Sieben Analysten beurteilen SAP Business ByDesign

27.09.2007
Mit "Business ByDesign" hat SAP die Weichen für die Zukunft gestellt. Lesen Sie, was führende Analysten , SAP-Partner und Wettbewerber von dem angeblich großen Wurf halten.

SAPs Einstieg in das On-Demand-Geschäft hat hohe Wellen im ERP-Markt geschlagen. Ab Anfang 2008 will der Branchenprimus mit Business ByDesign eine komplette Business-Softwaresuite zur Miete anbieten. Die Offerte richtet sich an mittelständische Kunden mit 100 bis 500 Mitarbeitern. Das Paket soll 133 Euro pro User und Monat kosten. SAP verlangt darüber hinaus, dass jeder Kunde mindestens 25 Lizenzen abnimmt.

Während Konkurrenten die badischen Softwareker mit teils ätzender Kritik bedachten, zeigten sich die Analysten zumeist beeindruckt. Sie hoben vor allem die technische Seite und den kompletten Funktionsumfang des SAP-Angebots hervor. Gleichzeitig warnten sie aber vor zu viel Euphorie. Noch gebe es Lücken in der Strategie der Walldorfer. Die Experten monierten in erster Linie die noch nicht ausgereifte Partnerstrategie für die den Software-as-a-Service-Vorstoß (SaaS). Damit sei es auch fraglich, ob SAP sein Ziel von 10.000 Business-ByDesign-Kunden bis 2010 erreichen können.

Das haben Softwareexperten, Analysten, Branchenbeobachter und Konkurrenten zu SAP Business ByDesign gesagt:

Warren Wilson, Research Director von Ovum:

Der Erfolg von Business ByDesign steht keinesfalls fest. SAP muss noch eine Reihe von Herausforderungen meistern: Einige wie das Pricing und die Partnerstrategie hat SAP selbst in der Hand. Andere wie beispielsweise die Reaktionen der Konkurrenten im On-Demand-Geschäft oder mögliche Kannibalisierungseffekte mit anderen SAP-Produkten kann der Konzern nicht beeinflussen. Es könnte schwer werden, diese Entwicklungen zu kontrollieren.

Zwei Schlüsselfragen beschäftigen in diesem Umfeld alle Softwarehersteller – nicht nur SAP: Wie schnell wird der SaaS-Markt wachsen und wie schnell werden der Mittelstand beziehungsweise große Unternehmen das Modell annehmen. Diese Faktoren können die Anbieter zwar ein wenig beeinflussen, aber nicht kontrollieren. Grundsätzlich dürften die Vorzüge von SaaS nicht nur für kleine und mittelgroße Firmen interessant sein, sondern auch für größere Unternehmen. SAP muss darauf bauen, dass die anvisierte Klientel im Mittelstand schnell auf Business ByDesign anspricht, aber gleichzeitig die anderen Kunden ihrer SAP-Software treu bleiben.

SAP will andere Produkte schützen

Die SAP-Verantwortlichen sind sorgsam darauf bedacht, Business ByDesign nicht mit Firmen in Verbindung zu bringen, die eine fein angepasste Branchenlösung benötigen. Diese Differenzierung dürfte jedoch weniger technische Gründe haben. Vielmehr versucht SAP, seine anderen Produkte zu schützen. Da SAP jedoch einen guten Job gemacht und eine service-orientierte, zukunftsfähige On-Demand-Plattform herausgebracht hat, dürfte es eigentlich kein Problem sein, darauf auch branchenspezifische Lösungen laufen zu lassen, um spezielle Prozessanforderungen abzudecken.

SAP hat mit Business ByDesign viel richtig gemacht. Durch die komplette Neuentwicklung und die strikte Serviceorientierung hat der Konzern ein Produkt auf den Markt gebracht, das sich durch einen breiten Funktionsumfang und flexible Anpassungsmöglichkeiten auszeichnet. Außerdem lässt sich die On-Demand-Lösung intuitiver bedienen als die traditionellen SAP-Produkte und ist zudem günstiger.

Helmuth Gümbel, Managing Partner von Strategy Partners International

Helmuth Gümbel, Strategy Partners: "Die Modellierung ist ein guter Ansatz, aber ganz sicher nicht von kleinen Unternehmen zu bewältigen."
Foto: SAP

Das Produkt Business ByDesign macht einen guten Eindruck, ist aber nicht revolutionär. SAP verlässt sich hier auf einen interessanten Mix: neue Oberfläche, neuer Konfigurator, ABAP-Code, Linux, Virtualisierung, MaxDB und eine neue Modellierungsumgebung. Das Produkt ist funktional unterhalb von SAP ERP anzusiedeln. Die Modellierung ist ein guter Ansatz, aber ganz sicher nicht von kleinen Unternehmen zu bewältigen, die lieber iterativ mit intuitiveren Ansätzen arbeiten.

