attraktive Produkte ziehen den IT-Nachwuchs an: Unter den Top 20 sind mit BMW, Audi, Porsche, Volkswagen und Daimler alle deutschen Autohersteller vertreten. Auch Softwarefirmen mit großer Marktmacht wie IBM, SAP oder Microsoft haben gute Karten. Das Wichtigste für Young Professionals sind laut Trendence-Umfrage attraktive Aufgaben. Und diese hoffen sie in großen Unternehmen mit bekannten Produkten zu finden. Auch die Wertschätzung der Mitarbeiter liegt ihnen am Herzen, Prestige und Status, wie ihn ein Dienstwagen herausstellen würde, spielen nur eine untergeordnete Rolle. Doch wie finden Traumarbeitgeber ihre Kandidaten? Was erwartet Informatiker bei Google, BMW, SAP, der Fraunhofer- Gesellschaft und der Deutschen Telekom? Die COMPUTERWOCHE hat Personalverantwortliche gefragt.

Google: Vier Auswahlinterviews

Frank Kohl-Boas, Google: "Agile Bewerber, die sich schnell in Neues hineindenken können und auch bereit sind, Wissen schnell zu teilen, sind schwer zu finden."
Foto: Google

Die Begeisterung für Google ist ungebrochen unter Informatikstudenten wie unter Informatikern mit erster Berufserfahrung. Liegt es an den Bildern von bunten Büros mit Rutschen oder Gondeln, am Gratis-Essen oder doch an den allgegenwärtigen Produkten und Services, die jeder nutzt? Fakt ist, dass der Internet-Konzern, der weltweit 34.000 Mitarbeiter beschäftigt, klassische Suchinstrumente wie Image- oder Stellenanzeigen in Jobbörsen gar nicht braucht. Google veröffentlicht seine offenen Positionen ausschließlich auf der eigenen Website. Darüber sowie durch Empfehlungen von Mitarbeitern und von ehemaligen Praktikanten bekommt Google so viele Bewerbungen, dass sich Frank Kohl-Boas über deren Anzahl nicht beschweren kann. Dennoch findet der Personalchef von Google in den deutschsprachigen und nordeuropäischen Ländern, dass sich immer noch zu wenige für ein Informatikstudium entscheiden: "Auch wir spüren den Fachkräftemangel in der IT durchaus. Die Suche nach Informatikern und Ingenieuren wird nicht durch fehlende Fachkenntnisse schwer. Schwieriger zu finden sind agile Bewerber, die sich schnell in Neues hineindenken können und auch bereit sind, Wissen schnell zu teilen."

Die Anforderungen von Google an die Kandidaten sind hoch, das zeigt das Auswahlverfahren mit vier persönlichen Interviews, früher waren es sogar acht Gesprächsrunden. Genommen wird nur der Kandidat, der alle Interviewer überzeugen konnte, Kohl-Boas spricht vom konsensbasierten Recruiting: "Wir erwarten, dass sich Bewerber mit dem Unternehmen, seinen Produkten und dem Geschäftsmodell auseinandergesetzt haben und Ingenieure sich zum Beispiel mit der Google-Infrastruktur und der ,Engineering Culture` befassen."

Kandidaten, welche die Hürden überwunden haben, erwarten laut Kohl-Boas ein dynamisches Umfeld, viele Freiräume, um mitzugestalten, eine interessante Bezahlung und die Arbeit an Produkten, die jeder kennt. Vor allem Letzteres ziehe Informatiker an. "Klassische hierarchische Statussymbole wie Firmenwagen gibt es bei uns nicht", sagt der Google-Manager. "Unsere Büros liegen zentrumsnah und sind gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Andere Dinge wie ökologisches Essen oder Fitnessangebote sind uns wichtiger." Letztere gibt es erst seit Kurzem, auch um dem Phänomen "Google 7" etwas entgegenzusetzen. Dahinter verbergen sich sieben Pfund beziehungsweise in manchen Fällen auch sieben Kilo, die so mancher neue Mitarbeiter nach einer gewissen Zeit mehr auf den Hüften hat.

