Push-Mail-Lösungen: Diese Handys passen

12.09.2007 von Thomas Markgraf
Push-E-Mail wird häufig gleichgesetzt mit dem Namen BlackBerry. Doch obwohl der Hersteller Research in Motion unbestritten die Vorreiterrolle innehat, gibt es inzwischen von nahezu allen Anbietern Handys, die in der Lage sind, per Push vom Server aktualisiert zu werden. Hier ein Überblick über den derzeitigen Markt.

Zuerst: Der Formfaktor. Um Push-E-Mails richtig zu bearbeiten, reicht die traditionelle Handy-Tastatur nicht mehr aus. Eine E-Mail ist in der Zeichenzahl nicht beschränkt, daher ist ein Push-Handy ohne volle Tastatur kaum zu nutzen. Die meisten Modelle weisen in irgendeiner Form eine vollständige QWERTZTastatur auf. Am häufigsten ist eine Bauform wie beim BlackBerry 8800 oder dem Nokia E61i anzutreffen: Die Handys wachsen deutlich in die Breite, um Platz zu schaffen für die zusätzlichen Tasten. Doch selbst beim mit sieben Zentimetern breitesten Modell dieser Übersicht, dem HP iPAQ hw6910, liegen die Tasten nur etwa 0,6 cm auseinander.

Deutlich schlanker sind Lösungen wie beim Nokia Communicator 9300i, dasseine Tastatur erst nach Aufklappen des Geräts offenbart. Hier kann die volle Breite von in diesem Fall 13 Zentimetern genutzt werden, was Platz für relativ große Tasten und auch eigene Umlaut-Tasten lässt. Im zusammengeklappten Zustand wirkt das Gerät wie ein normales Telefon und lässt sich auch so bedienen. Auch das MDA Vario II von T-Mobile verbirgt die Tastatur in einer zweiten Ebene; hier wird sie durch seitliches Herausschieben zum Vorschein gebracht. Und schließlich gibt es noch Lösungen wie beim Vodafone Personal Assistant Compacts, das die Tastatur virtuell via Touchscreen zur Verfügung stellt.

Das Maximum in puncto Tastatur stellt das Ameo dar, das mit 134 Millimetern nicht nur noch breiter ist als das NokiaCommunicator, sondern mit 98 Millimetern Höhe auch nahezu doppelt so hoch. Das schafft Platz auf der Tastatur, die sich im Übrigen dadurch auszeichnet, dass sie magnetisch angekoppelt wird und man sie daher einfach abnehmen kann. Einen interessanteren Weg geht das M600i von Sony Ericsson. Es hat nur 30 Tasten, die aber durch geschickte Mehrfachbelegung und Wippmechanik eine vollständige QWERTZ-Tastatur bilden. Die relativ hohe Wahrscheinlichkeit eines Vertippens wird durch eine Texterkennung ausgeglichen.

Betriebssystem

Die große Spaltung der Smartphone-Welt in Symbian und Windows Mobile findet sich natürlich auch bei den Pushfähigen Modellen. Hinzu kommt hier allerdings das proprietäre System, unter dem die BlackBerrys laufen.

RIM hat das Betriebssystem für die BlackBerrys in Eigenregie entwickelt. Das in Java geschriebene System ist dementsprechend gut auf die Funktionen des Push-Systems abgestimmt. Ein Black- Berry als Client erlaubt – die nötige Server-Funktionalität vorausgesetzt – nicht nur Push-E-Mails, sondern darüber hinaus auch den Abgleich von Kalenderdaten und Adressbuch. Außerdem gibt es aufgrund der homogenen Hardware viele Programme, die den Zugriff auf weitere Unternehmensdaten erleichtern, etwa auf das CRM-System. Allerdings hat das proprietäre Betriebssystem im Umkehrschluss den Nachteil, dass andere Push-Dienste von BlackBerry-Clients nicht unterstützt werden.

Im Symbian-Lager finden sich Anbieter wie Nokia oder Sony Ericsson. Allerdings ist Symbian nicht gleich Symbian. Nokia verwendet beispielsweise im Communicator Symbian in Version 7 mit einer Series 80 genannten Oberfläche. In den Geräten der E-Serie kommt dagegen Symbian 9 mit Series 60 zum Einsatz. Sony Ericsson setzt bei der Oberfläche dagegen auf UIQ. Und wie bei Linux gilt: Trotz grundsätzlich gleichem Betriebssystem sind Anwendungen nicht austauschbar. Ein Programm, das für den Communicator geschrieben wurde, läuft nicht auf dem P990 von Sony Ericsson. Zu den Eigenarten der Oberfläche kommt hier noch dazu, dass die Bildschirmformate zum Teil extrem unterschiedlich sind. Für das Design eines Programms spielt es eben eine große Rolle, ob ein Bildschirm 640 x 200 Pixel und damit deutliches Breitformat oder 240 x 320 und damit Hochformat hat.

