Zilch: "Sun wird verschwinden"

Oracle muss Hardware lernen

14.09.2011 von Martin Bayer
Mit der Integration von Sun hat sich Oracle zum Komplettanbieter gemausert. Um die Früchte zu ernten, muss der Konzern jedoch sein Portfolio ordnen. Dabei haben die Oracle-Verantwortlichen aus Sicht von Experten und Anwendern noch einiges zu lernen.
Oracle CEO Larry Ellison gibt sich gänzlich unbescheiden: "Die Übernahme von Sun verändert die IT-Industrie."
Foto: Shutterstock/drserg

IBM und Hewlett Packard - mehr als zwei "Vollsortimenter" gab der ITK-Markt jahrelang nicht her. Umso größer war die Überraschung, als Oracle im April 2009 alle Spielregeln auf den Kopf stellte. Nachdem monatelang darüber spekuliert worden war, IBM werde wohl den bereits seit längerem schwächelnden Server-Spezialisten Sun Microsystems übernehmen, trat völlig unerwartet der Datenbankriese in den Ring und erklärte, Sun Microsystems für 7,4 Milliarden Dollar kaufen zu wollen.

Der Deal krempelte die Landschaft der globalen IT-Anbieter grundlegend um. Mit dem zugekauften Hardwaregeschäft schwang sich Oracle zum Komplettanbieter auf und wollte von nun an in einer Liga mit den großen Allroundern mitspielen. An seinen Ambitionen ließ Oracle-CEO Lawrence Ellison von Anfang an keine Zweifel aufkommen. "Die Übernahme von Sun verändert die IT-Industrie", kommentierte der Oracle-Gründer, der seine Company seit 1977 unangefochten im Stil eines Alleinherrschers lenkt, die Elefantenhochzeit und gab zugleich die künftige Stoßrichtung vor: "Oracle wird der einzige Anbieter sein, der ein integriertes System - von Applikationen bis zur Disk - entwickeln kann, bei dem alle Teile zusammenpassen und -arbeiten, ohne dass sich Kunden besonders darum kümmern müssen."

Kennzahlen im Vergleich

Hewlett-Packard

IBM

Oracle

Gegründet

1939

1911

1977

Jahresumsatz

126,0 Milliarden Dollar (GJ 2010: November 2009 - Oktober 2010)

99,9 Milliarden Dollar (GJ 2010: Januar 2010 - Dezember 2010)

26,8 Milliarden Dollar (GJ 2010: Juni 2009 - Mai 2010)

Hardwareumsatz

85,2 Milliarden Dollar

18,0 Milliarden Dollar

2,3 Milliarden Dollar

Softwareumsatz

3,6 Milliarden Dollar

22,5 Milliarden Dollar

20,6 Milliarden Dollar

Serviceumsatz

34,9 Milliarden Dollar

56,4 Milliarden Dollar

3,9 Milliarden Dollar

Gewinn

8,8 Milliarden Dollar

14,8 Milliarden Dollar

6,1 Milliarden Dollar

Forschungsausgaben

3,0 Milliarden Dollar

6,0 Milliarden Dollar

3,3 Milliarden Dollar

Mitarbeiter

325.000

427.000

105.000

Akquisitionen

Anfang 2010 zog Sun Microsystems bei Oracle ein, seitdem arbeiten die Oracle-Verantwortlichen am gemeinsamen Portfolio und der Integration der Produktwelten. Seit diesem Zeitpunkt hat sich die Oracle-Strategie spürbar verändert. Das gilt in erster Linie für die zuvor aggressive Akquisitionspolitik. Seit 2005 hatte der US-Konzern eine beispiellose Serie von Zukäufen getätigt. Rund 70 Firmen standen in den vergangenen Jahren auf der Einkaufsliste des Oracle-Managements, darunter klangvolle Namen wie Peoplesoft, Siebel, Bea Systems und zuletzt eben Sun Microsystems. Schätzungen zufolge kostete den kalifornischen IT-Konzern seine Shopping-Tour weit über 40 Milliarden Dollar.

Seit einigen Monaten ist nun mehr Ruhe eingekehrt. Der Takt in Oracles Mergers-and-Acquisitions-Abteilung hat sich merklich verlangsamt. Bis auf ein paar wenige Übernahmen, die in erster Linie auf technische Verbesserungen im eigenen Portfolio zielten, hielten sich die Kalifornier zuletzt auffallend zurück.