BMW: Sichere Arbeitsplätze

SAP, Cloud Computing und IT-Sicherheit sind Begriffe, die Katrin Schröder und ihren Kollegen viel Arbeit bereiten. Die Senior Recruiterin bei BMW in München muss länger nach berufserfahrenen Experten mit diesen Schwerpunkten fahnden, als ihr lieb ist. Sie freut sich, dass BMW auf Platz zwei der IT-Wunscharbeitgeber gelandet ist, und hofft, künftig so manchen der begehrten IT-Profis einfacher gewinnen zu können. Insgesamt sind derzeit 130 IT-Stellen im BMW-Konzern zu besetzen. "Viele Bewerber meinen immer noch, dass es schwierig sei, bei uns eine Stelle zu bekommen", sagt Schröder. "Zudem hält sich das Klischee, dass unsere Mitarbeiter alle in Anzug und Krawatte erscheinen müssen und wir starre Arbeitszeiten haben." Dabei offeriere BMW nicht nur ein flexibles Gleitzeitmodell, sondern auch Home-Office-Möglichkeiten, die unter Softwareentwicklern beliebt sind.

BMW-Recruiterin Katrin Schröder hat derzeit 130 IT-Stellen im BMW-Konzern zu besetzen.
Foto: BMW

Das wichtigste Pfund, mit dem der bayerische Autobauer wuchern kann, ist freilich sein Produkt, das gerade unter männlichen Bewerbern positive Emotionen hervorruft. Im Auto könnten die Entwickler sehen, welche Softwareanwendungen sie programmiert haben, so Schröder. Anders als etwa in der Beratungsbranche möchte man den Mitarbeitern mittel- und langfristige Perspektiven eröffnen: "Unsere Mitarbeiter schätzen es, dass wir ihnen viele Chancen geben, ihren Job zu gestalten, sich weiterzuentwickeln und intern zu verändern. Wir investieren viel in Aus- und Weiterbildung. Wir bieten sichere Arbeitsplätze, selbst während der Wirtschaftskrise mussten wir keine Mitarbeiter entlassen."

Einsteigsgehälter
Die Verdienstchancen für Hochschulabsolventen...
untersuchte die Personalvermittlung Alma Mater auch 2012. Für ihre Gehaltsstudie hat sie über 1000 Arbeitgeber befragt und über 6.300 Gahaltsdaten von akadamischen Nachwuchskräften ausgewertet.
Besonders die Fahrzeugindustrie...
bietet dem akademischen Nachwuchs beste Verdienstperspektiven: Dort steigen Hochschulabsolventen mit durchschnittlich 46.000 Euro im Jahr ein.
Auch der Maschinenbau...
zahlt überdurchschnittlich, und zwar im Schnitt 45.000 Euro im Jahr für Hochschulabsolventen. Ein einenso hohes Gehalt winkt in der Elektrotechnikindustrie.
Im Öffentlichen Dienst...
...ist der Verhandlungsspielraum durch die strikte Bindung an Tarifverträge gering. Hier beginnen IT-Absolventen mit knapp 38.000 Euro im Jahr. Auch die Art der Hochschule ( Universität oder Fachhochschule) beeinflusst die Höhe des Gehalts.
Die Medien....
...sind bei vielen Absolventen beliebt, gehören aber zu den Branchen, die Berufseinsteiger am schlechtesten vergüten. Das durchschnittliche Einstiegsgehalt liegt bei 33.000 Euro im jahr, Trainees erhalten sogar nur 25.000 Euro.
Auch die Tourismusindustrie...
..gehört zu den Flopbranchen in Sachen Einstiegsgehälter: 26.000 Euro erhält ein Hochschulabsolvent im Marketing, als Trainee sind es sogar nur 10.000 Euro.
In Niedersachsen, hier die Autostadt Wolfsburg,...
können Hochschulabsolventen ein durchschnittliches Einstiegsgehalt von über 42.000 Euro erwarten. Das liegt auch daran, dass hier große Konzerne wie VW angesiedelt sind, die sehr gut zahlen.
Auch Schleswig-Hostein, hier das Holstentor in Lübeck,...
kommt in der Alma Mater-Studie gut weg. Auch hier liegt das Einstiegsgehalt über 42.000 Euro. Kommentar: In dieser Region haben viele große Firmen mitgemacht, die besser bezahlen als kleinere Betriebe.
Gut lachen haben Berufseinsteiger auch in Bayern..
...hier gibt es nicht nur viele Jobs, sondern auch ein Einstiegsgehalt von 42.613 Euro. Masterabsolventen werden in Bayern...
..und Baden-Württemberg...
am besten bezahlt. Im Ländle kommen Masterabsolventen auf knapp 44.000 Euro und überrunden damit sogar die Diplomierten.
In Frankfurt am Main....
werden Absolventen mit Master und Diplom auch sehr gut bezahlt, und zwar mit durchschnittlich 42.600 Euro.
In Bremen....
sind diese Abschlüsse dagegen nur gut 40.000 Euro wert. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den Regionen nicht mehr so groß wie früher.
Mit einem Masterabschluss....
verdienen Hochschulabsolventen im Schnitt 2000 Euro mehr als mit einem Bachelor. 38 Prozent der befragten Firmen suchen vermehrt nach Masterabsolventen.
Das Diplom...
...ist trotz Bologna-Reform immer noch gefragt und mit durchschnittlich knapp 41.000 Euro fast so gut vergütet wie ein Master-Abschluss (41.311 Eur0)..
Ein Praktikum...
ist in einigen Firmen immer noch unbezahlt, aber im Schnitt gibt 605 Euro im Monat für Praktikanten und 675 Euro im Monat für eine Abschlussarbeit.
Große Unternehmen....
zahlen besser. das Einstiegsgehalt in Konzernen liegt im Schnitt bei über 44.000 Euro im Jahr.
In kleinen Firmen....
können Einsteiger nur etwa 36.000 Euro erwarten.
Hochschulabsolventen...
...sind auch in Zukunft weiter gesucht. Vor allem Absolventen mit Bachelor, Master oder Diplom sind begehrt.

