Sun baut sein Opteron-Portfolio aus

11.07.2006
Auf seinem Network-Computing-Event in San Francisco präsentiert Sun heute einen SMP-Server mit 16 Kernen, ein Zehn-Blade-System mit interessantem Achitekturansatz und einen neuen "Data Server".

Die Vorstellung der nächsten "Galaxy"-Generation hat vermutlich länger gedauert, als es dem Hersteller lieb sein kann. Seine ersten, vom zurückgekehrten Firmengründer Andreas von Bechtolsheim entworfenen Opteron-Systeme "X2100", "X4100" und "X4200" hatte Sun im September vergangenen Jahres vorgestellt und dafür sowohl gute Kritiken bekommen als auch bei Beschaffern in Unternehmen unerwartet stark gepunktet.

Das System-Design spielt bei den Galaxy-Maschinen aber eigentlich weniger eine Rolle als bei früheren Sun-Maschinen. Einen Löwenanteil liefert ohnehin AMD mit den Spezialitäten seines 64-Bit-Server-Prozessors (integrierter Memory-Controller, "Hypertransport"-Interconnect zu anderen CPUs und zum I/O); die Chipsets der Boxen hat Nvidia beigesteuert. Bechtolsheim und sein Team konnten sich damit auf die Integration der Komponenten - unter anderem kompakte Disks und effiziente Netzteile, das Hauptplatinen-Design sowie die thermischen und Airflow-Charakteristika der Server zwecks effektiver Kühlung fokussieren.

Back to the Roots: Uniboard

Durch die Nutzung der Opteron-Architektur konnte Sun die Entwicklungskosten für die Galaxy-Server drastisch reduzieren und sich auf Mehrwerte konzentrieren, um die Systeme von anderen Opteron-Servern zu differenzieren. Das Design ermöglicht Sun außerdem die Produktion größerer Stückzahlen als aus der Ultrasparc-Welt gewohnt.

Die Sun Fire X4600 unterstützt aktuell bis zu 16 Opteron-Kerne - Quad-Core ist für 2007 avisiert.

Aus Sicht von "Computerwire" ist die "Sun Fire X4600" das wohl interessante der heute präsentierten neuen Server. Sein Design erinnere in mancherlei Weise an frühe Unternehmens-Server von Sun - was nach der Rückkehr Bechtolsheims vor zwei Jahren durchaus verständlich sei. Mitte der 1990er-Jahre in Zeiten des "Ultrasparc-II" hatte Sun ein Design-Konzept entwickelt, das es als "Uniboard" bezeichnete.

Dabei wurde eine CPU samt Hauptspeicher auf eine Karte gepackt, die dann in den Backplane eingesetzt wurde. Neue Prozessor- oder Speichertechniken konnten dann einfach durch einen Austausch der Prozessorkarten eingeführt werden, das Chassis blieb das alte. Mit dem "Ultrasparc-III" stieg Sun dann auf Uniboards mit zwei oder vier Sockeln um.

X4600: Jedem Opteron sein eigenes Board

Im Galaxy X4600 greift Sun das Uniboard-Konzept erneut auf. Statt "Off-the-shelf"-Motherboards mit zwei oder vier Sockeln zu verwenden, um daraus den Server zusammenzusetzen, der bis zu acht Sockets skaliert, hat es - erneut mit Nvidia-Chipsets - ein eigenes Single-Socket-Uniboard entworfen. Darauf passen die aktuellen "Rev-E"-Opterons der Serie 800, die mit einem oder zwei Kernen erhältlich sind.

Außerdem fasst jedes Uniboard bis zu 8 Gigabyte DDR1-Hauptspeicher (bald 16 GB) und verfügt über drei Hypertransport-Links zum Server-Backplane für Verbindungen zum lokalen und entfernten Speicher in NUMA-Manier (Non-Uniform Memory Access) und zum I/O-Subsystem. Als Prozessoren stehen der "Opteron 856" (3 Gigahertz Single-Core), "880" (2,4 GHz Dual-Core) und der "885" (2,6 GHz Dual-Core) mit jeweils 1 MB Level-2-Cache zur Auswahl.

Nach Angaben von David Lawler, Director of Product Definition in Suns Systems Group, wird Sun auch Uniboards mit der nächsten "Rev-F"-Generation des Opteron sowie darüber hinaus anbieten. "Mit dieser Box können wir Quad-Core gehen", so Lawler. AMD wird vermutlich 2007 Opterons mit vier Kernen herausbringen, die dann in einem 65-Nanometer-Prozess gefertigt werden.