Konfigurator plus Modellierung adressieren Anwender, die ganz genau verstehen, was sie wollen. Man merkt, dass die On-Demand-Lösung eher als Nachfolger von SAP ERP gedacht war als für den Markt der "Nonbuyer".

SAP muss Partner mit attraktiven Modellen locken

Bei der Strategie gibt es die größten Defizite: So war die Abgrenzung zu den anderen Angeboten der SAP gerade einen Satz wert. Das Partnermodell scheint am Anfang zu wenig attraktiv, die Koexistenz zum Lizenzverkauf bleibt problematisch. Auch hinter dem Geschäftsmodell steht weiter ein Fragezeichen. Salesforce.com kommt auf eine Nettomarge von zwei Prozent, weil alles Geld in Marktanteilsgewinne gesteckt wird. Zudem muss Salesforce.com nicht bis zu 40 Prozent an Partner abgeben. Man muss sich fragen, wie SAP hier schnell Terrain gewinnen will.

Bislang hat es noch kein Unternehmen geschafft, SaaS und on Premise parallel zu meistern – selbst mit verschiedenen Produkten. SAP will Business ByDesign aber später auch on Premise und über verschiedene Hoster anbieten. Damit wird jedoch die Entwicklungsgeschwindigkeit gebremst – SAP muss dann auf Partner und Kunden Rücksicht nehmen, wenn Innovationen eingeführt werden sollen. Im reinen SaaS-Betrieb kann eine bis zu 10-fach höhere Release-Umschlagsrate erreicht werden – ein unschätzbarer Vorteil gerade dann, wenn ein Produkt noch am Anfang steht.

Rüdiger Spies, Independent Vice President Enterprise Applications von IDC:

Rüdiger Spies, IDC: "Es ist klar, dass es beim ersten Mal richtig klappen muss. Deshalb ist SAP auch so vorsichtig."

Für SAP ist dieses Announcement sehr wichtig. Es ist klar, dass es beim ersten Mal richtig klappen muss. Deshalb ist SAP auch so vorsichtig – um nicht zu sagen zögerlich bei der Markteinführung. Neben der neuen SW betritt SAP auch neues Terrain in Bezug auf Geschäftsmodelle. SAP muss sehr aufpassen, sich nicht altes Geschäft kaputt zu machen. Aber das wird wohl in gewissem Umfang nicht zu verhindern sein. Mit dieser vorsichtigen Markteinführung hat SAP immer noch die Möglichkeit mit Korrekturen das Schlimmste zu verhindern.

Das graphische Design (durch Kunden oder Partner) der zu unterstützenden Geschäftsprozesse ist sehr elegant. Dabei hatte SAP natürlich Hilfe und hat Anleihen bei IDS gemacht. Mich hat es bisher überzeugt. In Bezug auf die Partnereinbindung bleibt noch einiges offen. Ich denke, dass dieses Thema – neben den technischen Aspekten – der am meisten kontrollierte Teilaspekt der Markteinführung sein wird.

Das Partner-Ökosystem ist elementar für SAP. Für die betroffenen Partner gilt: "Up or out" – sprich, die Partner müssen sich mehr auf die Geschäftsprozesse konzentrieren und können nicht bei Implementierungen stehen bleiben.

SAP wird unabhängiger von Oracle, IBM und Microsoft

Bezüglich der Operationsumgebung hat SAP mit Linux und MaxDB eine kluge Entscheidung getroffen: Damit verschafft SAP dieser Umgebung weiter Auftrieb. SAP kann im eigenen Hause Erfahrungen im Lastbetrieb mit MaxDB sammeln und wird zudem unabhängiger von Oracle, IBM und Microsoft. Außerdem hält man die Kosten am unteren Limit.

Die Multitennent-Fähigkeit der SAP-Lösung lässt noch Fragen offen: Es könnte durchaus sein, dass das SAP-Konzept ein anderes ist, als das von Salesforce.com. Vor- und Nachteile werden sich im Laufe der Zeit erweisen. Der Preis ist in Verbindung mit dem avisierten Funktionsumfang aggressiv. Aber auch hier bleibt doch abzuwarten, wie umfangreich denn das Spektrum tatsächlich ist.

Der Zeitpunkt scheint mir gut gewählt. Ich hatte die CeBIT 2008 erwartet. So bleibt noch Zeit, um bis zur Messe im nächsten Jahr die Anfangsprobleme zu überwinden und dann auf der CeBIT die Verfügbarkeit in weiteren Ländern anzukündigen.

Christian Glas, Senior Consultant Pierre Audoin Consultants (PAC)

Christian Glas, PAC: "Es fehlt nicht nur die Erfahrung im Mittelstandsvertrieb, es mangelt auch an der berühmten Augenhöhe mit den mittelständischen Kunden."

