Outsourcing

Sieben CIOs verraten ihr Erfolgsgeheimnis

05.11.2008 von Joachim Hackmann und Sabine Prehl
Ein Outsourcing-Projekt ist für Anwender alles andere als Tagesgeschäft. Sieben CIOs mit reichem Erfahrungsschatz verraten ihre wesentlichen Erkenntnisse.

Reinhard Eschbach, CIO bei Thomas Cook: "Transparenz ist das A und O"

Reinhard Eschbach, CIO bei Thomas Cook.

"Der wichtigste Outsourcing-Kriterium ist für mich ein fundiertes IT-Service-Management: Ohne eine Retained Organisation, die die Leistungen ständig überprüft, misst, nachverhandelt und ein aktives Change-Management betreibt, macht eine Auslagerung nur Schwierigkeiten. Denn jeder Dienstleister ist so gut, wie ihn der Auftraggeber steuert. Outsourcing darf keine Black Box sein: Ich will verstehen, was der Provider macht und kontrollieren, ob dies in Einklang mit meinen Zielen steht. Gleichzeitig möchte ich herausfinden, ob die Abläufe meines Unternehmens in bestimmten Bereichen zu kompliziert sind und unnötige Ausgaben verursachen. Die Transparenz der Kosten - sowohl meiner eigenen als auch die des Providers - halte ich für extrem wichtig.

Eine Open-Book-Policy schafft nicht nur Vertrauen, sie ist auch effizienter, weil beide Seiten sofort wissen, welche Hebel sie ansetzen können. Auf diese Weise lassen sich Einsparpotenziale leichter ausfindig machen - etwa indem man Services danach prüft, ob sie überhaupt benötigt werden. Solche Maßnahmen entlasten dann ja auch den Dienstleister und senken letztlich die Kosten. Bei Thomas Cook gibt es eine dedizierte Service-Management-Organisation, die schwerpunktmäßig damit beschäftigt ist, die externen Provider und ihre Dienstleistungen zu verwalten, zu überwachen und mit Hilfe von Kennzahlen zu messen.

Transparenz ist grundsätzlich entscheidend für den Erfolg eines Outsourcing-Projekts. Wenn etwa beim Provider für jeden Bereich ein anderer Ansprechpartner zuständig ist, erschwert das die Koordination und Kommunikation enorm. Bereits bei meinem ersten Auslagerungsprojekt für Campell Soup habe ich darauf bestanden, einen einzigen Account Manager für das gesamte Vorhaben zu bekommen. Und als ich den hatte, lief plötzlich alles viel besser."

Outsourcing-Erfahrung:

  • Auslagerung der gesamten IT-Infrastruktur beim US-amerikanischen Nahrungsmittelkonzern Campell Soup;

  • Outsourcing der IT-Infrastruktur (Rechenzentrum, LAN/WAN und Server) sowie des Mainframe-Betriebs von Thomas Cook.

Ralf Stalinski, Vice President und CIO bei Cognis: "Akzeptanz beim Anwender schaffen"

Ralf Stalinski, Vice President und CIO bei Cognis.

"IT-Abteilungen werden künftig nicht nur an den Kosten, sondern auch an ihrer Flexibilität gemessen, weil sich Marktbedingungen und Unternehmen immer schneller verändern. Das klassische Drei-Jahres-Zyklen-Betriebsmodell hat ausgedient. Angesichts des heutigen Tempos ist Flexibilität gefragt. Dieser Aspekt stand auch bei unserem Managed-Services-Deal mit Computacenter im Vordergrund: Der Vertrag erlaubt uns, etwa Rechnerkapazitäten für unsere SAP-Systeme nach Bedarf aufzustocken - beispielsweise bei Akquisitionen. Umgekehrt können wir sie bei Divestments kurzfristig herunterfahren, ohne Preisvorteile oder Service-Levels zu verlieren. Eine ideale Lösung für Firmen, die sich international aufstellen, aber nicht groß genug sind, um Rechenzentren und Services weltweit aus eigener Kraft zu betreiben.

Grundsätzlich kommt es beim Outsourcing vor allem auf Transparenz an. Wer auslagert, sollte im Vorfeld eine Art Inventur machen, um einen Überblick darüber zu haben, welche Services in den einzelnen Ländern erbracht werden. Aber man sollte auch an die Zeit danach denken, also schon heute vertraglich festlegen, wie sich die Leistungen möglichen künftigen Veränderungen anpassen lassen. Erschwert wird Outsourcing vor allem durch die Kluft zwischen der User-Akzeptanz und der Erwartung des Managements. Es ist ja kein Geheimnis, dass Endanwender eine Standardisierung zunächst als Einschränkung empfinden.

