Update: SAP sucht nach Vertriebswegen für A1S

25.07.2007
Nicht nur mit dem für 2008 angekündigten ERP-Produkt für den Mittelstand geht SAP neue Wege, auch in Sachen Vertrieb betritt der Konzern Neuland. Der Konzern will A1S auch via Telefon und Web-Shop veräußern. Zudem wird es nach der Einführung der Software-as-a-Service-Angebots eine On-Premise-Variante sowie eine Appliance mit vorinstalliertem ERP-System geben.

Noch immer macht SAP ein großes Geheimnis um das unter dem Codenamen A1S bekannte On-Demand-ERP-System. Mit dem Produkt will der Konzern neue Kundenschichten ansprechen, die bisher keine SAP-Lösungen verwenden, sondern entweder überhaupt keine integrierte Business-Software einsetzen oder Programme von Softwareanbietern wie Sage.

Neues ERP-Produkt – neuer Markt – neue Vertriebsideen

Wie Konzernchef Henning Kagermann dem Nachrichtendienst "Computergram" mitteilte, hat SAP bislang 50 Millionen Euro von für das neue Produkt veranschlagten 300 bis 400 Millionen Euro investiert. Geld steckt der Konzern in die technische Entwicklung des Produkts, die schon weit fortgeschritten sein soll. Vor allem aber fließen die Aufwende in den Vertrieb, da SAP eigenen Angaben zufolge ein "neues Produkt für einen neuen Markt" kreiert. Beispielsweise arbeitet SAP an einem direkten Vertriebskanal, der Telefonkontakte und den Internet-Verkauf einschließt. Zudem überlegt sich das Softwarehaus, wie es A1S-Kunden rund um die Uhr betreuen kann.

Wo in diesem Konzept die Partner bleiben, muss sich SAP wohl noch überlegen. "Wir werden im SaaS-Geschäft andere Partnerschaften haben als die, die wir heute kennen. Ich glaube, dass Online-Communities wie unser SAP Developer Network (SDN) eine Rolle spielen werden", sagte dazu unlängst Erwin Gunst, SAPs Europachef, im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE, blieb aber Details schuldig. "Partner werden auch für A1S gebraucht, da auch bei diesem Produkt Arbeiten etwa für die Implementierung sowie die Datenübernahme aus Altsystemen anfallen", konkretisiert Andreas Naunin, Leiter des Unternehmensbereichs Mittelstand bei SAP Deutschland. Mehr kann und will jedoch auch er nicht zur Rolle der Partnerfirmen in SAPs SaaS-Strategie sagen. Laut SAP-Chef Henning Kagermann können die Partner in Zukunft das On-Demand-Produkt in ihren Rechenzentren betreiben. Zunächst will die SAP das Hosting übernehmen.

A1S-Support und Anwenderzufriedenheit

Auf einem ganz anderen Blatt steht, ob die anvisierten Kunden eine integrierte Business-Suite überhaupt wollen, da diese trotz der von SAP versprochenen Vorkonfiguration häufig komplexer sein dürfte als die Softwareprodukte, mit denen die Unternehmen bisher zu tun hatten. Im Gegenzug muss sich auch SAP daran gewöhnen, sich nicht mehr nur mit großen Firmen abzugeben, sondern sich auch um die ganz anders gelagerten Probleme kleiner Betriebe zu kümmern. Wenn die ersten Anwender stöhnen und sich unzufrieden über das Produkt äußern, hat SAP ein großes Problem. Daher will der Softwareanbieter alles daran setzen, A1S zum Erfolg zu führen und wird die Lösung nicht auf einen Schlag, sondern Stück für Stück in den Markt tragen. Vor allem der europäische und insbesondere der deutsche Markt dürfte eine Herausforderung darstellen. "Unsere Erfahrung ist, dass der Mittelstand IT-Systeme gern im eigenen Haus betreibt", gibt selbst Europachef Gunst zu. Mit reichhaltigen Funktionen und nicht zuletzt einem attraktiven Preismodell will Gunst dennoch auch die Skeptiker überzeugen.

Erst On-Demand, dann auch On-Premise

Zudem sollen Firmen, die sich mit der On-Demand-Lösung anfreunden, später die Möglichkeit haben, auf eine On-Premise-Variante von A1S zu migrieren. Dieses auch von Business-Software-Herstellern wie Microsoft verfolgte hybride Konzept hatte SAP mit "CRM On-Demand" eingeführt. Da sowohl die Miet- als auch die Kauflösung auf der gleichen Technik aufsetzen, soll ein Umstieg ohne größere Hürden machbar sein.

Laut SAP-Chef Kagermann soll A1S für den Inhouse-Betrieb beim Kunden auch vorinstalliert auf einer Appliance angeboten werden, wobei dieses System via Web mit dem Support-System der SAP gekoppelt ist – zum einen wegen der Benutzerunterstützung, zum anderen, um Software-Upgrades einzuspielen. Diese Variante komme dem On-Demand-Modell am nächsten, meint Kagermann.

A1S auf einer Appliance für ängstliche Kunden

Appliance-Lösungen hatte SAP in Kooperation mit Computerherstellern bisher für Business-Intelligence aufgelegt: Der "BI Accelerator" wendet sich nicht an Neukunden, sondern an ERP-Nutzer, die ihre bestehende Installation mit einem System zur Geschäftsdatenanalyse ergänzen wollen. Ein weiteres Komplettangebot bestehend aus Server und Software ist der "Discovery Server". Damit sollen Firmen auf dedizierten Systemen eine SOA-Umgebung aufsetzen und evaluieren können.

Im Falle von A1S könnte das Appliance-Angebot für Kunden interessant sein, die Bauchschmerzen damit haben, einem Hosting-Anbieter ihre Geschäftsdaten zu überlassen.

Unklar ist, ob die ERP-Appliance das gleiche Preismodell aufweisen wird wie die SaaS-Offerte. Im On-Demand-Geschäft sind monatliche Mieten pro Anwender üblich. Wie viel die neue Software kosten wird, darüber schweigen sich die SAP-Verantwortlichen noch beharrlich aus. (fn)