Es ist müßig, sich an Spekulationen zu beteiligen, ob das Produkt wirklich schon so weit ist, wie SAP die Welt glauben machen will, oder ob es noch das eine oder andere Problem gibt, wie Gerüchte aus Walldorf behaupten. Man kann davon ausgehen, dass SAP die Entwicklung des Produkts abschließen wird. Und - ganz ehrlich - SAP Business ByDesign wird den ERP-Markt stark verändern.

Dass die Lösung komplett Service-orientiert ist und auf SAP NetWeaver basiert, überrascht sicherlich nicht. Interessant ist jedoch die totale Abkehr von der Modul-Orientierung. Es gibt beispielsweise kein eigenständiges CRM-Modul mehr. Stattdessen wird CRM-Funktionalität für alle relevanten Prozesse zur Verfügung gestellt. So gesehen ist SAP Business ByDesign ein Set aus Composite Applications, das in der SAP Business Suite erst Schritt für Schritt von SAP, Partnern und Kunden entwickelt wird.

Diese Lösung ist bisher einzigartig auf dem Markt. Eine komplett Prozess- und Service-orientierte Lösung im Software-as-a-Service (SaaS)-Modus war so noch nicht erhältlich. Was die Vollständigkeit der Lösung angeht, muss man selbstverständlich das Feedback des Marktes abwarten, sobald die Lösung allgemein verfügbar ist. Der Teufel sitzt ja bekanntlich häufig im Detail. Sollten hier jedoch noch Defizite auftauchen, kann SAP jederzeit nachlegen.

Anwender wollen "On-Demand"

Betrachten wir das Thema "On Demand". Es ist sicherlich sehr innovativ, die Lösung ausschließlich auf diesem Weg auf den Markt zu bringen, aber ist es auch das, was die Kunden wollen? Objektiv betrachtet, ja! Investitionen in ERP-Infrastruktur, aufwändige Einführungsprojekte sowie Wartungsarbeiten gehören in der On Demand-Welt der Vergangenheit an. Auch die monatliche Miete von 133 Euro wird preisbewusste Kunden ansprechen, sofern die Nutzer größtenteils sogenannte "Heavy User" sind, also regelmäßig einen Großteil der Funktionen nutzen. Für spezialisierte Anwender, beispielsweise im Vertrieb, die nur ab und zu die CRM-Funktionalität nutzen, ist dieser Preis etwas zu hoch. SAP hat hier bereits angekündigt, für voraussichtlich weniger als 50 Euro einen Zugriff für solche Nutzer anzubieten. Allerdings unterliegt auch dieser gewissen Einschränkungen, was die maximale Anzahl von Usern angeht.

Neben dem interessanten Preismodell versucht SAP, die Kosten durch Verringerung des externen Beratungs- und Schulungsaufwands zu drücken. Viel Wert wurde bei der Lösung auf innovative Hilfe- und Lernfunktionen gelegt sowie auf einfaches Customizing über Maus-Clicks und Drag & Drop-Funktionen.

Trotzdem führt das Thema On Demand in Deutschland immer noch ein Schattendasein. Bisher konnte sich hier noch kein Anbieter so richtig positionieren. Die Gründe sind mannigfaltig. Deutsche Kunden suchen nach einer Software, die zu 100 Prozent ihren Anforderungen entspricht, was angesichts der naturgemäß eher begrenzten Anpassungsfähigkeit von On Demand-Lösungen schwierig ist. Vergessen wird dabei häufig, dass die augenblicklichen Anforderungen an eine Software nicht viel mehr sind als eine Momentaufnahme, da sie sich schnell ändern können. Früher oder später passt sich das Unternehmen automatisch bis zu einem gewissen Grad an die Software an. Gelingt es also SAP, aus On Demand in Deutschland einen Massenmarkt zu machen? Die Chancen stehen sicherlich nicht schlecht, da die Lösung - und damit auch die Kundendaten – in Walldorf gehostet werden und nicht wie viele andere Angebote in den USA. Außerdem, wer wenn nicht SAP könnte einen solchen Paradigmenwechsel beim Kunden in Gang bringen?

