iPhone, Android und Co. in der Business-Welt

So mobilisieren Sie Ihre Mitarbeiter mit Smartphones

13.01.2010 von Wolf Ingomar  Faecks und Torsten Schollmayer
Immer mehr Menschen wollen schicke Smartphones auch für ihre Arbeit nutzen. Wir zeigen, vor welche Herausforderungen dieser Trend Management und IT-Abteilung stellt, aber auch, welche Vorteile iPhone, Pre, Android und Co. im Berufsalltag bringen können.
Mit dem Nexus One sorgt Google für frischen Wind im Smartphone-Markt.

Das iPhone und seine Konkurrenten stürmen in den Markt: Laut Gartner werden sich die Verkaufszahlen von Smartphones weltweit im Jahr 2009 auf 180 Millionen Stück belaufen. Das sind 29 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Markt für Smartphones überholt damit den Notebook-Verkauf in Stückzahlen. Und nicht nur das: Auch in Sachen Leistung und Ausstattung nähern sich beide Gerätetypen immer weiter an.

Eine Begleiterscheinung dieser Entwicklung aus dem Consumer-Markt: Viele Mitarbeiter wollen ihr iPhone, Palm Pre oder ihre Android-Variante auch für die tägliche Arbeit benutzen. Für Unternehmen stellt sich daher heute nicht mehr die Frage, ob sie auf den Trend aufspringen, sondern wie sie das am besten tun sollen.

Alle Aufgaben, für die der Außendienstler heute sein Notebook oder Netbook verwendet, kann er theoretisch auch mit seinem Smartphone lösen. Die Geräte sind heute so leistungsfähig, dass sie mit vielen Computern mithalten können.

Smartphones widerlegen Vorurteile

Noch blicken aber viele Unternehmen mit einer gesunden Skepsis auf die auch privat verwendeten Geräte in den Händen der Mitarbeiter. Kann dieses Spielzeug wirklich die Unternehmensproduktivität erhöhen?

Ob das der Fall ist, muss jedes Unternehmen selbst entscheiden. Ein Argument dafür lautet, dass derjenige, der sein Smartphone gerne zu Hause benutzt, auch gerne damit arbeitet. Viel eher wird die Produktivität durch ineffiziente Kommunikationswege gehemmt. Laut einer Studie von Orange bestätigen 45 Prozent der CIOs, dass multiple Kommunikationskanäle die Antwortzeit unter Kollegen stark verlängern und sich dadurch negativ auf Geschäftsprozesse und Produktivität auswirken. Smartphones eignen sich aufgrund ihrer Funktionsvielfalt dazu, die Kommunikationswege zu vereinheitlichen.

Alleinstellungs-Vorteil

Markiert das Betriebssystem Android den Einstieg ins Cloud-Computing im Handy-Markt?

Durch die Verbindung zweier Eigenschaften unterscheiden sich Smartphones von allen konkurrierenden Gerätetypen: das praktische Taschenformat und die Funktionenbündelung zum Eins-für-alles-Gerät , das Privatanwendern auch zu beruflichen Zwecken dienen kann: Telefonieren, Videos anfertigen, Bilder knipsen, GPS oder Ton aufnehmen. Ein Business-Nutzen ist etwa gegeben, wenn Versicherungsgutachter Bilder von Unfallschäden aufnehmen und gleich in die Zentrale schicken, IT-Dienstleister die Anforderungen eines Kunden auf Video aufnehmen oder Bauingenieure Geländedaten erfassen.

Ein weiterer Vorteil, den Smartphones Unternehmen bringen, liegt in ihrer Haptik begründet: Das Smartphone ist wie das Handy ein persönlicherer Gegenstand als das Notebook. Die Daten und Anwendungen darauf sind also dem Nutzer "näher." Dieses besondere Verhältnis zwischen dem Menschen und seiner Maschine lässt sich in Teams oder zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern auch geschäftlich nutzen: Glückwünsche, Lob oder Aufmunterungen zum Beispiel, die über das Smartphone kommen, haben eine ganz andere Qualität als E-Mails.

Smartphones sind eine Quelle von Effizienz und Ideen. Doch wie lassen sie sich so nutzen, dass sie einerseits den Mitarbeiter mobilisieren, aber andererseits auch den Unternehmensstandards genügen - vor allem in Bezug auf Sicherheit, zentrale Verwaltung und spezielle Enterprise-Applikationen wie SAP-, CRM- oder ERP-Software?

Sicherer als erwartet

Große Bedenken gelten der Sicherheit von Smartphones. Schließlich sind geschäftskritische Daten auf mobilen Geräten einem besonders hohen Risiko ausgesetzt. So können die Geräte verloren gehen, Daten können durch schlecht konfigurierte oder unsichere Verbindungen in falsche Hände geraten. Sicherheitssoftware ist meist auf größere Unternehmen zugeschnitten.

