OpenOffice.org - das vielseitigere Büropaket

21.05.2007 von Ramon Schwenk
Mit dem Umstieg auf Linux mit Open Office sparen Unternehmen pro Arbeitsplatz mehrere hundert Euro gegenüber dem gemischten Microsoft-Doppel. Der Einstieg in die freie Bürosuite Open Office ist bei guter Planung schnell bewältigt.

Rund 80 Millionen Downloads belegen die hohe Verbreitung und den Erfolg von Open Office. Gleich mehrere Faktoren sprechen für die Installation von Open Office (rund 125 MB).

Zunächst einmal läuft die Software auf den wichtigsten Plattformen, darunter Linux, Windows und Mac. In der Praxis ebenfalls interessant ist, dass Open Office in Dutzenden Sprachversionen angeboten wird. Doch die größte Anziehungskraft dürfte der Preis ausüben: Open Office ist kostenlos. Auch im Unternehmensbereich – und hier besonders im Mittelstand – steigt die Akzeptanz, da keine Lizenzgebühren oder versteckte Kosten anfallen. Hinzu kommen ein breit gefächertes Funktionsspektrum und eine hohe Kompatibilität zu den Microsoft-Office-Programmen.

Wir zeigen nachfolgend, welche herausragenden Merkmale Open Office bietet und informiert, was vor der Migration von Microsoft Office zu beachten ist.

Gemeinsam zum Erfolg kommen

Trotz der zuvor erwähnten Vorteile sind immer noch viele Entscheider skeptisch, was den Einsatz im Unternehmensbereich betrifft. Die Gründe dafür sind vielfältig. Beispielsweise wird der Vorteil der Kostenfreiheit – im Privatbereich ein wichtiges Argument – nicht so hoch angesiedelt. Stattdessen stehen hier oft andere Entscheidungskriterien im Vordergrund, die Zweifel an einer erfolgreichen Migration aufkommen lassen. Etwa die Furcht, dass der Funktionsumfang des Programms für das anstehende Tagesgeschäft nicht ausreicht oder gravierende Probleme beim Dokumentenaustausch drohen.

1:1-kompatibel: Dokumente aus Microsoft Word (links) behalten auch in Open Office (rechts) ihre Struktur und Erscheinung.

Dabei übersehen viele Nutzer, dass Open Office keinesfalls eine Kopie von Microsoft Office ist. Ganz im Gegenteil: Die Entwicklung von Open Office wird von einer globalen Community vorangetrieben. Diese Gemeinschaft umfasst freie Programmierer, Universitäten und auch bekannte IT-Unternehmen wie IBM, Novell und Sun. Diese breite Unterstützung hat in der Praxis zwei Vorteile: Die Tatsache, dass Open Office sich nicht im Besitz eines Unternehmens befindet, verhindert, dass das Projekt urplötzlich von der Bildfläche verschwindet. Für Privatanwender und Business-Nutzer erhöht diese Unabhängigkeit die Planungssicherheit.

Der zweite Vorteil der gemeinsamen Entwicklung dreht sich um Qualität der Software. Je mehr Programmierer sich um ein Projekt kümmern, desto zuverlässiger ist das Endprodukt. Von den Nutzern in der Praxis entdeckte Fehler werden wesentlich schneller ausgemerzt, als dies bei kommerzieller Software der Fall ist. Interessant ist die Vorgehensweise: Ein neu entdeckter Programmfehler wird nach einer ersten Sichtung und Bewertung bestätigt und an die dafür zuständigen Entwickler weitergeleitet. Diese beheben den Fehler schnellstmöglich und geben den Workaround danach an die Qualitätssicherung weiter, die den Bugfix ausgiebig testet. Kommen diese Tester zu einem positiven Ergebnis, wird der überarbeitete Code in die eigentlichen Sourcen integriert. Diese Form der Qualitätssicherung garantiert, dass das Produkt nahezu fehlerfrei ist.

Betriebskosten deutlich minimieren

Speziell für den Einsatz in Unternehmensumgebungen ist wichtig, dass Open Office – im Unterschied zu Microsoft – konsequent auf Schnittstellen und Formate setzt, die auf internationalen Standards basieren. Offene Standards wie XML und OASIS sind etwa für die steuerliche Dokumentationspflicht im Unternehmen von strategischer Bedeutung. Zudem wird der unternehmensübergreifende Datenaustausch vereinfacht.

