RIMs Smartphone OS im Detail

So arbeitet der BlackBerry

30.06.2010 von Moritz Jäger
BlackBerry-Smartphones sind inzwischen viel mehr als nur E-Mail-Spielzeuge für Manager. Im Gegenteil, moderne BlackBerrys bieten ausgefeilte Multimedia-Funktionen, vernachlässigen aber auch Sicherheit und Kommunikation nicht. Der Artikel erklärt, wie das BlackBerry-Betriebssystem arbeitet.
Foto: RIM

Um das Potentials eines Blackberrys voll ausschöpfen zu können, benötigen Sie einen Mobilfunk-Tarif mit passender Blackberry-Option. Diese sorgt dafür, dass sich die Geräte in den so genannten Network Operation Centern, kurz NOC, anmelden können. Die NOCs stellen eine verschlüsselte und gesicherte Verbindung zwischen Endgerät und den jeweiligen Verwaltungssystemen in den Firmen her. Größere Firmen setzen dafür oft den Blackberry Enterprise Server ein, der aber umfassende administrativen Kenntnissen verlangt. Diesen gibt es mittlerweile auch in einer kostenlosen Express-Variante.

Alternativ gibt es den Blackberry Internet Service, kurz BIS. Dieser Blackberry-Dienst wird von Mobilfunkbetreibern unterhalten. So können sie ihren Kunden Blackberry-Funktionen zur Verfügung stellen, ohne dass diese über keine eigne IT-Infrastruktur verfügen müssen. Die gesicherte Verbindung zwischen Smartphone und Verwaltungs-Software ist bei Blackberry-Geräten für folgende Funktionen unabdingbar:

Zentralisierte Datenübertragung

Sämtliche Mails und Datenverbindungen von Blackberry-Smartphones werden weltweit über mehrere Network Operation Center geleitet, die in Kanada und Großbritannien stehen. Eine Ausnahme ist die amerikanische Behörde FBI, die angeblich ein eigenes NOC unterhält. Das bereitet nicht nur Datenschützern Sorgen. Diesen begegnet RIM, indem die Übertragungen stark verschlüsselt werden.

Auch Ausfälle an diesen Systemen können verehrende Folgen haben und die komplette Kommunikation lahm legen. Das ist bislang aber recht selten passiert. Das letzte Mal war das NOC im März 2009 für mehrere Stunden offline.

Der Blackberry Bold 9700
Bold 9700
Herzstück des Bold 9700 ist eine 627 Mhz-CPU, die auf 256 MB Flash Memory zugreifen kann. Per MicroSD-Speicherkarte kann die Kapazität auf bis zu 32 GB erhöht werden. Kommunikation mit der Außenwelt nimmt der Blackberry per WLAN (802.11b/g) oder HSDPA sowie Bluetooth auf.
Bold 9700 Rückseite
Auf der Rückseite befindet sich eine videofähige 3,2-Megapixel-Kamera mit Autofokus, zweifachem digitalen Zoom, Kameralicht und Bildstabilisator.
Bold 9700 seitlich
Der Bold 9700 ist nicht nur kleiner und schmaler als sein Vorgänger. Mit 14,1 Millimetern ist das 122 Gramm schwere Gerät auch dünner ausgefallen.
Bold 9700 Trackpad
Der neue Bold ist nach dem aktuellen Curve-Modell das zweite Gerät von Blackberry, das anstelle eines Trackballs ein Trackpad besitzt, das auf Infrarot-Technik basiert. Offiziell hat sich RIM damit endgültig vom Trackball verabschiedet.
Bold 9700 Screen
Das 2,44-Zoll-Display besitzt eine Auflösung von 480 x 360 Pixeln und zeigt bis zu 65.536 Farben an.

Unterschiede: BIS, BES und BES Express

Die Server-Seite des Blackberry-Systems teilt sich in zwei Komponenten auf: Den Blackberry Enterprise Server, kurz BES und der Blackberry Internet Service, kurz BIS. Der BES ist dabei für den Einsatz in Firmen gedacht. Er ermöglicht den jeweiligen Administratoren, Regeln für die Nutzung von Smartphones einzuführen, Software auf die Geräte aufzuspielen oder Daten bei Verlust vom Smartphone zu löschen. Zudem bietet der BES Software-Connectoren, mit denen Groupware-Systeme wie Microsoft Exchange, Lotus Notes, Novell Groupwise oder Google Apps for your Domain mit dem System verknüpft werden können. So lassen sich beispielsweise Push-E-Mail oder den Zugriff auf die Kalender einrichten.

Die Administrationsoberfläche des BES.