SAP: Am Ursprung der Innovation

Berater oder Vertriebsexperten finden sich für die SAP AG immer noch leicht, der Ruf als guter Arbeitgeber ist hier angekommen. Nicht so unter den User-Interface-Designern, die die SAP verstärkt sucht, die aber ebenso wie Mobile-Entwickler oder HANA-Experten rar sind. In Deutschland hat der Softwarekonzern derzeit 282 Vakanzen, weltweit sind 1200 Positionen offen.

Standortnachteil Walldorf: laut SAP-Frau Susanne Labonde wollen Bewerber aus Städten wie München oder Berlin nur ungern nach Baden.
Foto: SAP

Die Personalsuche hat sich von Jobbörsen mehr in soziale Netzwerke und Communities verlagert, sagt Susanne Labonde, Global Head of Employer Branding der SAP AG. Soziale Netzwerke wie Xing oder Linkedin spielten für die Suche nach Professionals eine wichtigere Rolle, erfahrene Entwickler seien dagegen eher in Communities wie der SAP Business Process Community unterwegs. Auch die eigene Karriere-Website und Recruiting-Events bleiben wichtig.

Ein Nachteil im Kampf um die Gunst der Informatiker stellt jedoch der Hauptsitz in Walldorf dar, räumt Labonde ein: Sagen Kandidaten zu SAP Nein, liege das in erster Linie am Standort. Wer aus München oder Berlin komme, möchte ungern in Walldorf arbeiten. Für Kandidaten aus ländlichen Regionen sei der badische Standort dagegen kein Problem. Auch hätten viele die falsche Vorstellung, Walldorf sei idyllisch. Weist Labonde dann auf die Menschen aus 78 Nationen hin, die hier zusammenarbeiten, seien viele Bewerber überrascht. Arbeiten in globalen, länderübergreifenden Teams sei aus Sicht der Mitarbeiter ebenso ein Argument für SAP als guten Arbeitgeber wie flexible Zeitmodelle, selbstbestimmtes Arbeiten, sehr viele Entwicklungsmöglichkeiten und nicht auch zuletzt die Wahl des Arbeitsortes, der nicht in Walldorf sein müsse. Größe und Marktmacht des Unternehmens ziehen Bewerber an. Laut Labonde wollen Informatiker am Ursprung der Innovation arbeiten. Es sei für sie attraktiv, Teil eines Unternehmens zu sein, dessen Software so weit verbreitet sei und das dadurch einen großen Einfluss auf die Business-Welt habe.