Andreas Zilch, Vorstand des Analystenhauses Experton Group, sieht den derzeitigen Fokus der Oracle-Führung darin, Prozesse und Vertrieb zu optimieren. Zwar sei der Konzern von Haus aus schon gut und straff organisiert gewesen. Die internen Prozesse müsse ein Unternehmen wie Oracle allerdings immer wieder auf den Prüfstand stellen. Aus diesem Grund habe Ellison auch den von Hewlett-Packard geschassten CEO Mark Hurd als President verpflichtet, glaubt Zilch.

Oracles größte Übernahmen

  • Januar 2005: Peoplesoft (Enterprise-Software) für 10,3 Milliarden Dollar;

  • April 2005: Retek (Retail-Softwarelösung) für 630 Millionen Dollar;

  • August 2005: i-flex (Bankensoftware) für 900 Millionen Dollar;

  • Januar 2006: Siebel (Customer-Relationship-Management) für 5,85 Milliarden Dollar;

  • April 2006: Portal Software (Abrechnungslösung) für 220 Millionen Dollar;

  • Oktober 2006: Metasolv (Servicelösung für Telkos) für 219 Millionen Dollar;

  • November 2006: Stellent (Content-Management) für 440 Millionen Dollar;

  • März 2007: Hyperion (Enterprise-Performance-Management) für 3,3 Milliarden Dollar;

  • Mai 2007: Agile (Product-Lifecycle-Management) für 495 Millionen Dollar;

  • Januar 2008: Bea Systems (Middleware) für 8,5 Milliarden Dollar;

  • Januar 2010: Sun Microsystems (Server, Storage) für 7,4 Milliarden Dollar;

  • April 2010: Phase Forward (Healthcare-Softwarelösung) für 685 Millionen Dollar;

  • November 2010: Art Technology Group (E-Commerce-Software) für eine Milliarde Dollar.

Ein deutliches Zeichen für die strategische Wende sei das Ausscheiden von Charles Phillips, meint IDC-Analyst Rüdiger Spies. Der ehemalige Investment-Banker, der Oracle im Sommer vergangenen Jahres verlassen musste und daraufhin den Chefsessel beim ERP-Anbieter Infor übernahm, habe als treibende Kraft hinter der Akquisitionsstrategie Oracles gegolten. "Phillips ist von Ellison gezielt dafür geholt worden."

Mittlerweile hat Oracle die Integration von Sun abgeschlossen. Laut Zilch bedeutet das: Alle Oracle-Regeln gelten nun auch für Sun - inklusive höherer Maintenance-Preise und angepasster Partnerstrukturen. "Sun ist ein normaler Geschäftsbereich von Oracle, der dazu da ist, Profit abzuwerfen", konstatiert der Experton-Manager. "Alle Aktivitäten sind darauf ausgerichtet." Was sich finanziell nicht lohne, werde eingestellt. Oracle werde in den nächsten Jahren versuchen, so viel Geld wie möglich aus diesem Bereich herauszuholen. Zilchs Fazit: "Es ist traurig und schade, dass Sun nun ausgeschlachtet und zumindest mittelfristig vom Markt verschwinden wird."

Aus Sicht der Oracle-Kunden ging der Merger im Großen und Ganzen reibungslos über die Bühne, beobachtet Fried Saacke, Geschäftsführer der Deutschen Oracle-Anwendergruppe (Doag). Man habe zwar vereinzelt von Problemen bei Kunden gehört, die beispielsweise unzureichend informiert gewesen seien. In der Relation zur Dimension des Milliarden-Deals sei die Integration aber relativ ruhig abgelaufen. "Ich hatte im Vorfeld wesentlich mehr Unruhe erwartet", sagt der Anwendervertreter.

Angesichts der kulturellen Unterschiede beider Unternehmen war die Zusammenführung nicht einfach. Bei Sun habe sich der Campus-Spirit der alten Universitäts-Company lange gehalten, meint IDC-Analyst Spies. Das Klima sei ungewöhnlich kollegial und freundschaftlich gewesen. Oracle sei eher hierarchisch aufgestellt, die Fäden würden überwiegend im amerikanischen Headquarter gezogen. "Die Kulturen sind kollidiert, zusammengestoßen wie Feuer und Wasser", sagt Spies.

