Portale setzen verschiedene Schwerpunkte

30.04.2003 von Frank Niemann
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Viele Firmen liebäugeln mit einem Portalsystem, doch die Auswahl fällt angesichts der Fülle an Lösungen schwer. Orientierungshilfen bietet das Beratungshaus CSC Ploenzke , das sechs Produkte im praktischen Umfeld getestet hat.

Die Idee, den Zugriff auf Applikationen und Informationen über ein Portal zu vereinheitlichen, findet bei Firmen vermehrt Anklang. Viele Infrastrukturanbieter sowie Hersteller von Business-Applikationen sind daher auf den Portalzug aufgesprungen. Das Beratungshaus CSC Ploenzke hat anhand eines eigenen Kriterienkatalogs die Erzeugnisse von Sun, Microsoft, Oracle, IBM, SAP und Bea bewertet. Die genannten Firmen zählen nach Ansicht der Berater zu den wichtigsten Playern im deutschen Markt. Ergänzend dazu wurden auch das Angebot des deutschen Portalspezialisten Abaxx sowie die Open-Source-Alternative Jetspeed begutachtet.

Stärken und Schwächen: Alle Produkte verfügen laut CSC Ploenzke zumindest über Basisfunktionen in den getesteten Bereichen.

Sun One Portal Server

Der Hersteller Sun gehört wie Oracle, IBM und Bea zu den Applikations-Server-Anbietern, die ihr Portfolio um ein Portal ergänzt haben. Der „Sun One Portal Server 6.0“ läuft sowohl auf dem mitgelieferten Sun One Web Server 6.0 als auch auf Beas „Weblogic“-Produkt. Bei der Betriebssystem-Unterstützung zeigt sich der Hersteller weniger flexibel, denn bis dato arbeitet die Software nur mit dem hauseigenen Solaris zusammen. Für das vierte Quartal hat Sun allerdings Versionen für Linux und Windows 2000 in Aussicht gestellt. Zu den Stärken des Produkts zählen die ausgefeilte Benutzerverwaltung, die auf dem „Sun One Directory Server“ basiert, sowie Sicherheitsfunktionen des „Identity Server“, beispielsweise zur Benutzerauthentifizierung und zum Single-Sign-on, wobei sich hier zudem Fremdprodukte einbinden lassen. Punkten kann die Software auch mit der integrierten Suchmaschine und der Anbindung der Entwicklungsumgebung „Sun

One Studio“.

Nur wenige Portlets

Negativ fiel den Experten von CSC Ploenzke auf, dass Sun keine Konnektoren zur Integration von Standardsoftware mitliefert. Ebenfalls vermisst haben sie multikanalfähige Präsentationsfunktionen, die sowohl Desktop-Rechner als auch mobile Endgeräte bedienen können. Hier muss der Anwender auf Partnerprodukte zugreifen, Gleiches gilt für das Content-Management.

Auch Mechanismen zum User-Profiling und für die Kampagnensteuerung sind extra zu erwerben. Darüber hinaus verfügt das Produkt nur über wenige Portalmodule (Portlets) zum Einbinden von Inhalten und Anwendungen in die Web-Oberfläche. Hier verlässt sich Sun offenbar auf die Möglichkeiten zur Programmierung eigener Portlets.

Als einziger der hier aufgeführten Portalanbieter unterstützt Microsoft nicht die J2EE-Architektur, sondern ausschließlich die eigene .NET-Umgebung sowie den Windows-Server. „Microsoft Solution for Internet Business 2.0“ basiert auf den Kernmodulen „Content Management Server“ und „Commerce Server“. Je nach Einsatzzweck können der Biztalk-Server zur Integration von Backend-Systemen beziehungsweise Handelspartneranbindung sowie das Dokumenten-Management- und Collaboration-Produkt „Sharepoint Portal Server“ angebunden werden.

Zu den hervorstechenden Merkmalen der Microsoft-Lösung zählen die umfangreichen Möglichkeiten der Portalentwicklung, die sich durch „Visual Studio .NET“, User-Controls, eine MSIB-API sowie eine System Library bieten. Auch die Integrationsfunktionen des Biztalk-Server wirken sich positiv aus, allerdings fehlen vorgefertigte Module zum Anbinden von CRM- und ERP-Software. So muss ein SAP-Adapter extra gekauft werden. In Sachen User-Management (über das Active Directory) und Authentifizierung macht das Produkt eine gute Figur. Portalbenutzer lassen sich zum Beispiel in den Web-Login-Dienst „Passport“ einbinden. Allerdings unterstützen diese Mechanismen weder den Zertifikatsstandard X.509, noch lassen sich Smartcard-Systeme einbinden.