Spätestens dann dürften die größeren Galaxy-Server mit ihrem überzeugenden Preis-Leistungs-Verhältnis so ziemlich alle (bis auf die allergrößten) Sun-Kunden über Opteron nachdenken lassen. Vorausgesetzt natürlich, ihre Applikationen lassen sich auf Solaris 10 auf x64 portieren, was nicht immer der Fall ist.

Design ganz auf Kühlung optimiert

Der Luftstrom fließt fast ungebremst über CPU-Uniboards und Mainboard.

Im X4600 stecken vier im laufenden Betrieb tauschbare Festplatten (2,5 Zoll SAS), die zu zweit vertikal auf der ganz rechten Seite des Chassis untergebracht sind. Gleich links daneben sitzt ein ebenfalls aufrecht eingebautes optisches Laufwerk, dahinter die doppelten 850-Watt-Netzteile. Damit wird sichergestellt, dass die Laufwerke und Power Supplies nicht den dominierenden Bereich für die Prozessoren mit aufheizen. Im Prinzip steht die komplette Vorderseite des vier Höheneinheiten (4 U) hohen Servers zur Verfügung, um kühle Luft für Mainboard und CPUs anzusaugen.

Der X4600 hat einen RAID-1-Controller (Datenspiegelung) on board und nutzt den gleichen Lights-Out-Management-Service-Prozessor und die gleiche "N1-Systems-Manager"-Software wie sonstige Sun-Fire-Server. Für Erweiterungen stehen sechs PCI-Express- und zwei PCI-X-Steckplätze zur Verfügung, ans Netz wird er über vier Gigabit-Ethernet-Ports angeschlossen.

Als Betriebssysteme können auf dem X4600 neben Solaris 10 auch Red Hat Enterprise Linux, Novell Suse Linux Enterprise Server, Windows Server 2003 (Standard oder Enterprise Edition) sowie der "Virtual Server" und "GSX Server" von VMware gefahren werden. Der Hypervisor "ESX Server" der EMC-Tochter fehlt momentan allerdings auf der Liste.

Laut Lawler verkauft Sun nur Konfigurationen mit wenigstens vier Uniboards. Ein Einstiegssystem mit vier Dual-Core-Opterons 880, 16 GB Hauptspeicher und einer einzigen SAS-Platte mit 73 Gigabyte kostet dann knapp 26.000 Dollar. Eine Power-Maschine mit acht 885-CPUs, 32 GB Arbeitsspeicher und zwei 73-GB-Platten gibt es für rund 67.500 Dollar. Bestellungen nimmt Sun ab sofort entgegen, die allgemeine Verfügbarkeit ist für Ende des Monats avisiert (dabei könnte den Rev-E-Uniboards ein extrem kurzer Lebenszyklus beschert sein, falls AMD die Rev-F-Generation nicht erneut verschieben muss).

19 U hoch: Ein Bladeserver der anderen Art

Der Sun Blade 8000 will 19 U hoch hinaus.

Mit dem "Sun Blade 8000 Modular System" wagt sich Sun zum zweiten Mal vor in den boomenden Bladeserver-Markt - mit seinem ersten Versuch hatte der Hersteller kaum Erfolg gehabt. Derzeit dominieren IBM und Hewlett-Packard mit ihren "Bladecenters" und "Bladesystems" den Markt. In diesen Maschinen werden die Serverblades in einen Backplane gesteckt und auf Chassis-Ebene verwaltet. Die Kommunikation zu Speicher (SAN/NAS) und Ethernet oder Infiniband-Switched-Fabrics erfolgt über Mezzanine-Karten.

Bechtolsheim ist beim Sun Blade 8000 einen anderen Weg gegangen: Der Netz-Backplane virtualisiert hier die PCI-Express-Peripherieanschlüsse auf jedem Blade; es gibt weder Mezzanine-Karten noch einen Management-Backplane. Jeder Server-Einschub hat den gleichen "ILOM"-Service-Prozessor und die gleiche N1-Software wie alle anderen Sun-Fire-Server. Damit übernimmt das Chassis die Verwaltung des virtualisierten I/O. Wird ein Blade ausgetauscht, übernimmt das neue das gesamte mit dem alten assoziierte I/O.

Modulares Konzept für große Applikationen

Bis bis zu zehn Vier-Wege-Einschüben lässt sich auf dem System einiges konsolidieren.