Allerdings bieten alle gängigen Smartphones bereits Schutzfunktionen, durch deren Anwendung man Risiken verringern kann. Dazu zählt der PIN- oder Passwort-Schutz beim Einschalten des Geräts. Wer diese Funktionen nicht aktiviert, handelt dem Unternehmen gegenüber fahrlässig. Außerdem gibt es die Möglichkeit der Verschlüsselung: Auf dem Blackberry kann der Nutzer alle seine Daten inklusive Kalendereinträgen, Kontakten, Memos, Aufgaben und E-Mails absichern. Das lässt sich zentral über die Verwaltung regeln oder manuell einstellen.

Windows-Mobile-Geräte bieten eine Verschlüsselung auf Datei- und Ordnerebene. Sie lässt sich über Gruppenrichtlinien via Active Directory einstellen. Ist die dafür benötigte Server-Infrastruktur nicht vorhanden, kann man spezielle Provider mit der Verschlüsselung beauftragen.

Wenn das Gerät gestohlen oder verloren wird, dann gibt es je nach Smartphone und seiner Verbindung mit dem Firmennetz die Möglichkeit, das mobile Gerät für Unbefugte komplett unbenutzbar zu machen oder die darauf gespeicherten Daten zu löschen. Blackberry- und Windows-Mobile-Smartphones bieten beispielsweise Lösungen, die verlorene oder gestohlene Geräte finden und bei Bedarf bereinigen.

Zentrales Management

Smartphones mit Tastatur eignen sich besonders gut für den beruflichen Einsatz.
Foto: HTC

Bei IT-Abteilungen sind dagegen PDAs und Smartphones im Vergleich zu PC-Clients weniger beliebt, weil sie sich häufig der zentralen Verwaltung entziehen. Desktops werden zentral beschafft, eingerichtet und aktualisiert. Mobile Geräte gelangen im Gegensatz dazu häufig unter Umgehung der IT-Administration ins Unternehmen. Die einen Mitarbeiter nutzen iPhones, andere bevorzugen Geräte mit Symbian-Betriebssystem oder Android - so sammeln sich immer mehr unterschiedliche Plattformen im Unternehmen an. Instabile Verbindungsqualität, Konfigurationsprobleme unterwegs und unklare Konfigurationsparameter sind weitere Schwierigkeiten, mit denen Administratoren zu kämpfen haben. Erschwert wird dies noch dadurch, dass sich auf den Smartphones oft Privates mit Geschäftlichem vermischt.

Abhilfe versprechen Lösungen zum Mobile-Device-Management (MDM). Diese beinhalten einen Server, der die Befehle auf das mobile Gerät schickt, und einen Client, der sie dort ausführt. Auf diese Weise lassen sich über gesicherte Web-Verbindungen Software-Updates auf die Geräte bringen. Auch können sie darüber gesperrt und gelöscht werden. Zudem sind hier Backup-Funktionen möglich. Nicht zuletzt unterstützen MDM-Lösungen auch die Konfiguration der Smartphones. Das ist sowohl bei der ersten Einrichtung entsprechend der Architektur des jeweiligen Unternehmensnetzes als auch während des Betriebs zur Korrektur von Falscheingaben durch die Nutzer notwendig.

Entsprechende Lösungen sind für die Plattformen Windows Mobile, Symbian und auch für Blackberries schon seit längerem verfügbar. In jüngster Zeit sind Lösungen hinzugekommen, über die sich auch das iPhone zusammen mit den anderen Geräten verwalten lässt.

Stärken und Schwächen

Es spricht also immer weniger gegen den Einsatz der Smartphones im Business und immer mehr dafür. Je nach dem angestrebten Nutzen eignen sich die Plattformen unterschiedlich. Geht es zum Beispiel um die reinen "Office"-Aufgaben, sind mittlerweile alle Endgeräte relativ gut ausgestattet. E-Mail, Kalender und Kontaktfunktionen sind de facto Standard.

Hier zählen deshalb eher die feinen Unterschiede: So hat beispielsweise Palm bei dem neuen Pre besonderen Wert auf die persönlichen Kommunikations- und Collaboration-Funktionen gelegt. Damit findet es seinen Platz zwischen dem beliebten iPhone und dem traditionellen Blackberry. Mit dem Pre kann der Nutzer sich beispielsweise bis zu sieben verschiedene E-Mail-Accounts einrichten. Außerdem kann er seine verstreuten Web-Kontakte auf Facebook oder LinkedIn zusammenbringen.

Business-Anwendungen

RIM versucht sich mit dem Storm 2 erneut an einem Smartphone mit Touchscreen.
Foto: RIM

Wer auf diese Funktionen weniger Wert legt und stattdessen sichergehen will, dass seine speziellen Business-Anwendungen problemlos laufen, der braucht Unterstützung seitens der Entwickler. Tatsächlich gibt es die Möglichkeit, zum Beispiel SAP-Anwendungen auf das iPhone und andere Systeme zu bringen. So hat vor kurzem der Datenbankanbieter Sybase angekündigt, Inhalte aus Datenbanken auch auf iPhones und andere Smartphones zu bringen. Bislang waren lediglich auf dem Blackberry SAP-Anwendungen möglich.

