Die befürchtete Katastrophe ist ausgeblieben. Nachdem viele Experten dem weltweiten PC-Markt für 2009 schon einen beispiellosen Absturz prophezeit hatten, sind die Anbieter noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Die Gesamtbilanz des vergangenen Jahres drehte mit einem starken Schlussquartal sogar noch ins Plus. Gartner zufolge verkauften die Hersteller weltweit etwa 308 Millionen Rechner, rund fünf Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Dabei hatte es über weite Strecken nicht gut ausgesehen. Noch im März 2009 hatte Gartner einen Einbruch des globalen PC-Marktes um neun Prozent prognostiziert. Im Verlauf des Jahres hellten sich die Prognosen jedoch immer weiter auf: Mitte des Jahres hieß es, die Absatzzahlen würden gegenüber 2008 um sechs Prozent zurückgehen. Im Herbst war nur mehr die Rede von einem Minus in Höhe von etwa drei Prozent, und nach einem starken Schlussspurt zum Weihnachtsgeschäft mit Zuwachsraten von über 20 Prozent rettete sich der Markt noch in die schwarzen Zahlen.
Das gilt auch für Deutschland. "Das Tal der Tränen, in das der deutsche PC-Markt im vergangenen Jahr gestürzt ist, war nicht so tief", lautet das Fazit von Gartner-Analystin Meike Escherich zum hiesigen Markt. Nach Stückzahlen habe es 2009 immerhin noch ein Wachstum von vier Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Jahr gegeben. Die Umsätze seien allerdings deutlich eingebrochen - gerade auch wegen des weiter anhaltenden Trends zu günstigen Mini-Notebooks.
Schon 2010 rechnet die Gartner-Analystin allerdings wieder mit einem Wachstum im zweistelligen Prozentbereich. Nach Einschätzung der Auguren könnten die Hersteller hierzulande im laufenden Jahr rund 20 Prozent mehr Rechner an den Mann bringen als noch im vergangenen Jahr. Angetrieben werde das Wachstum durch die starke Consumer-Nachfrage. Diese werde im laufenden Jahr um 24 Prozent anziehen.
Zahlen zu PCs, Notebooks, Netbooks und Tablets
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DisplaySearch geht davon aus, dass die Hersteller in diesem Jahr weltweit 43,8 Millionen Netbooks verkaufen werden. Das entspricht einem Plus von 28,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
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Gartner zufolge werden die Hersteller in diesem Jahr weltweit 41,8 Millionen Mini-Notebooks verkaufen. Das bedeutet einen Zuwachs von 30 Prozent im Vergleich zu den 32,1 Millionen Geräten aus dem Jahr zuvor. Der Netbook-Anteil am gesamten Mobilrechnermarkt wird in den kommenden Jahren von 18,6 Prozent im Jahr 2010 auf 13,9 Prozent (2014) sinken.
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Forrester Research sagt voraus, dass Tablets gemessen an den Verkaufszahlen im Jahr 2012 Netbooks und 2013 auch Desktop-Computer überflügeln werden.
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Die Experten von AbiResearch taxieren den weltweiten Tablet-Absatz im Jahr 2015 auf rund 57 Millionen Geräte.
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Die IDC-Analysten schätzen die diesjährigen Tablet-Verkäufe global auf 7,6 Millionen Geräte. 2014 sollen weltweit 46 Millionen Stück über die Ladentische gehen. Das bedeutet ein durchschnittliches Wachstum von 57,4 Prozent pro Jahr.
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Laut Gartner wird der weltweite PC-Markt vor allem durch Consumer angetrieben. Dieses Segment soll 2010 nach Stückzahlen um 29,5 Prozent wachsen, während das Enterprise-Geschäft um 13,1 Prozent zulegen soll.
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IDC zufolge wächst das Desktop-Segment des weltweiten PC-Geschäfts deutlich langsamer als der Markt für Mobilrechner. 2010 soll der Absatz bei 137,6 Millionen Rechnern liege, 8,2 Prozent mehr als die 127,1 Millionen Geräte aus dem vergangenen Jahr.
Unternehmen kaufen wieder PCs
Experten gehen jedoch davon aus, dass auch das Unternehmensgeschäft wieder deutlich anziehen wird. Viele Firmen arbeiteten Escherich zufolge mit veralteten Rechnern. Die meisten PCs hätten mittlerweile fünf Jahre auf dem Buckel und seien damit längst am Ende ihres Lebenszyklus angekommen. Das liege daran, dass die Verantwortlichen in den Unternehmen im vergangenen Jahr wegen Budgetengpässen Austauschprojekte hinausgezögert oder ganz gekippt hätten.
