Spielerisch lernen mit Apps

Not macht erfinderisch - und erfolgreich

13.05.2011
Weil er für seinen Segelschein kein ansprechendes Unterrichtsmaterial fand, entwickelte Sebastian Witzmann kurzerhand eine eigene App. Und legte damit den Grundstein für sein eigenes Unternehmen.
Sebastian Witzmanns Apps verbinden Lerninhalte mit spielerischen Elementen.
Foto: Vela Entertainment

Sebastian Witzmann entwickelt Apps für spielerisches Lernen. Und hat damit offenbar einen Nerv getroffen. Erste Erfolge kann er schon vorweisen: Seine App "Vodafone Sportsmanager" ist ein Renner - mehr als zehntausend Smartphone-Besitzer fanden innerhalb weniger Tage Gefallen an dem Simulationsspiel, das in fünf Sprachen international vertrieben wird. Das Quiz-Spiel "Quizza" wurde bei einem bundesweiten Programmierwettbewerb ausgezeichnet. "Wir haben den Preis hauptsächlich dafür erhalten, weil das Programm Spaß macht - und gleichzeitig Wissen vermittelt", sagt Witzmann, der erst im Herbst 2010 sein Unternehmen Vela Entertainment Studios (www.velaentertainment.de) gegründet hat.

Spielerisch lernen

"Ich glaube, dass Lernen heute anders funktioniert als zu der Zeit, als ich jung war", sagt der Gründer, Jahrgang 1976. Für junge Leute würden PC und Handy zum wichtigsten Instrument für Kommunikation und Unterhaltung - und eben auch zum Lernen, wenn es gut gemachte, speziell auf das Medium und die Zielgruppe zugeschnittene Programme gäbe. Besonders Smartphones und Tablets eigneten sich gut fürs Lernen: "Jugendliche sitzen ungern am Schreibtisch; ihnen macht es mehr Spaß, wenn sie spielerisch unterwegs lernen können."

Am Anfang war die Segelschein-App

Die Idee dazu kam Witzmann, weil er für seinen Segelschein kein Unterrichtsmaterial fand, das seinen Ansprüchen genügte. Natürlich gab es Bücher und Papierunterlagen, aber nach einer gut gemachten Software suchte er vergebens. Kurzerhand entwickelte er eine App für Smartphones und PCs, die das nötige Wissen zu dem Thema online verfügbar macht. Lernprogramme für den Sportbootführerschein, den Sportküstenschifferschein und den UKW-Funkschein hat er gleich nachgelegt. Das war vergleichsweise einfach, weil der in der Prüfung abgefragte Lerninhalt klar begrenzt ist und in amtlichen Unterlagen vorliegt. Inzwischen entwickelt Vela Lernprogramme für Sprachen und komplexe Sachgebiete wie Geologie, Psychologie, Biochemie, Jura.

"Da wir keine Experten für Naturwissenschaften, Sprachen oder Didaktik sind, arbeiten wir mit Fachverlagen zusammen, die ihre Kompetenz einbringen", sagt Witzmann. Insgesamt sind bei Vela über 50 Apps in der Entwicklung. Die Sprachlernprogramme für Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Russisch und Latein sollen in den nächsten Wochen an den Start gehen.

Dabei entwickelt Vela die Smartphone- und Tablet-Apps für Windows Phone 7, Android und iPhone, aber auch für PCs und Spielekonsolen. Langfristig sollen seine Apps für alle gängigen Plattformen verfügbar sein. Mit zurzeit 16 Mitarbeitern kommt er dabei kaum hinterher, seine ehrgeizigen Pläne umzusetzen.

Gefördert von Microsoft

Auch deshalb freut sich Witzmann, dass sein Unternehmen in die Microsoft-Gründerinitiative "unternimm was" aufgenommen wurde. Mit dieser Initiative hilft Microsoft Startups der Technologie-Branche, ihre Ideen in erfolgreiche Geschäftsmodelle umzusetzen. "Der Smartphone-Markt boomt und ist ein ideales Betätigungsfeld für junge Unternehmen. Wir geben Start-ups das technische Rüstzeug an die Hand, das sie brauchen und unterstützen die Unternehmen zusätzlich im Bereich Marketing und Vertrieb", sagt Stephan Jacquemot, Leiter der Initiative "unternimm was". "Gerade von Microsoft geförderte Startups aus dem App-Umfeld profitieren von einem kostenlosen Zugang zum Marketplace, auf dem die eigens programmierten Apps veröffentlicht werden können."

