Cloud-Wechsel

Sixt migriert von Google Apps zu Microsoft Office 365

29.07.2014 von Harald Karcher
Beim Sixt-Konzern aus Pullach sind 6.000 User von der Google in die Microsoft-Cloud umgezogen. Der Leiter Konzernentwicklung in der Sixt SE, Alexander Sixt, und der CIO Jochen Werling berichten, wie man ein solches Projekt erfolgreich managt und was sie dabei über Collaboration-Tools gelernt haben.

Sixt hat ein ausgesprochen dezentrales Netzwerk: 800 Mitarbeiter sitzen in Pullach bei München, einige Hundert in Rostock, die meisten jedoch sind auf 2.000 Auto-Vermietungs-Stationen weltweit verteilt, ganz nah am Kunden.

Früher waren die Stationsmitarbeiter nur via Produktivsystem mit der Zentrale in Pullach vernetzt. "Über System-immanente Arbeitsanweisungen konnten wir unseren Mitarbeitern die Arbeitsschritte vorgeben", sagt der Sohn des Firmengründers und Leiter der Konzernentwicklung, Alexander Sixt: "Mir war es aber ein persönliches Anliegen, dass die Mitarbeiter in den Vermietstationen auch untereinander kommunizieren können". Ein Fall für Unified Communications und Collaboration, kurz UCC.

Alexander Sixt, Leiter Konzernentwicklung bei der Sixt SE
Foto: RoswithaModel

Die erste UCC-Vernetzung nahm der Autovermieter mit Google-Software in Angriff: Sixt war vermutlich der erste einheimische Enterprise-Kunde, der Google Apps for Business mit großer Skalierung nutzte. "Die Daten in die Cloud zu stellen und auf Collaborative Working zu setzen, das zeigt ein bisschen unseren unternehmerischen Wagemut", so Sixt Junior. Bei Google Apps habe er vor allen Dingen die Anbindung der jeweiligen Business-Units spannend gefunden, die relativ schnell skalierbar funktioniert habe: "Das macht Google hervorragend."

Manche User sperrten sich

Microsoft dagegen hat, wie Sixt erläutert, ausgeprägte Stärken in den klassischen Anwendungsprodukten wie Excel, Word und PowerPoint, "die neuerdings dank Office 365 auch in der Cloud liegen". Zwar gab es bei Sixt bestimmte User-Gruppen, die schnell und leicht mit Google Apps umgehen konnte. Doch andere sperrten sich dagegen.

Zudem habe Microsoft in den vergangenen Jahren auch beim Collaborative Working und bei der Lync-Integration stark aufgeholt, sagt der Junior-Chef: "Das hat uns bewogen, wieder zu Microsoft zurück zu gehen." Der Zwischenschritt mit Google sei ja auch keine Anti-Microsoft-Strategie gewesen. Vielmehr sei Microsoft "zu jenem Zeitpunkt schlichtweg noch nicht so weit gewesen wie Google".

Jochen Werling, CIO bei Sixt
Foto: RoswithaModel

Zentral gesteuerter Umzug

Die Cloud-Verhandlungen mit Microsoft begannen im Oktober 2012. Im Sommer 2013 war Sixt komplett auf Office 365 umgestellt. Die Projektlaufzeit für den Cloud-Umzug mit 6.000 Usern lag bei etwas mehr als zweieinhalb Monaten. "Das war ein hartes Ziel für Microsoft und den Projektpartner Infowan", blickt Jochen Werling, CIO bei Sixt, zurück.

"Wir wollten den Migrationsschritt von der alten Plattform, Google Apps for Business, auf die neue Plattform, Microsoft Office 365, für den User so einfach wie möglich gestalten,", so Werling weiter: "Das heißt, die User-Daten sollten möglichst automatisiert übernommen werden".

Die Umstellung war zentral gesteuert. "Mal abgesehen von ein paar vorgezogenen Pilot-Usern haben wir alle 6.000 Anwender binnen vier, fünf Tagen von Google auf Microsoft migriert", erinnert sich Lars Riehn, Geschäftsführer des System-IntegratorsInfowan.

Priorität Nummer eins und zwei

Die größten vorbereitenden Maßnahmen für den Cloud-Umzug liefen rund um die Berechtigungs-Strukturen im Active Directory ab. Die Architektur für die Zugriffsregelung musste vor dem Umzug perfekt stimmen.

Das zweite große Thema war die Netzwerk-Prüfung. "Wir müssen ja auch die kleineren Vermietstationen und in Netzwerk-seitig schlechter versorgten Regionen aus der Cloud bedienen", erläutert Werling. Allerdings sei für Microsoft nicht mehr Bandbreite notwendig, als bis dato schon verfügbar.