Für die Verwendung in Unternehmen entscheidend ist auch das Optimierungs- und Einsparpotenzial. Aufgrund der freien Verfügbarkeit lässt sich die Vereinheitlichung unternehmensübergreifender Geschäftsabläufe mit einer einzigen Software realisieren: So ermöglicht der Open-Source-Ansatz die plattformübergreifende Optimierung von Geschäftsprozessen mit Lieferanten und Kunden in über 70 Sprachen.

Die von Open Office verfolgte Lizenzpolitik führt aber auch zu erheblichen Einsparungen bei den IT-Ausgaben. Steigende Kosten gehören mit dem freien Office-Paket ebenso der Vergangenheit an wie veränderte Lizenzmodelle, die zu neuen finanziellen Belastungen im Unternehmen führen. Microsoft-Kunden wissen aus eigener Erfahrung, was das in der Praxis bedeutet.

Auch erhöht die Lizenzpolitik die Rechts­sicherheit in Bezug auf die Lizenzhaftung der Geschäftsführung. So müssen Erweiterungsinvestitionen, Firmenzusammenschlüsse oder Home-Arbeitsplätze nicht mit zusätzlichen Lizenzen erkauft werden.

Ein Format für alle Fälle

Open Office nutzt ein XML-basiertes Dateiformat. Das Programm speichert Inhalt, Layout und Formatierungsinformationen jedes Dokuments als eigenen Satz von XML-Streams oder Unter­dokumenten. Ein Open-Office-Dokument besteht aus mehreren XML-Streams.

Der Vorteil des XML-Formats: Inhalte werden in Open Office im Klartext gespeichert. Sie sind damit direkt lesbar und lassen sich weiterverarbeiten, ohne dass das Ursprungsprogramm benötigt wird. Damit ist es beispielsweise möglich, eigene Programme zu schreiben und Formulare mit Inhalten einer Datenbank automatisch ausfüllen. Außerdem ist sichergestellt, dass der Zugriff auf die Dateien auch in Jahren noch uneingeschränkt möglich ist. Das ist gerade im kommerziellen Einsatz aufgrund der langen – vom Gesetzgeber verlangten – Aufbewahrungsfristen von zehn Jahren für Unterlagen ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Die Dokumente und XML-Streams werden komprimiert abgelegt. Open-Office-Dokumente belegen damit wenig Festplattenspeicher und lassen sich mit allen gängigen Programmen entpacken. Verwendet wird allerdings nicht die Endung ZIP. Vielmehr kommen – wie bei Microsoft Office – unterschiedliche Kennungen für die einzelnen Teilanwendungen zum Einsatz.

Das neue Dateiformat, das Open Office seit Version 2.0 nutzt, beruht weiterhin auf komprimierten XML-Dateien, folgt nun aber den Beschlüssen des Standardisierungsgremiums OASIS. Mit dem OASIS-Standardformat Open Document wird ein allgemeines Format für Office-Anwendungen definiert, um den Dokumentaustausch zu erleichtern. Neben Open Office wird es auch von KOffice als Standard-Dateiformat genutzt.

Ideal geeignet für die Teamarbeit

In Unternehmen hat sich Open Office nicht zuletzt auch aufgrund der Teamfähigkeit bewährt. In Firmen arbeiten typischerweise verschiedene Personen an einem Dokument. Der Hauptverfasser verantwortet das Projekt, weitere Mitarbeiter unterstützen ihn dabei, etwa indem sie das Dokument erweitern oder Korrekturen vornehmen. Auch ist es Usus, dass mehrere Personen gleichberechtigt an einem Firmendokument arbeiten. Um den verschiedenen Anforderungen gerecht zu werden, stellt Open Office verschiedene Teamfunktionen bereit.

Arbeitsmitschnitt: Ab jetzt werden alle Änderungen innerhalb des Dokuments lückenlos aufgezeichnet.

Die einfachste Variante ist die klassische Überarbeitungsfunktion, mit deren Hilfe Sie von anderen Personen durchgeführte Modifikationen im Dokument sichtbar machen können. Dadurch stellt es für den Hauptverfasser kein Problem dar zu erkennen, welcher Mitarbeiter bestimmte Änderungen vorgenommen hat. Selbstverständlich können Sie entscheiden, welche Änderungen übernommen oder verworfen werden sollen. Diese hilfreiche Funktion finden Sie im Menü Bearbeiten, Änderungen.

