Atlantis USX, Nutanix Web Scale und PernixData FVP

Software-defined Storage - Storage-Lösungen in virtualisierten Umgebungen

01.06.2016 von Thomas Drilling
Virtualisierte IT-Umgebungen stellen an Storage-Systeme andere Anforderungen als herkömmliche Server-Landschaften. Sie verlangen von den eingesetzten Storage-Systemen vor allem eine hohe Performance, sowie die Integration als Software-definied-Lösung.

Um Storage in virtuellen Umgebungen zu beschleunigen gibt es entweder die Möglichkeit, bestehende Systeme mit Flash-Speicher zu ergänzen oder auf ein neues All-Flash-Array zu setzen. Ersteres ist ohne negative Auswirkungen auf den Hypervisor bei allen gängigen Lösungen möglich, aber relativ teuer.

Ein All-Flash-Array beeinträchtigt spezielle Features des Hypervisors wie Hochverfügbarkeit (HA) oder vMotion ebenfalls nicht, ist aber noch teurer als ein hybrides Speichersystem. Die Verwendung von schnellen Flash-Speicher anstelle von langsamen Festplatten ist daher ökonomisch nur für wenige Organisationen praktikabel.

Ein dritte Möglichkeiten, das direkt Ergänzen des Hypervisors mit PCI-Express-Flash-Beschleunigerkarten als lokaler Speicher scheidet allerdings meist aus, weil lokaler Storage im Hypervisor nicht für Cluster-Features wie HA oder vMotion geeignet ist.

Storage Wachstum IDC
Foto: IDC/Nexenta

In einem exemplarischen Vergleich anhand der drei derzeit populärsten Software-defined-Storage-Spezialisten (SDS) Nutanix, Atlantis Computing und PernixData erörtern wir, wie deren Lösungen in der direkten Gegenüberstellung funktionieren. Darüber hinaus analysieren wir die Vor- und Nachteile der einzelnen Systeme.

PernixData FVP

Der Kernidee, mit der Poojan Kumar und Satyam Vaghani 2012 das im kalifornischen San José beheimateten Unternehmen PernixData 2012 gründeten, besteht darin, Flash-Speicher genau dort nutzbar zu machen, wo VMs maximal davon profitieren, nämlich direkt am Hypervisor.

Poojan Kumar war von 2010 bis 2012 Head of Data Products bei VMware; Satyam Vaghani von 2002 bis 2012 Principal Engineer bei VMware, woraus sich die hohe Affinität der Lösung zur vSphere-Plattform erklärt.

Flash Virtualization Platform (FVP) versteht sich in erster Linie als Beschleuniger für Standard-Storage in virtuellen Umgebungen. Der Kern der Software wird direkt auf den Hypervisor installiert und nutzt den im Server installiertem RAM oder Flash (in Form von SSD oder PCIe- / NVMe-Karten), um Speicher-Zugriffe von der Hardware eines Storage-Arrays zu isolieren. Allgemein will PernixData mit FVP Storage für virtualisierte Umgebungen optimieren beziehungsweise mit Intelligenz ausstatten, indem Speicherperformance- und Management-Funktionen von der unterliegenden Storage Hardware entkoppelt werden.

So funktioniert FVP

Durch einen vib-Treiber verankert sich die Software direkt in den vSphere-Kernel und ist dann in der Lage, serverseitig vorhanden Flash-Speicher und / oder RAM zu "virtualisieren". Konkret funktioniert das wie folgt:

Durch die Entkopplung der VM-seitigen Speicherzugriffe kann die Software auf Basis der im Hypervisor vorhandenen schnellen RAM- und Flash-Speichermedien deutlich mehr IOPS abfangen, bevor diese durch den üblichen Zugriffs-Stack am Storage-Array eintreffen. Der wichtigste Vorteil dieser Technologie ist laut PernixData die Storage-Performance, die durchschnittlich um den Faktor 10 beschleunigt. Damit eignet sich FVP für alle Größenordnungen von Storage-Landschaften, von kleinen Virtual-Desktop-Infrastructure-Konfigurationen bis hin zu großen Datenbankumgebungen.