Allerdings verläuft diese Entwicklung weit weniger dynamisch als die Befüllung von Apples App-Store. Mag sich das eine oder andere Unternehmen die Geschäftsanwendungen unter hohem Aufwand für das iPhone zuschneiden lassen - die Entwickler stürzen sich nicht gerade darauf. Das gilt auch für andere Systeme wie WinMo, WebOS und Symbian, auf denen freie Softwareentwicklung zwar möglich ist, aber wesentlich weniger weit reicht als bei Android. Das führt zu einer viel geringeren Akzeptanz bei Entwicklern.

Checkliste: Smartphones im Business

Auf folgende Punkte sollten Sie achten, wenn Sie Ihre Mitarbeiter mit Smartphones ausstatten wollen.
  • Bedarfsanalyse: Am Anfang sollte eine Bedarfsanalyse stehen. Dabei werden die Mitarbeiter nach der Intensität ihrer Mobilnutzung eingeteilt. Der Vertriebler unterwegs braucht mehr Mobilfunktionen als der Kollege aus dem Controlling. Diese Auswertung zeigt, was im Unternehmen wirklich gebraucht wird und worauf man noch verzichten kann.

  • MDM: Ein Reiz des Smartphones ist, dass der Mitarbeiter es persönlich schätzt. Daher kann es besser sein, ihm sein persönliches Gerät nicht durch ein Einheitsmodell zu ersetzen. Beachten Sie dabei aber, dass sie eventuell eine Mobile-Device-Management-Lösung benötigen, um verschiedene Gerätetypen gemeinsam zu managen.

  • Policy: Sinnvoll ist auch eine Smartphone-Richtlinie. Hier kann man einige Standards vorgeben, beispielsweise: Geräte nur für Mitarbeiter ab bestimmten Leitungsfunktionen, sinnvolle Aufteilung des Datentarifs zwischen Unternehmen und einzelnem Nutzer, Umgangsregeln zum Business-Gebrauch des Smartphones.

  • Konnektivität: Suchen Sie sich einen Anbieter für die Daten- und Voice-Dienste, von dem Sie sicher sind, dass er im Einsatzgebiet Ihrer Mitarbeiter eine gute und stabile Verbindung bereitstellt.

  • Sicherheit: Sorgen Sie dafür, dass die Nutzer alle Sicherheitsfunktionen des Smartphones richtig konfigurieren, also vor allem Passwort, PIN und Verschlüsselung.

  • Business-Anwendungen: Sollen die Mitarbeiter spezielle Business-Anwendungen auf ihrem Smartphone nutzen, dann empfehlen sich Geräte mit dem Betriebssystem Android. Hier ist die Entwicklung der Anwendungen aufgrund des offenen Standards praktikabler als bei den Systemen von iPhone, Windows Mobile, WebOS oder Symbian.

Diese Akzeptanz ist für den Erfolg von Business-Applikationen auf dem Smartphone von entscheidender Bedeutung. Denn wir erleben zurzeit einen Markt, der durch die Möglichkeiten und Freiheitsgrade für Entwickler und ihre Chancen, hier Geld zu verdienen, geprägt ist. Daher bestimmen im Augenblick auch weder die Mobilfunkbetreiber noch die Hersteller oder der Endnutzer den Trend der Smartphones, sondern die technischen Möglichkeiten und damit die Softwareentwickler.

Cloud statt Business-App-Store

Der Vorteil der Android-Plattform zeigt, wohin die Entwicklung gehen wird und wo daher die besten Chancen für die Business-Apps liegen: Statt für jedes Smartphone die jeweilige Geschäftsanwendung neu erfinden zu müssen, bedient man sich für sie einer Sprache, die alle sprechen. Und die liegt heute im Web. Das bedeutet: In Zukunft befinden sich die Business-Anwendungen im Unternehmensnetz - in der so genannten privaten Cloud, wo sie der Nutzer über seinen Smartphone-Browser erreichen und mit ihnen arbeiten kann. Es ist dann also egal, ob der Mitarbeiter ein iPhone, einen Blackberry oder ein Android-Smartphone nutzt - die Zugangstechnik ist bei allen die gleiche. Web-Entwickler-Sprachen wie HTML5 oder Flash, die bei Entwicklern beliebt sind, werden dieser Tendenz zusätzlichen Auftrieb geben.

Übrigens beschränkt sich das Cloud-Smartphoning-Modell nicht auf die Anwendungen. Auch die Rechen- und Speicherkapazität der Geräte kann über die Cloud erweitert werden. Über CloneClouds können Smartphones einen Teil ihrer Rechenlast in der Wolke abarbeiten lassen, wenn ihre eigene Kapazität dafür nicht ausreicht. Die Idee dafür stammt von Intel-Forschern: Das Smartphone kommuniziert über das Netz mit einer genauen Kopie seiner eigenen Software. Fallen rechenintensive Aufgaben an, werden einzelne Tasks in die Cloud verschoben. Ein Prototyp von CloneCloud arbeitet mit Googles mobilem Betriebssystem Android.