Jetzt müssten die Investitionen nachgeholt werden. Dazu komme, dass etliche IT-Verantwortliche das neue Microsoft-Betriebssystem abgewartet hätten und Ende dieses Jahres die Evaluierung von Windows 7 vielerorts abgeschlossen sein dürfte. Damit stünde einem großflächigen Rollout des neuen Betriebssystems nichts mehr im Wege. Im gleichen Zuge würden viele Unternehmen auch neue PCs beziehungsweise Notebooks anschaffen, vermuten die Analysten.
Darauf hoffen auch die Hersteller. "Schnellere Prozessoren sowie neue Software wie beispielsweise das Betriebssystem Windows 7 und Office 2010 werden das Upgrade-Geschäft in Schwung bringen", äußerte sich Michael Dell, Gründer und CEO des gleichnamigen PC-Herstellers, zuversichtlich. Noch sei die installierte Basis des neuen Microsoft-Systems in den Unternehmen zwar überschaubar. Die Stabilität von Windows 7 spreche sich jedoch schnell herum und beschleunige die Nachfrage. Die Akzeptanz und Zufriedenheit der Kunden mit dem jüngsten Spross der Windows-Familie lägen über den Erwartungen.
Die Rechnung könnte aufgehen, bestätigt IDC-Analyst Jay Chou. Die Unternehmen hätten mittlerweile rund ein Jahr Zeit gehabt, den Einsatz von Windows 7 zu evaluieren. Dazu komme der nach wie vor hohe Kostendruck. Der Betrieb veralteter Hardware verursache Probleme und damit höhere Kosten. Upgrades von Hardware und Software könnten diesen Druck mindern und die Kosten reduzieren. Chou geht daher davon aus, dass viele Unternehmen in den Monaten zum Jahresende hin, in denen sie traditionellerweise in neue Firmenrechner investieren, neue PCs und Notebooks anschaffen werden.
Hype um Netbooks schwächt sich ab
Treiber des weltweiten PC-Geschäfts bleiben einmal mehr die mobilen Rechner. Allein im ersten Quartal des laufenden Jahres legte der Absatz den Gartner-Zahlen zufolge weltweit gegenüber Vorjahr um 43,4 Prozent zu. Vor allem das nach wie vor starke Interesse an günstigen Netbooks treibt die Nachfrage nach mobilen Rechnern an. Von den 49,4 Millionen Rechnern, die in den ersten drei Monaten des Jahres verkauft wurden, waren 20 Prozent Netbooks. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor hatte der Anteil der Bonsai-Rechner 13 Prozent betragen.
Allerdings lässt der Hype allmählich nach. Legte der Netbook-Absatz im ersten Quartal 2010 im Jahresvergleich noch um über 70 Prozent zu, lag das Wachstum im darauf folgenden Vierteljahr bei etwas über 20 Prozent. "Die sich abflachende Wachstumskurve ist ein Beleg dafür, dass der Markt allmählich erwachsen wird", stellt Gartner-Analystin Mikako Kitagawa fest. Die von den Netbooks ausgehende Preiserosion, die mittlerweile den gesamten Notebook-Mark erfasst hat, habe offenbar etliche Interessenten bewogen, doch zum herkömmlichen Mobilrechner zu greifen. Zumal sich die meisten Anwender mittlerweile der technischen Grenzen der Rechen-Minis, was Prozessorleistung und Display-Größe angeht, bewusst sind.
Der Rummel rund um die Netbooks werde sich weiter beruhigen, ist sich Gartner-Expertin Escherich sicher. Zunehmend interessanter entwickle sich dagegen die neue Ultrakompaktklasse unter den Notebooks, prognostiziert die Analystin. Die Geräte sind etwas größer als Netbooks und bieten den Nutzern deutlich mehr Rechenpower. Die Kosten liegen nur geringfügig höher als für einen Notebook-Mini à la EeePC.
Letztlich habe es für die Hersteller auch etwas Gutes, wenn der Hype rund um die Netbooks wieder etwas abflaue, sagt Escherich: "Die Minis haben die Preise kaputt gemacht." Angesichts der minimalen Margen in diesem extrem preissensitiven Segment seien die Anbieter im Verkauf auf hohe Stückzahlen angewiesen. "Es ist ein gefährliches Spiel, das die Hersteller an dieser Stelle treiben", warnt die Gartner-Analystin. Firmen wie Acer, Asus und Samsung hätten den Markt mit günstigen Rechnern überschwemmt. Andere Anbieter könnten kaum mithalten. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass sich die Unternehmen mit den Kampfpreisen den Markt selbst zerstörten. "Der Preisdruck muss aufhören", fordert Escherich deshalb. Bevor es so weit ist, dürfte die Marktkonsolidierung jedoch noch ihre Opfer fordern. Die Analystin geht davon aus, dass in der nächsten Zeit noch der eine oder andere Rechnerhersteller verschwinden könnte.