Doch selbst wenn die Überarbeitungsfunktion nicht genutzt wurde, können Sie an einem Dokument vorgenommene Veränderungen sichtbar machen. Möglich macht es die Funktion Dokument vergleichen, die Sie im Menü Bearbeiten finden. Damit können Sie zwei Textdokumente miteinander vergleichen, so dass Sie Unterschiede ebenfalls recht schnell ermitteln.

Versionsverwaltung hilft weiter

Bei vielen Tätigkeiten ist es oftmals nötig, verschiedene Versionen eines Dokuments anzulegen. In solchen Fällen wird die ursprüngliche Version zunächst verworfen, da ein anderer Ansatz verfolgt wird. Die zuerst angelegte Variante wird aber nicht gelöscht, sondern archiviert. Schließlich kann es sein, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt doch noch benötigt wird. Die einzelnen Varianten des Dokuments werden dann jeweils unter einem eigenen Dateinamen gespeichert. Dabei besteht die Gefahr, den Überblick zu verlieren. Auch kann es vorkommen, dass die aktuellste Version aus Versehen gelöscht wird. Die in Open Office integrierte Versionsverwaltung verhindert dies.

Das Grundprinzip: Die Routine archiviert die Vorversionen, indem sie diese im aktuellen Dokument speichert. In der Praxis hat dieses Verfahren mehrere Vorteile. Außerdem wird Speicherplatz gespart, da nur die tatsächlichen Änderungen erfasst werden.

Versionsverwaltung inklusive: Verschiedene Fassungen eines Open-Office-Dokuments lassen sich mit Kommentaren sichern.

Die Versionsverwaltung rufen Sie über Datei, Versionen auf und klicken auf Neue Version speichern. Open Office blendet daraufhin einen Dialog ein, in dem Sie optional einen Kommentar zu dieser Version eingeben können. Verzichten Sie darauf, speichert Open Office lediglich Datum, Uhrzeit und Nutzername.

Beim Öffnen des Dokuments lädt Open Office automatisch die aktuellste Version. Möchten Sie hingegen eine ältere Version aufrufen, erledigen Sie das ebenfalls über die Versionsverwaltung. Wählen Sie die gewünschte Version aus, und klicken Sie auf Öffnen. Allerdings ist dieses Dokument schreibgeschützt. Um trotzdem mit der alten Version arbeiten zu können, speichern Sie diese unter einem neuen Namen, so dass der Schreibschutz aufgehoben wird.

Zielgerichtet arbeiten mit Vorlagen

Ein von vielen Open-Office-Nutzern als wichtig erachtetes Merkmal ist das Vorlagenkonzept. Im Gegensatz zu anderen Office-Lösungen beschränkt sich Open Office nicht nur auf die üblichen Konzepte wie Absatzvorlagen. Es ist auch möglich, in Tabellenkalkulationen und bei Präsentationen indirekte Formatierung zu verwenden. Für das Zuweisen, Bearbeiten, Erstellen und Löschen von Vorlagen zuständig sind die Formatvorlagen.

Formatvorlagen: Dokumente erhalten eine Struktur und ein gleiches Erscheinungsbild von bestimmten Elementen.

Vorlagen lassen sich auf zwei Arten definieren: Zum einen kann eine Vorlage zunächst wie gewohnt neu angelegt und für die spätere Verwendung bereitgehalten werden. Zum anderen lässt sich seit der Version 2 von Open Office eine Formatierung bequem aus einem Dokument heraus übernehmen. Sie ziehen das Element mit der Maus auf das entsprechende Register der Palette Formatvorlagen, zum Beispiel Stilvorlagen, um eine neue Vorlage zu erzeugen. Im folgenden Dialog Vorlage erzeugen tippen Sie eine Bezeichnung ein und bestätigen mit OK.

Verschiedene Vorlagen lassen sich auch miteinander kombinieren. So erhalten Sie etwa durch die Verknüpfung der Absatzvorlage Überschrift mit einer Nummerierungsvorlage eine Kapitelnummerierung. Diese Funktion ist aber nicht auf die Textverarbeitung beschränkt. Im Modul Calc lassen sich mit Hilfe von Zellvorlagen komplexe Formatierungen problemlos auch für andere Zellen verfügbar machen. Nachträgliche Änderungen können dann in einem Schritt zentral erledigt werden. All diese Funktionen erleichtern den Umgang mit komplexen Dokumenten und Tabellen.

