Newcomer ueberzeugte die Verantwortlichen des Apple-IBM-HP-Ventures Taligent integriert Sniff+ von Take Five in seine Frameworks

01.07.1994

MUENCHEN (qua) - Die Take Five Software GmbH, Salzburg, hat nicht nur den Sprung ueber den grossen Teich geschafft, sondern in der Taligent Inc., Cupertino, auch einen prestigetraechtigen Vertriebspartner gefunden. Das Joint-venture von Apple, IBM und Hewlett-Packard (HP) will das Take-Five-Produkt "Sniff+" Anfang 1995 als Teil seiner "Application Frameworks" vermarkten.

Rund 150 Sniff+-Lizenzen hat Taligent bereits erworben. Die Kalifornier werden das Unix-basierte C- und C++-Toolset zum einen dafuer einsetzen, ihre objektorientierte Anwendungsumgebung "Pink" - in der Hauptsache eine Ansammlung von C++-Klassen - weiterzuentwickeln. Gemaess Lizenzvertrag wird Taligent den Werkzeugkasten aber auch an Fremdentwickler weitergeben: Sniff+ soll als Third-party-Tool in die Application Frameworks integriert und als Taligent-eigenes Produkt ausgeliefert werden.

Allerdings muss Take Five die Umgebung noch fuer die Taligent- Kundschaft massschneidern. Beispielsweise bestehen die Amerikaner darauf, dass die Handbuecher online implementiert sind.

Sniff+ soll es den Entwicklern erleichtern, die rund 80 verschiedenen Taligent-Frameworks zu handhaben. Neben Codegenerierung und Debugging bietet das Produkt vor allem Browsing-Funktionalitaet und einen neuartigen "Fuzzy Paser", der ohne Kompilierung auskommt und, so der Anbieter, auch unvollstaendigen und fehlerhaften Code in sehr kurzer Zeit analysieren kann.

Wie Christian Kleinferchner, Geschaeftsfuehrer des oesterreichischen Software-Unternehmens, erlaeutert, haette Taligent auch auf eigene Tools zurueckgreifen koennen. Die von HP entwickelte und von IBM lizenzierte "Softbench"-Umgebung schliesse eine Reihe von C- und C++-Werkzeugen mit aehnlicher Funktionalitaet ein. Fuer Sniff+ haetten sich die Kalifornier entschieden, weil das Fremdprodukt ein "Mix and Match" unterschiedlicher Compiler, Debugger und Editoren erlaube.

Niederlassung in Kalifornien

Ueber der jungen Partnerschaft haengt allerdings ein Damoklesschwert: Fraglich ist, ob Taligent das Take-Five-Produkt spaeter nicht doch durch eigene Werkzeuge ersetzen wird - auch wenn Kleinferchner von einem "laengerfristigen Vertrag" spricht und den "Technologieaustausch" zwischen Taligent und Take Five beschwoert.

Mit dem Geld, das Taligent fuer die Sniff+-Lizenzen berappen musste - dem Vernehmen nach etwa eine Million Dollar -, richten sich die Oesterreicher derzeit in Cupertino ein. Fuenf der insgesamt 20 Mitarbeiter haben ihren Schreibtisch bereits an der amerikanischen Westkueste - darunter der Sun-, Apple- und Nexterfahrene Niederlassungschef Ron Lang. Unterstuetzung erhaelt die Take Five Inc. von dem Consulting- und Training-Anbieter Catalyst Solutions.

Entwickelt wurde Sniff+ als Teil eines Forschungsprojekts im "Ubilab" der Schweizerischen Bankgesellschaft. Vor zwei Jahren erhielten die fuenf Take-Five-Gruender die Vertriebsrechte fuer das bis dato noch nicht vermarktete Produkt, raeumten dem Schweizer Finanzdienstleister im Gegenzug allerdings das unbeschraenkte Nutzungsrecht fuer Sniff+ ein.

Bislang laeuft die Entwicklungsumgebung auf den Unix-Derivaten von Sun und Digital Equipment, auf AIX ab Release 3.2 sowie auf HP-UX ab 8.0. In Planung sind Ausfuehrungen fuer Windows NT und OS/2.

In Deutschland wird Sniff+ neuerdings von der Nexus GmbH, Dortmund und Dresden, vermarktet. Daneben bietet sich auch die Muenchner Gopas Software GmbH als Vertriebskanal an. Ob der sueddeutsche Distributor noch Vermarktungsrechte fuer das Produkt besitzt, ist derzeit jedoch Gegenstand der Auseinandersetzung zwischen Take Five und Gopas (vgl. CW Nr. 24 vom 17. Juni 1994, Seite 16: "Deutsche Distributoren streiten sich um Sniff+ von Take Five").