Homogenes Windows-Mobile-Lager

Abgesehen davon gibt es bei einigen Geräten Sondertasten, die es zu unterstützen gilt. Fazit: Aus der weiten Verbreitung von Symbian als System darf man nicht schließen, dass die Programmvielfalt für alle Geräte gleich ist. Wer also via Handy Fernzugriff auf sein CRM-System haben will, sollte genau darauf achten, für welche Geräte eine entsprechende Funktion zur Verfügung steht.

Ein wenig homogener ist das Umfeld im Windows-Mobile-Lager. Nahezu alle Geräte weisen Bildschirme mit 240 x 320 Pixeln auf. Ausreißer sind durchaus möglich, nach unten etwa das HTC S310 mit nur 176 x 220 Pixeln, nach oben T-Mobile Ameo mit voller VGA-Auflösung von 640 x 480 Punkten – das im Übrigen auch von HTC gefertigt wird und dort als Athena zu haben ist.

Push-Clients

Doch wie beim normalen Windows passen sich Programme in gewissem Rahmen der Bildschirmauflösung an, sodass hier nicht für mehrere Modelle parallel entwickelt werden muss. Einige Unterschiede gibt es natürlich trotzdem, denn neben oder statt der Tastatur haben manche Modelle wie das XDA orbit von O2 einen Touchscreen, der per Stift bedient wird.

Auch beim eigenen Dienst hat RIM die enge Fixierung auf eigene Geräte aufgegeben und mit BlackBerry Connect einen Software-Client geschaffen, der für unterschiedliche Systeme angebote wird. So kann ein Nokia E61i ebenso einfach an einen Blackberry- Server angebunden werden wie ein VPA Compact von Vodafone, das unter Windows Mobile läuft. Ob BlackBerry oder BlackBerry Connect – für die volle Funktionalität ist ein installierter BlackBerry Enterprise Server erforderlich. Dieser funktioniert allerdings mit Microsoft Exchange ebenso wie mit IBM Lotus Domino oder Novell Groupwise.

Eine deutlich andere Ausrichtung hat Microsofts Direct Push: Microsoft hat im Exchange Server 2007 und per Service Pack auch in der Version 2003 Direct Push integriert, sodass viele Nutzer dieser Server in den Genuss der Push-Funktion kommen, ohne erst eine zusätzliche Software zu installieren – das spart Lizenzkosten. Im Prinzip kommt jeder Windows-Mobile-Client als Gegenstelle in Frage, das Feature muss allerdings herstellerseitig installiert sein. Damit ist man Server- und Client-seitig auf Microsoft festgelegt.

Diese Einschränkung bietet Drittanbietern wie Dataviz eine Chance. Mit dem Roadsync-Server erweitert der Anbieter Direct Push auf Symbian-Geräte. Verfügbar ist das System inzwischen für Series 60 und 80 sowie UIQ und damit für die meisten aktuellen Symbian-Geräte.

Wer sich weder beim Server noch beim Client festlegen will, wird beispielsweise bei Nokia fündig. Mit Intellisync bietet das Unternehmen eine Synchronisationssoftware, die zwischen allen möglichen Systemen vermitteln kann. Es unterstützt wie RIM die drei großen Groupware-Systeme, bedient aber als Client nahezu alle Geräte. Neben Javafähigen Handys zählen dazu auch PDAs mit Palm OS, Tablet-PCs oder ganz normale Notebooks.

Kostengünstige Mail-Hoster

Ganz neu als Spieler in diesem Markt ist Kerio, dessen Mail-Server in der gerade vorgestellten Version 6.4 praktisch alle Clients von BlackBerry bis Palm unterstützt. Ohne Zusatzkosten geht’s aber auch hier nicht, denn für BlackBerry-Handhelds setzt Kerio auf NotifyLink als Dienstleister, für Symbian auf Roadsync. Beide Clients sind nur gegen Entgelt zu haben.

Wer allerdings nicht gleich einen eigenen Groupware-Server betreiben will, muss sich bei seinem Mail-Hoster umschauen, welche Lösungen dort angeboten werden und welche Endgeräte diese voraussetzen. Im Vergleich zur Komplettlösung ist dies natürlich deutlich günstiger, dafür ist die Wahlfreiheit oder die Funktionalität meist deutlich eingeschränkt (siehe auch Artikel „Preisgünstige Push-Mail-Lösungen“ Seite 18).