Der BES befindet sich normalerweise im gesicherten Netzwerksegment der Firma, so dass Blackberrys auch auf von außen eigentlich nicht zugängliche Dienste wie ein Intranet zugreifen können. Neben der großen Variante BES 5 bietet RIM auch noch eine gehostete Version oder den kostenlosen BES Express an, die in den Funktionen abgespeckt ist und nur im Zusammenspiel mit einer Exchange-Umgebung arbeitet.

Für Privatanwender und kleinere Unternehmen ist der BIS gedacht. Dieser Dienst läuft auf den Rechnern der Mobilfunkanbieter und verbindet das Smartphone mit den privaten Postfächern der Nutzer. Diese müssen lediglich ihre Zugangsdaten hinterlegen. Allerdings können weder Kontakte noch Kalendereinträge über das Mobilfunknetz synchronisiert werden, dies geschieht bei einem BIS-Gerät über die Desktop-Software.

Egal ob BIS oder BES: Wenn eine Verbindung ins NOC von Blackberry besteht, erhalten die Endgeräte zahlreiche Zusatzfunktionen. So lässt sich beispielsweise der Blackberry Messenger nutzen, auch der Zugriff auf den Programmkatalog Blackberry App World ist so möglich.

E-Mail: Glanzlicht des Push-Mail-Pioniers

Ohne Zweifel: Die Push-Funktion für E-Mails ist noch immer die größte Stärke der Blackberry-Smartphones. Durch eine proprietäre Technik, die RIM eifersüchtig als Geheimnis hütet, kann es kein anderes Betriebssystem mit der Schnelligkeit aufnehmen, über die Blackberry-Nutzer ihre E-Mails erhalten. Es gibt nahezu keine Verzögerung: Sobald eine E-Mail in einem Postfach landet, ist sie normalerweise auch auf dem Blackberry.

Eine E-Mail, angezeigt auf dem brandneuen Blackberry Pearl 3G.

Ein weiterer Vorteil des Systems ist die Komprimierung der E-Mails. Beim Blackberry-Konzept wird zunächst nur ein Teil der Daten übertragen. Wenn der Nutzer mehr lesen will, oder gar einen Anhang nachladen, wird dieser erst dann auf das Gerät übertragen, wenn er angefordert ist. Das bringt einen weiteren Vorteil: Gegenüber dem ActiveSync-Protokoll, wie es etwa Windows Mobile, Nokia oder das Apple iPhone einsetzen, fallen deutlich weniger Datenpakete an. Dadurch kommen Blackberrys mit einem geringen monatlichen Datenvolume aus, auch im Ausland spart man so Geld.

Blackberry: Kontakte, Termine und Aufgaben

Der Blackberry Messenger verbindet alle Blackberry-Nutzer per PIN untereinander.

Ist der Blackberry mit einem BES gekoppelt, muss sich der Nutzer um die PIM-Funktionen kaum kümmern. Alle Daten, egal ob Kontakte, Termine oder der Kalender, werden automatisch mit der jeweiligen Groupware in der Firma abgeglichen. Wie bei den E-Mails setzt RIM auch hier auf die Push-Funktion, man muss die neuen Informationen also nicht manuell vom Server anfordern.

BlackBerry Firmware Update
Firmware-Update auf dem BlackBerry
Firmware-Update auf dem BlackBerry
Firmware-Update auf dem BlackBerry
Firmware-Update auf dem BlackBerry
Firmware-Update auf dem BlackBerry
Firmware-Update auf dem BlackBerry
Firmware-Update auf dem BlackBerry
Firmware-Update auf dem BlackBerry
Firmware-Update auf dem BlackBerry
Firmware-Update auf dem BlackBerry
Firmware-Update auf dem BlackBerry
Firmware-Update auf dem BlackBerry
Firmware-Update auf dem BlackBerry

Wer den BIS verwendet, hat weniger Luxus. Zwar kommen auch hier die E-Mails automatisch an. Für den Abgleich von Kalenderinfos oder von Kontakten muss man aber die Blackberry Desktop Software verwenden. Diese bietet dafür weitere Funktionen, etwa die Installation von Programmen, eine Backup-Funktion oder die Möglichkeit eines Firmware-Upgrades.

Multimedia und Internet-Zugang auf einem Blackberry

Der Blackberry Curve 8900. (Quelle: RIM)

Der Fokus von Blackberrys lag lange Zeit auf mobiler E-Mail und der Verwaltung durch Admins. Mit dem Update auf Blackberry OS 5 erhielten die Smartphones einen komplett überarbeiteten Media-Player. Zudem war in der Desktop Software eine kostenlose Version des Roxio Media Manager integriert, mit dem sich beispielsweise Videos für den Blackberry konvertieren und übertragen lassen.

Deutlich schlechter ist es um den Browser bestellt. Dieser ist auch im aktuellen Blackberry OS 5 noch immer auf einem relativ veralteten Stand. Wie alle Blackberry-Funktionen wird auch die komplette Internet-Kommunikation über den zentralen Server in Firma geleitet. Die angeforderten Websites werden auf dem Server komprimiert und an das Smartphone übertragen.

