Customer 360

Salesforce baut Brücken für Kundendaten

26.09.2018 von Martin Bayer
Auf seiner Dreamforce-Konferenz hat Salesforce eine neue Lösung präsentiert, mit deren Hilfe Anwender eine einheitliche Sicht auf sämtliche Kundendaten erhalten sollen. Dafür müssten die Daten nicht erst aufwendig integriert und aufbereitet werden, verspricht der Cloud-Spezialist.

Die Anwender von Salesforce sollen künftig ihre in den Cloud-Systemen abgelegten Kundendaten einfacher verknüpfen und verwalten können. Dafür kündigte der Cloud-Spezialist auf seiner jährlichen Kundenkonferenz Dreamforce die Lösung "Customer 360" an. Das CRM-Werkzeug soll künftig ein Kernelement der "Customer Success Platform" bilden. Salesforce zufolge ließen sich damit die eigenen Anwendungen "auf neue Art und Weise untereinander vernetzen und kanalübergreifende Kundenerfahrungen aus einem Guss gestalten".

Über 170.000 Besucher erwartet Cloud-Spezialist Salesforce auf seiner Dreamforce-Konferenz.
Foto: Salesforce

Anwenderunternehmen könnten mit Hilfe von "Customer 360" anwendungs- beziehungsweise abteilungsspezifische Silos mit Kundendaten aufbrechen und so einheitliche Kundenprofile erstellen. Auf dieser Grundlage stelle Customer 360 den Kunden in den Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit und ermögliche Unternehmen durch die Vernetzung von Service, Marketing, Handel und mehr, die Kundenerfahrung neu zu definieren, versprechen die Salesforce-Verantwortlichen. Diese Verknüpfung soll sich innerhalb des Cloud-Kosmos von Salesforce mit wenigen Klicks umsetzen lassen. Das Schreiben von zusätzlichem Code sei nicht erforderlich.

Kunden erwarten passgenaue Ansprache

Kunden würden erkennen, wenn sich ein Unternehmen um kanalübergreifende Erfahrungen bemühe, sagte Bret Taylor, President und Chief Product Officer bei Salesforce. Befragungen hätten ergeben, dass für 70 Prozent der Kunden die Qualität der einzelnen Erfahrungen mit einer Marke der entscheidende Faktor für einen weiteren Kauf oder einen Vertragsabschluss sei. Kunden erwarteten, dass Unternehmen ihre Kontakt- und Kaufhistorie sowie weitere bekannte persönliche Informationen für die Interaktion nutzen.

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Doch diese Erwartungen würden heute in der Regel noch enttäuscht, konstatiert Salesforce. Hotline-Mitarbeiter hätten keinen Zugriff auf die Kaufhistorie, für ein eben erst erworbenes Produkt trudelten weiterhin Werbe-Mails ein und beim Telefonat mit dem Service laute der Rat, der Kunde solle sich an eine andere Stelle wenden, da die gesuchten Informationen nicht vorlägen. Solche Situationen seien ein Beleg dafür, dass Mitarbeiter mit Kundenkontakt keinen Zugriff auf ein vollständiges Profil und so nur einen eingeschränkten Blick auf den Kunden hätten.

Kunden erwarteten eine zielgenaue Ansprache. Wie gut das funktioniere, sei entscheidend für weitere Interaktionen, sagt Bret Taylor, President und Chief Product Officer bei Salesforce.
Foto: Salesforce

Für viele Firmen bedeute es eine große Herausforderung, eine einheitliche Kundensicht zu erzeugen. Denn die dafür notwendigen Informationen seien meist auf mehrere Systeme verteilt. Herkömmliche Methoden, Kundendaten über verschiedene Anwendungen hinweg zu verbinden, seien oft aufwendig und starr. An dieser Stelle will Salesforce sein Customer 360 ins Spiel bringen.

Customer 360 verspricht effizienteres Datenmanagement

Customer 360 umfasst Salesforce zufolge verschiedene Plattformdienste, die das Datenmanagement über die Anwendungen in der Salesforce-Cloud hinweg verbessern sowie schnellen Zugriff auf konsistente und abgeglichene Daten erlauben sollen. Diese Funktionen bietet die Salesforce-Lösung:

Ganzheitliche Kundensicht neu umgesetzt?