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Wollen Anwender nicht eine Menge unterschiedlicher IT-Systeme mühsam integrieren, müssen sie alles aus einer Hand kaufen. Große Player stellen sich heute so auf, dass sie Kunden möglichst vollständig bedienen können.

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Ansprechpartner fehlen

Das habe sich auf das Tagesgeschäft ausgewirkt. Viele ehemalige Sun-Mitarbeiter seien gegangen. Anlaufstellen für Partner und Kunden fehlten. Zwar seien die ehemaligen Sun-Partner weitgehend zufrieden, allerdings funktioniere deren Unterstützung angesichts des Kostendrucks und der Optimierungsbestrebungen durch Oracle nicht immer reibungslos. Persönliche Ansprechpartner auf Oracle-Seite gebe es nur noch sehr vereinzelt. Das meiste laufe heute über Call-Center im Ausland, beispielsweise in Rumänien.

Auch im Kontakt mit Kunden habe es manchmal geknirscht, erzählt Doag-Vorstand Dietmar Neugebauer. Teilweise seien heute Produkte lizenzpflichtig, die es früher nicht gewesen seien: "Das hat an der einen oder anderen Stelle für Verärgerung gesorgt." Andererseits habe Sun-Technik mit der Übernahme durch Oracle wieder eine Zukunftsperspektive erhalten, verweist Neugebauer auch auf die positiven Effekte der Übernahme.

"Wir sind hier auf einem guten Weg", sagt Michael Schroeder, ehemals Marketing Director Southern and Eastern Emea bei Sun und heute Senior Director Systems Marketing Emea bei Oracle. Man arbeite hart daran, Software- und Hardwarekomponenten optimal aufeinander abzustimmen. "Die gesamte Integrationsarbeit zielt darauf ab, mehr dabei herauszubekommen als einen komplementären Verkauf von Komponenten", beschreibt Schroeder die Strategie.

Was Oracle-Kunden bewegt

Die DOAG wollte in einer Umfrage von ihren Mitgliedern wissen, wie sie Oracle-Software einsetzen und welche Chancen sowie Risiken sie dabei sehen.

Oracle-Kunden sind in erster Linie Datenbanknutzer. Unter Middleware verstehen die meisten den Applikations-Server des Herstellers.

Mit Budgetkürzungen dürften nicht nur Oracle-Kunden konfrontiert sein.

Viele Firmen sehen trotz Krise Bedarf an Unternehmenssoftware.

Fachkräfte fehlen nach wie vor. Vor allem Experten, die Technik und Geschäftsprozesse gleichermaßen begreifen und umsetzen können.

An IT-Funktionen mangelt es den Anwendern offenbar nicht. Bekanntlich nutzen viele Firmen (nicht nur Oracle-Nutzer) die Features ihrer Software nur zum Teil.

Die Umsetzung von Business-Plänen verbinden Firmen mit IT-Investitionen. Allerdings darf auch nicht vergessen werden, dass in dieser Studie IT-Fachleute befragt wurden.

Mit „Stabilität der Systeme“ meint die DOAG zum Beispiel verlässliche Release- und Produktpolitik.

Mit der Sun-Übernahme sei Oracle in der Lage, den kompletten IT-Stack von Servern und Storage-Systemen über Betriebssysteme, Datenbanken und Middleware bis hin zu den Applikationen anzubieten, so der Oracle-Manager. Auf dieser Basis könnten die Entwickler die einzelnen Teile so anpassen, dass sie optimal zusammenspielten. Erste Früchte dieser Anstrengungen sind die hoch integrierten Datenbankmaschinen aus der "Exadata"-Reihe, die sich für transaktionale wie auch für analytische Zwecke einsetzen lassen sollen, sowie die "Exalogic"-Maschinen, die Sun-Server und Oracle-Middleware-Software kombinieren.

In den Exadata-Geräten habe Oracle Teile der Datenbanklogik direkt in die Speichersysteme ausgelagert, nennt Schroeder ein Beispiel für synergetische Zusammenführung der Produktwelten. Das steigere die Leistung der Maschinen, da nicht jedes Mal die Daten vom Speicher in den Server geladen werden müssten, um dort verarbeitet und wieder zurückgespielt zu werden wie in herkömmlichen Systemen. "Wenn Teile dieser Arbeit bereits im Speicher erledigt werden, erreicht man eine wesentlich höhere Effizienz", verspricht Schroeder.