RIM hat für das nachfolgende Betriebssystem Blackberry 6 unter anderem einen neuen Browser angekündigt, der auf Webkit basiert.

Apps und Zusatzprogramme

Pfiffige Software für Ihren Blackberry
TwitterBerry: Twitter erfreut sich auf Desktop-PCs großer Beliebtheit: Immer mehr Menschen lassen die Welt mit kleinen Mitteilungen daran teilhaben, wo sie gerade sind oder was sie gerade machen. Wenn auch Sie ein Twitter-Fan sind und auch unterwegs nicht auf die kleinen Botschaften verzichten möchten, sollten Sie sich das kostenlose TwitterBerry installieren. Über die Software können Sie neue Tweets erstellen oder andere lesen. Orangatame Software, Gratis; BlackBerry OS 4.1.0 oder höher
PocketMac for BlackBerry
PeeKaWho
YouMail
Viigo
iSkoot for Skype
Opera Mini
Google Mobile Updater for BlackBerry
Documents To Go, Premium Edition
Maximizer CRM 10.5 Freedom for BlackBerry

RIM hat erst spät einen eigenen Marktplatz für Blackberry-Programme eingeführt. Dennoch bietet die App World eine große Anzahl an Applikationen, denn es gibt eine sehr aktive Entwicklergemeine rund um das Blackberry-System. Davon profitiert nicht nur der Hersteller, sondern auch die Blackberry-Nutzer. Die Masse an Applikationen reicht zwar noch nicht an den AppStore des iPhones heran - dafür finden sich in der Blackberry App World auch deutlich weniger unsinnige Apps.

Die AppWorld ist aber nicht die einzige Möglichkeit, mit der Software auf das Gerät geladen werden kann. Viele Programme sind in Java geschrieben und können direkt über den Browser des Gerätes heruntergeladen und ausgeführt werden. Alternativ können Administratoren neue Applikationen und Update über den BES an die angeschlossenen Smartphones aufspielen.

Der Nachfolger: Blackberry Operating System 6

Auf der Fachmesse Wireless Enterprise Symposium (WES) 2010 hat RIM einen ersten Ausblick auf das nächste mobile Betriebssystem gegeben. Der fiel aber recht knapp aus: Es gab vor allem ein Video zu sehen. Darin wird aber deutlich, dass RIM bei den kommenden Blackberry-Smartphones einen starken Fokus auf die Bedienung per Touch-Interface legt. Der Konzern scheint außerdem die Suchfunktion überarbeitet zu haben: Tippt der Nutzer einen Suchbegriff ein, werden nicht nur die Kontakte durchsucht, sondern auch E-Mails, Termine und andere Inhalte.

Komplett überarbeitet wird der mitgelieferte Browser. RIM nutzt für künftige Versionen eine Surf-Software auf Basis von Webkit - auf dieser Grundlage arbeiten auch die Browser von iPhone und Android-Smartphones. Dazu kommt wohl die komplette Unterstützung für Adobe Flash. RIM und Adobe haben bereits frühzeitig eine Kooperation angekündigt, damit ein vollständiger Flash-Client für die Smartphones verfügbar sein soll. Damit werden nicht nur Flash-Inhalte auf dem Smartphone möglich, auch das Framework Adobe AIR soll nativ verfügbar werden.

Das neue Betriebssystem soll bereits im dritten Quartal 2010 verfügbar sein - ob und welche bereits gekauften Geräte auf die neue Software aufgerüstet werden können, ist nicht bekannt.

Fazit

Der Flip, der einzige Blackberry im Clamshell-Format. (Quelle: RIM)

RIM ist in einer Zwickmühle. Der Konzern will künftig sowohl Privatanwender wie Firmenkunden weiter mit neuen Geräten und Diensten versorgen. Allerdings gehen die Interessen der beiden Zielgruppen deutlich auseinander. Dennoch ist RIM auf einem guten Weg: Die steigenden Verkaufszahlen sprechen für das geschlossene Konzept aus Server- und Smartphone.

Der Blackberry Storm 9500
BlackBerry Storm
BlackBerry Storm
BlackBerry Storm
BlackBerry Storm
BlackBerry Storm
BlackBerry Storm

Man muss allerdings abwarten, ob das neue Betriebssystem etablierte Touch-Systeme wie Android oder iPhone OS das Wasser reichen kann. Zudem sollte RIM nicht vergessen, dass die bestverkauften Blackberry Smartphones die Modelle ohne Touchscreen und mit vollwertiger QWERTZ-Tastatur sind. Auch hier gibt es noch keinerlei Erfahrungswerte, wie die überarbeiteten Funktionen mit diesen Geräten zu bedienen sind.