UMTS oder EDGE?

Mobile E-Mail geht nahezu automatisch einher mit dem Wunsch oder der Notwendigkeit, unterwegs zügig auf Unternehmensdaten oder das Internet zugreifen zu können. Daher ist in diesem Sektor UMTS sicher deutlich interessanter als bei der reinen Telefonie. Und eine GPRS-Verbindung schafft schließlich typisch nur etwa 40 Kbit/s, mit einem Maximum von etwa 53 Kbit/s.

Erstaunlicherweise hat RIM hier sehr spät und nur schwach reagiert: In der Gerätepalette gibt es nur ein einziges UMTS-Modell, das BlackBerry 8707v. Wie das „v“ in der Modellbezeichnung andeutet, ist das Gerät ausschließlich bei Vodafone zu haben, weshalb es in unserer Übersicht nicht aufgeführt ist. (Wer sich wundert, dass ja doch einige T-Mobile- und Vodafone-Modelle auftauchen: Diese Geräte stammen von HTC und sind dort auch ohne Vertrag frei erhältlich.)

Die anderen Hersteller nutzen offenbar ihre Erfahrung mit UMTS-Handys und haben daher UMTS-Modelle im Angebot, etwa Nokia das E61i oder Fujitsu Siemens Computers das Pocket LOOX T830. Relativ selten anzutreffen ist allerdings die Unterstützung von HSDPA (High Speed Downlink Packet Access), was den Datendurchsatz von 384 Kbit/s auf 1,8 Mbit/s oder sogar 3,6 Mbit/s puscht. Der Ameo von T-Mobile (alias HTC Athena) und der Palm Treo 750 gehören in diese Kategorie. Der Netzausbau mit HSDPA ist allerdings noch in vollem Gange, man sollte also nicht damit rechnen, immer und überall eine schnelle Verbindung zu haben.

Doch braucht man wirklich UMTS? Schließlich gibt es mit EDGE ja auch einen Turbo für GPRS, der immerhin 150 bis 220 Kbit/s erlaubt und damit nicht allzu weit weg ist von „einfachem“ UMTS mit 384 Kbit/s. Theoretisch stimmt das, doch in der Praxis spielt EDGE hierzulande keine große Rolle. Nur T-Mobile arbeitet massiv am EDGE- Ausbau des Netzes, die anderen Anbieter füllen damit UMTS-Lücken oder lassen ganz die Finger davon.

Notwendig ist die schnelle Verbindung, wenn deutlich mehr Daten übertragen werden als nur E-Mails. Typische Datenmengen für Push-E-Mail bewegen sich zwischen 5 und 30 MB pro Monat, je nach Dienst und Einstellungen für Mail-Anhänge. Die reine Übertragungszeit für 30 MB bei 40 Kbit/s liegt bei 1,7 Stunden, das heißt, im Schnitt ist ein Client nur knapp vier Minuten pro Tag mit der Datenübertragung beschäftigt.

WLAN

Aufgrund der enormen Funktionsvielfalt der modernen Endgeräte liegt es nahe, sie für mehr zu nutzen als nur als Push-Client. Schon das Surfen im Internet verursacht aber einiges an Datenvolumen und macht daher nur mit UMTS richtig Spaß, vom Abgleich von Dokumenten mit dem Unternehmens-Server ganz zu schweigen. Wohl dem, der nicht nur auf die Datenübertragung per Mobilfunk angewiesen ist, sondern zwischendurch auch mal per WLAN so richtig schnell ins Netz kommt.

Ein großer Teil der professionellen Handys bietet daher WLAN als Alternative. Das P990i oder der VPA Compact s bieten hier lediglich den älteren Standard 802.11b mit 11 Mbit/s, neuere Geräte wie das Samsung SGH-i600 oder das O2 XDA orbit können dank 802.11g auch mit 54 Mbit/s funken.

Allerdings sollte man immer daran denken, dass extensive WLAN-Nutzung Raubbau mit der Energie treibt. Ein ständig aktiviertes WLAN reduziert die Standby-Zeit meist auf weniger als die Hälfte des normalen Wertes.

GPS

Ebenso nützlich wie WLAN (und ebenso energiefressend) ist ein GPS-Empfänger, wie er derzeit bei immer mehr Geräten angeboten wird. So dienen etwa das Pocket LOOX T830 oder das O2 XDA orbit, aber auch der BlackBerry 8800 bei Bedarf als Navigationssystem. Da die Bildschirme dieser Geräte mit typisch 240 x 320 Punkten ausreichend groß sind, sind sie in dieser Funktion auch tatsächlich sinnvoll nutzbar.