Für Unternehmensgründer Witzmann ist diese Hilfe ein Schritt nach vorn: "Wir erhalten durch das Microsoft BizSpark günstige Software-Lizenzen und einen Premium-Zugang zu Technologie, Tools, Anwendungen und direktem Support", sagt er, "das ist gerade bei der Entwicklung technisch anspruchsvoller Programme wichtig." Ebenso sehr schätzt er den Zugang zur Microsoft Cloud Plattform. Denn Vela hat keine eigene IT-Infrastruktur, sondern entwickelt seine Apps komplett auf der Azure-Plattform, die im Cloud-Rechenzentrum von Microsoft gehostet wird.

Hier stehen auch die fertigen Vela-Apps zum weltweiten Download bereit. "Durch die Gründerinitiative erhalten wir ebenfalls ein Kontingent an Cloud-Services gratis - das ist in der Anfangsphase eine bedeutende Erleichterung", freut sich der Unternehmensgründer. Unterstützung erhofft er sich für Vertrieb und Marketing, die Microsoft im Rahmen der Initiative gewährt. Dabei geht es nicht nur um den Auftritt bei internationalen Messen und Kongressen, die sich das junge Unternehmen aus Kostengründen sonst nicht leisten könnte. "Es ist schon so, dass allein der Name Türen öffnet, wenn wir uns als Microsoft-Partner bei Kunden oder Kooperationspartnern vorstellen", sagt Witzmann.

Vom Goldgräber zum Vielgründer

Vela ist nicht das erste Unternehmen, das Witzmann gegründet hat. Schon während seines Zivildienstes auf dem Kinderbauernhof der Stadt Neuss hat er nebenher mit PCs und PC-Zubehör gehandelt. Damals musste er noch eine Ausnahmegenehmigung beantragen, um neben dem Zivildienst als Unternehmer tätig zu sein. Später kam ein eigener Internet-Versandhandel dazu.

"Früher herrschte noch richtige Goldgräberstimmung", erinnert sich Witzmann. Dennoch trennte er sich vom Geschäft mit PC-Hardware, bevor sich das Hauptgeschäft auf die großen Anbieter wie Kaufhäuser, Elektronik-Ketten und Direktanbieter wie Dell verlagerte. Er selbst stieg bereits 1998 in das Beratungsgeschäft ein: Als Consultant für UNIX-Systeme, später auch Windows und Linux, beriet er Unternehmen bei Planung, Implementierung und Betrieb komplexer IT-Systeme. Gleichzeitig beschäftigte er sich mit sogenannten MMOGs (Massively Multiplayer Online Games), Browsergames, die damals gerade aufkamen.

Lebenslanges Lernen mit der App

Heute ist der umtriebige Unternehmer unter anderem dabei, eine App-basierte Lernumgebung zu entwickeln, die alle am Lernprozess Beteiligten einbezieht - Lernende, Lehrende und Institutionen. Neben den Programmen für Schüler soll der Lehrer damit Lerninhalte entwickeln, verteilen und auf virtuellen Tafeln veröffentlichen, so dass Schulen und Lerninstitute den Lernprozess organisieren und verwalten können. "Die Prozesskette zu Ende denken", nennt er das.

Vela Entertainment entwickelt Apps für Lerninhalte aller Art.
Foto: Vela Entertainment

Witzmann ist davon überzeugt, dass lebenslanges Lernen zu einem festen Bestandteil des Alltags gerade der jungen Generation wird. "Es ist deshalb umso wichtiger, zeitgemäße Lernmittel und Lernformen zu entwickeln, die den Lebensstil junger Leute berücksichtigen." Das gilt sowohl für das Medium als auch für die Art der Vermittlung: Mehr Handy und PC - weniger Bücher und Karteikarten; mehr spielerische Elemente - weniger stures Pauken und Auswendiglernen.

Natürlich können Lernprogramme nicht den Anwesenheitsunterricht ersetzen, das weiß auch Witzmann. Aber zum Aufbereiten und Vermitteln von Wissen zum Selbststudium sind digitale Medien nach seiner Einschätzung optimal geeignet. Denn die Lerngeschwindigkeit und Präsentation des Materials lässt sich viel besser als bei gedrucktem Lernmaterial an individuelle Gewohnheiten und den Lernfortschritt anpassen und jederzeit überall nutzen. Deshalb ist es genau diese Kombination aus Spielen, spielerischem Lernen und Faktenwissen - oder im amerikanisierten Vokabular: Entertainment, Edutainment und Education - die Witzmann zu den drei Säulen seines Unternehmens gemacht hat.

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