Mit dem abflauenden Netbook-Boom werden sich die Preise also wieder etwas stabilisieren. Außerdem dürfte das für das Jahresende prognostizierte Anziehen des Unternehmensgeschäfts den Preisverfall weiter verlangsamen. Dafür werden wohl auch steigende Preise für Komponenten wie Prozessoren und Arbeitsspeicher sorgen. Rechnerhersteller müssen angesichts der ohnehin knapp bemessenen Margen die Mehrkosten an ihre Kunden weitergeben. Nachdem 2009 noch ein Preisverfall von zwölf Prozent zu verzeichnen war, dürfte sich dieser nach Einschätzung Escherichs im laufenden Jahr auf etwa sieben Prozent verringern.
Das Duell: Netbook vs. Tablet
Intel-Chef Paul Otellini will dagegen noch nicht von einem nachlassenden Interesse an Netbooks sprechen und verweist auf Emerging Markets, in denen Nutzer Netbooks zunehmend als Hauptrechner anschafften. In Mexiko habe beispielsweise Ende vergangenen Jahres der Anteil der Netbooks an den gesamten Notebook-Verkäufen bei 53 Prozent gelegen. Otellini geht davon aus, dass sich dieser Trend auch in anderen Märkten wie zum Beispiel Indien fortsetzen wird.
Der Intel-Chef kündigte an, seine für Netbooks ausgelegte Chipplattform "Atom" weiterentwickeln zu wollen. Demnach plant der weltgrößte Halbleiterhersteller, seine Atom-Chips auch in Smartphones und Tablet-Rechnern unterzubringen. Vor allem im Tablet-Segment hofft der Konzern auf neue lukrative, wachstumsträchtige Marktsegmente. Eine Kannibalisierung des Netbook-Markts befürchtet der Intel-Chef indes nicht. Ein Tablet eigne sich in erste Linie dafür, Inhalte zu konsumieren, während Netbooks primär dazu dienten, Inhalte zu erstellen. Daher sei nicht zu befürchten, dass das Wachstum im Tablet-Segment auf Kosten des Netbook-Markts gehe.
Das sieht mancher Experte jedoch anders. John Jacobs, Director für den Bereich Notebook Market Research von DisplaySearch, geht davon aus, dass der Netbook-Markt durch die Konkurrenz der neuen Tablet-Klasse langsamer wachsen wird als bisher. Das könnte den Herstellern jedoch gelegen kommen, vermutet der Marktbeobachter. Viele von ihnen seien besorgt wegen der schwindenden Margen im Netbook-Geschäft. Es sei daher durchaus denkbar, dass die Hersteller ihren Fokus auf die Tablets verschöben, die aufgrund des höheren Preises auch einen höheren Profit versprächen. Im Ökosystem um die Tablets sei mit passenden Inhalten und Apps insgesamt mehr Geld zu machen als bei herkömmlichen Rechnern, sagt Jacobs.
Es verwundert daher nicht, dass bereits etliche Hersteller auf Hochtouren an Konkurrenzprodukten zu Apples iPad arbeiten. Dazu zählen beispielsweise Asus, Hewlett-Packard und Lenovo, die allesamt auf lukrative Geschäfte hoffen. Schließlich hat Apple mit seinem iPad einen beispiellosen Boom losgetreten, der sogar den Netbook-Start vor zwei Jahren in den Schatten stellt. In nicht einmal drei Monaten verkaufte der Kultanbieter rund 3,3 Millionen Exemplare seines Tablet-Rechners.
Um sich ihren Anteil vom Kuchen zu sichern, müssten die Konkurrenten jedoch zügig mit eigenen Produkten auf den Markt kommen. Doch danach sieht es nicht aus. Bei Hewlett-Packard ist man offenbar auf der Suche nach der richtigen Plattform. Nachdem sich Pläne für ein Windows-7-Gerät verzögerten, setzt der weltgrößte PC-Hersteller nun allem Anschein nach auf das mit Palm übernommene Betriebssystem "WebOS". Die Marke "Palmpad" hat sich der Konzern bereits gesichert. Allerdings war es Palm schon im Smartphone-Wettbewerb nicht gelungen, ein konkurrenzfähiges Ökosystem gegen Apples iPhone auf die Beine zu stellen. Wann HPs Tablet-Pläne marktreif sind, ist derzeit nicht abzusehen.