Hier ist die interne Kommunikation gefordert, die Belegschaft muss die Vorteile der Maßnahmen nachvollziehen können. Ab einem gewissen Umfang kann man Outsourcing ohnehin nicht mehr wie ein reines IT-Projekt behandeln. Unser Computacenter-Vorhaben zum Beispiel beinhaltet eine massive Restrukturierung von Services und betrifft die verschiedensten Personengruppen. Es geht ja nicht nur um Konsolidierung und Standardisierung, sondern auch um neue Prozesse und Rollen für die Mitarbeiter."

Outsourcing-Erfahrung:

  • Klassische Auslagerungsprojekte im IT-Infrastrukturbereich;

  • Weltweiter Managed-Services-Vertrag, um die IT-Infrastruktur weltwweit zu standardisieren und zu konsolidieren (außer WAN).

Walter Friedl, CIO der Vistec Semiconductor Systems: "Know-How auf Augenhöhe"

Walter Friedl, CIO der Vistec Semiconductor Systems.

"Meine goldene Regel lautet: Auf Kundenseite muss es eine Instanz mit mindestens gleichem Know-How geben, wie auf der Provider-Seite. Ich habe dafür einen IT-Service-Delivery-Manager für alle Infrastrukturthemen und eine SAP-Managerin für die Applikationen abgestellt. Beide sind dafür zuständig, dass der eingekaufte Service bei unseren Anwendern verlässlich und in guter Qualität ankommt. Ein weiterer zwingender Grund für diese Funktionen ist das sehr unterschiedliche Verständnis von Reporting und SLAs. Zum Teil mussten wir den Lieferanten noch ausdrücklich erklären, was unter einem monatlichen Betriebsbericht zu verstehen ist. Die gleiche Erfahrung haben wir mit den Service-Level-Agreements gemacht.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Gestaltung des Vertragswerks. Gerade im Mittelstand hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, nicht jedes Detail bei Vertragsunterzeichnung zu klären. Das funktioniert nur dann, wenn es möglich ist, den Vertrag "partnerschaftlich" anzupassen. Oft sind ganz banale Dinge ungeklärt: Gehört beim VoIP-Betrieb das Einrichten neuer Mitarbeiter zum Service? Ist im Gegensatz dazu der Umzug einer Abteilung mit 15 neuen Einträgen kostenpflichtig?

An diesen Fragen sollte sich kein Streit entzünden. In den Vertrag gehört daher unbedingt eine Klausel, die ein gemeinsames Steering Comitee und regelmäßige Treffen auf Projektmanagement-Ebene vorschreibt. Eine gegenseitige vertrauensvolle Zusammenarbeit hängt immer von den beteiligten Personen ab. Der partnerschaftliche Umgang ist für mich der Schlüssel für ein erfolgreiches Outsourcing-Projekt."

Outsourcing-Erfahrung:

Vistec hat sämtliche Services an verschiedene Provider ausgelagert:

  • Voice over IP (VoIP), die lokalen und Weitverkehrsnetze;

  • das SAP-Hosting;

  • SAP-Consulting und die -Programmierung;

  • Desktop- und Server-Betrieb.

Dirk Ostermann, CIO bei der RAG Aktiengesellschaft. "Prozesse zerschlagen"

Dirk Ostermann, CIO bei der RAG Aktiengesellschaft.
Foto: RAG AG

"Outsourcing ist im ersten Schritt teuer. Zwar werden die Leistungen mit der Betriebsübergabe möglicherweise günstiger als im Eigenbetrieb, aber die Preise sind nicht marktkonform. Die Provider lassen sich die Übernahme der Mitarbeiter und die Standardisierung sowie Harmonisierung bezahlen. Das gilt zumindest für die Dauer der ersten Laufzeit eines Outsourcing-Vertrags. Regelmäßige Benchmarks und eine saubere Aufstellung sind deswegen unabdingbar, denn sie geben Orientierung. Ganz wichtig: Sie müssen Prozesse zerschlagen.

Sowohl im Eigenbetrieb als auch bei einer internen Auslagerung in eine Tochtergesellschaft schwingen sich Abläufe und Kommunikationswege zwischen Nutzer und IT ein, die nicht immer effizient sind. Die Lethargie und die Das-haben-wir-schon-immer-so-gemacht-Einstellung müssen Sie durchbrechen. In dieser Phase ist Führung durch Kommunikation gefragt, denn für alle Betroffenen ändert sich viel. Outsourcing ist eine strategische Entscheidung, die sowohl die Mitarbeiter in der IT als auch in Fachbereichen verstehen sollten - das darf man nicht unterschätzen.

