Steve Jobs - Meister des schönen Schnickschnacks

10.01.2007
Mit dem Mobiltelefon iPhone betritt Apple wieder einmal Neuland. Die Fangemeinde der Marke wird erneut dazu beitragen, den Ruhm von Firmenchef Steve Jobs zu mehren.

Vor 30 Jahren leistete Steve Jobs als Mitbegründer von Apple Computer Pionierarbeit beim Aufbau der PC-Industrie. Vor fünf Jahren krempelte Apple mit dem "iPod" die Musikbranche und den Unterhaltungselektronik-Markt um. Und nun soll die Zeit wieder für eine Revolution reif sein: "Wir haben das Mobiltelefon neu erfunden", sagte Jobs am Dienstag zur Eröffnung der MacWorld Expo in San Francisco und verkündete anschließend, dass Apple künftig ohne das Wort "Computer" im Firmennamen auskommen wird.

Die rund 4.000 Besucher der Fachmesse reagierten geradezu euphorisch auf die Ankündigung des neuen Wunder-Handys "iPhone", das eine Mischung aus Mobiltelefon, Video-iPod und Internet-Kommunikationsmaschine ist. Analyst Benjamin Reitzes von der UBS AG sagte seinen Kunden nach der Keynote-Rede: "Das ist ein Mordsding." An der NASDAQ-Börse wurde es auch so gesehen. Der Kurs der Apple-Aktie sprang am Dienstag um 8,3 Prozent auf 92,57 Dollar und verfehlte nur knapp ein Rekordhoch. Demgegenüber gaben die Titel anderer Handy- und Smartphone-Hersteller nach. Investoren gaben sich überzeugt, dass Apple den iPod-Triumph mit dem neuen iPhone wiederholen kann. Apple selbst gibt kleinere Ziele aus: Bis Ende 2008 soll das iPhone ein Prozent des Mobilfunkmarktes erobern, was zehn Millionen Geräten entspricht. Und da die Preise mit 499 beziehungsweise 599 Dollar - bereits subventioniert durch einen Mobilfunkvertrag - am oberen Ende der Spanne auf dem Handymarkt liegen, soll sich das Geschäft für Apple auch lohnen.

Nicht allein die Kombination aus Mobiltelefon mit großem Display, Multimedia-Player und Internetzugang in einem ultraflachen Designkunstwerk überzeugte die Beobachter, sondern eine ganze Reihe von technischen Innovationen. So besitzt das iPhone nur eine Taste und wird sonst durch Fingerbewegungen auf dem Display bedient. Ein Sensor erkennt, ob das Gerät zum Telefonieren ans Ohr gehalten wird, um dann zum Stromsparen den Bildschirm auszuschalten. Das iPhone lotet zudem aus, ob es von seinem Besitzer gerade hochkant oder quer gehalten wird, um dann automatisch das Bild auf dem Display auszurichten. "Für Steve (Jobs) ist das kein bloßer Spruch, wenn er von der Neuerfindung des Mobiltelefons spricht", sagte Apple-Marketingchef Phil Schiller der dpa. "Er war dabei, als der erste Mac entwickelt und eine Revolution in der Computerindustrie vorbereitet wurde." Jobs habe auch bei der Konzeption des iPods vor Augen gehabt, wir sehr der Player von Apple die Musikbranche verändern werde.

Meister Jobs bei der Arbeit: Presales-Veranstaltungen in großen Hallen.

Über den Online-Shop iTunes wurden inzwischen mehr als zwei Milliarden Songs verkauft, sagte Jobs. Zurzeit seien es fünf Millionen Titel pro Tag. Die Marke von einer Milliarde Musiktiteln hatte iTunes im Februar 2006 erreicht. Man verkaufe in den USA inzwischen mehr Songs als Amazon.com, betonte Jobs. Seit dem Start des Downloads von TV-Serien im Herbst 2005 bei iTunes seien 40 Millionen Serienfolgen herunter geladen worden. Der iTunes-Store wird künftig auch Filme des US-Studios Paramount verkaufen. Damit steigt das Angebot auf 250 Streifen. Paramount hat in seiner Bibliothek Filme wie "Forrest Gump" oder "Mission: Impossible". Bisher konnte man sich bei Apple nur Disney-Kinofilme herunterladen. Davon seien seit dem Start des Angebots im vergangenen September 1,3 Millionen verkauft worden.

Jobs konnte sich auch einen Seitenhieb gegen den Musikplayer Zune von Microsoft nicht verkneifen, der als starke Konkurrenz für den iPod gesehen wurde. Der Zune habe im Start-Monat November nur einen Marktanteil von zwei Prozent gehabt gegenüber 62 Prozent für den iPod. Mit "Apple TV" hingegen will das Unternehmen in die Wohnzimmer seiner Stammkundschaft vordringen. Die Box streamt Inhalte aus dem Internet und verbundenen Computern an (TV-)Monitore. Apple TV hat eine Festplatte mit 40 Gigabyte Speichervolumen und kann mit bis zu fünf PCs synchronisiert werden. Die Kiste kommt im Februar in den USA für 299 Dollar in den Handel und versteht sich mit Mac- und Windows-Computern.

Apples iPhone - in der Tat ziemlich "handsome".
Foto: yoursdaily.com

Aus der Geschichte hat Steve Jobs aber auch die Lehre gezogen, dass maßgebliche Neuerungen rechtlich abgesichert werden müssen. Bei der Entwicklung des Apple Macintosh wurde dies weitgehend versäumt, auch weil Apple sich damals selbst großzügig an den Innovationen anderer Firmen bedient hatte. Das eröffnete später Microsoft die Möglichkeit, wichtige Elemente aus dem Macintosh-System in Windows einzubauen. Über 200 Patente rund um das iPhone sollen nun verhindern, dass sich dieser Teil der Geschichte noch einmal wiederholt. Dem 51-jährigen Apple-Chef war nach der Keynote-Rede die Erleichterung darüber ins Gesicht geschrieben, dass er mit der Präsentation die Aufmerksamkeit des Publikums wieder auf die Innovationen aus dem eigenen Hause lenken konnte. In den vergangenen Wochen hatte sich die Öffentlichkeit vor allem mit Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Aktienoptionen bei Apple beschäftigt. Jobs hatte von der falschen Datierung der Optionen zwar nicht persönlich profitiert, war zum Teil aber an deren Vergabe beteiligt und stand als Chief Executive Officer letztlich in der Verantwortung. Nachdem zunächst der Verwaltungsrat dem Apple-Chef den Rücken gestärkt hatte, konnte Jobs nun das unerfreuliche Thema Optionsskandal für sich weitgehend abhaken. (dpa/ajf)