Praktisch besteht FVP aus drei Komponenten:

• dem erwähnten Kernel-Modul

• dem PernixData FVP-Management Server. Er fungiert als Vermittler zwischen FVP und den ESXi-Hosts und läuft unter einem 64Bit Windows-System ab Version 2008.

• einem User-Interface-Plugin für den vSphere-Client oder Web-Client beziehungsweise einem HTML5-Plugin.

PernixData stellt vor allem das Kostenargument in den Fokus. So können Nutzer nach Auskunft des Herstellers zu einem Bruchteil der Kosten eines neuen Storage-Arrays schnell und einfach Performance-Engpässe beseitigen, indem sie FPV kaufen und Ihren Servern mehr RAM oder Flash-Speicher spendieren.

Das Management-Dashboard der PernixData-Lösung.
Foto: PernixData

Allerdings muss die verwendete Flash-Hardware exklusiv für FVP verfügbar sein und kann nicht gleichzeitig als VMFS-Datastore verwendet werden. Die Lösung steht ebenfalls nicht für vSphere-interne Beschleunigungs-Features wie "VMware Host Cache" oder "Flash Read Cache" zur Verfügung. Dagegen besteht seit der Version FVP 2.5 die Möglichkeit, neben Flash auch herkömmliches Server-RAM zur Beschleunigung zu verwenden.

Die aktuelle FVP-Version 3.0 ist unterstützt vSphere 6 und bringt ein HTML5-basiertes User Interface mit.

Atlantis USX

Ein direkter Konkurrent zu Flash Virtualization Platform (FVP) und technologisch auf dem ersten Blick ähnlich gelagert, ist die Software USX in der aktuellen Version 3.1 beziehungsweise ILIO USX des Herstellers Atlantis Computing. Auch USX kann als Server-basierter Storage-Beschleuniger arbeiten, allerdings ist USX funktional breiter aufgestellt und wird von Atlantis Computing aktiv als SDS-Plattform vermarktet.

Im Kern basiert die Lösung auf der älteren und in Fachkreises bekannten Software ILIO, die Storage für VDI-Anwendungen optimiert. Die Lösung versteht sich als "Unified Software-defined Storage" (USX) und nutzt existente SAN-, NAS-, RAM- sowie jede Art von Direct-Attached-Storage-Systemen wie SSD, Flash und SAS, um daraus hyperkonvergente Speicher-Pools zu formen.

Dabei verhält sich USX gegenüber dem Hypervisor oder vorhandenen Storage-Architekturen agnostisch. USX unterstützt neben VMware vSphere auch Citrix XenServer als Hypervisor.

Laut Atlantis ermöglicht die In-Memory-Speicherlösung für virtuelle Umgebungen neben der Performancesteigerung, hohe Kosteneinsparung und eine optimierte Nutzung der bestehenden Ressourcen. Wie FVP von PernixData nutzt auch USX vorhandenes Server-RAM als Storage-Tier für virtuelle Maschinen, sowie für "heiße" Daten. USX beschleunigt aber nicht nur den Speicherzugriff. Indirekt lassen sich laut Hersteller durch die Optimierungen unter anderem auch fünf Mal mehr virtuelle Maschinen verwalten.

Software-Defined-Storage per Excellence

Nutzer können die USX-Software auf jedem beliebigen x86-System installieren, das auf VMwares Kompatibilitätsliste für ESXi steht. Ist das geschehen, operiert der Server als virtuelle Storage-Appliance. Dazu nutzt USX die lokalen Memory-Ressourcen als primäre Speicherebene, indem es sämtliche verfügbaren Systemspeicher zusammenfasst und nach frei konfigurierten Regeln auf Speicher-Pools verteilt.