Auf die Mängelliste setzten die Spezialisten des Beratungshauses auch die fehlende Integration der Administrationskonsolen der einzelnen Produktkomponenten. Ferner kritisiert CSC Ploenzke das noch lückenhafte Zusammenspiel der Lösungselemente. Das optionale Sharepoint-Produkt verspricht zwar Collaboration, gestattet dies jedoch nur auf Dokumentenebene. Darüber hinaus fehlen E-Mail-, Chat- und Community-Features. Ein wichtiges Bewertungskriterium ist der Umstand, dass Microsoft sich ausschließlich auf eigene Infrastruktur und Softwaremodule stützt, was im Hinblick auf den Support zum Vorteil gereicht, den Kunden andererseits jedoch von ebendiesem Lieferanten abhängig macht.

Positionsbestimmung: So betrachtet Gartner den Portalmarkt. Hinweis: Vignette hat Epicentric übernommen. (Quelle: Gartner)

Oracle 9i AS Portal

Auch Oracles „9i AS Portal“ basiert auf dem hauseigenen Applikations-Server sowie der eigenen Datenbank-Engine. Die Software lässt sich anders als bei Microsoft auf mehreren Unix-Derivaten, Linux sowie Windows betreiben. Die J2EE-Plattform skaliert gut und verfügt über Failover- sowie Load-Balancing-Funktionen. Der zugrunde liegende Java-Server integriert Software beziehungsweise Inhalte über HTTP, XML oder Simple Object Access Protocol (Soap). Umfangreich sind die mitgelieferten Module des Produkts: So enthält es ein Content-Management-System inklusive Workflow, Enterprise-Application-Integration-(EAI-)Software sowie eine Suchmaschine. Ergänzen lässt sich die Oracle-Software mit der E-Mail- und Groupware-Lösung „Collaboration Suite“.

Positiv fällt darüber hinaus das breite Angebot an Portlets auf. Weniger erfreulich war die mitunter schwerfällige Browser-Bedienoberfläche für Tools wie den „Template Designer“. Nicht ganz zufrieden äußerten sich die Berater von CSC Ploenzke auch zu den Integrationsadaptern, diese, so die Kritik, könnten „generischer“ sein.

Über das Portal integriert Oracle auch das eigene Standardsoftwarepaket „E-Business-Suite“. Den gleichen Zweck erfüllt SAPs „Enterprise Portal 5.0 SP 5“. Das Produkt zählt neben dem IBM- und dem Bea-System zu den dreien, die bereits in einer vorangegangenen Vergleichsstudie auf den Prüfstand mussten. Zwar wurde auch diesmal die Version 5.0 begutachtet, allerdings hat SAP zwischenzeitlich über das Service-Pack (SP) 5 einige Schwachstellen beseitigt. So läuft die Umgebung nun stabiler und bietet eine höhere Performance. Wirkliche Verbesserungen verspricht der Hersteller mit dem Release 6.0, das zwar voraussichtlich erst im Oktober allgemein verfügbar sein soll, doch in einer Vorversion getestet werden konnte.

So wird die kommende Version auf Java basieren und somit auch in Unix-Umgebungen lauffähig sein. Bisher lässt sich die Software nur unter Windows und Microsofts „Internet Information Server“ nutzen. Auch die bislang vermisste Delegation von Administrationsaufgaben sowie die Unterstützung von Standards wie Java Connector Architecture (JCA) und Java Authentication and Authorization Service (JAAS) werden darin enthalten sein. 

Vorgehensweise: Das Beratungshaus stützte sich bei der Vergleichsstudie auf drei Informationsquellen:

Die Lösungsanbieter wurden über die Strategie und die Charakteristika ihrer Produkte befragt.

Portalexperten von CSC Ploenzke wurden für den Vergleich in einer Testinstallation in Betrieb genommen und dabei nach zehn Kriterien (siehe Grafik oben) bewertet.

Aus konkreten Kundenprojekten flossen Kenntnisse und Erfahrungen mit den jeweiligen Softwareprodukten in die Studie ein.

SAP gut integriert mit SAP

Zu den Vorteilen des Produkts zählt die naturgemäß gute Integration in SAP-Umgebungen. Über etwa 2500 vorgefertigte Portalmodule („Iviews“) können Anwender Content-Quellen sowie Fremdanwendungen von ERP- und CRM-Anbietern in die Web-Oberfläche einbetten. Das Portal eignet sich jedoch nicht nur für den Zugriff auf Applikationen: Über ein integriertes Content-Management-System können Administratoren auch unstrukturierte Inhalte für die Portalnutzer aufbereiten. Die Anzeige der Inhalte sowie der Anwendungszugriff lassen sich mit den Personalisierungs-Features koppeln. Des Weiteren stellt die SAP-Software Kommunikationsfunktionen bereit wie etwa Foren, Feedback und Dokumentenbewertungen. Eine Suchmaschine, verbunden mit einem Klassifizierungssystem, erlaubt es, Inhaltsstrukturen und Taxonomien festzulegen.