Der Oracle-Manager spricht an dieser Stelle von einer Transformation des gesamten Technologie-Stacks. In der Vergangenheit hätten sich Anwenderunternehmen für jede IT-Schicht das Produkt herausgesucht, das sie für das beste hielten, sowie die Integration und Abstimmung meist mit Hilfe von Systemintegratoren selbst geschultert. Das habe in der Folge jedoch zu teilweise extrem heterogen zusammengesetzten IT-Stacks geführt, was wiederum die Komplexität beim Management dieser Umgebungen erhöht habe.

Roadmap mit Engineered Systems

"Gespräche mit Kunden haben immer wieder gezeigt, dass diese Komplexität nicht mehr beherrschbar ist." Michael Schröder, Oracle.
Foto: Oracle

"Gespräche mit Kunden haben immer wieder gezeigt, dass diese Komplexität nicht mehr beherrschbar ist", beschreibt Schroeder seine Sicht der aktuellen Kundensituation. Die Lösung sieht der Oracle-Mann in einheitlichen integrierten Stacks, den so genannten "Engineered Systems", mit einem einheitlichen Management vom Speicher bis zu den Applikationen. Es gebe Pläne, diese Roadmap weiter auszubauen, kündigt Schroeder an. Allerdings dürfe er darüber noch nichts verraten. Man könne jedoch davon ausgehen, dass zur diesjährigen Kundenkonferenz "OpenWorld", die Anfang Oktober in San Francisco stattfinden wird, weitere Ankündigungen in dieser Richtung zu erwarten seien.

Auf Anwenderseite betrachtet man die Oracle-Strategie mit einiger Skepsis. Zu viel Abhängigkeit von einem Anbieter sehen Saacke und Neugebauer problematisch. Auch IDC-Experte Spies glaubt nicht, dass die Kunden sich auf die Alles-aus-einer-Hand-Idee einlassen werden. Anwender wollten zwar jemanden, der ihnen die IT-Systeme vernünftig integriere. "Das Prepackaging von Software und Hardware hat allerdings in meinen Augen nie wirklich funktioniert." Die oft individuellen Wünsche der Kunden hätten zur Folge, dass die vorkonfigurierte Maschine am Ende oft nicht richtig passe. "Letztlich läuft das meist auf die Frage hinaus: Kann ich das auch einzeln kaufen?"

"Wir zwingen Kunden nicht in diesen integrierten Stack hinein", entgegnet Oracle-Manager Schroeder diesen Bedenken. Man werde Oracle-Produkte und -Komponenten immer auch einzeln kaufen können. Zudem basierten alle Schnittstellen auf offenen Standards. Anwender könnten deshalb einzelne Komponenten aus dem Stack durch Produkte anderer Hersteller ersetzen. Allerdings kämen Kunden dann nicht in den Genuss der Vorteile der vorkonfigurierten Integration, lässt der Oracle-Manager durchblicken. "Die Gesamtheit des Stacks bietet den Kunden so viele Vorteile, dass es Sinn gibt, innerhalb dieses Stacks zu bleiben", wirbt er für seine Strategie.