Auch die anderen Konkurrenten hinken mit deutlichem Abstand hinterher. Toshiba arbeitet angeblich an Windows-7- und Android-Tablets, die jedoch frühestens zum Jahresende erhältlich sein dürften. Auch Lenovos Android-basiertes "LePad" ist nach Einschätzung von Experten erst Ende 2010 fertig. Asus bastelt angeblich an seinem "EeePad", das im ersten Quartal 2011 auf den Markt kommen soll. Offensichtlich experimentieren die Wettbewerber noch mit unterschiedlichen Hardwareplattformen von Intel, ARM und Nvidia sowie den Betriebssystemen von Microsoft und Google.
Droht ein Paradigmenwechsel?
Alles in allem sehen die Aussichten für das künftige PC-Geschäft nach dem Krisenjahr 2009 wieder vielversprechender aus. Gartner rechnet für das laufende Jahr mit einem weltweiten PC-Absatz von etwa 377 Millionen Rechnern, ein Plus von 22 Prozent im Vergleich zu den rund 308 Millionen verkauften PCs und Notebooks aus dem zurückliegenden Jahr. Die globalen Einnahmen der Hersteller sollen sich 2010 auf rund 245 Milliarden Dollar summieren. Das würde immerhin eine Steigerung von 12,2 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Jahr bedeuten.
Neben dem anhaltend starken Consumer-Geschäft dürfte nach Einschätzung der Gartner-Analysten auch das wieder anziehende Enterprise-Geschäft das Wachstum treiben. Der Trend zum Notebook wird anhalten. Belief sich der Anteil der mobilen Rechner am gesamten PC-Geschäft 2009 noch auf etwa 55 Prozent, sollen es nach Schätzung der Analysten 2012 bereits 70 Prozent sein.
Die Ansprüche der Nutzer verändern sich jedoch und werden vielfältiger, sagt Ranjit Atwal, Principal Analyst von Gartner. Das habe der Boom rund um die Netbooks gezeigt. Für die Hersteller bedeute dies, dass sie nicht mehr in den konventionellen Rechnerkategorien denken dürften, was beispielsweise Formfaktor, Plattform und Architektur betrifft. Womöglich steht dem Markt ein Paradigmenwechsel bevor, der die Anbieter vor große Herausforderungen stellen könnte. Die wachsende Verbreitung von Applikationen, die nur via Web angeboten und konsumiert werden, habe zur Folge, dass die Nutzer im Grunde keinen traditionellen Rechner mit Betriebssystem und hoher Rechenleistung mehr benötigten.
Der deutsche PC-Markt
Nachdem Acer 2008 die Führung im deutschen PC-Markt übernommen hatte, bauten die Taiwaner ihre Spitzenposition im vergangenen Jahr noch aus. Mit einem Marktanteil von rund 20 Prozent (2008: 14,8 Prozent) erweiterten sie ihren Vorsprung vor Hewlett-Packard (HP). Die US-Amerikaner rutschten von 13,1 auf 12,8 Prozent ab. Als Dritter schaffte es Dell auf das Treppchen. Der texanische Direktanbieter kam auf einen Marktanteil von 8,1 Prozent nach 9,5 Prozent im Jahr zuvor. Asus verpasste knapp den Sprung unter die großen Drei. Die Taiwaner steigerten ihre Anteile von 6,4 auf acht Prozent. Großer Verlierer unter den Top Ten war im vergangenen Jahr Fujitsu. Die Japaner büßten bei ihren Marktanteilen 4,3 Prozentpunkte ein und stürzten von 12,2 auf 7,9 Prozent ab. Damit reicht es im Ranking für das vergangene Jahr nur noch für Platz fünf, nachdem ein Jahr zuvor immerhin noch der dritte Rang herausgesprungen war. Damit setzt sich der Niedergang des einstigen Marktführers Fujitsu-Siemens Computers (FSC) weiter fort.
Auf den weiteren Plätzen folgen Medion, Samsung, Lenovo und Toshiba. Unter den Verfolgern konnte Samsung seinen Anteil von 3,7 auf 5,2 Prozent steigern und damit von Platz neun auf Rang sieben vorrücken. Toshiba legte leicht um 0,2 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent zu, während Lenovo bei 5,2 Prozent Marktanteil stagnierte und Medion leicht von acht auf 7,6 Prozent verlor. Die Top Ten komplettiert Apple auf Platz zehn. Damit konnte der Hersteller mit dem Apfel-Logo zwar keine Plätze gutmachen. Allerdings verbesserte sich der Marktanteil des Kultanbieters von 1,6 Prozent (2008) auf 4,2 Prozent im vergangenen Jahr.