Im gleichen Zuge muss die verbleibende Organisation gestärkt werden. Sie ist Schnittstelle zwischen Dienstleister und Fachbereich. Im Zuge der ersten internen Auslagerung hatten wir nahezu sämtliches Know-how verloren. Das war ein schwerer Fehler, den wir später wieder korrigiert haben. Heute beschäftigen wir 90 Mitarbeiter für die Provider-Steuerung (etwa 20), das Change-Management (rund 40) und die Disposition (Zirka 30). Sie müssen zum Teil aber auch den externen Provider gegenüber den Ansprüchen der Fachbereiche verteidigen. Damit laufen meine Mitarbeiter und ich Gefahr, dass unsere Kollegen uns emotional auf Seiten des Dienstleisters wahrnehmen.

Dass wir als interne IT mit den Fachabteilungen in einem Boot sitzen, war den Kollegen nicht immer klar. Auch dafür ist eine kontinuierliche Kommunikation wichtig."

Outsourcing-Erfahrung:

  • Outsourcing der gesamten TK-Infrastruktur Ende der neunziger Jahre und europaweite Neuausschreibung Ende 2006 (Vertragsabschluss im März 2008);

  • Auslagerung der gesamten IT in eine IT GmbH und späteres Outsourcing an SIS;

  • Steuerung des Output-Managements im Rahmen eines Facility-Outsourcing-Abkommens.

Carsten Stockmann, Vorstand und COO bei Mayflower Capital: "Beziehung ständig weiterentwickeln"

Carsten Stockmann, Vorstand und COO bei Mayflower Capital.

"Über den Erfolg einer Auslagerung entscheidet meiner Ansicht nach vor allem die Qualität der Zusammenarbeit zwischen den Partnern. Beim Outsourcing handelt es sich um eine enge Geschäftsbeziehung, bei der man sich für eine relativ lange Zeit aneinander bindet. Daher müssen die beiden Unternehmen in ihren Kulturen zusammenpassen und die Verantwortlichen der Partner sollten sich so gut verstehen, dass die dicken Vertragswerke weitgehend in der Schublade bleiben können. Geschäfte werden nun einmal zwischen Menschen gemacht.

Und: Outsourcing ist ein Prozess, den man permanent weiterentwickeln sollte. Wenn ein Unternehmen einen bestimmten Bereich erst selber betreibt und anschließend auslagert, ist der Outsourcing-Dienstleister zunächst in der gleichen Situation wie der Anwender zuvor. Das Mühsame und Qualvolle besteht dann darin, die Beziehung so weiterentwickeln, dass sie auch tatsächlich Vorteile bringt. Das heißt, es geht nicht mehr um die Technik, die hat man ja ausgelagert, sondern darum, Verbesserungen auf der Geschäftsprozess-Ebene zu erreichen. Und das erfordert eine ganz andere Form des IT-Managements. Es wird ja nicht alles besser, nur weil man einen Bereich an den IT-Dienstleister übergibt.

Erst einmal wird alles anders. Daher kommt es darauf an, dass es im Anwenderunternehmen Leute gibt, die hinreichend qualifiziert sind, um die neuen Anforderungen an das IT-Management zu erfüllen, also die Vertragsbeziehungen und die Technik zu überwachen und zu steuern. Diese Skills müssen sich heutige Entscheider allerdings selbst, "on the job", beibringen. Erst seit einigen Jahren werden sie gezielt an den Hochschulen gelehrt und es wird noch fünf bis sechs Jahre dauern, bis die Absolventen genug praktische Erfahrungen gesammelt haben, um die entsprechenden Positionen zu erklimmen. Aber dann wird das Thema IT-Management einen Schub erhalten, da bin ich sicher."