Keine klare Grenze zu Business One

Diese Lösung ist sicherlich nicht geeignet für Unternehmen, die tiefe vertikale Funktionalität benötigen. Hier verläuft auch eine klare Abgrenzung zu SAP Business All-in-One, die vertikalisiert vorkonfigurierte Mittelstandslösung von SAP. Trotz gegenteiliger Beteuerungen von Seiten des SAP-Vorstands ist allerdings die Abgrenzung zu SAP Business One noch nicht ganz eindeutig. Das neue Angebot ist, wie bereits oben erwähnt, preislich in vielen Fällen mindestens so interessant wie SAP Business One. Zudem ist die Funktionalität der von SAP Business One eindeutig überlegen. Selbst wenn ein kleines Unternehmen nicht alle Funktionen von SAP Business ByDesign benötigt, sondern mit SAP Business One eigentlich gut bedient ist, stellt sich natürlich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, die etwas größere Lösung zu wählen, falls der TCO nicht höher liegt, und so eventuellem Wachstum vorzugreifen. SAP bezeichnet den potenziellen Kannibalisierungseffekt zwischen den beiden Lösungen als äußerst gering. Warum aber wird SAP Business ByDesign erst ab 25 Nutzern angeboten? Soll damit SAP Business One geschützt werden, das von den meisten Kunden mit weniger als 25 Anwendern betrieben wird?

Wie wird SAP die Lösung vertreiben? Hier setzt das Unternehmen auf einen gemischten Ansatz. SAP wird eigene Vertriebsleute einsetzen sowie über einen Channel gehen. Hier gibt es jedoch noch ein paar Unwägbarkeiten: Wie erfolgreich kann der direkte Vertriebsansatz von SAP sein angesichts der Tatsache, dass die SAP-Sales-Force bisher fast ausschließlich im Großkundensegment tätig war? Es fehlt nicht nur die Erfahrung im Mittelstandsvertrieb, es mangelt auch an der berühmten Augenhöhe mit den mittelständischen Kunden. Es bleibt abzuwarten, ob SAP das eigene Ziel erreichen kann, für SAP Business ByDesign als "Market Maker" für die Vertriebspartner aufzutreten. Was den Channel angeht, zeichnen sich folgende Probleme ab: Erst einmal muss dieser aufgebaut werden. Der bestehende Channel für SAP Business All-in-One kommt hierfür nur eingeschränkt in Frage, da er von seiner hohen Branchenkompetenz lebt und außerdem in den ungleich aufwändigeren All-in-One-Projekten mehr Potential sieht. Vertriebspartner von SAP Business One sind eher eine Option. Allerdings will SAP sicherlich nicht, dass allzu viele Partner sich von SAP Business One abwenden.

Andreas Zilch, Lead Advisor der Experton Group:

Andreas Zilch, Experton Group: "Konzept und Produkt sind absolut beeindruckend und treffen den Bedarf der Anwender."
Foto: Experton Group

Das herausragende Merkmal der neuen Lösung ist neben dem Delivery Modell und der stark vereinfachten Konfiguration die starke Integration der einzelnen Bestandteile Financial Management, HR, CRM, SRM, SCM, Project Management, Compliance Management und Executive Management Support. Dabei kann der Kunde über das Portal auswählen, welche dieser Bestandteile er sofort nutzt und welche entfallen beziehungsweise später hinzugenommen werden.

Die SAP adressiert mit SAP Business ByDesign zunächst nur den selbst definierten Mittelstand von 100 bis 500 Mitarbeitern, welcher wiederum nur zirka 30 Prozent des Gesamtmarktes ausmacht. Das Modell ist aber grundsätzlich für alle Marktsegmente interessant. SAP gibt an, mit dem Produkt einen Markt von 15 Milliarden Dollar weltweit zu adressieren. Dies erklärt sich daraus, dass damit der gesamte Business Software Markt (ERP,CRM, SCM, …), unabhängig vom Delivery-Modell (on Demand / on Premise) definiert wird. SAP gibt als Ziel für 2010 etwa 10.000 SAP Business ByDesign Kunden an, was als sehr konservative und in keinem Verhältnis zum betriebenen Aufwand stehende Zielsetzung beurteilt werden muss. Falls die Strategie von SAP tatsächlich aufgeht und das Produkt in der dargestellten Form kurzfristig verfügbar wird, sind als Ziel bis zu 20.000 neue Kunden anzusetzen, was für SAP rund eine Milliarde Dollar zusätzliches Umsatzpotential darstellt.

Mittelstand ist nicht der "Early Adopter"

Der Mittelstand ist normalerweise nicht dafür prädestiniert, neue Technologien einzusetzen, und gilt nicht als Early Adopter; gleichzeitig ist aber auch im Mittelstand ein starker Trend zu erkennen, das Hosting von SAP-Anwendungen an Outsourcer abzugeben. Hier muss SAP als Vorreiter das Vertrauen schaffen und den Beweis erbringen, dass sie in der Lage sind, den Spagat zwischen Vielfalt, Anpassung und Standard einer On-Demand bzw. SaaS Lösung zu beherrschen.

Die Partnerlandschaft ist eines der wichtigsten Erfolgskriterien für SAP Business ByDesign und damit auch ein kritischer Faktor der SAP-Strategie.