Unterstützt wird jede Form von Speicher wie SSD, PCIe Flash-Karten oder Festplatten. Außerdem lässt sich auch der vorhandene Backend-Storage einbinden, egal ob es sich um Block- (iSCSI, SATA) oder NFS-basierten Storage handelt. Dabei sind alle mit USX ausgestatteten Server in der Lage, miteinander zu kommunizieren, um etwa Daten zu replizieren. Dies ist ein wichtiger Sicherheitsaspekt. Darüber hinaus bietet das System echte Aktiv-Aktiv-Hochverfügbarkeit. Dafür benötigt es allerdings ein USX-Setup von minimal drei ESXi-Hosts.

Deduplizierung und mehr

Die Geschwindigkeit von USX resultiert unter anderem daraus, dass sie Technologien wie Deduplizierung, Kompression und I/O-Sequencing im Primärspeicher, sowie einen schnellen RAM einsetzen kann, bevor die Daten physikalisch zur sekundären Speicherebene geleitet werden.

Technisch betrachtet ist ein USX-Cluster ein reiner redundanter und skalierbarer Objekt-Speicher. Laut Atlantis sind der Skalierbarkeit nach außen keine Grenzen gesetzt; der Hersteller hat nach eigenen Angaben das System bereits mit 256 Hosts getestet. Allerdings könnte sich bei noch größeren Clustern irgendwann die an sich vorbildliche Echtzeit-Replikation durch den entstehenden Overhead als Bremse erweisen.

Ein USX-System ist sogar gegen etwaige RAM-Ausfälle immun, weil wichtige Meta-Daten nicht nur im Hauptspeicher, sondern auch auf den persistenten Systemen vorgehalten werden.

Einsatzszenarien für USX

Zusammenfassend lässt sich USX also nicht nur als Storage-Booster, sondern in ganz verschiedenen Szenarien sinnvoll einsetzen:

• als redundanter, In-Memory-basierter Speicher.

• als persistenter Speicher, wenn RAM-basierter Storage auf verteilten Speicher repliziert wird

• als Hybrid-Array, das Server-RAM und SAN- oder NAS Storage zur Verbesserung der Performance und Erhöhung der Anzahl der VMs nutzt

• als konvergentes System, das RAM, Flash und DAS (SAS- oder SATA-Platten) jedes angeschlossenen ESXi-Hosts nutzt, um die Ressourcen zu einer integrierten Speicher- und Compute-Plattform zusammenführt.

• als reines All-Flash-Array. Dieses ist dann durch das Verwenden aller denkbaren Kombination von verteiltem und lokalem Flash in der Lage, die Flash-Kapazität auf das bis zu Fünffache zu erhöhen.

Hyper-converged Appliance Atlantis USX 3.1

Aktuell ist die USX-Version 3.1 mit neuem Stretched-Cluster-Feature. Während USX als lupenreine Software-defined-Storage-Plattform konzipiert ist, bietet Atlantis Computing mit seiner hyperkonvergenten HyperScale-Appliance auch Komplettsysteme aus Server, Storage und Virtualisierungsplattform an, die das Unternehmen zusammen mit ausgewählten Hardwarehersteller wie Cisco, HP, Lenovo oder SuperMicro entwickelt und die out-of-the-box einsetzbar sind.

Das Dashboard der USX-Verwaltungssoftware.
Foto: Atlantis

Interessant ist zum Beispiel der von Atlantis angebotene Online-Kostenrechner, der direkte Vergleiche wie etwa mit der Nutanix-Lösung sehr einfach macht.

Nutanix Web Scale

Ebenfalls ein Startup, allerdings schon 2011 gegründet und inzwischen in mehreren Finanzierungsrunden mit insgesamt 312 Millionen US-Dollar Risikokapital ausgestattet, ist der Spezialist für hyperkonvergente Web-Scale-Infrastrukturen Nutanix. Die Gründungsidee des Unternehmens bestand seinerzeit darin, eine hyperkonvergente Server- und Storage-Infrastruktur für Enterprise-Virtualisierung ohne SAN auf die Beine zu stellen.