Relationale Datenbank inklusive

Open Office 1.x verfügte bereits über rudimentäre Datenbankfunktionen. Allerdings waren diese nicht besonders vielfältig, und der Zugriff beschränkte sich auf bestehende Datenbanken. Deutlich besser ist die aktuelle Open-Office-Version ausgestattet, die dem Nutzer mit Base eine vollständige Datenbankfunktion zur Verfügung stellt.

Praktisch: Mit Hilfe eines Tabellenassistenten lassen sich Datenbanken relativ einfach erzeugen. Ein eigenständiger Datenbank-Server wird nicht benötigt, weil Open Office alle dafür notwendigen Funktionen mitbringt. Davon profitieren in erster Linie kleinere Unternehmen.

Wichtigster Punkt für die Arbeit mit einer Datenbasis ist die Datenquellen-Ansicht, die Sie mit Ansicht, Datenquellen oder der Funktionstaste <F4> aktivieren. Im oberen Bereich des Fensters sehen Sie links den Datenquellen-Explorer, in dem Sie durch die Datenquellen und ihre Bestandteile navigieren können. Rechts davon werden die jeweiligen Daten anzeigt. Eigene Datenquellen binden Sie ein, indem Sie im Datenquellen-Explorer den Befehl Datenquellen verwalten aufrufen. Es öffnet sich ein Dialog, in dem die vorhandenen Datenquellen aufgelistet werden oder eine neue Quelle hinzufügt wird.

Serienbriefe leicht gemacht

Hand in Hand mit der Base-Datenbankfunktion geht das Writer-Feature Serienbriefe. Als Datenquelle für die Adressen kann etwa eine Calc-Tabelle verwendet werden, die Sie über Datei, Neu, Datenbank als neue Datenquelle registrieren. Daraufhin öffnet sich der Datenbank-Assistent, der Sie Schritt für Schritt durch die Einrichtung begleitet.

Im ersten Schritt wählen Sie die Option Verbindung zu einer bestehenden Datenbank herstellen und markieren in der Auswahlliste den Typ Tabellendokument. Im folgenden Dialog Verbindung zu Tabellendokumenten einrichten klicken Sie auf Durchsuchen und wählen im Datei-Browser die gewünschte Tabelle aus. Anschließend wählen Sie die Option Ja, die Datenbank soll angemeldet werden. Verlassen Sie den Datenbank-Assistenten mit einem Klick auf Fertigstellen.

Serienbrief-Assistent: Vom Ausgangsdokument bis zum Ausdruck – alle Aufgaben werden in acht Schritten abgearbeitet.

Sie müssen nun einen Namen und Speicherort für die Datenbank eingeben, die Sie so­eben aus Ihrem Tabellendokument angelegt haben. Klicken Sie dann auf Speichern, ­um diesen Schritt abzuschließen. Die Datenbank erscheint nun dauerhaft im Datenquellen-Browser.

Ihre letzte Aufgabe dreht sich um das Schreiben des Briefs und die Verknüpfung mit dem Datenmaterial. Blenden Sie mit <F4> den Datenbank-Browser ein. Die Datenbank finden Sie unter dem bei der Einrichtung angegebenen Namen. Öffnen Sie den Punkt Tabellen, Tabelle 1, so dass die Werte aus der Tabelle angezeigt werden.

In den Serienbrief fügen Sie die entsprechenden Felder aus dem Datenbankbrowser ein: über Einfügen, Feldbefehl, Andere, Datenbank, Serienbrieffeld. Den fertigen Serienbrief speichern Sie als Textdokument; um die Briefe auszudrucken, klicken Sie auf Serienbrief.

PDF-Support ist mit an Bord

Sehr gut für Unternehmenszwecke geeignet sind die PDF-Features von Open Office. Unkompliziert können Sie damit PDF-Dokumente in verschiedenen Qualitätsstufen erzeugen. Ebenfalls praktisch: In Version 2 lassen sich sogar PDF-Dokumente mit integrierten Hyperlinks generieren. Die Links können in das Internet zeigen oder auf andere Bereiche innerhalb des Dokuments verweisen.

Außerdem werden beim Export die Notizen aus einem Dokument in die PDF-Datei übernommen, und Lesezeichen können verarbeitet werden. Open Office kann Dokumente beim PDF-Export auch schützen, um das Kopieren von Inhalten oder den Ausdruck zu unterbinden.