Wie sicher ist die Cloud?

Eine Frage, die wohl alle Anwender beschäftigt: Wie sicher ist die Cloud bei Microsoft? Dazu Alexander Sixt: "Wenn ich sehe, was für Security-Systeme in den Rechenzentren von Google und von Microsoft im Einsatz sind, dann genießen die mein volles Vertrauen".

Große Rechenzentren seien nun mal in der Lage, einen viel höheren Standard in Technik, Manpower und Überwachung durchgängig umzusetzen, ergänzt Floris van Heijst, General Manager bei Microsoft: "Es wäre unglaublich kostspielig, so etwas lokal an vielen Stellen zu duplizieren. Wir reden hier von Ausfallsicherheit, aber auch von Angriffssicherheit".

Doch wo genau ist denn die Cloud? Dazu van Heijst: "Office 365 für Sixt läuft in unserem Rechenzentrum in Irland. Das Backup-Rechenzentrum ist Amsterdam". Wie Sixt anmerkt, werden die Daten aus dem Vermietsystem - und damit auch die Nutzerdaten der Kunden- lokal im Sixt-Rechenzentrum gehosted und betreut, also nicht in der Cloud.

Bei Sixt hat fast jeder Mitarbeiter eine Webcam und ein Headset.
Foto: RoswithaModel

Webcams und Headsets für alle Rechner

Die Applikationen laufen bei Sixt Browser-basiert - bis in alle Vermietstationen. "Wir haben fast nur noch Citrix draußen und fast keine Fat-Clients mehr", sagt Alexander Sixt.

Alle Arbeitsplätze sind bereits mit Webcams ausgerüstet. Die Mitarbeiter, die unterwegs arbeiten, haben integrierte Webcams in den Laptops. Die Mitarbeiter in den lokalen Stationen arbeiten mit externen Webcams und Headsets. Der letzte Schritt ist jetzt noch die Kopplung der Kontaktdateien mit der Telefonanlage.

Office 365 und Lync auf allen iPhones

Für die Dienstreisenden hat Sixt grundsätzlich iPhones im Einsatz. Auf denen ist nicht nur Office 365, sondern auch Lync komplett installiert. Die lokalen iPhone-E-Mail-Clients haben dagegen fast keine Bedeutung mehr, sagt Sixt: "Auf PowerPoints und Excels greife ich fast nur noch über die Office-365-Applikationen zu. Damit kommen die PowerPoints wirklich in dem Format, wie man sie haben möchte, also nicht mehr verzerrt wie früher".

Android sei bei Sixt aber ebenfalls ein großes Thema, beeilt sich der Junior-Chef, die Mobile-Entscheidung zu relativieren. Und zwar für die operativen Tätigkeiten: "Wenn Sie das Fahrzeug zurückgeben, erfassen wir den Zustand, den Kilometerstand, und Ähnliches mit einer eigenen Android-Applikation, die den Return-Zustand dokumentiert." Diese Android-Anwendungen liefen allerdings völlig unabhängig, eine Verbindung zu den Microsoft-Produkten gebe es nicht.

Geringe Schulungskosten

Wie Infowan-Chef Riehn anmerkt, hat Sixt die Schnellstart-Karten von Microsoft verwendet - in verschiedenen Sprachen. Aus den vielen Schulungskursen bei Microsoft Online und auf YouTube habe man einen kleinen Katalog von Quellen zusammengestellt. Insgesamt seien die Schulungskosten "verschwindend gering" gewesen.

"Offenbar war die IT-Affinität unserer User grundlegend hoch, so dass der Schulungsbedarf tendenziell gering war", bestätigt auch CIO Werling. Der User sei heutzutage aus dem Privatleben schon sehr vertraut mit den mobilen Geräten: Man lädt sich eine neue App herunter und braucht in der Regel gar keine Schulung mehr.

Ausblick: Yammer ersetzt Mail und Telefon

Sixt ist seit 2011 auch im US-Markt aktiv. Die Amerikaner haben einen ganz anderen Zugang zu UCC und Yammer. "Da streamt der Content nur so durch, das kann man sich hier gar nicht vorstellen", sagt Sixt: "Dort beginnt ein Wetteifern zwischen den Stationen, und wir veranstalten Wettbewerbe über Yammer." Die Deutschen seien da qua Naturell ein bisschen zurückhaltender.

Die US-Kollegen hingegen verwenden Yammer bereits als Ersatz für Mailen und zum Telefonieren. Und das tut der Leiter Konzernentwicklung auch selbst: "Ich nutze E-Mail nur noch zu Dokumentationszwecken. Denn wenn man so etwas in der Unternehmenskultur verankern will, muss man selber damit arbeiten." (qua)