Die Salesforce-Verantwortlichen behaupten, das Konzept einer ganzheitlichen Kundensicht damit neu umgesetzt zu haben. Customer 360 ermögliche einen effizienten und sicheren Umgang mit Daten, indem es diese in den jeweiligen zur Verwaltung vorgesehenen Systemen belässt und nur bei Bedarf abruft, anstatt dafür umfangreiche zentralisierte Datenseen aus Duplikaten zu generieren, beschreibt der Cloud-Pionier seinen Ansatz.

Die Idee, Daten nicht aufwendig in Data Lakes oder klassischen Data-Warehouse-Strukturen zu sammeln, ist allerdings nicht so neu, wie Salesforce das glauben machen mag. Konkurrent SAP hat vor einem Jahr seinen Data Hub vorgestellt, der Anwendern das Daten-Handling vereinfachen soll. Über Datenpipelines sollen sich Datenflüsse und -bearbeitung lenken und steuern lassen. Dabei bleiben SAP zufolge die Daten an ihrem ursprünglichen Ablageort. Mit seiner neuen CRM-Lösung C/4HANA, die SAP Anfang Juni auf seiner Kundenkonferenz Sapphire vorgestellt hatte, verspricht der deutsche Softwarekonzern seinen Anwendern ebenfalls eine einheitliche Sicht auf Kundendaten sowie eine Verknüpfung über verschiedene Softwarekomponenten für Vertrieb, Marketing und Service hinweg. SAP-Chef Bill McDermott kündigte an, damit dem CRM-Platzhirsch Salesforce wieder Paroli bieten zu wollen.

Salesforce baut mit Mulesoft Datenbrücke in die On-premise-Welt

SAP hat den Vorteil, schon aufgrund seiner Historie klassische On-Premise- wie auch neuere Cloud-Infrastrukturen verbinden zu können. Um an dieser Stelle mithalten zu können, hat Salesforce die "MuleSoft Anypoint Platform" im Programm. Salesforce hatte den 2006 gestarteten Integrationsspezialisten Mulesoft erst Ende März dieses Jahres für 6,5 Milliarden Dollar übernommen - es war die größte Übernahme in der Salesforce Firmengeschichte. "Salesforce und Mulesoft werden es Kunden ermöglichen, sämtliche Informationen in ihren Unternehmen miteinander zu verknüpfen, über alle Public- und Private-Cloud-Infrastrukturen sowie Datenquellen hinweg", hatte Salesforce-CEO Marc Benioff im Frühjahr 2018 erklärt. Nun scheint die kostspielige Akquisition erste Früchte zu tragen.

MuleSoft, das offenbar nach wie vor relativ eigenständig am Markt agiert, hat zur Dreamforce eine neue Version seiner "Anypoint Platform" angekündigt. Mit Hilfe eines sogenannten Application Network Graph, der Metadaten, Komponenten und Betriebscharakteristiken des Anwendungsnetzwerks anzeigt, könnten sich Unternehmen über ihre Anwendungen und Systeme informieren. Mit der neuen Version verändere Mulesoft die Datennutzung im Unternehmen – ob aus der Cloud oder On-Premise –, um Veränderungs- und Innovationsprozesse deutlich zu beschleunigen, hieß es.

Salesforce-Kunden würden mit der MuleSoft Anypoint Platform in die Lage versetzt, über APIs die Konnektivität zu beliebigen Anwendungen, Daten und Geräten herzustellen - in der Cloud wie auch on-premise. Verbinde man diese Schnittstellen mit Customer 360, entstehe ein vollständiger Blick auf den Kunden, verspricht der Anbieter.

Metallica rockt Dreamforce

Salesforce bietet seinen Dreamforce-Gästen auch viel Show - in diesem Jahr mit den Rockern von Metallica.
Foto: Salesforce

Die Dreamforce 2018 findet vom 25. bis 28. September in San Francisco statt. Der Cloud-Spezialist erwartet vor Ort über 170.000 Besucher und rechnet damit, dass sich weitere zehn Millionen Interessenten online in die Veranstaltung einklinken. In über 2.700 Sessions sollen sich die Teilnehmer über Neuigkeiten aus dem Cloud-Kosmos von Salesforce informieren können. Und auch die Show kommt nicht zu kurz. Salesforce nimmt viel Geld in die Hand, um seine Kunden zu unterhalten. In diesem Jahr werden Metallica die Dreamforce-Bühne rocken.