Der PDF-Export in Open Office erhält ferner Einstellungen für die Komprimierung von JPEG-Dateien: wahlweise mit DCT-Kompression oder per LZW-Verfahren.

Gallery verwaltet Multimedia-Inhalte

Angefangen bei Clipart-Grafiken bis hin zu Logos – in Textdokumenten eingebundene Grafikelemente stellen sowohl im Privatbereich als auch in Business-Umgebungen ein probates Stilmittel dar. Solche Elemente verwalten Sie in Open Office mithilfe der Gallery. Über Extras, Gallery blenden Sie den Helfer im oberen Sektor des Arbeitsbereiches ein. Durch einen Klick auf die diversen Kategorien blättern Sie durch die Themen. Im nebenstehenden Bereich zeigt Ihnen das Tool eine Vorschau an. Möchten Sie eine Grafik verwenden, fügen Sie das Element wie gewohnt per mit der Maus in Ihr Dokument ein.

Eigene Grafiken, zum Beispiel Firmenlogos oder häufig verwendete Symbole können Sie ebenfalls in dauerhaft in der Gallery verfügbar machen. Dazu erzeugen Sie einfach eine neue Bibliothek, indem Sie im Navigationsbereich auf die Schaltfläche Neues Thema klicken. Im daraufhin angezeigten Dialog geben Sie im Register Allgemein zunächst einen Namen für das Thema ein. Anschließend wählen Sie im Register Dateien die gewünschten Elemente aus und fügen sie der Gallery hinzu.

Praktisch: Neben Grafiken lassen sich über die Gallery auch Präsentationshintergründe und Klänge verwalten.

Von MS Office zu Open Office

Einer der heikelsten Punkte bei einer Desktop-Migration nach Linux ist der Dokumentenaustausch. Proprietäre Formate – hauptsächlich von Microsoft – müssen in die neuen Open-Document-Standardformate von Open Office überführt werden. Zwar kann ein Unternehmen ad hoc beschließen, zukünftig ausschließlich mit Open Office und den damit verbundenen Formaten zu arbeiten. Aber die eigene Vergangenheit sowie die Beziehungen zur Außenwelt schieben dem einen Riegel vor.

Word-Versteher: Open Office kann sowohl Word-Dokumente als auch Vorlagen aktueller und älterer Versionen öffnen.

Was die Vergangenheit betrifft, bedeutet das: Alte Firmendokumente, in der Regel Microsoft-Dateien, müssen in die neuen Formate konvertiert werden. Aber selbst wenn alle Dokumente erfolgreich in das Open-Document-Standardformat überführt werden können, ist das Unternehmen noch nicht auf der sicheren Seite. Der Grund liegt auf der Hand: Jedes Unternehmen tauscht Dokumente mit Geschäftspartnern aus. Und da die heutige IT-Welt immer noch sehr Microsoft-lastig ist, verwenden die Partner oft Word, Excel und Co.

MS-Office-Dokumente konvertieren

Grundsätzlich gilt: Wer nur einfach formatierte Dokumente nutzt, hat kaum Probleme. Open Office kann solche Dokumente problemlos importieren, bearbeiten und auch wieder in Quellformat speichern. Über Dateifilter können Sie MS-Office-Formate direkt in den entsprechenden Open-Office-Komponenten öffnen und bearbeiten. Umgekehrt können Sie Open-Office-Dateien als Word-Dokument, Excel-Tabelle oder Powerpoint-Präsentation speichern, unter anderem als MS-Office 97/2000/XP. Aber auch MS-Dokumentvorlagen können Sie importieren und bearbeiten.

Dokumentenkonvertierung: Ein Assistent mit der Möglichkeit zum Erstellen einer Protokolldatei unterstützt den Anwender beim Einlesen von Dokumenten aus MS Office.

Um eine Microsoft-Office-Datei mit Open Office zu lesen oder zu bearbeiten, müssen Sie in Open Office die MS-Datei nur öffnen. Die Konvertierung erfolgt dabei automatisch. Um eine Open-Office-Datei in ein MS-Format zu exportieren, wählen Sie in Open Office den Befehl Datei, Speichern unter.