Implementierungspartner:

Der bisherige Erfolg von SAP steht in engem Zusammenhang mit der erfolgreichen Zusammenarbeit mit den Implementierungspartnern. Obwohl SAP mittlerweile selbst einen relativ hohen Service-Anteil hat, haben die existierenden Partner der SAP immer noch sehr gut mit den spezifischen Dienstleistungen wie Customizing und Migrationen verdient. Die Metriken werden sich beim SAP-Business-ByDesign-Modell grundsätzlich ändern, und es ist fraglich, ob und für welche Partner die neuen Dienstleistungen attraktiv sind, da der Mittelstand sehr kritisch auf die Kosten für Geschäftsprozessanalyse und kundenspezifische Anpassungen reagiert. Neben solchen kundenspezifischen Anpassungen sind auch die Release-Fähigkeit, die Integrationsmöglichkeiten und die Branchenausrichtung wichtige Themen, die noch detaillierter adressiert werden müssen.

Hosting-Partner:

Schon heute hat SAP eine Vielzahl von Hosting-Partnern, die die Felder von Basis-Hosting bis hin zu Application Lifecycle Management abdecken. Im SaaS-Modell ist das Hosting natürlich eine zentrale und besonders wichtige Komponente. Es ist zu erwarten, dass SAP das Business ByDesign Hosting – fast ausschließlich aus strategischen, nicht aus monetären Gründen – zunächst komplett selbst oder mit einem einzigen Hosting Partner imHintergrund übernimmt und erst nach der Anlaufphase an weitere Partner abgibt.

(Weitere) Vertriebs-Partner:

Diese neue Art von Partnern ist nicht wie bisher "implementierungs-getrieben", sondern vielmehr "vertriebs-getrieben" und ähnelt damit dem Reseller-Ansatz. In diesem Zusammenhang können auch z.B. Call Center und Strukturvertriebe einbezogen werden. Dies bedeutet sowohl für die Partner als auch für SAP ein vollkommen neues Vertriebsmodell.

SAP hat grundsätzlich eine extrem starke Marktstellung im globalen ERP-Markt und erreicht bei bestehenden Kunden des oberen Mittelstandes und bei Großkunden auch sehr hohe Zufriedenheitswerte. Das Konzept bzw. das Produkt SAP Business ByDesign ist faszinierend und adressiert einen aktuellen Bedarf der mittelständischen Anwender an einer hoch integrierten, einfach zu implementierenden und kostengünstigen Business Software. Das On-Demand-Modell ist dabei eine logische Lieferplattform. Im Mittelstandsmarkt (unterhalb der erfolgreichen SAP Business All-in-One (A1) Lösung) müssen aber alle bisherigen SAP-Initiativen im Ergebnis als gescheitert angesehen werden, obwohl sich SAP weiterhin standhaft als "SME Market Leader" bezeichnet. Mit Business-One (B1) wurde versucht, mit einem vergleichbaren Produkt den etablierten Anbietern in diesem Markt (Sage, Microsoft Dynamics NAV, aber auch viele kleinere, lokale ERP-Anbieter) entgegenzutreten. Hier fehlten aber insbesondere ein branchenspezifisches Lösungsangebot und auch eine schlagkräftige Partner-Basis. Daher ist die Strategie von SAP, dem Mittelstandsmarkt mit einem völlig neuen Konzept anzugehen, auch nahe liegend. Dabei bleiben aber einige Fragen offen und Herausforderungen bestehen:

Der Anwenderbedarf im Mittelstand unterteilt sich in einen horizontal und vertikal orientierten Markt. Einige Branchensegmente benötigen eine eher allgemeine ERP-Software (und haben eine solche bisher zum Teil auch noch gar nicht im Einsatz), andere Segmente sind bis auf Micro-Vertical-Ebene stark spezialisiert. In den stark spezialisierten Branchensegmenten muss damit auch die ERP-Lösung stark spezialisiert sein, was bei einer Neuentwicklung natürlich noch nicht gegeben ist. Der SAP-Ansatz, solche spezifischen Funktionalitäten über "Services" nach und nach bereitzustellen, ist zwar richtig, braucht aber viel Zeit. Es bleibt auch offen, wer die Entwicklung dieser Services stark vorantreibt.

Übergreifend haben die Anwender Bedarf an einer gewissen Art von Customizing und zumindest an einer soliden Übernahme der Bestandsdaten und bestehenden Systeme. Wie dies in einer ERP-SaaS-Lösung, natürlich mit Partnern, gewährleistet wird, ist noch relativ unklar.

Kämpft SAP noch mit Problemen?

Die tatsächliche Verfügbarkeit von SAP Business ByDesign für den Gesamtmarkt ist weiterhin offen. Die Antwort von SAP, hier noch auf akzeptable "Profit Schemes" zu warten, ist unbefriedigend. Vielmehr steht wohl dahinter, dass einige technische Probleme (vor allem bezüglich der Skalierbarkeit) noch nicht gelöst sind und insbesondere die Partner- und Vertriebs-Strategie noch nicht steht.

