Alloy

SAP und IBM Lotus umwerben Tausende Kunden

17.02.2009 von Sascha Alexander
Das gemeinsam entwickelte Produkt Alloy zur Integration von SAP-Prozessen in Lotus Notes ist startbereit. Doch es bleiben Fragen.

Alloy soll im März auf den Markt kommen und richtet sich an Unternehmen, die Lotus Notes und ihr SAP-System enger und vermeintlich einfacher miteinander integrieren wollen. Kunden müssen Lotus Notes 8.0.2 und "SAP ERP 6.0" , Service-Pack 14 auf SAP NetWeaver 7.0 Service-Pack 17 mit ESA-Erweiterung (Enterprise Service Architecture), ECC–SE 602 oder höher, im Einsatz haben (weitere Details zu den Anforderungen finden Sie hier). Das erste Release von Alloy enthält unter anderem Workflows für Urlaubs- und Abwesenheitsanträge, die nach der Installation als grafische Symbole in der neuen Sidebar von Lotus 8 auftauchen (siehe auch die Neuerungen in Notes 8.5).

Technisch wurden hierfür "SAP-Business-Objekte" in Notes-Objekte integriert, die in sich die benötigte Logik des jeweiligen Workflows zwischen Collaboration-Software und ERP-Systems kapseln. Diese "Isolation" von SAP-Code zu erzielen und ihn in Notes einzubringen, war eine der wesentlichen Herausforderungen bei der Alloy-Entwicklung, die IBM und SAP in den letzten zwei Jahren zunächst unter dem Codenamen "Atlantic" betrieben hatten.

30 000 SAP-Kunden im Visier

Eine weitere Besonderheit von Alloy ist die Kommunikation mit der ERP-Umgebung über XML-Aufrufe kommuniziert und nicht per RPCs wie in SAP-Anwendungen. Diese Lösung und die Kapselung als Web-Service bringen Kunden den Vorteil, dass sie künftig auf beiden Systeme Änderungen und Updates vornehmen können, ohne, dass sie sich grundsätzlich auf die Schnittstellen von Alloy auswirken, erläutert Christian Holsing, Product Manager Alloy bei IBM Deutschland.

Durch Alloy können Unternehmen den Workflow für der Berarbeitung von Reiseanträgen in Lotus Notes abbilden.

Zudem folgt Alloy "wo möglich" dem Rollenkonzept und der Benutzerverwaltung der ERP-Umgebung und gestattet dadurch Nutzern ein Single-sign-on an beiden Systemen. Unklar ist indes, wie groß der Anpassungsaufwand wird, wenn Kunden und Partner erhebliche Modifikationen vornehmen, die über einen von den Herstellern definierten "User Exit" hinausgehen.

Beide Hersteller, die seit 35 Jahren Partnerschaften unterhalten, verbinden große kommerzielle Hoffnungen mit Alloy. Viele der über 30.000 gemeinsamen Notes-SAP-Kunden hätten in der Vergangenheit eine bessere Integration zwischen den Systeme gefordert und seien nun potenzielle Käufer des Plugins, sagte Michael Reh, Senior Vice President und General Manager PTU Information Worker bei SAP. Die neue Software sei daher auch bei Kunden in Form von Proof of Concepts evaluiert worden. Tester waren Coca Cola, Colgate Palmolive und Arla Foods, die bis dato versucht hatten, die Integration über Individuallösungen anzugehen.

Lizenzmodell und Zukunft von Alloy

Offen ist noch die genaue Lizenzierung von Alloy. Laut SAP-Manager Reh sei eine Berechnung nach "named user" und den jeweiligen Benutzerprofilen geplant und setze das Vorhandensein von Notes- und SAP-Lizenzen voraus. Zudem müssten Kunden einen zusätzlichen Windows-basierenden Server aufsetzen. Auf Fragen, welche Client-Strategie SAP er angesichts der durch Alloy weiter wachsenden Vielfalt favorisiere, hielt sich Reh bedeckt. "SAP will nicht nur eine Benutzeroberfläche bieten, sondern Kunden die freie Wahl lassen".

Auch Anträge für Urlaub oder Abwesenheit lassen sich über Alloy in Lotus Notes abarbeiten.

Dies betonte auch Maja Kumme, Director Lotus Software bei IBM Deutschland: "Es wird nie nur eine Oberfläche in Unternehmen geben, weil die Wünsche und Anforderungen einfach zu verschieden sind". Alloy habe aber beispielsweise den Vorteil, dass Notes-SAP-Anwender künftig ihre Reiseanträge in etwa der Hälfte der Zeit erledigen könnten (mehr zu den Details von Alloy finden Sie hier).

Laut IBM-Produkt-Manager Holsing sei das Einsatzgebiet von Alloy zudem theoretisch kaum begrenzt: "Die Vision geht sehr weit". So gebe es derzeit beispielsweise Überlegungen, Workflows für die Projektplanung oder zur Integration von Berichten aus der Business-Intelligence-Software "SAP Business Objects" zu entwickeln. Holsing betont zugleich, dass die Integration nicht auf SAP und Notes beschränkt sein soll. Vielmehr sei weiterhin die Einbindung anderer Datenquellen über Notes genauso möglich wie die Anpassung der Masken oder der Abap-Geschäftslogik der Workflow-Objekte.

Service-orientierte Architektur und Duet

Dass sich Notes mit SAP koppeln lässt, ist allerdings nicht erst mit Alloy möglich. Vielmehr hatten beide Unternehmen schon mit Notes 7.0.1 und 7.0.2 eine engere Integration vorgestellt. Doch mit der Verbreitung von SAP ERP 6.0 und seiner Service-orientierte Architektur sei laut Reh eine Kopplung der strukturierten und unstrukturierten Datenwelt über Web-Services im großen Stil denkbar. Aktuell seien weltweit bereits 13 000 SAP-Kunden auf die ERP-Umgebung migriert und damit potenzielle Kunden für Alloy.

Gefragt, wie sich Alloy zum bereits verfügbaren SAP-Office-Client "Duet" verhalte, den SAP mit Microsoft entwickelt, sagte SAP-Manager Reh, dass es sich dabei nicht um konkurrierende Techniken und Ansätze handle. Derweil ist das Geschäft mit Duet bereits gut angelaufen. Über 1,5 Millionen Duet-Lizenzen wurden laut Reh bereits verkauft (siehe auch den Beitrag zur ERP-Office-Integration)