Statt der Einzelkonvertierung können Sie mehrere MS-Office-Dokumente und -Vorlagen auch im Batchverfahren umwandeln. Kopieren Sie hierzu die MS-Dokumente oder Vorlagen in ein speziell dafür angelegtes Verzeichnis. Über die Befehle Datei, Assistenten, Dokumenten-Konverter starten Sie die Stapel-Konvertierung. Danach legen Sie das Quellformat fest, geben an, ob es sich um Dokumente oder Vorlagen handelt, und spezifizieren Quell- und Zielverzeichnisse. Mit der Bestätigung werden alle MS-Dokumente des Quellverzeichnisses konvertiert und als Open-Office-Dokumente im Zielverzeichnis abgelegt.

Vorsicht bei komplexen Dokumenten

Im Normalfall erfolgt die Konvertierung ohne Formatverluste. Dies gilt aber nur für einfache Dokumente, die keine Makros, proprietäre Grafiken, komplexe Formatierungen und Elemente wie Fußnoten, Tabellen oder Indizes enthalten.

Enthalten Dokumente eines oder mehrere dieser Elemente, können sehr wohl Probleme auftreten. Besonders kritisch wird es bei Elementen, die in der Open-Office-Umgebung nicht zur Verfügung stehen. In diesem Fall verliert das importierte Dokument Teile seiner Funktion oder gar seines Inhalts. Dies trifft etwa auf Excel-Tabellen zu, die per OLE in einem Word-Dokument eingebunden sind. Steht der Datenserver Excel nicht mehr zur Verfügung, kann er dem Open-Office-Konverter auch nicht mehr die Inhalte der verknüpften XLS-Datei liefern.

Fehlerhafte Makros: Sind in einem Word-Dokument beispielsweise komplexe Makros enthalten, kann Open Office diese nicht korrekt verarbeiten und liefert Fehlermeldungen.

Eine Vielzahl von Problemen hat ihre Ursache in konzeptionellen Unterschieden der beiden Programme. Ein Beispiel ist die Übernahme von Serienbriefdokumenten, für die ein anderes Word-Dokument als Datenquelle dient. Da Writer nur mit Open-Office-Datenquellen umgehen kann, löscht die Textverarbeitung bei der versuchten Übernahme alle Felder mit Bezug zu externen Datenquellen. Dies gilt auch für Microsoft-Office-Dokumente, die etwa mit Schaltflächen und Optionsfeldern aus der Steuerelement-Toolbox bestückt sind. Open Office zeigt die Controls zwar an, wegen der unvereinbaren Makrokonzepte löscht es aber den zugehörigen VBA-Code.

Bekannter Stolperstein: VBA-Code

Komplex wird die Konvertierung, wenn Sie Microsoft-Dokumente mit VBA-Code erhalten, diese unter Open Office bearbeiten, als Word- oder Excel-Datei speichern und dem Absender zurückschicken. Die Gefahr ist groß, dass in diesem Fall die aufwendig programmierten VBA-Lösungen nicht mehr einwandfrei funktionieren. Sie müssen deshalb Vorkehrungen treffen, um die VBA-Makros beim Öffnen und Speichern zu erhalten. Dies ist nicht kompliziert. Um die Makro-Übernahme in Open Office zu aktivieren, doppelklicken Sie im Menü Extras, Optionen auf Laden/Speichern. Markieren Sie den Eintrag VBA-Eigenschaften und aktivieren Sie alle Optionen.

Klappt die Konvertierung von Calc-Tabellen in das Excel-Format nicht, liegt das meist an der Verwendung von Formeln, die Excel nicht kennt. Der Formelumfang von Calc ist wesentlich größer als der von Excel. Besonders in den Bereichen Datum, Zeit und Finanzmathematik bietet Calc viel mehr als sein Microsoft-Pendant.

Leider gibt es in der Dokumentation keine Vergleichsliste. Der Nutzer ist auf sich selbst angewiesen, wenn er Formate vermeiden will, die von Excel nicht unterstützt werden. Immerhin: Findet der Calc-Exportfilter eine solche Formel, ersetzt er sie durch den berechneten Zellenwert. Formatvorlagen für Seiten und Zellen berücksichtigt der Konverter aber grundsätzlich nicht, da es dafür keine Excel-Gegenstücke gibt.

Makros manuell konvertieren

Ein spezielles Problem stellen in Dokumente eingebundene Makros dar. Makros sind besonders in Unternehmen eine häufig genutzte Methode zur Erweiterung der Office-Automation. Nicht selten werden ganze Workflows zwischen Abteilungen mit Hilfe spezieller Makros automatisiert.