Die größten Übernahmen der IT-Geschichte
Oracle / Bea Systems: 8,5 Milliarden Dollar
In der Liste der größten IT-Übernahmen taucht Oracle gleich zweimal auf. Im Januar 2008 übernahm der Datenbank-Konzern den Middleware-Anbieter Bea Systems für 8,5 Millarden Dollar. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2008/04/1222214/" target="_blank">Oracle greift für Bea tief in die Tasche</a>
Oracle / Peoplesoft: 10,3 Milliarden Dollar
Nach einer langen Übernahmeschlacht übernahm Oracle im Jahr 2004 den HR-Spezialisten Peoplesoft für 10,3 Millarden Dollar. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/nachrichtenarchiv/551768/" target="_blank">Oracle macht Peoplesoft-Übernahme perfekt</a>
Symantec / Veritas: 12,5 Milliarden Dollar
Der Sicherheitsspezialist Symantec kündigte im Jahr 2004 die Übernahme des Speicherspezialisten Veritas an. Im Juni 2005 stimmten die Aktionäre dem Vorhaben zu. Das Volumen belief sich auf 12,5 Milliarden Dollar. <br /><br /><a href="hZttp://www.computerwoche.de/heftarchiv/2005/1/1050060/" target="_blank"> Symantec kauft sich in neue Märkte ein</a>
Hewlett-Packard / Compaq: 23,5 Milliarden Dollar
Hewlett Packard übernahm im Jahr 2001 für 23,5 Milliarden Dollar den Mitbewerber Compaq. <br /><br /><a href=" http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2001/42/1071370/" target="_blank">Fiorina und Capellas verteidigen HP-Compaq-Fusion</a>
Worldcom / MCI: 37 Milliarden Dollar
1998 kaufte der US-Telekomgigant Worldcom die Telefongesellschaft MCI für 37 Milliarden Dollar. <br /><br />Die aus der Fusion hervorgegangene MCI Worldcom war die drittgrößte Telefongesellschaft der Welt, bis sie 2002 nach öffentlich gewordenen Bilanzfälschungen und dem dadurch erfolgten Aktiensturz Insolvenz anmelden musste. Firmengründer und CEO Bernard Ebbers wurde wegen Fehlbuchungen von 11 Milliarden Dollar zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Anfang 2006 ging MCI dann in Verizon Communications auf, die heute außerhalb der USA unter dem Namen Verizon Business firmiert.<br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/1998/30/1092842/" target="_blank">Cable & Wireless dringt in die Phalanx der Internet-Größen ein</a>
Telekom / Voicestream: 39 Milliarden Euro
Mit der Übernahme des US-Carriers Voicestream schuf sich die Deutsche Telekom im Jahr 2001 ein Standbein in den USA. Der Wert der Übernahme belief sich laut Geschäftsbericht auf 39 Milliarden Euro in Aktien und Bargeld. <br /><br /><a href=" http://www.computerwoche.de/nachrichtenarchiv/1861105/" target="_blank"> Ron Sommer verteidigt VoiceStream-Kauf</a>
AT&T / Bell South: Summe unbekannt
2006 übernahm der britische TK-Anbieter AT&T den Konkurrenten Bell South. Die gezahlte Summe wurde nie bekannt, bei zusammen 63 Millionen Kunden bewegt sich das Übernahmevolumen nach Meinung von Experten jedoch im oberen zweistelligen Milliardenbereich. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2006/10/1208329/" target="_blank">AT&T greift nach Bell South</a>
AOL / Time Warner: 182 Milliarden Dollar
2000 kaufte AOL (America Online) den Medienkonzern Time Warner für satte 182 Milliarden Dollar. Wirklich gebracht hat es nichts. Im Gegenteil: AOL will Time Warner möglichst wieder <a href="http://www.computerwoche.de/knowledge_center/web/163781/" target="_blank">loswerden</a>.<br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2001/3/1062891/" target="_blank">AOL darf den Medienriesen Time Warner übernehmen/</a>
Vodafone / Mannesmann: 190 Milliarden Dollar
Die teuerste Übernahme der IT-Geschichte gab es in Deutschland: 2000 kaufte Vodafone den direkten Konkurrenten Mannesmann für 190 Milliarden Dollar. Im Telekommunikationsmarkt saß das Geld schon immer lockerer als anderswo. <br /><br/> <a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/1999/46/1090220/" target="_blank">Vodafone rüstet zur feindlichen Übernahme des Mannesmann-Konzerns</a>

Anwender wollen Virtualisierung

"Das Prepackaging von Software und Hardware hat in meinen Augen nie wirklich funktioniert." Rüdiger Spies, IDC.
Foto: IDC

Die Kunden scheinen nicht überzeugt. Die Doag sieht wenig Bedarf an vorintegrierten Hochleistungsmaschinen und mahnt stattdessen Verbesserungen im Bereich der Virtualisierungssoftware an. Vor allem mittelständische Anwender fühlten sich mit passenden Virtualisierungslösungen besser bedient als mit fertigen Appliances, auch wenn diese in kleineren Formaten wie Half- und Quarter-Rack-Systemen angeboten würden. In einer Umfrage äußerten sich 90 Prozent der befragten Doag-Mitglieder insbesondere mit Oracles Lizenzbedingungen im Bereich Virtualisierung unzufrieden.