Das SAP Business ByDesign Announcement ist in erster Linie aus strategischer Sicht für SAP und den gesamten Business Software Markt zu beurteilen. SAP investiert hier massiv in einen stark wachsenden Zukunftsmarkt, ohne dass kurzfristig (2008/2009) wirklich signifikante Umsatzanteile aus der Gesamtsicht der SAP zu erzielen sind. Die Erfolge werden sich daher weniger in 2007/2008, sondern erst ab 2009 zeigen. Das Besondere an der Initiative ist, dass der Marktführer die Rolle des Innovators und damit des "Market Makers" übernimmt. Sollte SAP damit Erfolg haben, wird dies im Software-Markt zu einem Paradigmenwechsel führen und SAP einen deutlichen Zeitvorsprung und damit signifikante, nachhaltige Wettbewerbsvorteile verschaffen.

Bis dahin muss SAP aber noch einige Herausforderungen meistern; hierzu gehören insbesondere das Customizing/Vertikalisierung und die Partner-/Vertriebs-Strategie. Auch muss SAP die Ziele langfristig verfolgen, massiv investieren und sich nicht durch eventuelle Verzögerungen oder vermeintliche Misserfolge irritieren lassen. SAP hat zwar beim Wechsel von R/2 auf R/3 schon einmal einen Paradigmenwechsel (insbesondere bzgl. der Kunden- und Partnerbasis) erfolgreich durchgezogen, bei der SAP Business ByDesign Initiative handelt es sich aber um eine ungleich größere Herausforderung.

Konzept und Produkt sind absolut beeindruckend und treffen den Bedarf der Anwender. Damit wird sich dieses Konzept zumindest mittelfristig durchsetzen und einen Paradigmenwechsel im Segment der Business Software einläuten. Enttäuschend ist allerdings, dass SAP bei einem solch großen Announcement keine festen Verfügbarkeitsdaten nennen kann; hier zeigt sich die noch immer bestehende Verunsicherung innerhalb von SAP. Wenn SAP aber die noch notwendigen Schritte konsequent durchsetzt, werden die Wettbewerber in diesem Markt massiv unter Druck geraten.

Bruce Richardson, Analyst AMR Research:

Business ByDesign macht einen guten Eindruck, mit integrierten Dashboards, Self-Learning-Möglichkeiten und Verknüpfungen zu verschiedenen Communities. Im Gegensatz zu Salesforce.com will SAP Hosting-Partner für seine On-Demand-Lösung gewinnen. Es ist jedoch fraglich, ob das die richtige Strategie ist. Aspekte wie Synchronisierte Updates, Service-Level-Agreements (SLAs) und die Sicherheit sind im Grunde zu wichtig, um sie Drittanbietern zu überlassen.

SAP braucht das Massengeschäft mit Business ByDesign

Das Ziel von SAP, bis 2010 rund 10.000 Kunden zu gewinnen und darüber hinaus jährlich weitere 10.000 ist ambitioniert. Da bislang noch kein entsprechender Vertriebskanal steht, muss man hinter diese Zahlen ein Fragezeichen setzen. Außerdem gibt es bislang zu wenige Informationen zum Partnernetz. So ist nicht klar, wie die Partner mit dem neuen SAP-Produkt Geld verdienen können. Das funktioniert allem Anschein nach nur über das Massengeschäft.

Es ist aber teuer, ein Volumengeschäft aufzubauen. Salesforce.com hat in den zurückliegenden Jahren rund 50 Prozent seiner Umsätze für Vertrieb und Marketing ausgegeben.

Friedbert Schuh, General Manager Lawson Central Europe:

SAPs Business ByDesign Ankündigung erinnert mich eher an Desaster ByDesign. Keine Verfügbarkeitsaussage aber 20 Kunden live, landesspezifischer Rollout, Partnerkonflikte, keinerlei Wachstums- oder Migrationsaussagen für schnell wachsende Unternehmen, die leistungsfähigere Lösungen benötigen – all das macht dieses Angebot für die von uns adressierten Mittelstandsunternehmen unattraktiv. Wir sehen SAPs Business ByDesign als Ersatz für das bisherige Business One Paket, einen Markt, den wir nicht explizit adressieren. Unser Zielkunden wollen keine Software aus dem Internet laden die nur minimalen Gestaltungsraum lässt. Das ist gut für den Handwerksladen um die Ecke aber nicht für den international agierenden Mittelstand. Lawsons Kunden wollen eine Lösung, die kleine Niederlassungen als auch internationale Zentralen mit einer spezifisch auf das Unternehmen ausgerichteten Lösung adressiert und das zu geringen Unterhaltskosten und schneller Implementierung – und das liefern wir. Business ByDesign sehen wir als Mogelpackung bei der schnell mehr als 200.000 Euro auf fünf Jahre gesehen zusammenkommen, und das bei limitiertem Funktionsumfang. Auch eine Lawson Lösung ist mit einer solchen Investition vorstellbar, aber dann mit wesentlich breiterem und tieferem funktionalem Abdeckungsgrad. Und dies sichert speziell im Branchenumfeld den Wettbewerbsvorteil unserer Kunden.