Im Gegensatz zu den anderen Anbietern hat Bea weit weniger Komponenten in Weblogic Portal 7.0 integriert, weshalb ein direkter Vergleich schwierig ist. In Sachen Single-Sign-on und Content-Management stützt sich der Hersteller auf Produkte von Partnern. Dies mag ein Manko sein, falls der Anwender eine komplette Lösung aus einer Hand bevorzugt. Dafür kann der Anbieter jedoch mit den vorhandenen Bordmitteln wie etwa dem ausgefeilten User-Management sowie den dem J2EE-Standard folgenden Sicherheitsmechanismen glänzen.

Da das Portal auf einem für Highend-Anwendungen ausgelegten Applikations-Server läuft, erreichte die Software, wie auch die Produkte der anderen J2EE-Server-Anbieter, gute Werte bei Skalierbarkeit und Stabilität. Darüber hinaus zeichnet sich die Bea-Software durch die zahlreichen Integrationsmöglichkeiten aus: Sie enthält Konnektoren zu gängigen Business-Softwareprodukten. Ferner lassen sich Fremdsysteme über Standard-Schnittstellen koppeln. Darüber hinaus erwirbt der Kunde eine Vielzahl an Portlets.

Gesamtkostenbetrachtung

Alle Hersteller geben zwar die Preise für Softwarelizenzen an, doch sie sind nur eine Komponente der Gesamtkostenbetrachtung. Die Aufwendungen für ein Portal setzen sich aus den initialen Investitionen in Software, Hardware und Implementierung zusammen. Hinzu kommen die laufenden Belastungen durch den Betrieb der Lösung, Anpassungen und Erweiterungen und nicht zuletzt die Supportkosten für Hard- und Software.

Das Beratungsunternehmen gibt zu bedenken, dass die Hardware die Softwarekosten determiniert. Das Lizenzmodell der meisten Anbieter stützt sich auf die Anzahl der CPUs. Eine Ausnahme ist SAP, denn der Softwarekonzern verlangt eine Lizenzgebühr pro Anwender. Oracle bietet beide Formen der Lizenzierung an.

So kostet beispielsweise Microsofts Internet Business 2.0 inklusive SAP-Adapter 115.000 Euro pro Prozessor. Ein Basis-Supportpaket schlägt mit 16.000 Euro zu Buche. Oracle verlangt pro CPU 34.892 Euro, wobei dies den Applikations-Server und die Datenbank einschließt. Für einen „Advanced-Product-Service“-Vertrag sind 22 Prozent der Lizenzkosten zu zahlen. Die Lizenzpreise für das Enterprise Portal 5.0 gibt SAP mit 250 Euro pro Anwender an, sollen die Benutzer zudem Collaboration-Funktionen in Anspruch nehmen, sind weitere 90 Euro fällig. Der Support wird mit 17 Prozent vom Lizenzpreis angesetzt. Suns Preismodell basiert auch auf CPUs. So stellt der Anbieter pro Recheneinheit 27.500 Euro sowie 7000 Euro Support für einen „Premium“-Vertrag in Rechnung. Allerdings sinken die Kosten mit der Anzahl der CPUs.

CSC Ploenzke hat gemeinsam mit den sechs Anbietern den initialen Kostenrahmen für eine Portalumgebung mit 1000 sowie mit 10.000 Anwendern abgesteckt. Dabei zeigte sich, dass die Aufwendungen zwischen kleiner und großer Nutzerzahl mitunter stark divergieren. So betragen bei manchen Herstellern die Kosten für 10.000 Benutzer das Drei- bis Vierfache der kleinen Portalinstallation, während bei einem Anbieter beide Portalsysteme nahezu gleich viel kosten. Allerdings hüten sich die Autoren der Studie davor, bei diesem Kostenvergleich die Namen der Hersteller zu nennen, da diese Sichtweise eine stark vereinfachte Aussage über die Kosten bedingen würde. Beispielsweise würden Einflüsse wie Rahmenverträge mit IT-Lieferanten, die bestehende Systemlandschaft sowie die DV-Strategie des Anwenderunternehmens und natürlich auch die Rabattpolitik des jeweiligen Herstellers die Lösungskosten beeinflussen. Darüber hinaus sagen die Kosten wenig über den

Nutzen für den jeweiligen Anwender aus.

