Test: Speicher-Appliance mit Kinderkrankheiten

11.02.2004 von Christoph Lange
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Leistungsfähige Backup- und Restore-Lösungen werden immer wichtiger, um die wachsenden Datenmengen in den Griff zu bekommen. Deshalb erfreut sich Backup-to-Disk zunehmender Beliebtheit. Storagetek hat dafür mit der in Deutschland ab Februar offiziell verfügbaren "Echoview"-Appliance einen eigenen Weg eingeschlagen, der allerdings noch einige Kinderkrankheiten aufweist. *Christoph Lange ist als freiberuflicher Journalist und Consultant in München tätig. Sein Spezialgebiet sind Speicher- und Netztechnologien (clange@ltec-consult.de). Diplomingenieur Dirk Pelzer arbeitet als Consultant und Journalist in München. Er betreibt ein Storage-Testlabor und hält Schulungen im Bereich Speichernetze und Hochverfügbarkeit (dirk.pelzer@pelzer-consulting.com).

Echoview sichert komplette Server-Laufwerke in Echtzeit. (Fotos: Storagetek)

Viele Unternehmen stehen vor dem Problem, dass das Backup-Zeitfenster für die Sicherung der Geschäftsdaten auf Bandlaufwerke nicht mehr ausreicht - und ein Restore würde noch viel länger dauern. Deshalb liegen Backup-to-Disk-Lösungen im Trend. Diese Produkte bieten wesentlich höhere Sicherungs- und Wiederherstellungs-Geschwindigkeiten als Tape-Systeme. So haben zum Beispiel Quantum, Adic und Overland Festplattensysteme auf den Markt gebracht, die eine Tape Library emulieren und so auf einfache Weise ein Backup-to-Disk ermöglichen.

Server-I/Os gedoppelt

Einen anderen Weg beschreitet Storagetek. Der Speicherspezialist hat sich mit der Echoview-Appliance, die im Februar offiziell auf dem deutschen Markt eingeführt wird, etwas Besonderes einfallen lassen. Die Datensicherungs-Appliance schreibt die Daten nicht erst während des Backup-Prozesses auf das Sicherungssystem, sondern führt jeden Schreibvorgang der angeschlossenen primären Server sofort selber zusätzlich aus. Dabei schützt Echoview immer komplette Volumes, wobei sich die Betriebssystem-Partition nicht sichern lässt. Mit Hilfe eines eigenen Journaling File Systems protokolliert die Appliance zudem die Änderungen der Daten auf Block-Level fortlaufend mit. Zu festgelegten Zeitpunkten erstellt die Echoview-Software eine Point-in-Time-Kopie der Daten, die damit in einem konsistenten Zustand vorliegen.

Gegenüber der herkömmlichen Datensicherung auf Tape-Systemen verspricht Echoview zwei große Vorteile: Zum einen erfolgen sowohl die Sicherung als auch die Wiederherstellung mit einer deutlich höheren Geschwindigkeit, da es sich um eine Festplatten-Appliance handelt. Zum anderen lassen sich einzelne Dateien oder Verzeichnisse sehr viel einfacher einrichten, als dies mit den Bändern eines differentiellen oder inkrementellen Backups möglich wäre.

Der Administrator kann mit Echoview sowohl ganze Laufwerke als auch einzelne Verzeichnisse oder Dateien in dem Zustand wiederherstellen, den sie zu einem früheren Zeitpunkt hatten. Nach der Inbetriebnahme erzeugt die Appliance zunächst einen vollständigen Spiegel der zu schützenden Server-Volumes. Sobald diese Initialisierung abgeschlossen ist, speichert Echoview alle 30 Sekunden einen so genannten View der Volumes, der alle seit dem letzten View geänderten Datenblöcke enthält. Die Häufigkeit der Views lässt sich vom Administrator einstellen.

Die Echoview-Oberfläche zur Verwaltung der zehn Gigabit-Ethernet-Ports, um die zu schützenden Server via Standard-TCP/IP- und iSCSI-Protokoll anzubinden.

Storagetek geht davon aus, dass Echoview die Daten und die Historie der geschützten Server-Volumes für etwa sieben Tage speichern kann. Ist die Speicherkapazität erschöpft, überschreibt das System automatisch die ältesten Daten. Die Appliance verfügt über sechs Festplatten mit einer Kapazität von 146 GB. Die Gesamtkapazität von knapp 900 GB ermöglicht es laut Hersteller, etwa 400 GB Primärdaten fortlaufend zu sichern.