Mit 19 U Höhe ist die Sun Blade 8000 alles andere als klein geraten. Sie unterstützt dafür aber auch bis zu zehn Vier-Wege-Einschübe vom Typ "X8400" sowie bis zu sechs voll redunante Netzteile. Die X8400-Einschübe lassen sich ausschließlich mit Dual-Core-Opterons bestücken, etwa vom Typ "870" (2 GHz), "875" (2,2 GHz) oder 885. Auf jedem Blade sitzen zwei Hot-Swap-Platten (2,5 Zoll, SAS oder SATA) für Betriebssystem-Images - falls man diese lokal speichern möchte - und ein Onboard-RAID-Controller; pro CPU-Sockel lassen sich bis zu 16 GB DDR1-Speicher einbauen, macht maximal 64 GB pro Blade.

Beim Betriebssystem haben Anwender die gleiche Auswahl wie beim X4600. Das Chassis des Sun Blade 8000 kostet knapp 5000 Dollar. Ein X8400-Einschub mit vier Dual-Core-Opterons und 8 GB Hauptspeicher schlägt mit 14.600 Dollar zu Buche. Erhältlich ist das System ab Mitte Juli. Aus einem flachgelegten X8400-Motherboard könnte Sun im Übrigen recht einfach einen Rackmount-Server mit 2 oder 3 U Höhe machen ("X4400"?). Ebenfalls denkbar sind laut "Computerwire" aber auch Blade-Einschübe mit zwei statt vier Sockeln - oder sogar eine Ultrasparc-IV-Variante der Maschine.

X4500: Plattenplatz satt

48 mal 500 Gigabyte ergibt 24 Terabyte - und das mit ordentlich I/O-Durchsatz.

Die letzte Neuvorstellung für heute ist der "X4500 Data Server", der unter dem Codename "Thumper" entwickelt wurde. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine abgeänderte Variante des "X4100", in die Sun gleich sechs SATA-Disk-Controller mit jeweils acht Anschlüssen eingebaut hat. Damit lassen sich in das Gerät bis zu 48 SATA-Platten in voller Baugröße (3,5 Zoll) einbauen. Da sowohl 250-GB- als auch 500-GB-Platten unterstützt werden, liegt die maximale Kapazität bei 24 Terabyte.

Im 4-U-Gehäuse des X4500 stecken dazu zwei Dual-Core-Opterons vom Typ "285" mit 2,6 Gigahertz Taktfrequenz. Laut Lawler erreicht das System einen dauerhaften I/O-Durchsatz von 2 Gigabyte pro Sekunden von der Platte zum Speicher - in einem externen SAN-Array bräuchte man dafür bis zu acht Fibre-Channel-Adapter à 2 Gbit/s (und die sind nicht gerade billig). Außerdem, so der Sun-Mann, erreiche der X4500 die doppelte bis fünffache Dichte vergleichbarer Server-Array-Kombinationen, was eine besonders kompakte Stapelung im Rack ermögliche. Sun verbaut die Thumpers deswegen unter anderem im neuen Opteron-Supercomputer für das Tokyo Institute of Technology.

Nur Solaris und ZFS

Der X4500 eignet sich nur für spezielle Applikationen.

Neben High-Performance Computing (HPC) und Grid-Anwendungen sieht Sun vor allem analytische Applikationen, Data Staging, Video-Überwachung und Media-Streaming als sinnvolle Einsatzgebiete des X4500. Als generischer Server taugt die Maschine weniger, denn sie unterstützt ausschließlich Solaris und dessen Zettabyte File System (ZFS). Der Datenschutz wird über Software-RAID realisiert, was wiederum die Kosten für Hardware-Controller spart.

Kaufen kann man den X4500 ab Mitte August. Eine Konfiguration mit zwei Dual-Core-Prozessoren, 48 Festplatten mit 250 GB (= insgesamt 12 Terabyte), 16 GB Hauptspeicher, Solaris 10 plus ZFS gibt es für 33.000 Dollar. Wer stattdessen 500-GB-Platten will, zahlt im Vollausbau 70.000 Dollar. Lawler verspricht überdies Mengenrabatte bei Abnahme von zehn oder mehr Thumpers, was die Anschaffungskosten auf unter zwei Dollar pro Gigabyte drückt.

Nicht mehr rechtzeitig fertig geworden zum Networking-Computing-Termin sind offenbar die erwarteten Upgrade für den "Ultrasparc-IV+". Diese Prozessoren takten gegenwärtig mit maximal 1,5 Gigahertz, und ein Speedbump war für Mitte 2006 erwartet worden. (tc)