Bea personalisiert Portale

Beas Portal verfügt über E-Commerce-Funktionen wie etwa einen Katalog, einen elektronischen Warenkorb sowie ein Bestell-Management. Ergänzt wird dies durch eine Personalisierungs-Engine, die sowohl implizit als auch explizit arbeitet. Bei der expliziten Personalisierung wird der Seiteninhalt aufgrund der vom Site-Besucher vorher festgelegten Weise angezeigt. Die implizite Variante wertet das Nutzerverhalten aus und präsentiert entsprechenden Content automatisch.

Während Bea Partnerschaften mit Softwareherstellern sucht, folgt die IBM der Devise, möglichst viele Produkte der eigenen Softwaresparte anzubinden. Aus den drei Produktvarianten „Enable“, „Extend“ und „Experience“ des „IBM Websphere Portal 4.2“ haben die Berater die Extend-Edition für den Vergleich herangezogen. Das Paket setzt sich aus dem „Websphere Application Server“, der Datenbank DB2, einem Verzeichnis-Server („Directory Server“) sowie einer Reihe von Lotus-Produkten zusammen.

In Sachen Integration und Performance macht auch IBMs System eine gute Figur. Wie bei Beas Portal binden Konnektoren viele Softwareprodukte von Drittherstellern ein. Die meisten Pluspunkte heimste der Hersteller jedoch mit den Funktionen der Lotus-Software ein. Big Blue liefert das Portal mit „Quickplace“ für das Bilden von Teams, der Instant-Messaging-Lösung „Sametime“ und der Suchmaschine „Domino Extended Search“ aus. Ein weiteres Lotus-Erzeugnis, „Lotus Collaborative Places“, erlaubt das gemeinsame Editieren von Dokumenten sowie das Verwalten von Gruppenterminkalendern. Allerdings funktioniert dies im Augenblick nur unter Windows, obwohl der Portal-Server sich prinzipiell außer auf der Microsoft-Plattform unter AIX, Linux und Solaris betreiben lässt.

Anders als die bisher genannten Portallösungen bietet die Firma Abaxx mit „Abaxx.components“ ein Software-Framework an, mit dem sich Portalumgebungen zum Steuern von transaktionsorientierten Geschäftsabläufen entwickeln lassen. Daher zählt die Workflow-Komponente zu den wichtigsten Bestandteilen. Mit einem grafischen Workflow-Modeler definiert der Benutzer Prozesse, die im Portal ablaufen sollen.

Alternativen: Abaxx und Jetspeed

Mit den Funktionen zur Bestellabwicklung und dem integrierten Warenkorb sind Firmen in der Lage, Shop-Systeme aufzusetzen. Oberflächen lassen sich zum Beispiel über die Komponente „Parts“ definieren. Ein Part gleicht einem Portlet, und das Abaxx-Produkt wird mit einer Reihe solcher Module ausgeliefert. Über eine Programmierumgebung kann der Anwender eigene Parts entwickeln. Abaxx verfügt nicht über einen eigenen Applikations-Server, die nach dem J2EE-Standard konzipierte Software läuft jedoch auf „Jboss“, Weblogic und Websphere.

Im Rahmen des Open-Source-Projekts Jakarta der Apache Software Foundation wird auch die Software „Jetspeed“ zum Bau von Firmenportalen entwickelt. Zu den Stärken des Programms zählen Personalisierung, Präsentation sowie Content-Syndication, sprich das automatische Einbinden von Inhalten externer Websites. Jetspeed stützt sich auf das Applikations-Framework „Turbine“, es stellt Funktionen wie Benutzerverwaltung, Session-Management und Sicherheit zur Verfügung. Als Ablaufumgebung benötigt Jetspeed eine Servlet-Engine, wie sie beispielsweise der Open-Source-Server „Tomcat“ bereitstellt.

Neben den reinen Web-Funktionen bietet Jetspeed Präsentationsmechanismen für WAP-Endgeräte sowie Avantgo. Zwar spricht der geringe Preis von Open-Source-Produkten für sich, CSC Ploenzke gibt jedoch zu bedenken, dass in puncto Support, Dokumentation sowie der Produktqualität möglicherweise Abstriche zu machen sind. Wichtig sei eigenes Know-how im Anwenderunternehmen. Bei kompetentem Umgang mit den quelloffenen Lösungen seien Kosteneinsparungen nicht nur theoretisch möglich, sondern auch praktisch realisierbar.