Derzeit kann Echoview die Server mit den Betriebssystemen Windows 2000, Solaris 8 und Linux schützen. Cluster-Konfigurationen werden bislang nicht unterstützt. In Kürze soll auch Support für Windows 2003 und Solaris 9 verfügbar sein. HP-UX und IBM AIX folgen etwas später.

Für die Anbindung von Servern, deren Daten geschützt werden sollen, stellt Echoview zehn Gigabit-Ethernet-Ports bereit.

Einfache Wiederherstellung

In der Management-Konsole kann sich der Administrator entweder alle bislang von Echoview erstellten Views anzeigen lassen, oder er verwendet die Suchmaske mit Start- und Ende-Zeit, um gezielt nach bestimmten Viewpoints zu suchen. Eine bestimmte Datei oder ein Verzeichnis sichert er zurück, indem er den gewünschten View unter einem beliebigen Verzeichnispfad des Servers mountet. Pro Volume unterstützt die Appliance maximal acht gemountete Views.

Sobald ein View gemountet ist, kann der Administrator über den Windows-Explorer auf alle Dateien dieses Volumes zugreifen. Dabei sind sowohl Lese- als auch Schreibzugriffe möglich. Zudem bleiben die ursprünglichen Dateiberechtigungen erhalten, weil die Echoview-Technik auf Block-Level arbeitet. Für Verwirrung sorgt, dass die unter einer bestimmten Pfadangabe eingerichteten Viewpoints nach einem Reboot der Appliance nicht mehr zu sehen sind, weil Echoview sie dann automatisch unter einem Laufwerksbuchstaben mountet.

Anbindung über iSCSI

Im Inneren von Echoview arbeitet ein Intel-Server mit zwei PIII-CPUs, der unter Red Hat Linux läuft. Die Appliance speichert die Daten auf einem Raid-5-System, das Schutz beim Ausfall einer Festplatte bietet. Die Platten lassen sich im laufenden Betrieb wechseln.

Echoview mountet die Viewpoints der gesicherten Laufwerke im Windows-Explorer, wodurch der Anwender einzelne Dateien oder komplette Verzeichnisse einfach und schnell wiederherstellen kann.

Beim Echo-Vorgang erfolgt die Übertragung der Server-I/Os zur Appliance bislang auf einer herkömmlichen Gigabit-Ethernet-Verbindung per TCP/IP. Der View auf die verschiedenen Datenversionen hingegen läuft über eine iSCSI-Verbindung. Echoview kann bis zu fünf Dual-Port-Gigabit-Ethernet-Karten mit iSCSI-Treiber aufnehmen. Ab der zweiten Jahreshälfte soll es laut Storagetek möglich sein, die Echo- und die View-Funktion über einen einzigen iSCSI-Port abzuwickeln. Ebenfalls für die zweite Jahreshälfte sind Fibre-Channel-(FC-)Adapter angekündigt. Dann lassen sich die Server entweder per iSCSI oder per FC an Echoview anbinden.

Die Verbindung des Servers mit der Appliance erfolgt entweder über Cross-over-Kabel oder via Ethernet-Switch. In einer Switch-Konfiguration können sich mehrere Server einen Echoview-Port teilen. Die Appliance ist in der Lage, bis zu 50 Volumes zu schützen. Prinzipiell lassen sich also bis zu 50 Server anbinden. Aus Performance-Gründen sollten aber nicht mehr als zehn leistungsfähige Server angeschlossen werden, empfiehlt Storagetek.

Die Konfiguration von Echoview erfolgt über eine einfach zu bedienende Browser-Oberfläche.

Installation mit Hürden

Damit ein Server die View-Funktion von Echoview nutzen kann, benötigt er einen iSCSI-Host-Bus-Adapter (HBA). Storagetek verwendet hierfür den QLA 4010 von Qlogic. Für den Test wurde ein Dell-Poweredge-Server als Echo- und View-Client unter Windows 2000 Server konfiguriert. Das System diente gleichzeitig als Administrationskonsole für die Appliance, auf die von einem Windows-XP-Rechner per Remote-Desktop-Protokoll (RDP) zugegriffen wurde.

Wie sich im Test schnell zeigte, ist diese bei Windows-2000-Systemen sehr gängige Zugriffsmethode in Verbindung mit der Echoview-Konsole nicht empfehlenswert. Zum einen reagierte die Konsole bei der Bedienung über RDP äußerst träge. Zum anderen ergaben sich beim Mounten von Viewpoints Probleme mit dem Windows Explorer. So zeigte dieser die als Windows-Laufwerke gemounteten Viewpoints erst an, nachdem die RDP-Sitzung beendet und neu aufgebaut worden war. Weil ein Remote-Client fehlt, muss Echoview deshalb direkt über die Konsole des zu schützenden Echo-Servers beziehungsweise des View-Servers bedient werden.