Makro-Editor: Für die Office-Automation lassen sich auch in Open Office Makros anlegen und in Dokumente einbauen.

Leider können MS-Office-Makros nicht nach Open Office übernommen werden – zweifellos ein zentraler Nachteil einer Open-Source-Migration. Dabei verfügt auch Open Office über ein internes Programmiersystem, mit dem sich Makros aufzeichnen und programmieren lassen. Als Programmiersprache kommt in beiden Fällen eine Basic-Variante zum Einsatz. Beide Systeme verfügen über einen ähnlichen Sprachumfang, greifen aber auf völlig unterschiedliche Art auf Objekte und Eigenschaften des Dokuments oder der Office-Anwendung zu. Die Entwicklung von Konvertern scheiterte bislang an der Komplexität der Objektmodelle.

Wollen Sie Office-Makros auch weiterhin nutzen, müssen Sie diese neu schreiben oder manuell überführen. Zur Programmierung steht unter Open Office eine Entwicklungsumgebung bereit, die Sie über Extras, Makros und Bearbeiten aufrufen. Möchten Sie die Makros aus Microsoft-Office-Dateien überführen, können Sie diese in Open Office laden. Sie haben dann die Möglichkeit, den Makrocode im Open-Office-Editor einzusehen. Einer Bearbeitung des Codes in der integrierten Entwicklungsumgebung von Open Office steht nichts im Wege, der veränderte Code wird korrekt gespeichert.

Potenzielle Probleme im Vorfeld lösen

Kleinere Probleme beim Importieren können Sie meist verhindern, indem Sie MS-Dokumente vorbereiten. Besonders wichtig ist, dass der ursprüngliche Text korrekt formatiert ist. Etwa dass alle Formatierungen mit Absatz- und Zeichenformatvorlagen realisiert werden, anstatt mit Leerzeilen und manuellen Einrückungen zu arbeiten.

Komplexe Spreadsheets müssen auf Formeln und Add-ins überprüft werden. Einige Finanzfunktionen, die Datumsangaben als Zeichenketten akzeptieren, erwarten unter Calc etwa eine serielle Zahl. Eingefügte
Hyperlinks stellt Calc zwar richtig dar, bietet sie aber nicht als Formeln an. Mangels VBA-Unterstützung werden auch benutzerdefinierte Formeln aus Calc nicht nach Excel übernommen. Diagramme werden in der Regel korrekt transferiert. Calc überführt einzelne Diagramme jedoch – unabhängig von der Anzahl der Datenreihen – in andere Typen als das Original.

Und von Open Office nach MS-Office?

In den vorherigen Abschnitten haben wir den Dokumententransfer von MS-Office nach Open Office betrachtet. Wie aber sieht es in umgekehrter Richtung aus? Die Umwandlung von Open-Office-Dokumenten in Microsoft-Formate klappt wesentlich besser. Die zahlreichen Exportfilter von Open Office erlauben es, Dokumente in fast jedem beliebigen Format abzuspeichern.

Nicht alle angebotenen Formate liefern allerdings gleich gute Resultate. Die besten Ergebnisse lassen sich mit der Filtervariante 97/2000/XP erzielen. Auch wenn das Zielsystem Office 2003 oder 2007 ist, sollten Sie den angebotenen XML-Filter links liegen lassen, weil er Dokumente oft fehlerhaft exportiert.

Störungen gibt es dort, wo Open-Office-Funktionen verwendet wurden, die unter MS-Office kein Gegenstück haben. Probleme können aber auch daraus entstehen, dass unter Windows andere Schriftarten als unter Linux üblich sind. Open-Office zeigt in umgewandelten Dokumenten zwar die Windows-Schrift an, für den Ausdruck wird aber eine Ersatzschrift verwendet. Der Open-Office-Nutzer sollte sich deshalb auf Schriftarten beschränken, die auch unter Microsoft-Office verfügbar sind.

Manchmal macht der Einsatz von Objekten Probleme. Hyperlinks, Notizen und Überarbeitungen lassen sich zwar erfolgreich nach Word exportieren, dürfen sich aber nicht in einem Rahmen befinden. Ganz verweigert der Filter seine Arbeit bei Übertragung von Animationen und eingebetteten Open-Office-Dokumenten. (tecchannel/tc)