Nutanix Extreme Computing Platform

Nutanix bietet heute mit seiner Nutanix Xtreme Computing Platform sowohl eine rein Software-basierte Hyper-converged-Lösung an, als auch Hardwaresysteme und eine Komplettlösung. Letztere besteht aus Server- und Storage-Hardware plus Virtualisierungslayer, neuerdings mit eigenen Hypervisor namens Acropolis sowie dem Infrastruktur-Management-Werkzeug Prism. Ursprünglich setzte auch Nutanix auf ESXi-Server, die nach wie vor unterstützt werden, ebenso wie inzwischen auch KVM.

Nutanix vermarktet Acropolis als Scale-Out Data Fabric für Storage, Compute und Virtualization. Die Lösung kombiniert den eingebauten Nutanix-eigenen Hypervisor mit seiner Nutanix' Software-defined-Plattform zu einer hyperkonvergenten Infrastruktur-Lösung, wobei das Infrastrukturmanagement-Tool Prism Administratoren als Werkzeug zum Verwalten Ihrer virtuellen Umgebungen dient.

Nutanix Hardware und Betriebssystem

Darüber hinaus offeriert Nutanix reine Storage-Hardware-Plattformen der Modellreihen 1000, 3000, 6000, 7000, 8000 und 9000, sowie eine Community-Edition der Nutanis Extreme Computing Platform. Die Hardware-Appliances sind mit dem Betriebssystem Nutanix OS ausgestattet. Das Nutanix OS nutzt seit der Version 3.0 eine Technologie, mit der neue Knoten, die demselben Netzwerk als Cluster hinzugefügt werden, automatisch erkannt werden. So können Administratoren Ihre Cluster schnell, einfach und ohne Ausfallzeiten erweitern.

Nutanix und Big-Data-Analytics

Eine Besonderheit der Nutanix-Lösung ist das Information-Lifecycle-Management (ILM) auf Basis eines in dem Cluster implementierten, auf MapReduce basierenden Frameworks. Dieses ermöglicht zum Beispiel Speicherklassifizierung (Tiering), Festplatten-Wiederherstellung oder das Rebalancing des Cluster.

Laut Nutanix ist diese Art massiv paralleler Big-Data-Architektur die erste ihrer Art in der Storage-Branche. Nutanix nutzt das Framework auch für ein adaptives, der eigentlichen Verarbeitung nachgeschaltetes Komprimieren seltener genutzten Daten (Cold Data) auf ihrem Weg zur sekundären Speicherebene. Sie belasten damit den normalen I/O-Pfad nicht. Mit den ILM-Funktionen kann die Nutanix-Software dynamisch festlegen, welche Datenblöcke in Abhängigkeit der Zugriffshäufigkeit überhaupt komprimiert werden.

Alles unsichtbar

Alles in Allem besteht die Kernphilosophie von Nutanix darin, dass Infrastrukturen für den Administrator unsichtbar werden sollen, um die Verwaltung extrem zu vereinfachen. Nutanix verspricht mit seiner Lösung, die Kosten für Hypervisor- und das Virtualisierungs-Management um rund 80 Prozent zu senken.

Das Infrastruktur-Management-Werkzeug Prism von Nutanix.
Foto: Nutanix

Laut Aussage von Nutanix laufen zwar heute bereits ein Großteil der Geschäftsanwendungen in virtuellen Umgebungen, allerdings mit klassischen Storage-Arrays. Daher lassen sie sich nur mit hohem Zeitbudget implementieren, skalieren schlecht und verursachen hohe Administrationskosten. Dies gelte zwar nicht für VMware-Only-Umgebungen, solche seien aber in der Praxis nur selten anzutreffen.