Der Streitpunkt: Gängige x86-Virtualisierungslösungen wie VMware, HyperV oder Xen werden von Oracle als Soft-Partitioning eingestuft. Das hat zur Folge, dass darunter laufende Oracle-Produkte für den kompletten Server beziehungsweise Server-Verbund in Lizenz genommen werden müssen. Im x86-Umfeld sind nur die Oracle VM und die mittlerweile ebenfalls zu Oracle gehörenden Solaris-Container als Hard-Partitioning anerkannt. Damit müssten nur die zugewiesenen Prozessoren lizenziert werden. Die Doag fordert nun eine Gleichbehandlung aller x86-Virtualisierungslösungen bezüglich der Einordnung nach Hard- und Softpartitioning. Das lehnt das Oracle-Management ab. Jeb Dasteel, Chief Customer Officer von Oracle, habe signalisiert, dass keine Änderungen der Lizenzierungsregeln geplant seien, berichten die Doag-Vertreter. Auch Schroeder sieht offenbar keinen Handlungsbedarf. Es gebe zwar unterschiedliche Standpunkte. Oracle orientiere sich aber am Rest der Industrie.

Für Saacke ist Oracles Stoßrichtung klar. Der IT-Konzern versuche, seine Kunden in Richtung dedizierter Maschinen à la Exadata und Exalogic zu drängen. Oracle sehe hierin eine strategisch Alternative zur Virtualisierung und wolle über das Paket die Marge im Hardwarebereich in die Höhe treiben. Saackes Fazit: "Schon allein deshalb ist Oracle nicht daran interessiert, das Pricing für die Kunden im Virtualisierungsumfeld attraktiver zu machen."

Neben den integrierten Systemen arbeitet Oracle auch an Roadmaps für die zugrunde liegenden Hardwarebausteine wie die Sparc-Prozessorarchitektur, die Server-Linien der M- und T-Serie sowie die x86-Server und die Storage-Systeme. Die Leistung der Sparc-Architektur soll sich Schröder zufolge alle zwei Jahre verdoppeln. Gleichzeitig sei geplant, die Plattform zu vereinheitlichen. Derzeit arbeiteten in den beiden Sparc-Server-Serien unterschiedliche CPU-Typen. Die T-Server sind mit weniger CPUs, aber dafür mit bis zu 16 Rechenkernen je Prozessor für mehr Durchsatz optimiert. Die M-Server können dagegen mit bis zu 64 CPUs mehr Prozessoren aufnehmen, die jedoch jeweils mit maximal vier Cores weniger Rechenkerne beinhalten. Damit eigneten sich die M-Server besser für Single-Thread-Anforderungen. 2015 soll es eine einzige Sparc-Architekur geben, die zwischen einem und 64 Sockel bestücken kann.

x86-Server sollen Chancen haben

"Auch die x86-Server mit Intel-Architektur spielen durchaus eine Rolle", beteuert Schroeder. So basierten die Exadata- und Exalogic-Maschinen wahlweise auf Zwei- oder Acht-Wege-Intel-Servern. Allerdings werde sich Oracle in diesem Bereich hauptsächlich auf Vier- und Acht-Socket-Maschinen konzentrieren. Ziel sei es, die Rechner im Mission-Critical-Umfeld zu positionieren. Mit Single-Socket-Systemen will Oracle dagegen nicht antreten. Dies sei aus kommerzieller Sicht ein relativ uninteressanter Markt. "Es gehen zwar große Stückzahlen über den Tisch, aber verdienen tun hier die wenigsten", stellt Schroeder fest. "Auch die Margen sind extrem gering."

Auch Suns Speichersysteme will Oracle weiterentwickeln. Erst im Herbst vergangenen Jahres wurden neue Systeme der Reihe "Sun ZFS Storage" vorgestellt, die bis zu einem Petabyte Speicherplatz und mehr Leistung als die Vorgänger bieten sollen. Die Storage-Kooperation mit Hitachi Data Systems (HDS), die Sun gepflegt hatte, habe Oracle jedoch eingestellt, berichtet Schroeder. Ziel sei es, eigene Produkte zu verkaufen und nicht als Wiederverkäufer im Markt zu agieren. Mit den ZFS-Systemen fasse Oracle das Segment Network Attached Storage (NAS) ins Auge, während der Storage-Area-Network-Bereich (SAN) mit dem Zukauf von Pillar Systems ausgebaut worden sei.