Alastair Sorbie, CEO von IFS:

Alastair Sorbie, CEO von IFS: "Die zuletzt von SAP verkündete A1S Saga ist ein weiteres Zeichen der Identitätskrise des Unternehmens."

Die zuletzt von SAP verkündete A1S Saga ist ein weiteres Zeichen der Identitätskrise des Unternehmens. In dem Versuch den Mittelstandsmarkt zu erobern, hat SAP eine Reihe von Angeboten generiert, von denen das Jüngste mit den eigenen laufenden Aktivitäten auf dem Markt extrem konkurriert. Keines davon wird jedoch den Anforderungen der Unternehmen gerecht, die SAP als Kunden gewinnen will.

Während SAP sich selbst als sichere Bank darstellt, bleibt der Mittelstandsmarkt verständlicherweise weiterhin skeptisch. Mittelständische Unternehmen verkraften die Risiken fehlgeschlagener Softwareprojekte und die damit verbundenen Abschreibungen nicht. Sie benötigen flexible, passende und sichere Produkte – keine fadenscheinigen Angebote von Trittbrettfahrern.

SaaS eignet sich nur für bestimmte Funktionen

SaaS (Software as a Service) eignet sich gut, sofern es sich um bestimmte Funktionen handelt – wie etwa die Vertriebsautomatisierung, in der große Erfolge erzielt wurden. Wenn man hingegen zentrale unternehmenskritische Geschäftsprozesse im globalen Maßstab betreiben will, wie etwa Lieferketten oder Fertigung, sehen wir für dieses Modell keine Nachfrage. Ganz im Gegenteil.

Wir arbeiten mit mittelständischen Kunden, um deren geschäftskritische Anforderungen zu identifizieren und daraus die benötigten Anwendungen abzuleiten. Die meisten dieser Kunden haben gut funktionierende und effiziente interne IT-Abteilungen. Sie verwalten geschäftskritische Datenbestände und wollen darüber die volle Kontrolle behalten, anstatt auf externe Service Provider oder instabile Breitband-Verbindungen angewiesen zu sein, wie sie noch in vielen Ländern existieren.

Viele unserer mittelständischen Kunden kennen das SaaS-Modell und betrachten es als unsichere Option im Gegensatz zu On-Premise-Anwendungen. Sie wollen einfach nicht ihre gesamten geschäftskritischen Daten auf einem externen Server verteilt haben sowie auf instabile Breitband-Verbindungen angewiesen sein. Als Alternative bietet IFS eine Hosted-Lösung an, bei der die Kunden ihre geschäftskritischen Anwendungen sicher auf ihrem eigenen Server ablegen können, der von uns betrieben wird. Dies ist die goldene Mitte zwischen den Vorteilen und Risiken von SaaS.

Lawrence Ellison, CEO Oracle:

Lawrence Ellison, CEO Oracle: "SAP verschwendet seine Zeit, den Mittelstand mit einer On-Demand-Lösung zu adressieren."
Foto: Larry Ellison

SAP verschwendet seine Zeit, den Mittelstand mit einer On-Demand-Lösung zu adressieren. Oracle hat sich diesen Markt sehr genau angesehen und festgestellt, dass es dort sehr schwer ist, Geld zu verdienen. Das liegt an den fehlenden Synergien. Man braucht ein neues Produkt, neue Entwicklungsteams und eine neue Vertriebsorganisation. Anbieter müssen viel Geld investieren, um eine neue Lösung für diesen Markt auf die Beine zu stellen. Zudem sind Vertrieb und Implementierungen Im Bereich Mittelstand aufwändig und teuer. Das Segment ist zwar allein aufgrund seiner Größe interessant, wir haben aber bislang keinen Weg gefunden, in diesem Markt substanzielle Gewinne zu machen.

Lars Landwehrkamp, Vorstandssprecher AC Service:

SAP dürfte seine Business-ByDesign-Plattform nicht vor 2009 für seine Partner öffnen. Bis dahin hält der Konzern die Fäden selbst in der Hand. Für SAP geht es zunächst vornehmlich darum, die Plattform zu stabilisieren und auf Skalierbarkeit, Leistung und Sicherheit zu trimmen. Neben Vertriebspartnern braucht SAP allerdings auch Servicepartner. Dass sich die Anwender ihre Software einfach im Internet zusammenstellen und dann auf den "Kaufen"-Button drücken, dürfte ein Wunschtraum bleiben. Vielmehr benötigen die Kunden auch weiterhin Partner, die ihnen helfen die betriebswirtschaftlichen Abläufe zu gestalten sowie Stammdaten und Konten anzulegen. Auch die Migration von den Altsystemen auf Business ByDesign wird sicher nicht trivial.