Doch GPS-Empfänger heißt nicht automatisch Navigation. Während der XDA orbit mit dem TomTom-Navigator 6 und Kartenmaterial für Deutschland, Österreich und Schweiz sofort einsatzfähig ist, kommt das Pocket Loox ab Werk ohne passende Software. Der BlackBerry 8800 ist mit BlackBerry Maps ausgestattet, das zwar Umgebungskarten anzeigen kann, aber keine Navigation beherrscht. Hier steht die Idee der standortbezogenen Dienste (Location Based Services, LSB) im Vordergrund.

Bei manchen Geräten, etwa dem Nokia 9300i, lässt sich eine GPS-Funktion per Software und externem Empfänger nachrüsten. Im Vergleich zu einem separaten reinen Navigationssystem bietet diese Lösung aber kaum Vorteile. Da der Preis vornehmlich durch den Umfang des Kartenmaterials bestimmt wird, ist dieser im Vergleich meist nicht deutlich kleiner, und ein zweites Gerät muss man sowieso mitnehmen, ob nun GPS-Empfänger oder Navi.

Office-Funktionen

Natürlich können alle hier vorgestellten Geräte mehr als nur E-Mails lesen. Die Office-Funktionen sind in dieser Geräteklasse ausgereift und vollständig. Kalender, Notizen, Adressverwaltung undCo. beherrschen alle Modelle.

Abhängig von Ausstattung und Bildschirm klappt das Bearbeiten etwa von Microsoft-Office-Dateien unterschiedlich gut. Im Allgemeinen haben hier natürlich die Windows-Mobile-Modelle einen Vorteil, weil sie das Dateiformat besser unterstützen, während die anderen Anbieter auf Konvertierungslösungen, etwa Documents To Go von Data- Viz, angewiesen sind. Mit dem Anzeigen gibt es aber meist keine Probleme.

Einen interessanten Weg für E-Mail-Anhänge geht übrigens RIM: Beim Push werden nicht die Anhänge unverändert übertragen, sondern in komprimierter Form, sodass der Inhalt auf dem Client gelesen werden kann, das Datenvolumen aber trotzdem deutlich schrumpft.

Multimedia

Multimedia-Funktionen stehen bei den Business-orientierten Handys sicher nicht im Vordergrund. Doch auch die professionell ausgerichteten Modelle dieser Marktübersicht bieten ein gewisses Maß an Multimedia-Funktionen. Ein MP3-Player ist obligatorisch, auch andere Formate wie WMA werden unterstützt. Die Klangeigenschaften können meist nicht mithalten mit einem speziellen Gerät wie dem iPod, taugen aber durchaus für den Musikgenuss im Zug oder Flugzeug. Dass das trotz des Handy-Verbots geht, dafür sorgt die Tatsache, dass bei den Profi-Geräten die Handy-Funktion getrennt abgeschaltet werden kann. Diese Einstellung wird passenderweise oft Flugmodus genannt.

Auch in diesem Segment finden sich immer öfter Kameras, wenn sie auch nicht die herausragende Rolle spielen wie bei den Consumer-Geräten. Die Bandbreite reicht dabei von 1,3 Megapixeln bei den Samsung-Geräten oder dem Palm Treo 750 bis hin zu 3 Megapixeln beim Ameo. Das Pocket Loox liegt mit 2,0 Megapixeln in der Mitte, kann dafür aber mit einer zweiten Kamera mit VGA-Auflösung aufwarten, die für Videotelefonie gedacht ist.

Fazit

Wer seine E-Mails so bald wie möglich braucht, hat heute die Wahl zwischen einer ganzen Reihe von Push-Lösungen, und entsprechend groß ist auch die Auswahl an passenden Endgeräten. Je nachdem, auf welcher Seite die Flexibilität größer sein muss, reicht die Palette vom altbekannten BlackBerry über Windows Mobile bis hin zu Alleskönnern wie dem Nokia E61i, das wirklich für jeden Dienst mit einem Client aufwarten kann. Ob man mit den Mini-Tastaturen à la BlackBerry oder Pocket Loox zurechtkommt, etwas Handfesteres wie beim Ameo braucht oder lieber per Stift wie beim VPA Compact arbeitet – für jede Vorliebe und Fingerbreite ist das Passende dabei. Beim Preisvergleich sollte man daran denken, dass über die Nutzungsdauer weg die Kosten für den Dienst meist deutlich höher sind als die Anschaffungskosten der Geräte.