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Zweifel an Hardwarezukunft

"Im freien Wettbewerb hat die Sun-Plattform keine Chance mehr. ... In fünf Jahren wird es Sun nicht mehr geben." Andreas Zilch, Experton Group.
Foto: Experton Group

Experten zweifeln jedoch offen an Oracles Perspektiven im Hardwaregeschäft. "Im freien Wettbewerb hat die Sun-Plattform keine Chance mehr", behauptet Zilch von der Experton Group. In den vergangenen Quartalen hätten sich die verkauften Stückzahlen kontinuierlich verringert. Auch die Umsätze seien rückläufig. Oracle versuche derzeit, das Beste aus der Situation zu machen. "Erhöht man die Maintenance-Preise und senkt die Entwicklungsinvestitionen, dann lässt sich hier noch ordentlich Geld verdienen", meint Zilch. Letztendlich ließen sich Ellisons Margenvorgaben von über 40 Prozent mit Servern und Storage aber nicht erreichen. Zehn bis 15 Prozent seien an dieser Stelle schon gut. "In fünf Jahren wird es Sun nicht mehr geben", prophezeit der Experton-Mann.

Wie lange Oracle das Hardwaregeschäft noch am Leben halten werde, sei schwer abzuschätzen, meint indes IDC-Experte Spies. Kurzfristig habe der Konzern - so wie mit anderen Zukäufen auch - zeigen können, dass es sich finanziell lohne. Im Sinne einer langfristigen Unternehmensstrategie werde es Oracle aber schwerer fallen. "Sun ist seit vielen Jahren nicht profitabel gewesen", begründet Spies seine Skepsis. Insbesondere die Prozessorentwicklung verschlinge Unsummen: "Das hat sich Sun nicht leisten können, und das wird sich auch Oracle nicht leisten können." Damit sich der Entwicklungsaufwand rentiere, müsse der Hersteller einen weitaus größeren Markt für die Sparc-Plattform begeistern. "Ich glaube aber nicht, dass die Plattform den Markt findet, den sie braucht", resümiert Spies.

Das sei bei Konkurrenten wie IBM anders, führt der IDC-Experte weiter aus. Die Power-Architektur erreiche beispielsweise über die Cell-Prozessoren auch den Massenmarkt. Cell-Chips werkeln auch in Spielekonsolen wie der Playstation von Sony. Die Grundarchitektur von Power-CPUs für IBM-Server und Mainframes sowie Cell sei dabei die gleiche.

Wenn es darum geht, der eigenen Hardwareplattform im Wettbewerb Vorteile zu verschaffen, sind die Oracle-Verantwortlichen nicht eben zimperlich. Das bekam beispielsweise Hewlett-Packard zu spüren. Im Frühjahr dieses Jahres kündigte Oracle an, alle Softwareentwicklungen für Intels Itanium-Plattform, die eine zentrale Rolle in HPs Server-Strategie spielt, einzustellen. Als Begründung hieß es bei Oracle, Intel lege seinen Fokus auf die Entwicklung von x86-Prozessoren und habe angedeutet, dass sich der Itanium dem Ende seines Lebenszyklus nähere. Außerdem habe der damals frisch angetretene HP-CEO Léo Apotheker in seinen Ausführungen zur strategischen Ausrichtung die Itanium-Plattform mit keinem Wort erwähnt. Und schließlich hätten auch andere Softwarehersteller wie Microsoft und Red Hat ihre Entwicklungen für die Itanium-Plattform auf Eis gelegt.

HP fordert Einlenken von Oracle

Das HP-Management dementierte alle Spekulationen, der Konzern wolle sich von Itanium verabschieden, und verwies auf eine weitreichende Roadmap für seine Itanium-basierenden Integrity-Server. HPs Executive Vice President Dave Donatelli warf Oracle vor, Unternehmen und Behörden dem Risiko auszusetzen, Hunderte Millionen Dollar an Investitionen zu verlieren. Die Strategie des Konkurrenten geißelte er als schamlosen Versuch, den fairen Wettbewerb zu behindern. Donatelli verwies auf rechtlich bindende Vereinbarungen, die Oracle gegenüber HP und den betroffenen 140.000 Kunden eingegangen sei: "Wir glauben, dass dies der gesetzwidrige Versuch ist, Kunden von der HP-Itanium-Plattform auf Oracles eigene Plattform zu drängen." HP forderte Oracle auf, seine Software weiterhin für Itanium bereitzustellen, und drohte mit rechtlichen Schritten.