SAP wird für die Systemumstellung standardisierte Services anbieten, die Service-Partner von dem Konzern beziehen können. Dazu will der Konzern weltweit verteilt Service-Center einrichten. Das Volumengeschäft wird auch andere Arten von Dienstleistungen wie zum Beispiel Remote-Services erfordern.

SAP muss sich auch neue Partner suchen

Es könnte jedoch schwierig werden, die bestehenden Partner, die bislang zumeist wenig vertriebsorientiert arbeiten, auf Business ByDesign einzuschwören. SAP wird neue Partner suchen. Derzeit sehen sich zahlreiche Unternehmen die On-Demand-Lösung an. Hier könnte es im kommenden Jahr die eine oder andere Überraschung geben.

Knut Woller, Softwareexperte von Unicredit:

SAP hat die Anfang des Jahres für das neue Produkt bekannt gegebenen Ziele nicht verändert. Demnach erwartet der Konzern ab dem Jahr 2010 für Business ByDesign 10.000 Neukunden pro Jahr und rund eine Milliarde Dollar Umsatz in 2010. Zudem soll die Marge des neuen Geschäftsfelds die der etablierten Geschäftsfelder ab 2010 übertreffen. Die für SAP Business ByDesign notwendigen Investitionen zwischen 300 bis 400 Millionen Euro bis Ende 2008 wurden ebenfalls bestätigt.

SAP Business ByDesign soll 149 Dollar pro Monat und Nutzer kosten (rund 1800 Dollar pro Jahr/Nutzer). Je Kunde müssen mindestens 25 Anwender lizenziert werden. Wir nehmen an, dass es SAP aufgrund der Konzeption als Suite gelingt, im Durchschnitt rund 50 Anwender pro Kunde zu lizenzieren. Im Gegensatz zu unseren Erwartungen hat SAP bislang keine Preise für ein klassisches "perpetual license" Modell bekannt gegeben. Wir können uns vorstellen, dass dies zu einem späteren Zeitpunkt noch nachgeholt wird.

SAP benötigt ein großes Partner-Ökosystem

Ein wesentlicher Baustein für den Markterfolg von SAP Business ByDesign ist in den Planungen von SAP ein großes Partner-Ökosystem. Betrachtet man den wirtschaftlichen Erfolg und die operativen Margen von anderen On-Demand-Anbietern so liegt die erreichte Profitabilität deutlich unter dem Niveau von SAP (etwa RightNow oder Salesforce.com). Ein Grund hierfür sind insbesondere die hohen Vertriebs- und Marketingkosten, die etwa bei RightNow in 2006 bei 56 Prozent der Umsatzerlöse lagen und bei Salesforce.com bei 51 Prozent im Fiskaljahr 2007. Demgegenüber bewegen sich die Vertriebs- und Marketingkosten von SAP seit dem Jahr 2001 in einer Bandbreite zwischen 12 und 14 Prozent. Wir gehen davon aus, dass SAP über die Etablierung eines großen Ökosystems versuchen wird, zum einen ausreichende Skaleneffekte für SAP Business ByDesign zu erzielen und zum anderen auch die eigenen Vertriebs- und Marketingkosten für das neue Geschäftsmodell deutlich unter dem Niveau der Wettbewerber zu halten, um die (ambitionierten) Umsatz- und Ergebnisziele für SAP Business ByDesign zu erreichen. Die Rollen der Partner erstrecken sich dabei konzeptionell auf Reseller des neuen Produkts, Anbieter von ergänzenden Lösungen sowie Service-Partner. Der zügige Aufbau eines großen Partnernetzwerks wird demnach eine entscheidende Variable für den wirtschaftlichen Erfolg von SAP Business ByDesign sein.

SAP hat das neue Produkt Business ByDesign überzeugend präsentiert. Das erste Feedback einiger Marktforscher ist ermutigend und lässt hoffen, dass es dem Unternehmen gelungen ist, den oft genannten Kritikpunkt einer zu großen Komplexität der eigenen Produkte für den Mittelstand mit SAP Business ByDesign zu adressieren. Die Pläne für SAP Business ByDesign sind ambitioniert, und aufgrund des neuen Geschäftsmodells besteht unverändert eine Unsicherheit bezüglich der Erreichbarkeit der Ziele. Die für den Kapitalmarkt messbaren Meilensteine werden Neukundengewinne, die dahinter stehende Dynamik sowie der Aufbau eines großen Ökosystems sein.