Outsourcing-Erfahrung:

  • komplette Reorganisation der IT bei MLP unter Einbindung diverser Outsourcing-Partner;

  • Konzeption und Umsetzung einer völlig neuen IT-Landschaft bei Mayflower Capital;

Udo Haarhaus, CIO der Groupe Novasep: "Ziele müssen klar sein"

Udo Haarhaus, CIO der Groupe Novasep/Dynamit Nobel Explosivstoff und Systemtechnik GmbH (DNES)

"Aus meinen Erfahrungen habe ich vor allem gelernt, dass man sich als Auftraggeber über seine Outsourcing-Ziele im Klaren sein muss. Der Anbieter will das Projekt natürlich unbedingt an Land ziehen. Der Anwender will in der Regel seine Kosten senken. Da herrscht auf beiden Seiten eine gewisse Gier. Aber wenn der Auftraggeber nicht exakt hinterfragt, wie und wo sein Provider die Einsparungen erzielen will, gehen die Partner leicht von unterschiedlichen Annahmen aus. Bei uns führte das in einem Fall dazu, dass wir uns mit Nachforderungen in Millionenhöhe konfrontiert sahen, die wir allerdings abwehren konnten.

Auch das Kundenspektrum des IT-Diensteisters ist für mich ein wichtiges Kriterium. Ein Unternehmen wie DNES braucht einen Partner, der über branchenspezifisches Know-how verfügt und einschlägige praktische Erfahrungen gesammelt hat. Denn die Aufgaben sind extrem vielfältig. Es gibt zahlreiche Spezialanwendungen und Prozesse, die der Provider kennen sollte.

Ein Standardansatz hilft hier nicht weiter - wenn ich den Begriff 'IT aus der Steckdose' höre, stellen sich mir die Haare auf. Nicht nur in puncto Kompetenz, auch in Größe und Unternehmenskultur müssen Auftraggeber und Outsourcing-Provider zusammen passen. Und da zeigt meine Erfahrung: Große Dienstleister bieten in der Regel nicht die Flexibilität in strukturierter Service-Erbringung wie sie ein Mittelständler fordert. Und speziell ein mittelständisches Unternehmen wie DNES, dessen Geschäftsmodell darauf beruht, schnell auf die Anforderungen reagieren zu können, lebt von Flexibiltät.

Kommunikation mit dem Provider auf Augenhöhe ist hier besonders wichtig. Zu klein darf dieser allerdings auch nicht sein. So mussten wir unsere ansonsten gute Zusammenarbeit mit einem Dienstleister aufkündigen, weil er unsere Staffing-Anforderungen nicht mehr erfüllen konnte."

Outsourcing-Erfahrung:

  • IT-Infrastruktur-Outsourcing (Rechenzentrum, Netze, Server, PCs) mit wechselnden IT-Dienstleistern sowie Outsourcing der SAP-Betreuung;

  • Betrieb und Betreuung der SAP-Systeme durch IDS Scheer sowie der Netze, Server, PCs durch Lufthansa Systems.

Martin Limpert, CIO der Preh GmbH: "Hoheit über das Prozesswissen sichern"

Martin Limpert, CIO der Preh GmbH.
Foto: Preh GmbH

"Die wichtigste Motivation für unsere Outsourcing-Aktivitäten war die Konzentration auf unsere Kernkompetenzen. Hohe Anforderungen etwa an die 7x24-Stunden-Verfügbarkeit der SAP-Systeme können wir intern nicht gewährleisten, zumal die Preh GmbH als Automobilzulieferer weltweit aufgestellt ist und Standorte in Deutschland, Portugal, den USA, Mexiko und Rumänien unterhält.

Dafür gibt es RZ-Anbieter die das besser beherrschen und auch die entsprechenden Services bieten. Hinzu kommt, dass wir verschiedene SAP-Lösungen mit diversen Systemlandschaften nutzen. Damit wir den reibungslosen IT-Betrieb für unsere Fachabteilungen sicherstellen können, haben wir die Hoheit über das Prozesswissen und das SAP Wissen im Hause behalten. Das gilt generell für das Customizing der SAP-Applikationen. Insgesamt beschäftigt die Preh GmbH noch elf SAP-Spezialisten.

Um neue Funktionen und Prozesse auszuprobieren betreiben wir ein komplett von allen anderen Installationen abgekoppeltes Sandbox-System. Dort werden neue Lösungen und Prozesse vorgetestet, bevor der Änderungsprozess gestartet wird. Damit die Neuerungen reibungslos in den Betrieb übernommen werden, gibt es ein klares Regelwerk mit einem dreistufigen Übergabekonzept aus Entwicklungs-, Qualitätssicherungs- und Produktivsystemen."

Outsourcing-Erfahrung:

  • Outsourcing der SAP-Basisdienste und des SAP-Rechenzentrums;

  • Outsourcing des lokalen Rechenzentrums in Bad Neustadt a. d. Saale an IBM;

  • Fremdbetrieb von rund 1000 IT-Arbeitsplätzen;

  • Outsourcing der EDI-Systeme.