Auch die Installation und Konfiguration der Echoview-Appliance erwies sich als hürdenreicher, als das ausführliche und im Prinzip gut nachvollziehbare Handbuch hätte vermuten lassen. Zwei Spezialisten von Storagetek waren etwa einen Tag lang damit beschäftigt, die Appliance zum Laufen zu bringen. Die größten Probleme bereitete der Qlogic-iSCSI-HBA. Er musste gleich mehrmals ausgetauscht werden, da er bei dem Versuch, die Echoview-Software einzurichten, wiederholt die Mitarbeit versagte.

Nachdem ein vollständiger Spiegel der zu schützenden Laufwerke erstellt ist, schreibt Echoview geänderte Datenblöcke in so genannten Viewpoints fortlaufend mit.

Reibungsloser Betrieb

Beim anschließenden Funktionstest entschädigte die Appliance dafür mit einer klar gegliederten Web-Oberfläche zur Konfiguration der Echoview-Hardware. Als ebenso einfach bedienbar erwies sich die Data Management Console auf der Seite des Windows-2000-Servers. Sie ist zur Einrichtung der zu schützenden Laufwerke sowie zum Mounten der Viewpoints erforderlich. So bedurfte es nur weniger Mausklicks, um das D-Laufwerk des Test-Servers zu schützen.

Allerdings nahm die Initialübertragung des mit 24 GB nur zu einem Drittel belegten Laufwerks etwa eineinhalb Stunden in Anspruch, was einem effektiven Datendurchsatz von etwa 4,5 MB/s entspricht. Nach Angaben von Storagetek soll die Initialisierung mit bis zu 40 MB/s ablaufen. Mit etwa 20 MB/s schnitt der Restore der Daten von einem gemounteten Viewpoint deutlich besser ab. Auch die Sicherung und Wiederherstellung von Daten eines gemounteten Viewpoints mit Veritas Backup Exec 9.0 und einer L20-Library mit LTO-2-Bandlaufwerk von Storagetek verlief ohne Probleme. Allerdings blieb hierbei die Performance mit knapp 8 MB/s ebenfalls hinter den Erwartungen zurück.

Positiv hervorzuheben ist, dass die Echoview-Software fehlertolerant arbeitet und beim Ausfall eines Servers die Spiegelung der I/Os an der Stelle fortsetzt, an der sie unterbrochen wurde.

Fazit: Entspannung beim Backup

Mit Echoview gestaltet sich das Backup wesentlich entspannter als bisher, da die Daten nun ohne Zeitdruck von der Appliance aus auf Band gespeichert werden können. Der Test zeigt aber auch, dass sich Echoview noch in einem relativ frühen Produktstadium befindet und Probleme bei der Erstinstallation und Konfiguration auftreten können. Storagetek bietet die Appliance nicht ohne Grund zunächst nur als Gesamtpaket mit begleitendem Consulting und Installations-Support an.

Nachdem das System erst einmal installiert war, verrichtete es jedoch zuverlässig seine Sicherungsaufgaben, wobei die Performance etwas zu wünschen übrig ließ. Für die Appliance spricht, dass sich durch das einfache Mounten von Viewpoints Dateien oder Verzeichnisse über den Windows-Explorer einfach wiederherstellen lassen. Deshalb stellt Echoview für Unternehmen, deren Server permanent online sein müssen und die deshalb kein Backup-Fenster zur Verfügung haben, in jedem Fall eine interessante Lösung dar. Die Möglichkeit, die Datenhistorie von mehreren Tagen vorzuhalten, kann zudem für Firmen wie Architektur- oder Konstruktionsbüros von großem Wert sein.

Nachfolger in Sicht

Bislang gilt allerdings die Einschränkung, dass die zu sichernde Datenmenge 400 GB nicht übersteigen darf. Storagetek hat aber bereits für dieses Jahr eine deutlich größere Echoview-Appliance angekündigt, die zweieinhalb TB Daten schützen soll. Zudem ist ein System für 10 TB in Vorbereitung.

Zuletzt noch ein Rat: Auch wenn die Echoview-Appliance wichtige Geschäftsdaten bereits redundant speichert, sollten Unternehmen diese nach wie vor zusätzlich auf Tape speichern. Denn nur mit transportfähigen Medien ist es zum Beispiel möglich, die wichtigsten Daten zusätzlich an einem entfernten Ort sicher zu lagern.