Fraunhofer: Die persönliche Qualifikation veredeln

Um 1000 neue Stellen im Jahr wächst die Fraunhofer-Gesellschaft durchschnittlich, die inzwischen mehr als 21.000 Mitarbeiter in 60 Instituten beschäftigt, darunter 5000 im Verbund IuK-Technologie. Manche Stellen können schon heute nicht oder erst nach einer langen Ausschreibungsphase besetzt werden. Dazu kommt, dass nur ein Drittel der Mitarbeiter fest angestellt sind, die anderen einen Zeitvertrag haben oder wissenschaftliche Hilfskräfte sind. Letztere erstellen in dieser Zeit eine Bachelor- oder Master-Arbeit und beginnen dann eine Promotion.

Michael Vogel, Fraunhofer: " Eine Anstellung bei uns ist ein guter Zwischenschritt, um Persönlichkeit und fachliche Qualifikation zu veredeln."
Foto: Fraunhofer

"Unsere Mitarbeiter werden häufig abgeworben. Wir haben auch einen Bildungsauftrag, Fach- und Führungskräfte für die Industrie zu qualifizieren. Eine Anstellung bei Fraunhofer ist ein guter Zwischenschritt, um die eigene Persönlichkeit und die fachliche Qualifikation zu veredeln", sagt Michael Vogel. Dass die Institute oft mit engem Bezug zum Anwender forschen, ist in den Augen des Leiters Personal-Marketing der Fraunhofer-Gesellschaft ein großer Pluspunkt: "Unsere Mitarbeiter haben den Freiraum der Wissenschaft und den Bezugsrahmen, der ihnen unmittelbares Feedback zum Erfolg ihrer Forschung bietet. Etwa, wenn sie ihre Ergebnisse auf Messen und Tagungen präsentieren." Daneben zeichne sich die Tätigkeit an einem Fraunhofer-Institut auch durch eine große thematische Bandbreite aus: Ein Experte entwickelt Software, um Edelsteine zu schleifen, aber auch Modellierungstechniken für Wettervorhersagen. Für diejenigen, die am Beginn ihres Berufslebens stehen, sei das eine gute Möglichkeit, sich zu orientieren. Allerdings steht die Fraunhofer- Gesellschaft im Wettbewerb um die Besten in Konkurrenz mit Firmen, die in der Regel bessere Verdienstmöglichkeiten bieten, für die sich der eine oder andere Kandidat dann auch entscheidet.

Deutsche Telekom: An die Karriere heranführen

Die Telekom, insbesondere ihre Servicetochter T-Systems, gehört zu den größten IT-Dienstleistern Europas. Um genügend Systemingenieure, IT-Architekten, IT-Berater, Projekt-, Test- und Service-Manager sowie auch Netzwerk- und Cloud-Profis zu finden, sucht sie seit Längerem auch in anderen Ländern nach geeigneten Bewerbern. "Wir erhalten auch attraktive Bewerbungen aus dem Ausland, die schon zu Einstellungen geführt haben", sagt Marc-Stefan Brodbeck.

Marc-Stefan Brodbeck sucht für die Deutsche Telekom auch im Ausland nach passenden Mitarbeitern.
Foto: Deutsche Telekom

Der Leiter des Recruiting- und Talent-Service der Deutschen Telekom weiß: Je spezieller eine Jobanforderung ist, desto schwieriger gestaltet sich die Suche. Über 100 IT-Stellen hat der Konzern ausgeschrieben, besonders begehrt sind Systemintegrationsexperten mit den Schwerpunkten Sharepoint, SAP, Mobile oder Product-Lifecycle-Management. Über Social-Media-Plattformen wie Xing oder Linkedin für die Professionals und Facebook für Einsteiger sucht die Telekom den Kontakt zu Bewerbern. Fragen zu offenen Jobs, Anforderungen oder zur Bewerbung können so schneller als früher beantwortet werden.

Wer sich für die Telekom entscheidet, wird an seine Karriere "herangeführt", wirbt Brodbeck: "Ein jährlich zwischen Mitarbeiter und Führungskraft ausgearbeiteter Weiterentwicklungsplan und ein persönlicher Pate, der neue Kollegen über einen festgelegten Zeitraum an die Hand nimmt, bieten eine stabile Einarbeitungs- und Beschäftigungsphase." Die Laufbahn sei individuell gestaltbar. Fachkarrieren seien innerhalb des Konzerns ebenso möglich wie eine Querentwicklung vom Berater zum Projekt-Manager oder bis hin zur Führungskraft mit Personalverantwortung.