Davon wollen sich die Oracle-Verantwortlichen nicht einschüchtern lassen. Zu tief ist angesichts strittiger Personalentscheidungen im Topmanagement beider Unternehmen die Kluft geworden. Nachdem der langjährige HP-Chef Mark Hurd - zum Entsetzen der HP-Spitze - von seinem Freund Ellison ins Topmanagement von Oracle gelockt worden war, hatte Oracle dem Rivalen die langfristige Itanium-Unterstützung zugesagt, um die Gemüter zu beruhigen. Dazu wäre es nie gekommen, schrieb Oracle kürzlich in neu bei Gericht eingereichten Unterlagen, wenn man gewusst hätte, dass Hewlett-Packard den früheren SAP-Chef Léo Apotheker zum neuen CEO und Ellisons einstige Nummer zwei Ray Lane zum Chef des Verwaltungsrats ernennen würde. HP habe augenscheinlich versucht, so Oracle, sich "ein scheinbar dauerhaftes und kostenloses Softwareentwicklungs-Commitment für die Intel-Itanium-Plattform" zu erschleichen und dabei verschwiegen, dass die Verpflichtung von Lane und Apotheker unmittelbar bevorstand. Lane war vor Jahren von Ellison geschasst worden und gilt heute als einer der schärfsten Kritiker seines früheren Brötchengebers. Und in der Amtszeit von Léo Apotheker als SAP-Chef hatte Oracle das Walldorfer Softwarehaus wegen des Diebstahls geistigen Eigentums durch die einstige Wartungstochter TomorrowNow vor Gericht gezerrt.

HP stellt sich unterdessen auf den Standpunkt, Oracle sei den Kunden und HP gegenüber rechtlich und moralisch verpflichtet. Aus Sicht von Zilch war es indes ein geschickter Schachzug Ellisons, die Itanium-Unterstützung aufzukündigen. Oracle-Anwender würden gezwungen, von HP/UX auf eine andere Plattform zu migrieren. Sun könne dabei eine der Alternativen sein. Zudem werde HP von der künftigen Oracle-Entwicklung abgeschnitten: "Das ist extrem schmerzhaft für HP, da es eine große Zahl gemeinsamer Kunden gebe." Spies zufolge kommt Oracle gar nicht darum herum, sich mit HP anzulegen. Interessant sei, dass dabei auch persönliche Motive eine Rolle spielten: "Das zeugt jedenfalls an dieser Stelle von mangelnder Professionalität." Auch die Anwendervertreter zeigen sich irritiert. Zwar habe es bis dato keine negativen Rückmeldungen gegeben, berichtet Doag-Vorstand Neugebauer. Die Tatsache, dass Oracle so eine Entscheidung von heute auf morgen fälle, habe aber für Aufsehen gesorgt: "Das hat die Glaubwürdigkeit von Oracle in Frage gestellt." Etliche Anwender fragten sich, ob sie damit rechnen müssten, dass der Konzern in anderen Bereichen ähnlich spontan über die Zukunft von Produkten richte.

Fazit

Oracle kann mit seiner Akquisitionsstrategie unbestritten auf erfolgreiche Jahre zurückblicken. Vom Geschäftsjahr 2005 bis 2010 hat sich der Jahresumsatz von 11,8 auf 20,6 Milliarden Dollar fast verdoppelt. Die Metamorphose des Datenbankspezialisten zu einem Komplettanbieter scheint weitgehend abgeschlossen, zumal die Oracle-Verantwortlichen bis dato jegliche Ambitionen in Richtung Servicegeschäft von sich weisen. Künftiges Wachstum wird deshalb aus der vorhandenen Substanz kommen müssen. Doch dafür muss Oracle sein Portfolio, das aus 864 einzelnen Produktposten besteht, aufräumen und tiefer integrieren. Das dürfte keine leichte Aufgabe werden - gerade in Segmenten wie der Hardware, in denen der Softwarespezialist wenig Erfahrung mitbringt.